Project Gutenberg's Berlin--Panorama einer Weltstadt, by Karl Gutzkow Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. You can also find out about how to make a donation to Project Gutenberg, and how to get involved. **Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** **eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** *****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** Title: Berlin--Panorama einer Weltstadt Author: Karl Gutzkow Release Date: February, 2006 [EBook #9977] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on November 6, 2003] Edition: 10 Language: German Character set encoding: ISO Latin-1 *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BERLIN--PANORAMA EINER WELTSTADT *** Produced by Mike Pullen and Delphine Lettau. This Etext is in German. We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--and one in 8-bit format, which includes higher order characters--which requires a binary transfer, or sent as email attachment and may require more specialized programs to display the accents. This is the 8-bit version. This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verf�gung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. BERLIN--Panorama einer Weltstadt von KARL GUTZKOW Inhaltsverzeichnis I. "Weltstadt"-Panorama Caf� Stehely (1831) Cholera in Berlin (1831) Alte Bauten-neue Bauten (1832) Dom, Schauspielhaus-"Sechserbr�cke" (1840) Blumenausstellung in Stralow (1840) Notizen (1841) Berlins sittliche Verwahrlosung (1843) Der Geist der �ffentlichkeit (1844) Myst�res de Berlin? (1844) Impressionen-z.B.: Borsig (1854) Quatsch, Kroll und "Satanella" (1854) Neues Museum-Schlo�kapelle-Bethanien (1854) Zur �sthetik des H��lichen (1873) II. F�r und wider Preu�ens Politik �ber die historischen Bedingungen einer preu�ischen Verfassung (1832) Drei preu�ische K�nige (1840) Das Barrikadenlied (1848) Landtag oder Nicht-Landtag (1848) Preu�en und die deutsche Krone (1848) Abwehr einer Verleumdung (1850) Varnhagens Tageb�cher (1861) Vorl�ufiger Abschlu� der Varnhagenschen Tageb�cher (1862) III. Drei Berliner Theatergr�ssen Ernst Raupach (1840) Ludwig Tieck und seine Berliner B�hnenexperimente (1843) Madame Birch-Pfeiffer und die drei Musketiere (1846) IV. Aus dem literarischen Berlin Der Sonntagsverein (1833) Cypressen f�r Charlotte Stieglitz (1835) Diese Kritik geh�rt Bettinen (1843) Ein preu�ischer Roman (1849) Eine n�chtliche Unterkunft (1870) Zum Ged�chtnis Wilhelm H�rings (Willibald Alexis) (1872) Lyrisches aus dem Zeitungsviertel (1873) Louise M�hlbach und die moderne Romanindustrie (1873) I. "Weltstadt"--Panorama Caf� Stehely (1831) Ob man bei Stehely einen Begriff von der Verberlinerung der Literatur bekommen kann--ganz gewi�, oder man m��te sich t�uschen in dieser stummen Bewegungssprache, die einen Haufen von Zeitschriften mit wilder Begier und neidischem Blick zusammentr�gt, ihn mit der Linken sichert und mit der Rechten eine nach der andern vor die starren, teilnahmslosen Gesichtsz�ge h�lt. Die Eisenstange und das Schlo� des Journals scheint mit schwerer Gewalt auch seine Zunge zu fesseln--wer w�rde hier seinen Nachbar auf eine interessante Notiz aufmerksam machen? Ein feindliches Heer k�nnte eine Meile von Berlin entfernt sein, kein Mensch w�rde die Geschichte vortragen, man w�rde auf den Druck warten und auch dann noch ein Exemplar durch aller H�nde wandern lassen--fast in der Weise, wie in Stralow die honetten Leute vor jeder lebhafteren Gruppe vorbeigehen mit dem tr�stenden Zuruf, man w�rd' es ja morgen gedruckt lesen. Stehelys Besucher bilden nat�rlich zwei Klassen, die Jungen und die Alten, mit der n�heren Bezeichnung, da� die Jungen ans Alter, die Alten an die Jugend denken. Jene sind Literaten in der guten Hoffnung, einst sich so zu sehen, wie man jetzt die Klassiker sieht, weihrauchumnebelt; diese sind Beamte, alte Offiziers, die in einem Atem von den politischen Stellungen des preu�ischen Staats, den F��en der Elsler, den Koloraturen der Sontag, dem Spiel der Schechner sprechen! Nichts Unerbaulicheres! Vor dem Gespr�ch dieser alten Gecken m�chte man sich die Ohren zuhalten, oder in die einsamere Klause des letzten Zimmers fl�chten. Schon wenn sie angestiegen kommen, zumal jetzt im Winter; diese dummen, loyalen Gesichter, diese Socken und Pelzschuhe, deren Tritt nicht das leiseste Ohr ersp�hen k�nnte. Triumphierend rufen sie um die "Staatszeitung", forschen nach den privatoffiziellen Erkl�rungen eines H., v. R., v. Wsn. Hierauf lesen sie die Berliner Korrespondenzen in der "Allgemeinen Zeitung", die ja wohl der Ausdruck der Berliner �ffentlichen Meinung, als wenn es eine solche g�be, sein sollen, und wenn sie sich dann noch an den logischen Demonstrationen der Mitteilungen aus der "Posener Zeitung" gest�rkt haben, fallen sie �bers Theater her und man mu� sie verlassen. Ihnen am n�chsten stehen einige langgestreckte Gardeleutnants und Referendare, die sich dadurch unterscheiden, da� die einen viel sprechen und wenig denken, die andern wenig denken und viel sprechen. Diese geben den �bergang zu den schon vorhin bezeichneten J�ngeren, auf die wir unten des breiteren zur�ckkommen m�ssen. Es fehlt hier also durchaus nicht an den Mitteln und Elementen, sich ein Bild der Berlinerei vorzuf�hren. Man verlasse das Lokal und bei jeder Aussicht wird man f�r sein Bild noch immer treffendere und bezeichnendere Z�ge finden. Sogleich die Ansicht einer Kirche, die au�erdem, da� sie eine Kirche ist, auch keine ist. Wie ein Luftball, der unten einen Fallschirm zur Sicherheit tr�gt, erhebt sich die stolze Vorderseite dieses Domes, leere Steinmassen und hohler Prunk, und hinten dann das geschmackloseste Anh�ngsel einer kappenf�rmigen Kuppel, die doch das Wahre an dem ganzen L�rm ist in ihrer sonnt�glichen Bestimmung. Wiederum vom Opernplatz aus furchtbare Steinmassen, Urkunden des Ungeschmacks aus dem 16ten und 17ten S�kulum, Hunderte von Fenstern erinnern an die Zeiten der Aufkl�rung und der Illuminaten, die kahlen Kulturversuche finden sich wieder in diesen leeren W�nden, die sich ohne Unterbrechung 80-90 Fu� in die H�he gl�tten. Gilt dies freilich mehr gegen eine vergangene Zeit, so h�lt es doch nicht schwer, das alles wiederzufinden in der Galanteriewarenmanier der neuesten Bauten, wo der Ernst nur ein �bert�nchter ist ... Cholera in Berlin (1831) ... Im gegenw�rtigen Augenblick besch�ftigt uns am meisten die seit dem ersten d. M. hier wirklich angekommene Cholera: Auf der Frankfurter Journali�re erwartet und auf die Kontumazanstalt verwiesen, hat sie einen anderen Weg genommen, durch den Finowkanal. Die n�heren Umst�nde des ersten Cholerafalles sind in der Tat tragikomisch, der Schlu� fast balladenartig. An die M�glichkeit, da� die Cholera nach Charlottenburg (eine halbe Meile von Berlin) k�me, hatte man nicht gedacht, der Hof hatte sich im dortigen Schlosse absperren wollen und eine Anzahl Proviantwagen war schon dahin abgegangen. Da erscholl pl�tzlich von dorther die Kunde von einem an der Cholera gestorbenen Schiffer. Polizeibeamte und die wachslinnenen, steifen Harnischm�nner, die zur Wartung der Cholerakranken eigens errichtete Garde, eilen hinaus und in dem stolzen Bewu�tsein, im Kampfe die ersten zu sein, tun sie sich ein wenig zu Gute. Der Tote wird eingesargt, und des Nachts sollen ihn die W�rter auf einem Kahne vom Schiffe abholen; doch am andern Morgen erfuhr man, da� bis auf einen ans Ufer getriebenen Mann alle untergegangen, und die Fischer bei Spandau einen Sarg im Netze gefangen hatten. Da nun dieser mit der Spree in Ber�hrung gekommen ist, will man weder Fische noch Krebse essen. Jene Proviantwagen sind auch wieder zur�ckgekehrt, und soviel man wei�, wird sich der K�nig auf die Pfaueninsel bei Potsdam begeben. Der erste Erkrankungsfall in Berlin selbst war der eines Schiffers, gerade in der Mitte der Stadt. Bis jetzt sollen 29 erkrankt und 21 gestorben sein. Man klagt �ber die Mutlosigkeit und Unbeholfenheit der hiesigen �rzte: Wir hatten gehofft, erfahrene M�nner aus den infizierten Gegenden hieher gezogen zu sehen; doch ist von einer solchen Sorgfalt noch nichts bekannt geworden. Die �ffentliche Stimmung ist bis jetzt noch so ziemlich gem��igt, doch sind Vergn�gungs�rter gegenw�rtig weniger besucht, und das Raffen nach Pr�servativen, Leibbinden, Harzpflastern ist allgemein; Dienstboten werden entlassen, manche Nahrungszweige stocken g�nzlich. Es lassen sich die Folgen des kommenden Elends noch nicht berechnen. Alte Bauten--neue Bauten (1832) ... In den langweiligen Zeiten der Restauration, vor den milit�rischen R�stungen und den Verheerungen der Cholera, waren die Kassen des Staats reicher gef�llt als gegenw�rtig. Berlin war in zunehmender Versch�nerung begriffen; die Auff�hrung vieler �ffentlicher Geb�ude lie� ebensosehr den Geschmack bewundern, in dem sie angelegt und vollendet wurden, als die Vorsicht loben, die einem gro�en Teile unserer Proletairs eine reichliche Nahrungsquelle sicherte. Diese Baulust ging damals auch auf Privatleute �ber, deren Geld und Unternehmungsgeist Berlin um ein prachtvoll gebautes Stadtquartier vergr��erte. Aber auch von dieser Seite stehen alle Plane gegenw�rtig still. Die beiden �ffentlichen Bauten, an die in diesem Augenblick allein gedacht wird, sind die v�llige Umgestaltung des sogenannten Packhofes, eines Stapelplatzes und Warenlagers f�r die ankommenden Kaufmannsg�ter, und ein k�nftiger Neubau der Bauakademie. Wer in Berlin gewesen ist, wei�, da� er, um vom Schlo�platze nach der J�gerstra�e zu kommen, sich durch die lebhafteste, aber zugleich auch engste Passage, die Werderschen M�hlen, die Schleusenbr�cken, die Verbindung unserer Alt- und Neustadt, durchwinden mu�. Sp�ter wird diese unbequeme Gegend gelichtet werden. Dicht an der genannten Br�cke wird rechts ein freier Platz beginnen, der die Aussicht nach dem Packhofgeb�ude und der Werderschen Kirche frei macht. Gewinnen werden bei einem solchen Projekt die Besitzer jenes H�userwinkels von der Niederlagstra�e bis zur Br�cke, verlieren aber mu� die kleine, winzige Werdersche Kirche, deren Unbedeutendheit bei einer gro�artigern und freiern Umgebung nur deutlicher hervortreten wird. Der Bau der obengenannten Akademie hat noch nicht begonnen, aber es kann auch noch lang mit ihm anstehen, da der gegenw�rtige Zustand dieses Instituts einen so bedeutenden Kostenaufwand nicht vergilt. Diese einst so bl�hende Anstalt ist gegenw�rtig durch die Er�ffnung neuer Provinzialbauschulen und die Gewerbeakademie, die sich unter der Leitung des Hrn. Beuth, unsers k�nftigen Handels- und Gewerbeministers, immer mehr hebt, in die tiefste Zerr�ttung gesunken, so da� die Zahl der an ihr angestellten Lehrer der der Sch�ler gleichkommen mag. Darum bleibt vielleicht dieses Bauprojekt einstweilen noch unausgef�hrt.... Dom, Schauspielhaus--"Sechserbr�cke" (1840) Von meiner Wohnung aus ist mir ein Blick auf die Umgebungen des Schlosses gew�hrt, auf eine �berf�lle von gro�en Geb�uden, die die Gegend von dem Anfang der Linden bis zum Dom zu einem der merkw�rdigsten Pl�tze Europas machen. St�rten mich nur nicht am Dom die beiden Zwillingsableger des gro�en Turms! Neben einer gro�en Kuppel, die schon an sich unwesentlich ist, da sie f�r das Innere der Kirche gar keinen Wert hat, sondern nur als blo�e architektonische Verzierung dient, haben sich noch zwei kleine Schwalbennester wie zwei Major-Epauletts niedergelassen. Man hatte dabei wahrscheinlich die Isaakskirche in Petersburg vor Augen; aber dort geh�ren diese kleinen T�rme zum Kultus, indem sie auf einzelne Kapellen Licht fallen lassen, sie sind so zahlreich bei den russischen Kirchen angebracht, da� sie schon dadurch etwas f�r die dortige heilige Architektur Wesentliches vorstellen. Hier in Berlin, wo man so viel Russisches in der Politik und den Milit�runiformen nachahmte, wollte man auch der Hauptkirche der Stadt eine russische Perspektive geben und Schinkel war schwach genug, die beiden kleinen Vogelbauer neben den gr��ern Turm der Kirche zwecklos und unsch�n hinzustellen. �berhaupt w�rden die Geb�ude der Residenz mehr k�nstlerischen Wert haben, wenn Schinkel, ein so reicher, erfinderischer, sinniger Kopf, jenen echten K�nstlerstolz bes��e, der ihn verhindert h�tte, �nderungen seiner urspr�nglichen Baupl�ne hinzunehmen. Eine h�here Hand, deren Munifizenz allerdings ruhmvoll anerkannt werden mu�, strich ihm bei vielen seiner vorgelegten Baupl�ne meist immer das Charakteristische und Kecke weg. Alles Hohe, Hinausspringende, Hinausragende (z.B. dreist aufschie�ende T�rme an den Kirchen) wird von einem an sich ganz achtbaren, aber in Kunstsachen unbequemen Sinn f�r das Bequeme, Bescheidene, Zur�ckhaltende weggew�nscht. Es ist nicht r�hmlich f�r Schinkel, da� er bei seinen zahlreichen Baugrundrissen dem K�nstlerstolz so viel vergeben hat. Schinkel hat in seinen geistvoll geschriebenen Erl�uterungen zu seinen Bauten auch alle die Umst�nde angef�hrt, die ihn bewogen, dem Schauspielhause seine jetzige Gestalt zu geben. Wenn an einem �ffentlichen Geb�ude die Fassade nicht einmal als Ein- und Ausgang benutzt wird, wenn man auf einer gro�en Freitreppe Gras wachsen sieht, so regt sich unwillk�rlich das Gef�hl, das Unbenutzte auch f�r eine �berladung zu halten. Doch m�gen die Kenner �ber den �u�ern architektonischen Wert des Schauspielhauses entscheiden! Das Innere dieses Theaters, wiederum nicht ausgehend von der speziellen Ansicht Schinkels, hat ganz jenen gedr�ckten Miniatur- und Privatcharakter, den ein Haus, das fr�her Nationaltheater hie�, nicht haben sollte. Es w�re vielleicht nicht n�tig gewesen, dies Theater gr��er, als f�r 1200 Menschen zu bauen; aber warum dieser wunderliche Charakter der Isolierung in der Anlage des Ganzen? Ein Rang ist dem andern unsichtbar. Das Parterre und die Parkettlogen sehen nichts von den R�ngen. Man wei� an einer Stelle des Hauses nicht, ob es an der andern besetzt ist. Eine �bersicht des Ganzen ist nur auf dem Proszenium und Podium m�glich, so da� man, um zu wissen, ob das Haus besetzt war, die Schauspieler fragen mu�. Jedenfalls geht durch dieses Privatliche, das dem Hause aufgedr�ckt ist, zweierlei verloren. Einmal eine gr��ere gesellschaftliche Annehmlichkeit. Da sich das ganze Publikum nicht beisammen sieht, da der eine dem Auge des andern entzogen ist, so f�llt der Charakter einer geselligen Zusammenkunft, der so oft f�r eine schlechte Vorstellung Ersatz geben k�nnte, in diesem Theater g�nzlich weg. Man kann Bruder und Schwester im Theater haben und sieht sie nicht. Das zweite Unangenehme dieser winkeligen Bauart ist, da� sich das Publikum nicht als solches bildet. Publikum hei�t eine Masse, die sich ihrer Kraft ansichtig ist und das Bewu�tsein einer Korporation dem Spiel gegen�ber zu behaupten wei�. Wo man im Parterre nicht sehen kann, welche Mienen der zweite Rang macht, wo ein Besucher des Theaters nur immer auf den R�cken des andern angewiesen ist, da kann auch keine Totalit�t des Urteils stattfinden; jeder ist auf sich angewiesen und der Schauspieler bleibt ohne die richtige W�rdigung seiner Leistung. Mir haben viele Schauspieler gesagt, da� Berlin kein Publikum mehr hat. Der Grund liegt darin, da� die Lokalit�t dieses Publikum verhindert, sich als solches kennenzulernen und auszubilden.... Noch eine Bemerkung will ich hier machen. Von meinem Gasthofe f�hrt eine Br�cke auf den Schlo�platz. Diese Passage ist nur f�r ein kleines Br�ckengeld gestattet, welches von einer Gesellschaft, die diese Verbindung auf eigene Kosten anlegte, erhoben wird. Jeder B�rgerliche zahlt am Ende der Br�cke eine Kleinigkeit. Das Milit�r ist frei. Warum? Ich denke, weil die gemeinen Soldaten in Berlin herumzuschlendern pflegen und von der Bedeutung dieses Br�ckengeldes schwerlich eine Vorstellung haben. Es w�rde ein ewiges Zur�ckweisen sein, H�ndel geben und deshalb l��t man Soldaten frei passieren. Wie aber nun die Offiziere? Wird man nicht annehmen, da� diese eine so kleine Verg�nstigung verschm�hen und mit echtem point d'honneur da nicht frei vor�bergehen werden, wo eben eine arme alte Frau oder ein Handwerker seinen Sechser bezahlt? Nein, ein General geht mit einem B�rgerlichen hin�ber: Der B�rgerliche bezahlt, der General nicht. Ich denke nun jeden Morgen und Abend nach, wie ein so achtbarer, auf das Feinste seines Ehrgef�hls wahrender Stand, das preu�ische Garde-Offizier-Korps, sich daran gew�hnen kann, von einer winzigen Steuer, die ihm allerdings erlassen ist, sich so loszusagen, da� er in der Tat von jener Verg�nstigung Gebrauch macht. W�r' ich Offizier, ich w�rde es f�r beleidigend halten, wollte man mir zumuten, von einer Steuer dieser Art, die den �rmsten trifft, mich zu befreien. Ich schlie�e daraus, wie wenig das, was wir Ehre nennen, doch als etwas Urspr�ngliches im Menschen ausgebildet ist; denn sehen wir hier nicht, da� eine in diesem Punkte sehr zartf�hlende Menschenklasse dennoch in einer Ehrensache ganz von der Sitte und der Gew�hnung abh�ngen kann und wie leicht wir �ber etwas, das sich der Einzelne nicht gestatten w�rde, hinweggehen, wenn es von allen angenommen wird? Blumenausstellung in Stralow (1840) Was rennt das Volk? Was str�mt es durch die Gassen? Alles eilt hinaus in die Gegend des lieblichen Stralow: In die Blumenausstellung, nach dem Hyazinthen-Flor. Eine halbe Stunde mu�t' ich mit meinem Wagen Queue machen, eh' ich vor dem Eingang zu Faust und Moewes aussteigen konnte. Schon aus weiter Entfernung, mehre Stra�en vorher, riecht man die von Hyazinthen parf�mierte Luft. Tausende von Menschen dr�ngen sich in gro�en, feld�hnlichen G�rten und bewundern ungeheure Anlagen von Hyazinthenbeeten, die auf den Effekt hin gepflanzt sind, sich in den buntesten Schattierungen abl�sen, ja sogar gro�e, riesige Figuren zu bilden, z.B. einen Floratempel, ein "eisernes Kreuz" und dergleichen Zusammenstellungen. In Harlem k�nnen nicht gr��ere Blumenmassen beisammenstehen. Indessen gerade dies Holl�ndische ist absto�end. Man wird gegen den Reiz der Blumen unempfindlich, wenn man sie in Massen versammelt sieht. Nun gar zur Bildung von allerhand Symbolen mi�braucht, hat die Blume nur noch den Wert der Farbe, und das Freie, Selbst�ndige, das Duftige derselben geht mit dieser Bestimmung verloren. Hier sind meine Berliner recht in ihrem Element. Eine Anlage ohne Schatten schreckt sie bei der gl�hendsten Hitze nicht ab. Ein dumpfes Musikgedudel nennen sie musikalische Unterhaltung. Vorn an der Kasse zieht man ein Los, zahlt daf�r 5 Silbergroschen und gewinnt gew�hnlich nur einen Strau�, den man auf dem Gensdarmenmarkt f�r 4 Pfennige kauft. Was lie�e sich unter dem Titel "Die Blumenverlosung" nicht f�r eine h�bsche Lokalposse schreiben. Hier laufen in Berlin soviel "volkswitzige" Schriftsteller herum, warum erfinden diese Leute nicht dergleichen Sp��e f�r die K�nigsst�dter B�hne? Herr Gla�brenner schreibt kleine Brosch�ren, worin er Berliner sogenannte Volkscharaktere sich im geschraubtesten und gemeinsten Berliner Jargon �ber das Hundertste und Tausendste unterhalten l��t; nein; auf der B�hne, im sinnigen Arrangement solcher Lokalscherze bew�hrt sich der Beruf zum Volksschriftsteller. Beckmann z.B. ist ein so willkommnes Menschenger�st, auf welches man die drolligsten Erfindungen h�ngen kann. In der Blumenverlosung denk ich mir ihn mit der gr�nen G�rtnersch�rze am Eingang eines Treibhauses und die Gewinste austeilend. Er entfaltet die Nummer: "Sie erhalten, Madame, einen kleinen Ableger einer neuerfundenen Pflanze, die erst k�rzlich auf der Pfaueninsel entdeckt und aus Amerika hier eingef�hrt wurde." Die Dame sagt: "Mein Gott, das ist ja nichts als eine Maiblume mit einem Salatblatt." Darauf m��te Beckmann replizieren und seine botanischen Kenntnisse entwickeln. Zum Schlu� k�nnte durch die Blume noch eine Heirat zustande kommen. Warum schreibt Herr Cerf keine Konkurrenzpreise aus? Notizen (1841) Ein Pietist Unter den Linden Nach einigen sehr staubigen, schw�len Tagen hatte es endlich geregnet. Der sch�nste Sonntagmorgen lockte unabsehbare Menschenscharen unter die Linden. Am Palais des verstorbenen K�nigs tritt mich ein Mann mit einem Orden im Knopfloche an: "Sch�nes Wetter." "Sch�nes Wetter." "Das macht Gott mit einem Wort. Unser Menschenwitz h�tte das nicht machen k�nnen." "Schwerlich." "Und der Herr ist allerwegs m�chtig und gro� ist sein Name, ja gro� in Ewigkeit." "Amen!" Der Fremde begann hierauf mit kr�ftiger Stimme und vielem Redetalent eine Auseinandersetzung �ber die angeborne S�ndhaftigkeit des Menschen. Da ich ruhig und fast teilnahmslos neben dem mir g�nzlich unbekannten Manne herging, frug er mich mit fast zorniger Ungeduld: "Ich wei� nicht, ob Sie mich verstehen?" "Vollkommen!" "Halten Sie mich f�r einen Schw�rmer?" "Ich h�re den L�rm, sehe aber kein Licht." Diese Antwort von dem schlichten Spazierg�nger war dem Bekehrer unerwartet. Er sah mich gro� an und ging. Zu Hause fand ich in der Rocktasche einen Bu�traktat. (Gedruckt bei Wohlgemuth.) Die Kandidaten der vakanten �mter Einen r�hrend-komischen Anblick gew�hrt an jedem Morgen in den ersten Fr�hstunden ein Spaziergang durch die oberen Linden und die Wilhelmstra�e bis zur Leipziger Stra�e hin. Das ist n�mlich die Zeit, wo die Kandidaten aller vakanten und nicht vakanten �mter, die Kandidaten aus allen m�glichen geistlichen, Schul-, Justiz- und Regierungsf�chern den m�chtigen Ministern und R�ten ihre Aufwartung machen. Schwarz gekleidet, mit wei�er Binde um den Hals, schie�en sie an dir vor�ber, pl�tzlich stehen sie still, �berlegen eine erhaltene Antwort oder ein zu stellendes Gesuch, probieren die eingelernte Rede noch einmal, n�hern sich der verh�ngnisvollen T�r, haben nicht das Herz, kehren noch einmal um, um sich zu erholen, und wagen es erst dann mit einem mutigen Entschlu�. Andere wollen eben von der Rechten an die T�r eines Hotels treten, da begegnet ihnen ein anderer von der Linken. Und doch ist nur eine Stelle vakant! Jeder bildet sich ein, so fr�h zu kommen, da� er den m�chtigen Mann, der sie vergibt, allein trifft, aber--entsetzliche T�uschung--schon ist das ganze Vorzimmer gef�llt und die eine Lebensfrage, auf deren L�sung eine seit sieben Jahren verlobte Braut und ein nachgerade ungeduldig werdendes Schwiegerelternpaar harrt, verschwimmt in den Lebensfragen von drei�ig anderen Menschen, in den Hoffnungen von ebensoviel anderweitigen Br�uten! Ge�ffnet ist hier die geheime Werkstatt unserer Existenz, offen liegen sie da, die Gruben und G�nge, die der Fuchs oft schneller durchgr�bt, als der still arbeitende Bergmann--ein Anblick, zugleich komisch und zum Weinen! Sommertheater in Steglitz Wie weit bleibt das Sommertheater in Steglitz hinter den Anpreisungen der Journale und den m��igsten Erwartungen zur�ck! Ref. hoffte, ein niedliches, von Holz und Backsteinen aufgef�hrtes, der W�rde Berlins entsprechendes Theater zu finden und fand eine Bretterbude, nicht besser als eine Scheune, mit langen h�lzernen B�nken und einem Rang, der nichts als eine Galeriebr�stung ist. Die Hitze in dem kleinen Raume ist unertr�glich und verl��t man ihn, so wandelt man, wilden Tieren gleich, in einem abgeschlossenen sandigen Vorplatze umher, nichts sehend als Luft und Fl�che. Wer dies Theater einmal gesehen hat, besucht es nicht wieder. Wenn hier eine Befriedigung der Schaulust geschaffen werden sollte, so h�tte man etwas geben sollen nach dem Vorbilde des Hamburger Tivoli. Ein Sommertheater ist nur unter freiem Himmel genie�bar oder es sei denn, da� ein steinerner Bau die ersehnte K�hlung spendet. Da� eine so armselige Umgebung nur nachteilig auf das Interesse wirken kann, welches die Schauspieler selbst in Anspruch nehmen, versteht sich von selbst. Sie werden vom Publikum verspottet, ihr Ernst wird ironisiert. Berliner Volkscharakter Berlin macht von Jahr zu Jahr bedeutendere Fortschritte nach dem Ziele einer seinem �u�ern Umfange auch innerlich entsprechenden Gro�st�dtigkeit. Anlagen jeder Art, merkantilische, industrielle, gesellige, werden in gr��erem Stile als fr�her ausgef�hrt. Manches, was noch vor drei Jahren das hiesige Publikum besch�ftigen konnte, wird jetzt verachtet, z.B. die Trivialit�t der sogenannten Berliner Volksliteratur, die in "Herrn Buffey auf der Kunstausstellung" den Gipfel des Unsinns und der widerlichsten Geschmacklosigkeit erreicht hatte. Die K�nigst�dtschen Theaterwitze sind im Abnehmen und aus der l�genhaften Verballhornisierung des Berliner Volks-Charakters, wie dieser sich in "Berlin--wie es i�t und trinkt" gezeichnet findet, tritt allm�hlich wieder das urspr�ngliche Grundelement des Berliners heraus: Harmloseste Gutm�tigkeit, Freude am neckenden, geselligen Scherz, hohe Achtung vor jeder geistigen Auszeichnung, sinniger Genu� der sparsamen, aber oft anmutigen Sch�nheiten, die die Natur, im Bund mit der Kunst, dieser gewi� noch einer bedeutenden Zukunft entgegensehenden Hauptstadt geschenkt hat. Berlins sittliche Verwahrlosung (1843) Im vergangenen Winter brachte jeder Tag die Kunde eines neuen, in Berlin ver�bten Diebstahls. Die dortigen Zeitungen machen aus dem ungesicherten Zustand der Hauptstadt kein Geheimnis mehr. Die Berliner Diebe erfreuen sich einer so originellen Organisation, da� die Polizei manchen Bewohnern anzeigen kann, sie w�rden in kurzem bestohlen werden. Vierzehn Tage wachen die Gewarnten: Am f�nfzehnten wird richtig bei ihnen eingebrochen. Ein Artikel der "Vossischen Zeitung" erz�hlt, da� nachts in den besuchtesten Stra�en durch Leiteranlegung sogar die Beletagen bestohlen werden. Wenn man diese sich t�glich wiederholenden kriminalgerichtlichen Anzeigen liest, mu� man glauben, Berlin w�rde zum gro�en Teil von einer ungebesserten Verbrecherkolonie bewohnt. Ehe man aus diesem Gef�hl g�nzlicher Unsicherheit, das gegenw�rtig in Berlin allgemein herrschen soll, einen Schlu� auf die sittlichen Zust�nde der norddeutschen Hauptstadt macht, mu� man so gerecht sein, einige Umst�nde mit anzuschlagen, die in Berlin dem Diebswesen ganz besonders zu Hilfe kommen. Geboren in Berlin und selbst einmal durch Einbruch dort bestohlen, glaub' ich �ber diesen Gegenstand, der nachgerade die Aufmerksamkeit jedes Sitten- und Volksfreundes besch�ftigen mu�, eine Stimme zu haben. Den Diebstahl erleichtert in Berlin der Mangel an Aufsicht und die Einrichtung der H�user. Die Zahl der Nachtw�chter ist viel zu klein. Diese "Schnurren" sind alte ausgediente Milit�rs oder sonstige Exspektanten, die aus Verzweiflung einen Dienst ergreifen, den sie fast nur pro forma versehen. Die Nachtw�chter in Berlin sind oft hinf�llige Greise. Mit einem sp�rlichen Gehalt versehen, sind sie auf die Sporteln ihres Dienstes angewiesen. Diese bestehen in den Ertr�gnissen eines Privilegiums, das man in fremden St�dten kaum f�r m�glich halten m�chte. Der Berliner Nachtw�chter hat ein Bund von hundert Hausschl�sseln am Leib h�ngen und schlie�t jedem auf, der des Abends nach zehn Uhr in das erste beste Haus einzutreten w�nscht. Die Trinkgelder sind seine Revenuen. Man sieht, da� es die Diebe an keinem Ort der Welt so bequem haben, als in Berlin. Das Revier des Nachtw�chters ist zu ger�umig. Er hat mehr Stra�en unter sich, als er beaufsichtigen kann. Mit seinen Trinkgeldern besch�ftigt, k�mmert ihn das Stra�enleben sehr wenig. Er horcht nur, da� man ihn ruft, um in ein Haus eingelassen zu werden. Gegen Morgen weckt er die B�cker, die Brot zu backen haben. Die Rundg�nge durch die Stra�en werden ohne Aufmerksamkeit abgemacht. Der sch�tzende "Kellerhals", hinter dem er ausruht, ist sein bequemer Sorgenstuhl. Macht er seinen Rundgang, so k�ndigt ihn seine Pfeife schon an und die Diebe haben Zeit, sich w�hrend seines Vor�bergehens zu zerstreuen. Berlin mu� die Zahl der W�chter verdreifachen und sie unter eine milit�rische Disziplin stellen wie Hamburg. Die Hamburger W�chter sind eine wirkliche Schutzwache gegen die Feinde der Ordnung und des Eigentums. Hat man schon aus dem Vorigen gesehen, da� die Berliner H�user sich des Nachts jedem beliebigen Besucher �ffnen, so ist der Hausfriede am Tage nicht gesicherter. In Paris h�rt man viel von Betr�gereien in den Kaufl�den, von Betr�gereien in hunderterlei Manieren, wie sie Vidocq in seinem Lexikon auff�hrt, aber wenig von Diebstahl oder gar n�chtlichem Einbruch. Berlin ist eine gro�e Stadt geworden und war urspr�nglich nur auf eine Mitte1stadt angelegt. Die Stra�en sind weitl�ufig, die Reviere entlegen, die H�user sind meist zweist�ckig und nur von einigen Familien bewohnt. Das Institut des Portiers (Hausmeister in Wien) kennt man nicht, da daf�r die H�user zu klein sind. Hier gibt es keine Kontrolle der Ein- und Ausgehenden. Jeder Hof ist frei, jede Treppe den Bettlern zug�nglich. Den ganzen Tag rei�t das Klopfen und Klingeln nicht ab. Jeder Mieter ist froh, sich auf seine Zimmer abschlie�en zu d�rfen und k�mmert sich nicht um den Nachbar, bei dem man, w�hrend nebenan Gesellschaft ist, alles ausr�umen kann. W�hrend mir vor Jahren in Berlin mein ganzes Zimmer ausger�umt wurde, sa� meine Wirtin ruhig im Zimmer nebenan, las den "Beobachter an der Spree" und strickte Str�mpfe. L��t sich nun auch hierin, da Berlin nicht umgebaut werden kann, keine Ver�nderung treffen, so wird doch darum die erh�hte Wachsamkeit der Beh�rden um so dringender. Ohne eine neue W�chter- und Patrouillen- Organisation wird in Berlin die Gefahr des Eigentums immer mehr zunehmen. Dieser Gegenstand l��t aber noch tiefere Betrachtungen zu. Ist in Berlin den Dieben ihr Handwerk erleichtert, wo kommen all die Diebe her? Woher diese sittliche Verwahrlosung, von der wir t�gliche Belege erfahren? Woher gerade in Berlin diese immer mehr zunehmende Verworfenheit? Harun Al Raschid, der verkleidet des Nachts durch die Stra�en ging, Harun Al Raschid w�rde dar�ber sehr tief nachgedacht haben, wenn er diese Beobachtung an Bagdad gemacht h�tte. Es ist wohl m�glich, da� nach Berlin, wo die Diebe eine so bequeme W�chter- und H�userordnung antreffen, viel fremdes Gesindel zieht, und doch steht es fest, da� Berlins Unsicherheit gr��tenteils aus seinem eignen Scho�e entspringt. Die Entdeckungen und Signalemente weisen dies aus. Es ist ein betr�bendes Gest�ndnis, das man sich nicht ersparen darf: In Berlin ist die Wurzel des Volkes faul. Die Immoralit�t fri�t wie ein Krebs um sich. Die Familien sind zerr�ttet, zu der Armut und Brotlosigkeit gesellt sich die Neigung zum Verbrechen; die dem Berliner eigene Keckheit und Verwegenheit steigert das Gel�st zum Entschlu�, den einmaligen Entschlu� zum immerw�hrenden Handwerk; die Zuchth�user liefern die Verbrecher nicht gebessert zur�ck, sondern in kurzem sieht sich die richterliche Gewalt gen�tigt, den Verbrecher aufs neue einzuziehen und ihn auf zwanzig Jahre dorthin zu schicken, wo er bereits f�nf Jahre umsonst gesessen. Es gibt eine moralische Erziehung und eine moralische Unerzogenheit des Volkes. Die Fr�chte derselben reifen erst in sp�tern Jahren. Man wird f�r Berlins gegenw�rtige Verwilderung die Ursachen in vorangegangenen Fehlern suchen d�rfen. Eine richtige Erkenntnis dieser Fehler mu� zu den Mitteln f�hren, sie k�nftig zu vermeiden. Mein Versuch, diese Erkenntnis zu bef�rdern, wird Widerspruch finden. Ich will aber offen meine Meinung sagen. Aus dem Mangel an edlem geistigen Stoff, aus dem Mangel w�rdiger �ffentlicher Tatsachen ist der zweite Grund dieser sittlichen Verwahrlosung herzuleiten, die isolierte Vergn�gungssucht. Auch Wien ist ohne �ffentliche Tatsachen, aber Wien hat kombinierte, nicht isolierte Vergn�gungen. Es ist dies keine Wortantithese, sondern ein wirkliches Sachverh�ltnis, dessen sch�dlichen Einflu� auf die Sittlichkeit ich beweisen will. Der Wiener erholt sich an der allgemeinen Freude, an der Freude, die alle teilen. Seine Natur lockt alle, befriedigt alle. Sein Vergn�gen ist durch �berlieferung seit Jahrzehnten vorgezeichnet. Musik, Tanz, Theater, heitere Ausfl�ge in die sch�nen Umgebungen. In Berlin isoliert sich alles. Keine �ffentliche Vergn�gung befriedigt und so entstehen diese Ressourcen, diese Picknicks, diese geschlossenen Gesellschaften, diese Kr�nzchen, dies Jagen nach "Privatvergn�gen", dies Spelunkenwesen der Weinstuben, Konditoreien, Tabagien. Die Kr�fte der Familien �berbieten sich, diese Subskriptionsessen und Ressourcenb�lle verursachen Ausgaben, die den Handwerker in Schulden st�rzen, die Leihh�user f�llen sich, der geweckte Libertinismus der Frauen rei�t die M�nner in Strudel, wo sie nicht mehr ihrer Sinne, bald auch nicht mehr ihres Gewissens m�chtig sind. Hat man nicht in Berlin eine Diebs- und Hehlerbande entdeckt in dem Augenblick, als sie sich in einer Reihe von Kellerstuben zu einem gl�nzenden Ball vereinigt hatte? Boz kann nichts Grelleres erfinden und Madame Birch-Pfeiffer nichts Drastischeres in Szene setzen. Mu� man nicht hier ein spezielles schlechtes Regierungssystem, so mu� man vielleicht den ganzen modernen Staat anklagen. In meinen Pariser Briefen hab' ich von unserer Politik gesprochen, die nur den Menschen ausbeutet, nicht ihm hilft, das Genommene zu ersetzen. Ich habe ein Ministerium der �ffentlichen Wohlfahrt vorgeschlagen, das sich mit positiven Sch�pfungen besch�ftigen m�sse, um das Individuum vor dem Staate zu sichern, den Acker, den man beernten will, auch zu bes�en. Hier ist ein neues Ziel, das eine solche Institution sich stecken m��te. Zerst�rt diesen Isolierungstrieb! Bindet die Menschen f�r ihre Vergn�gungen aneinander! Erfindet etwas im Zeitalter der Erfindungen! Erfindet etwas Geistiges, etwas Moralisches, neben dem vielen Technischen und Materiellen! Was k�nnte Berlin Ersatz geben f�r den Mangel einer heiteren und zerstreuenden Natur? Was k�nnte diese Tausende von gedankenlos zum Tor hinauswandelnden Sonntagsspazierg�ngern vereinigen? Was kann das Innere der Stadt abends bieten, wenn die Sonne untergegangen ist und man heimkehrt und nicht in seine vier Pf�hle r�ckkehren will? Denkt doch dar�ber nach, ihr philosophischen Staatsm�nner, die ihr jetzt in Berlin das Ruder in H�nden habt! Gebt dem Volke nicht etwa polizeilich angeordnete Spektakel, sondern weckt den Trieb des Volkes, selbst dergleichen zu erfinden oder sich an dem von fremdher gegebenen Ansto� zu beteiligen. Ehrt die Neigung zur �ffentlichkeit! Verbietet nicht, wie das noch vor vier Jahren in Berlin beim Buchdruckerfest so geh�ssig war, �ffentliche Aufz�ge; la�t die Menschen sich menschlich austoben, dann werden sie nicht in die Kellerl�cher kriechen und es tierisch tun. Eines der sichersten Mittel zur Volksveredelung sind die Theater. Ich erinnere an die wahren Worte, die ich von Guizot in meinen Pariser Briefen mitteilte: "Ein starker Theaterbesuch leitet alle schlechten Gel�ste der niedern Volksklassen ab." Berlins Opernhaus wirkt wenig auf die Moralit�t, das Schauspielhaus erhielt durch den vorigen K�nig ganz jenen Privatcharakter, der in allem die Grundlage so vielen Verderbens f�r Berlin ist, das K�nigsst�dter Theater hat zwischen Nestroys Possen und der gl�nzenden italienischen Oper, wo Rubini per Abend 800 Taler bekommt und die Preise der Pl�tze verdreifacht sind, keinen Mittelweg. Das Theater, in Wien und Paris ein so harmloser Hebel der Sittlichkeit, ist in Berlin eine k�nstliche Anstalt, die mit dem Volke in keiner anregenden Verbindung steht. Entweder mu� man in Berlin die Hofb�hne entschieden zur Volksb�hne umwandeln, oder Vorstadttheater gestatten, eines f�r die Gegend nach dem K�penicker Felde zu und ein anderes nach der Richtung des neuen Hamburger Tores. Nur vorl�ufig zwei solcher Theater, gut beaufsichtigt, in Hinsicht der vorzustellenden St�cke v�llig freigegeben, mit niedrigen Eingangspreisen. Zwei solcher Volkstheater, nat�rlich mit Aufhebung der bestehenden sogenannten Liebhabertheater, k�nnten den auffallendsten Einflu� auf die Sittenverbesserung Berlins haben. Endlich ist der dritte Punkt die Volksbildung selbst und die Religion. F�r die erste, insoweit sie durch Schulen erreicht wird, ist wohl in Berlin hinl�nglich gesorgt. Nicht umsonst hat man vielleicht der vorigen Regierung ihr Schulwesen nachger�hmt. Aber es ist eine bekannte Tatsache, da� Kenntnisse an und f�r sich noch nicht die Sitten reinigen. Sie bef�rdern zuweilen eher die Verschlagenheit und machen nur geschickter zu den Verbrechen. Aus Rechnen, Lesen und Schreiben wird noch kein sittlicher Mensch. Der Konfirmandenunterricht wird in Berlin nicht eben sehr ernst betrieben. Das "Eingesegnetwerden" ist ein mehr b�rgerlicher, als geistlicher Akt. Die Zahl der Konfirmanden ist zu gro� und dem Geistlichen fehlt in allem, so auch hier die durchgreifende Beaufsichtigung seiner Gemeinde. Sie ist bei einer so gro�en Stadt und der Freiheit vom Beichtzwange schwer oder ganz unm�glich. Tun nun die Kirchen ihre Pflicht? Wird die Religion so gepredigt, da� sie veredelnd und tief in die Sittlichkeit des Volkes eingreifen kann? Das ist denn wiederum ein wichtiger und au�erordentlich schlagender Punkt, wo sich die Gebrechen der vorigen Regierung offen zur Schau geben. Nein, das Christentum hat in Berlin die Wirkung nicht, die es haben k�nnte und haben sollte. Christus wird in Berlin in einer Weise gepredigt, die h�chst beseligend, h�chst begl�ckend auf einen Einzelnen wirken kann. Es gibt wahre Fr�mmigkeit in Berlin. Es gibt Versammlungen, in denen man sich mehr erbaut als in den Kirchen, es gibt Kirchen, in denen ein warmes, f�r den Himmel l�uterndes Christentum sicher mit dem trostreichsten Erfolge f�r das Gl�ck vieler Familien gepredigt wird. Aber was kann auf unsere Zeit der Pietismus im gro�en und ganzen wirken? Ein Lamm rettet man; was geschieht aber, um die tausend R�udigen anzulocken? Haben wir gesehen, da� in Berlin alles Privatsache geworden war, so ist auch das Christentum dort Privatsache geworden. Einzelne Prediger, wie Couard, Strau�, Arndt haben einen gro�en Zulauf, aber nur von gl�ubigen Seelen, von solchen, die sich im Christentum befestigen, nicht von solchen, die erst f�r seine Wahrheiten gewonnen werden. Die Masse geht nicht in diese Kirchen. Sie w�rde gehen, wenn dieser theologische Radikalismus ihr die Tugend nicht gar zu schwer machte. Man soll dort einen ganz neuen Menschen anziehen, nicht neue Lappen auf das alte Kleid flicken, nicht jungen Wein in alte Schl�uche f�llen, sondern ein ganz neugeborener Mensch werden. Dies Christentum kann nie auf die Masse wirken, diese Besserungsmethode der Menschheit setzt einen religi�sen Heroismus voraus, der sich nur bei wenig Auserw�hlten findet und so ist in Berlin auch die Religion, die erste Springfeder des sittlichen Volkslebens, aus �berreligion ohne durchgreifende Wirkung. Um dem Christentume Allgemeinheit und Einflu� auf die Sittlichkeit einer Nation zu geben, mu� es entweder auf den Aberglauben wirken, wie durch die mystischen Zauber des Formendienstes im Katholizismus, oder es mu� mit schlichter Einfachheit und �berzeugender W�rme auf die moralischen Grundwahrheiten zur�ckgef�hrt werden. Ein protestantischer Staat kann f�r seinen sittlichen Zweck auf die mitwirkende Kraft des Christentums nur dann rechnen, wenn er den Predigern einen klaren, gef�hlvoll und beredsam vorgetragenen Rationalismus zur Bedingung macht. Es ist mit der Religion gerade wie mit der Poesie. Dem Gebildeten m�gen K�rner, Tiedge und �hnliche Talente sehr tief stehen, aber die Masse findet ihre Rhetorik sehr sch�n und begreift nicht, was uns an Novalis, Brentano und selbst an Goethe mehr anziehen kann. Ein geistvoller Gedanke geht der Menge verloren, w�hrend sie einem Gemeinplatze zujubelt. So m�gen die Denker und Gef�hlsmenschen im Christentum die tieferen Bez�ge ansprechen und besch�ftigen: Als Religion, als sittliche Hilfsmacht wirkt das Christentum nur durch eine talentvolle, mit Geschmack und Beredsamkeit vorgetragene Ausbeute seiner moralischen und gef�hligen Grundwahrheiten. Wer mir Prediger sein wollte, d�rfte mir mit seiner Rechtfertigungstheorie, mit der Wiedergeburt, der Genugtuungslehre und der �blichen pietistischen Polemik nicht auf die Kanzel kommen. H�tte man in Berlin geistvolle und beredte nationalistische Geistliche wie Schmaltz in Hamburg, B�ckel in Oldenburg, Friedrich in Frankfurt, Goldhorn in Leipzig, Bretschneider in Gotha, h�tte man statt einer Clique junger Kopfh�nger eine Schule wahrhaft menschheitsveredelnder, talentvoller junger Kanzelredner gestiftet, die Kirchen w�rden �berf�llter und die Gef�ngnisse leerer sein. Man mag gegen Friedrich Wilhelm IV. gestimmt sein, wie man will, soviel ist gewi�, er will seine L�nder im gro�en Stil regieren. Hier w�re denn Gelegenheit genug zu den glorreichsten Sch�pfungen. [Nachtrag:] In dem Aufsatz: "Berlins sittliche Verwahrlosung" hat man es auffallend gefunden, da� von einem zweiten und dritten Grunde dieses �bels die Rede ist, ohne da� des ersten erw�hnt wird. Der erste Grund war aus der Politik und der mangelnden �ffentlichkeit unter dem vorigen K�nige hergeleitet, doch mu�te die n�here Ausf�hrung aus unmittelbar vor dem Druck des Blattes geltend gemachten R�cksichten wegbleiben, deren Natur jeder Kundige erraten wird. So viel, um wenigstens die logische Ordnung des Artikels herzustellen. Geist der �ffentlichkeit (1844) Berlin ist eine Weltstadt geworden. Fr�her war Berlin nur eine gro�e Stadt. Berlin hat an Bewohnerzahl und Umfang unglaublich zugenommen, aber in dieser �u�ern Vergr��erung liegt der auffallende Fortschritt nicht allein. Er liegt im erweiterten Anschauungs-Horizont, im Durchbruch nicht allein von Stra�en und neuen Toren, sondern im Durchbruch alter Vorurteile und Gewohnheiten, im vermehrten geistigen Betriebskapital, in der Zunahme eines Selbstbewu�tseins, das sich mit einem gro�en sittlichen Nationalleben in Zusammenhang zu setzen verstanden hat. Es ist �berraschend, wie sich die schlummernden Kr�fte allm�hlich entwickelt haben. Von unten f�ngt das an und h�rt oben, in idea1ster H�he, auf. Der Eisenbahnverkehr hat Berlin endlich in jenen unmittelbaren Zusammenhang mit andern gro�en St�dte-Entwickelungen gebracht, der ihm fr�her fehlte. Fr�her bezogen sich nur Potsdam, Brandenburg, Treuenbrietzen, Bernau auf Berlin, jetzt Leipzig, Magdeburg, die Ostsee und bald Hamburg und Schlesien. Der fr�here kleinst�dtische Geist ist gewichen, gro�e Gasth�fe sind entstanden, die Basis aller gemeinschaftlichen Unternehmungen beruht auf breiteren Dimensionen. Man sieht das, bewundert es, oder mu� wenigstens seine Freude daran haben. Was man in ausw�rtigen Zeitungen als die laufende Tagesordnung von Berlin besprochen findet, das ist alles keineswegs Erfindung, sondern Tatsache, durchgesprochene, lebendige Tatsache. Es stehen sich hier wirklich Parteien und Parteien, Menschen und Menschen gegen�ber. Es hat sich hier wirklich ein Geist der �ffentlichkeit entwickelt, dem bis zur Stunde zwar edle und w�rdige sowohl, wie dauernde und belebende Organe fehlen, ich meine die Organe faktischer Institutionen, dessen Ringen und Dr�ngen aber so m�chtig ist, da� es Augenblicke geben kann, wo wir uns im Anschauen dieser Strebungen nach Paris versetzt glauben. So wie jetzt in Berlin mu� es zur Zeit der Restauration in Paris gewesen sein. Das Katheder ist die vorl�ufige Volkstrib�ne, die Wissenschaft die vorl�ufige Politik. Wie das wogt und treibt! Keine Meinung will mehr allein stehen, eine Bestrebung lehnt sich an die andere. In Berlin wohnen und nichts wirken, nichts vorstellen, nichts vertreten, ist der geistige Tod, ist Nullit�t, hei�t wenigstens Nullit�t, und jeder f�rchtet sie. Man hat angefangen, die Bedeutung eines �ffentlichen Charakters zu f�hlen. Die ruhmvol1sten Namen aus der alten Schule sieht man im Verkehr mit den erst sich machenden aus der jungen. Unpopul�r zu sein, wagt niemand. Jeder mu� einen Kreis von Gleichgesinnten um sich haben, er mu� sich nach Anlehnungen umsehen. Kann er nicht selbst einen Mittelpunkt bilden, so ordnet er sich unter und wird Stammgast im Salon eines andern. Berlin hat seine Salons, in der Tat Salons im franz�sischen Wortsinne. Ich mu� sogar so weit gehen, zu behaupten, da� es mit Geldkosten verkn�pft ist, in Berlin eine eigene Meinung zu haben. Man mu� seinen offenen Mittwoch, seinen offenen Freitag, seinen Dienstag haben, um hier ein durchgreifender, �ffentlicher Charakter zu sein. Das ist kostspielig, hier mit Tieck, mit den Grimms, mit Herrn von Savigny zu rivalisieren. Man mu� w�nschen, da� sich diesen Gasstr�mungen von Ehrgeiz, Tendenz, Zorn, Begeisterung, Rache, ehe es eine Explosion gibt, bald ein luftreiner Zylinder darbieten m�chte, ein Abzug ins �ffentliche, gro�e Volksleben, durch irgendeine Tatsache, durch irgendein Ereignis, durch irgendeinen Schritt weiter auf der betretenen Bahn besonders des Ausbaues der st�ndischen Institutionen. Dies oder irgend etwas anderes mu� erfunden werden, um diesem Wettkampf von Meinungen und Leidenschaften eine sch�ne h�here Wahrheit zu geben und solchen Zerr�ttungen vorzubeugen, wie sie z.B. jetzt infolge der traurigen Grimmschen Erkl�rung, durch welche sich zwei ber�hmte Namen um alte Liebe und Hingebung gebracht haben, schon eingetreten sind. Einige der auf der Reise empfangenen Eindr�cke m�gen in bunter Reihe hier wiedergegeben werden. Am 29. M�rz beschlo� Dr. Mundt seine vor einem gemischten Publikum gehaltenen Vorlesungen �ber die Gesellschaftsfrage unserer Zeit. Es war f�nf Uhr. Im Saale des Jagorschen Hauses Unter den Linden versammelte sich so ziemlich der gr��te Teil des �sthetisch- produktiven Berlins, Dichter, Gelehrte, Musiker, Gl�ubige und Pr�fende, Hingegebene und Zweifelnde, wie dies um so mehr bei einem Gegenstande der Fall sein mu�te, dessen �ffentliche Behandlung in gewissen Regionen bedenklich erschienen war. Als sich etwa 150 Personen eingefunden hatten, erschien der Redner. Ich f�hlte mich an die Vortr�ge von Edgar Quinet im Coll�ge de France erinnert. Nur schade, da� sich Mundt zu sehr auf sein Heft verlie� und einen Gegenstand, der so tief in Herz und Nieren greift, nicht mit freier Rede um so �berzeugender darstellte. Die W�rme der Begeisterung fehlte dem Redner nicht, eine jeweilige Handbewegung verriet selbst seine Absicht, das, was er vorlas, als entquollen seinem innersten Gef�hle darzustellen; doch kann ich die Bemerkung nicht unterdr�cken, da� ein selbst ungeregelter Vortrag mit Anakoluthen, Wiederholungen und allen Klippen eines ungewohnten oratorischen Versuches dennoch eindringlicher spricht, als ein geschriebenes Heft. Der Inhalt der Rede erweckte die w�rmste Teilnahme. Bot ihr Anfang demjenigen, der sich mit der Sozialwissenschaft unserer Tage besch�ftigt hat, auch nichts Neues, so erhob sie sich doch in ihrem weitern Verlauf zu einem h�heren Aufschwunge, in welchem sich zum ernsten Denker der sinnige Dichter gesellte. Der Redner sprach von den Rechten der Armen und den Pflichten der Reichen. Er behandelte jenen ergreifenden Gegenstand des Pauperismus, der jetzt nur noch alle Federn, bald aber auch hoffentlich alle Herzen in Bewegung setzen wird. Jene r�hrende Humanit�t, welche sich in den Schriften derjenigen Franzosen findet, die sich mit sozialistischen Fragen besch�ftigten, hatte, man sah es, in des Redners Herzen ein Echo gefunden. Er sprach mild und sanft von den Proletariern der Gesellschaft, und ein gewisses kaltes Phlegma, eine gewisse doktrin�re Selbstzufriedenheit hinderte doch nicht, da� in einigen weihevollen Momenten ein sch�ner Abglanz von Gem�t und Wehmut auf seinen Gesichtsz�gen hervorbrach. Besonders war die Bemerkung, da� jetzt bei den Fortschritten der Volksbildung der Vater besch�mt von seinem aus der Schule heimkehrenden unterrichteteren Kinde lernen k�nne, ebenso geistreich aufgegriffen, wie zart und innig durchgef�hrt. �ber manches teile ich nicht des Redners Meinung. Er sprach von Owen und w�rdigte ihn nicht genug, trotzdem, da� er mit Achtung von ihm sprach. Er kam zu oft auf den Mangel an Poesie in Owens System zur�ck. Poesie ist in der Sozialfrage ein gef�hrliches Wort. Braucht man es zu oft, so kann man dahin kommen, da� am Ende nichts poetischer als die Armut ist, und der Armut soll doch abgeholfen werden. Wer vom Leben zu viel bunten Effekt verlangt, dem wird freilich das Ziel einer allgemeinen Gl�ckseligkeit unpoetisch erscheinen. So manches andere in des ehrenwerten Redners �u�erungen lie�en mich fast besorgen, er h�tte das Thema der materiellen Gesellschaftsfrage nur zum Kanevas von allerhand auf anderm Gebiet spielenden Anmerkungen gemacht, von Anmerkungen, die ich sehr treffend, sehr zeitgem��, ja sehr freim�tig und gegebenen Umst�nden gegen�ber k�hn fand, die aber doch nur mehr dem idealen Gebiet angeh�rten und die Ansicht vorauszusetzen schienen, man k�nne Hungernde mit Sonnenlicht s�ttigen und D�rstende mit den Farben der Blumen tr�nken. Der Redner kannte die praktischen Sch�den, wollte sie heilen und wich wiederum dem praktischen materiellen Gebiete aus. Doch abgesehen von diesem Einwurf, der ohnehin auf einem Mi�verst�ndnis beruhen kann, hat sich Mundt ein gro�es Verdienst erworben, da� er in jener unmittelbaren Form, in der Form der Rede, einen Gegenstand zur Sprache brachte, der immer mehr in den Vordergrund der Debatten treten und jene welt- und gottweise Philosophie besch�men wird, die im Webstuhl ihrer Abstraktionen nur Leichent�cher f�r das Leben spinnt ... Myst�res de Berlin? (1844) Das ist gewi� charakteristisch! Mein erster Blick auf eine der hiesigen Zeitungen fiel auf den Vorschlag eines Fr�hgottesdienstes f�r Droschkenfuhrleute. Wahrlich, dieser Vorschlag verleugnet seinen Ursprung nicht! Zwar ist derjenige, der ihn zun�chst machte, ein Jude (der Besitzer der Haupt-Droschkenanstalt), aber auch das ist bezeichnend; die spekulativen Juden, die Juden, die den Geist der Zeit verstehen, bestreben sich hier, dem �berchristentum in die H�nde zu arbeiten. Ein Fr�hgottesdienst f�r Droschkenfuhrleute! Man mache sich recht klar, was darunter zu verstehen ist. Man hat n�mlich gefunden, da� die Droschkenf�hrer von fr�h bis Mitternacht ihrem Herrn und Lohngeber dienen m�ssen. Auch den Sonntag heiligen sie nicht. Um sie nun der Kirche nicht g�nzlich verloren zu geben, l��t man ihnen jetzt morgens, wenn sie ihre Wagen reinigen, wenn sie ihre Pferde anschirren, rasch von einem eigens bestellten "Droschkenprediger" eine kurze geistliche Rede halten. Man glaubt, wenn man so etwas erf�hrt, in England oder Pennsylvanien zu sein. Diesem Fr�hgottesdienst f�r Droschkenf�hrer m�ssen, wenn man konsequent sein will, noch diese Einrichtungen folgen: Ein Fr�hgottesdienst f�r Brieftr�ger. Ein Nachmittagsgottesdienst f�r Milchkarrenschieber; denn auch diese Fuhrleute bringen ja jeden Sonntag die Milch zur Stadt. Gut, ich glaube, da� es w�nschenswert ist, auch die Droschkenfuhrleute an die Kirche zu gew�hnen; aber h�tte die gesunde Vernunft und die Billigkeit jenes �berchristlichen Juden, wahrscheinlich eines Kommerzienrates, nicht einen andern Ausweg finden k�nnen? Wie nun, wenn man bei den Droschkenst�llen keinen Gottesdienst errichtet, wohl aber jedem Droschkenf�hrer es m�glich gemacht h�tte, alle vierzehn Tage oder wenigstens alle vier Wochen einen halben Sonntag frei zu haben, einen halben Sonntag, wo er die Kirche besuchen kann? Erlaubte das die Dividende des Kommerzienrates nicht? Ihr habt ein so gro�es Mitleid mit der Seele des Droschkenfuhrmanns und sorgt f�r seinen Kirchgang, schenkt ihr ihm dann auch, dem geplagten, an seine Karre gebundenen Menschen, einen Erholungstag? Spannt ihr ihn einmal aus seinem Joche aus und errichtet einen Aktienverein zu einer Mittagsfreude, zu einer Nachmittags-Belustigung? Statt da� also die hiesigen �berchristen den Kommerzienrat zwingen sollten, jedem Droschkenfuhrmann alle vierzehn Tage oder alle drei Wochen, die Reihe herum, einen freien Sonntag zu geben, den er als freier Mensch, Christ und Staatsb�rger anwenden kann, wie er will, schl�pfen sie �ber den Mi�brauch des privilegierten Droschkenregenten hinweg, sanktionieren die Tatsache, da� kein Droschkenfuhrmann einen freien Sonntag hat, und sorgen nur einzig daf�r, da� ihm morgens vor Ausfahren aus dem Stall das Evangelium gepredigt wird! O �ber den frommen Kommerzienrat! Wenn dem religi�sen Fanatismus keine Grenzen gesteckt werden, so erleben wir noch die krankhaftesten Erscheinungen. Die �bertriebene Heiligung des Sonntags kann f�rmlich alttestamentarisch werden. Wenn sich z.B. Jemand in den Gedanken vertieft, da� die Eisenbahnen an Sonntagen befahren werden und das Bahnpersonal und die Lokomotivf�hrer deshalb nicht die Kirche besuchen k�nnen, w�rde man einem solchen Gem�t nicht zurufen m�ssen: Beh�te dich der Himmel vor Wahnsinn! Der religi�se Fanatismus, der sich ferner der Armen und Kranken annimmt, hat Anspr�che auf unsere vollkommenste Hochachtung, er steht den Geboten der reinen Humanit�t so nahe, da� man nicht untersuchen mag, welches die Quelle seiner Hingebung, Aufopferung und Liebe ist; wenn aber die Pflege der Armen strafend, die Wartung der Kranken l�stig und be�ngstigend wird, dann mu� man selbst gegen so an sich ehrenwerte �u�erungen des �berchristlichen Sinnes kalt werden. Strafend aber ist die Armenpflege, welche nur dem gibt, den sie als rechten Glaubens erkennt; l�stig und be�ngstigend ist die Krankenwartung, die uns zwischen den Schmerzen des K�rpers von der Verworfenheit unserer Seele redet. Es bereitet sich hier eine Menge praktischer Anwendungen des mildt�tigen Christentums vor. Die meisten davon stehen noch auf dem Papiere, einige sind schon ins Leben getreten, z.B. ein Magdalenenstift zur Rettung gefallener M�dchen. Was man von letzterem h�rt, l��t auf eine gesunde und tatkr�ftige Ausf�hrung dieser an sich l�blichen Absicht nicht schlie�en. Schon da� diese ungl�cklichen Personen durch eine eigene Tracht kenntlich gemacht werden, ist einer jener finstern Nebengedanken, die wir strafende Armenpflege nannten. Wenn es einen Weg geben kann, um solche Personen einer sichern Besserung entgegen zu f�hren, so kann es nur der sein, sie auf eine m�glichst ger�uschlose, stillschweigend liebevolle Weise der Gesellschaft wiederzugeben. Eine schwarze Tracht mag allerdings bewirken, da� der, der sich dem Magdalenenstift in die Arme wirft, gleichsam die T�r hinter sich auf immer zuwirft und eine fast kart�userartige Resignation zeigen mu�, aber wie wenig Gem�ter werden einer solchen Abt�tung des letzten Restes von Stolz f�hig sein! Gerade das, was Ihr zuerst brechen wollt, diesen letzten Rest von Stolz, gerade das ist nur das Samenkorn, aus dem sich eine neue Bl�te des sittlichen Menschen erheben kann. Was wird das Ende dieses Beginnens sein? Da� eine solche Anstalt hinter ihrer guten Absicht zur�ckbleibt und, statt gebesserter, dem Leben wieder gewonnener Verirrten, Heuchlerinnen erzeugt, die, wie es der Fall ist, beim geringsten verf�hrenden Anla� wieder in ihre alten Lasterwege zur�ckfallen. Nach allem, was sich hier beobachten l��t, sieht man, da� man die �bel, an welchen die heutige Gesellschaft krankt, hier mehr als irgendwo erkannt hat. Man hat sie erkannt, weil man sie f�hlt, weil sie sich zu unabweislich von selbst aufdr�ngen. Aber in den Mitteln, den gesellschaftlichen Sch�den abzuhelfen, vergreift man sich. Man will den Sch�den unmittelbar begegnen, statt da� sie nur da wahrhaft zu heilen sind, wo man ihrem ersten Grunde auf die Spur gekommen ist. Die Wurzel mu� man entdecken und den Wurm t�ten, der an der Wurzel nagt. Das Begie�en des welken Blattes an dem verkr�ppelten Stamme fristet ihm eine Weile das frische Ansehen des Lebens, dann aber f�llt es ersterbend ab, weil der aus der Wurzel quellende Balsam des Lebens, der Saft der Gesundheit ihm st�rkend nicht zustr�mt. Theodor Mundt sprach in seiner k�rzlich erw�hnten Vorlesung von dem durchgreifenden Streben unserer Zeit nach "Gl�ckseligkeit und Vergn�gen". Ich erschrak, wie er diese Tatsache so ohne weiteres als einen feststehenden Satz, wahrscheinlich als die Pr�misse seiner fr�hern Entwickelungen einwerfen und voraussetzen konnte. Und doch stellt sich diesem Satze, um ihn zu widerlegen, wenig gegen�ber. Er ist wahr, er ist bewiesen; bewiesen nicht nur durch den Luxus der Reichen, sondern auch durch die brennende Sehnsucht und Entsagungsunf�higkeit der Armen. Am uners�ttlichsten aber in Zerstreuungen ist der Mitte1stand. Gl�ckseligkeit und Vergn�gen ist mehr denn je die Devise des Berliners geworden. Die �ffentlichen und Privatgelegenheiten zu Erholungen aller Art haben sich rei�end vermehrt. Die Stra�enecken sind t�glich mit mehr als einem Dutzend Zettel beklebt, um zu Zerstreuungen einzuladen. Dabei ist der Zudrang zu solchen Nahrungszweigen, welche wenig Anstrengung erfordern, unverh�ltnism��ig. Wer fr�her nicht wu�te, welches Gewerbe er treiben sollte, er�ffnete einen Tabakshandel. Jetzt haben sich dazu Anlagen von Kaffeeh�usern, Vergn�gungsg�rten, Konditoreien gesellt, die mit derselben Schnelligkeit aufschie�en, wie hier Mode-, Schnittwaren-, Kleiderhandlungen und Gewerbel�den von solchen er�ffnet werden, die diese Gewerbe nicht selber treiben, sondern nur von andern treiben lassen. Und mitten in diesem Sausen und Brausen von Vergn�gungen dann jene Zust�nde der Not und des Elends, die Bettina jenen menschenfreundlichen Schweizer im Anhange ihres K�nigsbuches hat schildern lassen--der Gegensatz ist schneidend. Ausw�rts f�hlt man diesen Gegensatz fast noch mehr als hier. Ausw�rts hat man sich verwundert, wie mitten in diesen Tatsachen des dringendsten Bed�rfens, mitten in diesen beredten Schilderungen der hiesigen Verarmung pl�tzlich das Krollsche Etablissement hat auftauchen k�nnen. Ich gestehe, als ich diesen von allen Zeitungen f�r einen Feenpalast ausgegebenen Ort besuchte, konnte ich den st�renden Gedanken, da� diese Sch�pfung sehr mal � propos gekommen, nicht unterdr�cken. Zum Gl�ck bleibt auch dieser "Feenpalast" hinter seinem Rufe zur�ck. Schon in der Ferne, wenn man durch Staubwolken durchzudringen vermag, sieht das Ganze wie eine gro�e Ziegelh�tte aus. Man sieht ein Konglomerat von Schornsteinen und hervorspringenden Hausecken und f�hlt sich durch den ersten Eindruck eher abgesto�en als angezogen. Dabei �rgert man sich �ber die Idee, ein solches von allen Fremden zu besuchendes Lokal auf die Achillesferse Berlins, die Sandw�ste Sahara, auf den Exerzierplatz zu bauen. Der Berliner Staub, vergessen gemacht durch die freundlichen Anlagen des Tiergartens, tritt wieder beizend, augenverderbend, unausstehlich in den Vordergrund; denn recht in den Mutterscho� dieses Staubes ist das neue Geb�ude gelegt worden. Man betritt es. Alles erscheint daran l�ckenhaft, h�lzern, durchsichtig, leichte Ware, berechnet auf einen kurzen Effekt. Mit einem Blick �bersieht man die gewaltige Reitbahn des Vergn�gens. Keine Abwechslung, kein lauschiges Versteck, keine M�glichkeit des Alleinseins. Die nackten wei�en Holzw�nde, mit Goldleisten zwar verziert und hier und da bemalt, aber keine Draperien, keine Vorh�nge, das ganze Lokal auf einen Blick in die flache Hand gegeben. Das Unterhaltende an den Maskenb�llen in der gro�en Oper zu Paris ist nicht der gro�e Tanzraum, sondern das bunte Gew�hl auf den Treppen, Korridoren, in den Foyers, in Einrichtungen, die hier, bis auf einige wenige Logen, nicht getroffen sind. Man kann allerdings sagen, Paris besitzt ein solches Etablissement nicht; aber man mu� hinzuf�gen: Wenn man in Paris so oberfl�chlich w�re, zum blo�en Dasitzen, Gaffen und Begafftwerden eine solche Unterhaltungsanstalt zu begr�nden, so w�rde sie gro�artiger, geschmackvoller, charakteristischer sein. Im Kellergescho� dieses Tempels der Langeweile befindet sich ein so genannter "Tunnel", eine Lokalit�t zum Rauchen, wie sie finsterer, schmutziger, erstickender kaum in London gefunden werden kann. Man glaubt, da� die "Myst�res de Paris" hier ihren Anfang h�tten nehmen k�nnen. Man glaubt den tapis franc zu betreten und sieht sich unwillk�rlich nach der Ogresse um. Aber auch die "Myst�res de Berlin" k�nnten hier anfangen. Gibt es solche? Gedruckt schon eine gro�e Anzahl, und die zuerst kamen, von Schubar, schon in dritter Auflage ... Schade, da� sich originelle K�pfe nicht leicht entschlie�en werden, in die Fu�stapfen eines andern zu treten; wohl aber bliebe es w�nschenswert, da� sich jemand der deutschen Zust�nde so bem�chtigen k�nnte, wie Eug�ne Sue der franz�sischen. Hat nicht am Ende auch Sue den Boz nachgeahmt, und Boz wieder die alten humoristischen Romane der vorigen Jahrhunderte? Mysterien von Berlin m��ten grelle Schlaglichter auf Deutschlands sittliche, gesellschaftliche und intellektuelle Zust�nde fallen lassen, m��ten die Fackel der Aufkl�rung nicht nur in die Kellergew�lbe der Armut und des Verbrechens tragen, sondern auch in die tr�be D�mmersph�re der Schein- und �berbildung, der L�ge und Heuchelei.... Impressionen--z.B.: Borsig (1854) Berlin w�chst an Stra�en, mehrt sich an Menschen, aber man kann des Abends um neun Uhr doch im Anhaltischen Bahnhofe ankommen und wird, mit einer Droschke von der Wilhelmstra�e zu den Linden fahrend, glauben, in Herculaneum und Pompeji zu sein; denn selbst die gro�e Friedrichstra�e gleicht dann schon einer verl�ngerten Gr�berstra�e. Auf f�nf von der Eisenbahn herwackelnde Droschken zwei Menschen zu Fu�, einer auf dem Trottoir rechts, einer auf dem Trottoir links. Doch es ist eigen mit der Stille einer gro�en Stadt. Am Gensdarmenmarkt feierliche Ruhe und in dem so gespenstisch einsam daliegenden Schauspielhause st�rmte vielleicht eben ein vielhundertstimmiges da capo. In seinem Konzertsaale sang wenigstens Jenny Goldschmidt-Lind. Wenn man nicht in der Lage ist, seine Ankunft in Berlin vermittels telegraphischer Depesche irgendeinem Hotelier Unter den Linden anzeigen und sich eine Suite Zimmer im ersten Stock zweckm��ig vorrichten zu lassen, so wird man in der Hauptstadt der Intelligenz immer einige M�he haben, sich in seinem Absteigequartier mit dem Wahlspruche auszus�hnen: L�ndlich, sittlich. Die Rechnungen der Hotels bleiben gewi� hinter den Fortschritten der Zeit nicht zur�ck, aber die �rmlichkeit der Zimmerausstattungen, das Gepr�ge der auf allen m�glichen Auktionen zusammengekauften M�blierung und die scheinbare Halbeleganz gewisser, durch �berm��ige Ausnutzung halbverwitterter Verzierungen, z.B. des unvermeidlichen Wachstuchs auf den Fu�b�den, stellt immer wieder die �rmlichkeit des Berliner Komforts heraus, von den Betten, ihrer Enge, ihren zentnerschweren Federpf�hlen nicht zu reden. Von Doppelfenstern ist in der lichtliebenden Stadt wenig die Rede. Man erkennt auf diesem Gebiete immer wieder in Berlin seine alten Pappenheimer und l��t sich's an ihnen gen�gen, wenn nur daf�r die Ausbeute an geistiger Anregung desto belohnender zu werden verspricht. Regen und Schnee, Sturm und K�lte lassen die gro�en Schmutzfl�chen der Berliner Pl�tze und Stra�en doppelt schauerlich erscheinen. Unabsehbar sind diese Wasserspiegel. Unter den Linden fegen die Stra�enkehrer eine ganz eigent�mliche breiige Masse zusammen, ein f�nftes Element, das bekanntlich auch nur in oder doch bei Berlin die Erfindung einer gewissen Plastik aus Stra�enkot m�glich gemacht hat. Ob sich nicht auch aus der fl�ssigen und kaltgewordenen Lava, die von Kranzler bis zum Victoriahotel st�ndlich zusammengekehrt wird, wie aus Chausseestaub eine Terra cotta f�r Eichlers plastisches Kabinett bilden lie�e? An Ordnung in der Handhabung der das Eis, den Schnee und den Schmutz betreffenden polizeilichen Vorschriften fehlt es nicht. An jeder Stra�enecke der belebten Gegenden steht ein Konstabler, der nach dem Charakter der preu�ischen Monarchie, als einer vorzugsweise spartanischen, auch nur im Helme des Kriegers f�r den �ffentlichen Frieden sorgt. Man h�tte aber die Neuerung des Helms nicht zu weit sollen um sich greifen lassen. Von der Ehre, ihn tragen zu d�rfen, hat man jetzt die Droschkenkutscher gl�cklicherweise wieder ausgeschlossen. Eine in die Augen springende Versch�nerung der Stadt, die sie seit einigen Jahren gewonnen, sind die nun endlich fertiggewordenen Standbilder auf den gro�en Granitw�rfeln der Schlo�br�cke. Wohl �ber zwanzig Jahre schon standen diese blanken Quadersteine und harrten ihrer k�nftigen Bestimmung. Was hatte man nicht anfangs auf ihnen einst zu erblicken gehofft? Heilige und Propheten, Panther und L�wen, ber�hmte Divisionsgenerale und bew�hrte wachsame Residenz-Kommandanten. Jetzt ist "Das Leben des Kriegers" daraus geworden in griechischer Auffassung. Ob die vielen Klagen �ber allzu gro�e Nat�rlichkeit dieser Gruppen einen Grund haben, l��t sich noch nicht recht von dem heutigen Wanderer beurteilen. Das Schneegest�ber verdeckt alle Aussicht, der durch die einfache Trottoirreihe ohnehin beengte Fu�boden ist zu na�, um irgendwo bequem nach dem ionischen Himmel aufblicken zu k�nnen, der sich �ber diesen wei�en Marmorgruppen ausspannen sollte. Die armen Krieger, wie es scheint gew�hnt an die Ebenen von Griechenland, wo sie als Ringk�mpfer bei den Nemeischen Spielen den Preis gewannen, haben heute dicke Epaulettes von Schnee auf ihren Achseln liegen. Man darf mit ihnen einiges Mitleid haben, man darf annehmen, da� sie frieren; denn zu ersichtlich sind sie nach Modellen der sch�nsten Grenadiere vom ersten Garderegiment gemei�elt; zu ersichtlich ist ihre Nacktheit keine gewohnte, sondern nur ein zuf�lliges Ausgezogensein bei einem gutgeheizten Berliner Atelierofen; zu ersichtlich ist ihre nur auf die allgemeine Milit�rpflicht, die ein- und dreij�hrige Dienstzeit, die Man�verzeit und ein mobilisiertes Ausr�cken nebst endlicher Errungenschaft eines ehrenvollen Ordens oder einer Anstellung gehende Allegorie. Die �bergro�en Fl�gel der Viktorien sind schon f�r die Harmlosigkeit einer Beziehung auf Griechenland zu verd�chtig. Man hat diese Fl�gel der Viktorien hier in neuerer Zeit schon zu stereotyp neupreu�isch, d.h. als Cherubimsschmuck, ausgebildet: Es sind dieselben christlichen Viktorien, die auf Wachschen Bildern das Grab des Heilands h�ten, die den Eingang in die Kuppeldachkapelle des Schlosses bewachen und auch sonst schon in die gew�hnlichen Verzierungen der Stadt �bergegangen sind, selbst bei gewerblichen Zwecken. Diese mehr christlichen als antiken Cherubim wecken in der Bekr�nzung der Krieger immer nur die Vorstellung eines seine Pflicht erf�llenden modernen jungen Landesverteidigers, und darum scheint das Berliner Mitleid um die erfrierenden jungen Konskriptionspflichtigen und der mehrfach ge�u�erte Wunsch, ihnen warmhaltende M�ntel und Beinkleider zu schenken, nicht ganz unmotiviert. Nur �ber die allzu nat�rliche Wiedergabe der Natur hat man sich mit Unrecht beklagt. Die jungen Grenadiere stehen so hoch, die Granitw�rfel haben erst noch einen so ansehnlichen �berbau erhalten, da� eine junge Dame schon sehr neugierig sein mu�, wenn sie, aus einer Predigt im Dom kommend, an dem modernen Griechentum auf der Schlo�br�cke ein �rgernis nehmen will ... Die Zunahme Berlins an Stra�en, H�usern, Menschen, industriellen Unternehmungen aller Art ist au�erordentlich. Auf Stellen, wo ich mich entsinne, mit Gespielen im Grase gelegen und an einer Drachenschnur geb�ndelt zu haben, sitzt man jetzt mit irgendeiner Dame des Hauses, trinkt Tee und unterh�lt sich �ber eine wissenschaftliche Vorlesung aus der Singakademie. Wo sonst die blaue Kornblume im Felde bl�hte, stehen jetzt gro�m�chtige H�user mit himmelhohen geschw�rzten Schornsteinen. Die Fabrik- und Gewerbst�tigkeit Berlins ist unglaublich. Bewunderung erregt es z.B., einen von der Natur und vom Gl�ck beg�nstigten Kopf, den Maschinenbauer Borsig, eine imponierende, beh�bige Gestalt, in seinem runden Qu�kerhut in einer kleinen Droschke hin und her fahren zu sehen, um seine drei gro�en, an entgegengesetzten Enden der Stadt liegenden Etablissements zu gleicher Zeit zu regieren. Borsig besch�ftigt 3000 Menschen in drei verschiedenen Anstalten, von denen das gro�e Eisenwalzwerk bei Moabit eine Riesenwerkstatt des Vulkan zu sein scheint. Es kommen dort Walzen von 120 Pferdekraft vor. Borsig baut gegenw�rtig an der f�nfhundertsten Lokomotive. Man berechnet ein Kapital von sechs Millionen Talern, das allein durch Borsigs Lokomotivenbau in Umsatz gekommen ist. Es macht dem reichen Mann Ehre, da� er sich von den gl�cklichen Erfolgen seiner Unternehmungen auch zu derjenigen F�rderung der Kunst gedrungen gef�hlt hat, die im Geschmacke Berlins liegt und dem K�nige in seinen artistischen Unternehmungen sekundiert. Er hat sich eine pr�chtige Villa gebaut und pflegt einen Kunstgarten, der schon ganz Berlin einladen konnte, die Viktoria regia in ihm bl�hen zu sehen. F�r gewisse industrielle Spezialit�ten gibt es in Berlin Betriebsformen, die wenigstens auf dem Kontinente ihresgleichen suchen. Vor dem Schlesischen Tore liegen die Kupferwerke von Heckmann. Hier werden jene riesigen Vakuumpfannen geschmiedet, die man in den R�benzuckerfabriken n�tig hat; hier werden die Kupferdr�hte f�r die elektrischen Telegraphen gezogen. Heckmann bezieht sein Material direkt aus England, Schweden und vorzugsweise Ru�land. Ebenso gro�artig ist Raven�s Handel mit Schmiedeeisen, Blei, Messing, Zinn und allen metallischen Rohprodukten. Es charakterisiert den Berliner Gro�kaufmann, der seine urspr�nglichen naiv-b�rgerlichen Triebe nicht lassen kann, da� Raven� in einem Anfall guter Laune s�mtliche verk�ufliche Weine in Bordeaux aufkaufte und sich das Privatvergn�gen machte, das Modell einer gro�artigen, aber soliden Weinhandlung aufzustellen, an der es ihm in Berlin sehr n�tig schien. Goldschmidt und Dannenberger haben Kattunfabriken im Gange, die Tausende von Menschen, die Bev�lkerung kleiner Stadtbezirke, besch�ftigen, �berdies ein pauperistisches Element enthalten, das eine umsichtige Behandlung erfordert ... Quatsch, Kroll und "Satanella" (1854) Es gibt ein Wort, das man nur in Berlin versteht. Aber auch nur in Berlin finden sich Erscheinungen, die man damit bezeichnen mu�. Es ist dies der Ausdruck: Quatsch. Quatsch ist der Anlauf zum Witz, der, auf dem halben Wege stehen bleibend, dann nat�rlich noch hinter dem halben Verstande zur�ckbleibt. Denn man kann eine halbwegs vern�nftige Meinung, ein halbwegs ernstes Urteil noch immer als eine leidliche Manifestation gesunder Vernunft gelten lassen. Der halbe Verstand geh�rt oft der Mystik an, die bis auf einen gewissen Punkt auch gew�hnlich eine Art Logik f�r sich hat. Der halbe Witz aber ist schrecklich. Er ist das absolut Leere. Er macht die Voraussetzung, etwas Apartes bringen zu wollen und bleibt in der Grimasse stecken. Er schneidet ein pfiffiges Gesicht und sagt eine Dummheit. Quatsch ist nicht etwa der Unsinn. Es lebe unter Umst�nden der Unsinn! Den Unsinn haben �sthetiker g�ttlich genannt, den echten, wahren, nat�rlichen Unsinn, der die H�lfte z.B. des Wiener Witzes ausmacht. "Ein vollkommener Widerspruch fesselt Weise und Toren", sagt Goethe; aber der relative Widerspruch ist das ewig Gesuchte, das niemals Zutreffende, das herren- und ziellos Herumtaumelnde und Faselnde, mit einem Wort das Quatsche. Berlin ist gro� im Quatschen. Es kichert �ber jede Grimasse zum Witz, wenn auch der Witz ausbleibt. Irgendeine zweimal wiederholte absonderliche Redensart findet unverz�glich ihr Publikum. Man findet hier Menschen, die f�r witzig gelten, weil sie keinen Satz enden wie andere Menschen, jedes Ding mit einem andern Namen nennen, Begriffe verwechseln und das Ernsteste im Tone der Ironie sagen. Es herrscht bei ihnen ein ewiges Vermeiden der geraden Linie, die andere Menschen gehen; sie fallen, sie stolpern �ber sich selbst; die Berliner nennen das alles witzig, w�hrend ein Vern�nftiger es Quatsch nennen mu�. Ich sah "M�ller und Schultze bei den Zulu-Kaffern". Der Gegensatz war burlesk genug. Die wilden Hottentotten mit ihrem rasenden Tanze, ihrem Kriegsgeschrei, ihrem gellenden Pfeifen, mit Geb�rden, die eine Hetze wahnsinniger Affen zu zeigen schienen und im Grunde Furcht und Entsetzen, Grauen und Mitleid, solches Gebaren menschlich nennen zu m�ssen, einfl��te, und unter ihnen die beiden Stereotypen des "Kladderadatsch", zwar ziemlich treu im �u�ern, aber in jedem Worte, das sie sprachen, Vertreter des absolut Quatschen bis zum Ekel. "Schultze!" "M�ller!" "M�ller!" "Schultze!" "Bist du et?" "Ja, ik bin et." "Hurrjeh!" usw. Man denke sich einen solchen Scherz auf dem Palais-Royal-Th��tre in Paris, wir wollen nicht einmal sagen mit Levassor und Ravel, sondern nur mit Sainville und Kalekaire! Das Krollsche Theater mag die Mittel nicht besitzen, gute Komiker zu bezahlen, aber der Text von Cormon, Clairville, Dennery und wie die Fabrikanten solcher Gelegenheitsscherze in den kleinern Pariser Theatern hei�en, w�rde nicht so unbedingt nur fade sein. Man mu� das Pariser Oh! Oh! geh�rt haben bei jedem abblitzenden Einfall eines solchen Unsinn-Textes, um zu verstehen, wie die Franzosen auch bei solchen Veranlassungen witzig und geistreich sein k�nnen. Diese Berliner Dramatisierung der Zulu-Kaffern war aber so widerw�rtig, als wenn man sich vorstellen wollte, der Naturgeist selbst erh�be einmal seine gewaltige Stimme, finge zu reden an und verwechselte dabei mir und mich. Das Quatsche ist doch wohl in den Berliner dadurch gekommen, da� sein urspr�nglich einfacher, sogar naiver und kindlicher Sinn den Anforderungen einer immer mehr anwachsenden und �ber seine geistige Kraft hinausgehenden Stadt nicht gleichkommt. Schon das verdorbene Plattdeutsch, das den Volksjargon bildet, tr�gt den Stempel der Unzul�nglichkeit an sich. Es ist die absolute Sprache der Unterordnung, der Beschr�nktheit; es ist die Sprache der Hausknechte, H�kerinnen, kleinen Rentiers, der Kinder, des in die Stadt versetzten Bauers. Die Sprechweise der Gebildeten tr�gt so sehr noch die Spuren vom Tonfall des Volksdialekts, da� es zu einer ganz freien Sprachbehandlung im Sinne des reinen Oberdeutschen hier nur bei sehr wenigen kommt. Wird nun ein so beschr�nktes und in seiner Art doch wieder sehr scharf ausgepr�gtes Sprachmaterial bestimmt, dem gro�en Ideenkreise einer Stadt, die eine Hauptstadt der deutschen Intelligenz sein will, zum Ausdruck zu dienen, so entsteht dadurch jenes absolut Alberne, das man eine Art Geistespatois nennen m�chte. Diese Mi�geburt entstand erst mit der Zeit, wo Berlins Trieb nach �ffentlicher Bew�hrung wuchs. Seine Bev�lkerung emanzipierte sich zum Gro�st�dtischen. Die Schusterjungen machten wohl die �ffentliche Meinung schon zu Friedrichs des Gro�en Zeit; der K�nig sagte den Katholiken, die das Fronleichnamsfest �ffentlich feiern wollten: Er h�tte nichts dagegen, wenn die Schusterjungen es nicht hinderten. Allein die literarische Vertretung des Schusterjungentums ist neu und schreibt sich von den bekannten Eckensteherwitzen her. Dieser Fortschritt war an sich nicht unwichtig. Es ist mit diesem Neu-Berlinertum viel gesunde Vernunft zur Geltung gekommen und wer w�rde verkennen, da� "Kladderadatsch" ganz Deutschland, von Saarlouis bis Tilsit, vorm Einschlafen gesch�tzt hat? Aber die "Gelehrten des Kladderadatsch" sind witzige Ausl�nder, die sich nur berlinischer Formen bedienen. Ohne die Sch�rfe dieses Blattes w�rden diese Formen, wie die Erfahrungen auf den neuer�ffneten hiesigen B�hnen zeigen, ganz ins Quatsche zur�ckfallen. Die Art, wie hier in neuerer Zeit B�hnen er�ffnet worden sind (um diese F�hrte des Geschmacklosen weiter zu verfolgen), ist eine der unglaublichsten Inkonsequenzen einer Regierung, die in allen andern geistigen F�chern so au�erordentlich schwierig ist. Das Ministerium Ladenberg ging auf eine so gewissenhafte Revision der Theaterkonzessionen aus, und in Berlin durften Kaffeeh�user und Tanzlokale sich in Theater verwandeln! Es ist noch ein wahres Gl�ck, da� unser Schauspielerstand durch die sogenannten Tivolitheater nicht ganz verwildert ist, was freilich in einigen Jahren immer mehr der Fall sein wird; es finden sich immer noch einzelne Darsteller, die den Ehrgeiz besitzen, mit ihrer Kunst nicht ganz zugrunde zu gehen. Kaum ist die n�chste materielle Not befriedigt, so werden sie bestrebt sein, den gl�cklicher gestellten Kollegen an den Hof- und gro�en Stadttheatern gleichzukommen und Besseres und Edleres zu spielen. So hat sich das hiesige Friedrich-Wilhelmst�dtische Theater, besonders durch die Bem�hungen der trefflichen HH. G�rner und Ascher, zu einer �berraschenden Geschmacksrichtung, die sich in den schwierigsten �sthetischen Aufgaben versucht, emporgearbeitet, allein im Sommer verwandelt es sich wieder in ein Parktheater und noch ist die Bev�lkerung zu sehr geneigt, an dem Ton Freude zu haben, der auf einigen andern Theatern im Sinne des Quatsch angeschlagen wird. Theater �ber Theater! Hier gehen Menschen herum, die, ohne die geringste geistige Bildung, ohne Geldmittel sogar, eine Theaterkonzession in der Tasche haben; andere glauben sie ohne weiteres durch ein geeignetes F�rwort an hoher Stelle erlangen zu k�nnen. Einen Zirkus zu er�ffnen oder eine B�hne scheint nach den Gesetzen der Gewerbefreiheit einerlei und allerdings hat jeder Spekulant recht, wenn er sich auf seine Vorg�nger beruft und z.B. fragt: Wie kommt der Caf�tier Kroll zu einer B�hne, wie kommen zwei Gebr�der Cerf, Handlungsbeflissene, dazu, wie kommt jener einst zum Gesp�tt der Vorst�dte deklamatorische Vorstellungen gebende Rhetor Gr�bert dazu? Wer ist Herr Carli Callenbach, der auch ein Theater besitzt? Diese Anarchie auf dem dramatischen Gebiete macht dem Freunde der Literatur ganz denselben Eindruck, wie es dem Freunde milit�rischer Ordnung peinlich war, sogenannte B�rgerwehr in rundem Hut und �berrock die Armatur der k�niglichen Zeugh�user tragen zu sehen. Nicht da� die B�rgerwehr als solche zu verwerfen war, aber sie bedurfte der Organisation, sie bedurfte jener Haltung, die dem Waffendienste geziemt; ebenso verletzt wendet sich die dramatische Muse ab, wenn man ihr opfert wie dem Gambrinus in bayrischen Bierstuben. Man kann die treffliche Organisation der Pariser Theater mit diesen Polkawirtschaften Thaliens in keine Vergleichung bringen, man vergleiche wenigstens die Theater der Wiener Vorst�dte. Die Josephst�dter B�hne ist vielleicht diejenige unter ihnen, die am tiefsten steht und doch hat sie eine bestimmte Spezialit�t; manches Talent, z.B. Mosenthals, entwickelte sich zuerst auf ihr, "Deborah" erschien zuerst auf der Josephst�dter B�hne. Das Repertoire des K�niglichen Theaters fand ich im Schauspiel sehr wenig anziehend, "Waise von Lowood", "Deutsche Kleinst�dter", "Geheimer Agent" usw. Es herrscht hier eine Unsitte, mit der sich kein noch so wohlmeinender �sthetischer Sinn vereinbaren l��t, n�mlich die Befolgung der Spezialbefehle, welche die einheimischen und fremden h�chsten Herrschaften �ber die St�cke aussprechen d�rfen, die sie zu sehen w�nschen. Es ist dies eine Form des Royalismus, die in der Tat etwas auffallend Veraltetes hat und in dieser Form in keiner Monarchie der Welt vorkommt. Bald hei�t es: "Auf h�chstes Begehren", bald: "Auf hohes Begehren", bald: "Auf Allerh�chsten Befehl", bald nur einfach: "Auf Befehl", unter welcher bescheidenem und auch seltener vorkommenden Form sich die W�nsche des K�nigs zu erkennen geben. Was ist das aber f�r eine Unsitte, da� die Kammerherren auch jeder durchreisenden, prinzlichen Herrschaft die St�cke bestellen, welche diese zu sehen w�nschen! Die geistigen Armutszeugnisse, die sich Prinzen, Prinzessinnen, ab- und zureisende kleine Dynasten und Dynastinnen mit ihren W�nschen um dieses Ballet, um jene Oper, um eine kleine Posse geben d�rfen, sind schon an sich kl�glich und fallen ganz aus der Rolle, welche die Monarchie heutigen Tages zu spielen hat; aber der Gang der Gesch�fte wird dadurch auch auf eine Art unterbrochen, unter welcher Kunst und Publikum leiden. Hat eine Prinzessin eine Empfehlung von ausw�rts bekommen, die ihr eine Schauspielerin oder S�ngerin �berbrachte, so bestellt sie die St�cke, in denen sie auftreten soll. Kommt der Hof aus Mecklenburg-Strelitz, so legt man ihm die St�cke vor, die gerade leicht anzurichten sind, er streicht sich einige an und man liest: "Auf h�chstes Begehren: 'Der geheime Agent'", ein St�ck, das jetzt auf jedem Liebhabertheater gesehen werden kann. Der K�nig besitzt so viel Geist, da� ihm diese Manifestationen des Privatgeschmacks seiner Br�der oder Neffen oder Vettern ohne Zweifel viel Heiterkeit verursachen; er sollte aber einen Schritt weitergehen und diesen Mi�brauch der von den Kammerherren ver�nderten Repertoires im Interesse der Kunst und des Publikums verbieten. Es macht sich dies �ffentlich kundgegebene Denken und Mitreden der "Herrschaften" in einem Staate, der ja doch wohl ein konstitutioneller sein soll, sehr wenig nach dem Geiste der in ihm allein anst�ndigen �ffentlichkeit. Nat�rlich ergibt sich unter solchen Umst�nden, wo die Gro�en und M�chtigen �ffentliche Fingerzeige �ber ihren eigenen Geschmack geben d�rfen, die F�rderung des Gedankenvollen und Notwendigen an einer B�hne weit schwieriger. Wenn sich die Gro�en "Satanella" oder "Aladins Wunderlampe" kommandieren, wenn Pferde auf dem K�nigsst�dter Theater agieren, Klischnigg, der Affenspieler, und die Zulu-Kaffern auf dem Krollschen Theater ihr Wesen treiben, kann eine erste Auff�hrung eines neuen Dramas im Schauspielhause nur ein kleines Publikum finden; vor einem halbbesetzten Hause sah ich die erste Auff�hrung des "Demetrius" von Hermann Grimm. Es war ein kleines Geheimratspublikum aus der Gothaer Richtung; ein paar Offiziere, einige Professoren, wenig Studenten, auf zehn Menschen immer ein bestallter Rezensent. Die Darstellung war ebenso warm wie die Ausstattung gl�nzend. Das funkelte von Farbenpracht, Frische und Neuheit der Kost�mstoffe, �berall, in den kleinsten Ausschm�ckungen der W�nde zeigte sich ein vorhergegangenes Studium der betreffenden Geschichte, Sitten und Kleidertrachten der Zeit, in welcher die Handlung spielte. Das St�ck war eine Anf�ngerarbeit, die kaum Talent verriet (nur aus �berf�lle sprudelt der Quell einer geistigen Zukunft, nicht aus einer D�rftigkeit, wo sich Armut den Schein der Einfachheit geben will), aber die Darstellung ging von einem sch�nen Glauben an den Wert des St�ckes aus; nirgends sah man ihr eine Mi�stimmung �ber die aufgeb�rdete, undankbare und f�r die Zeit der besten Saison verlorene Aufgabe an und mit dem halbunbewu�ten Pflichtgef�hl verband sich die noch immer au�erordentlich ansprechende Nat�rlichkeit der Hendrichsschen Spielweise. Rollen, die keine Schwierigkeiten der Dialektik bieten, wird Hendrichs immer vorz�glich spielen. Dieser K�nstler ist ein schwacher Hamlet, aber ein liebensw�rdiger und �berredender Romeo. In seiner Passivit�t liegt Poesie und da er nur die Konturen ausf�llt, die der Dichter ihm vorzeichnet, so nimmt er durch die Treue und Einfachheit, mit der er sich seinen Aufgaben unterzieht, �berall f�r sich ein, wo einmal die Macht der Gew�hnung ein Publikum f�r ihn gewonnen hat, wie in Berlin, Frankfurt und Hamburg, wo er gewohnte Triumphe feiert. Ich bedauerte, Dessoir nicht besch�ftigter zu finden. Dieser geistvolle Schauspieler leidet hier an der �blichen Abgrenzung unserer Rollenf�cher. Der Begriff eines Charakterspielers, den er zu vertreten hat, ist so vieldeutig. Man kann Hamlet als Liebhaber spielen, man kann ihn aber auch, wie Dawison und Dessoir tun, als Charakterzeichnung geben. Dessoir ist einer jener Schauspieler, die zwar in jedem Ensemble eine Zierde sein werden, selbst wenn sie nur zweite Rollen spielen, aber Dessoir hat den ganzen Beruf, eine Stellung einzunehmen, die ihn zum Matador einer B�hne macht und jede bedeutende Aufgabe, die nicht ganz dem Liebhaberfache angeh�rt, ihm zuweist. Alle die Rollen indessen, auf die ihn sein k�nstlerischer Trieb hinf�hren mu�, sind noch im Besitze der Herren Rott und D�ring. Es spricht f�r die geistige Anregung, die Berlin bietet, f�r die Belohnung, die man im Beifall eines nat�rlich sich hingebenden Publikums findet, da� Dessoir darum doch seinen hiesigen, h�chst ehrenvoll behaupteten Platz mit keinem andern vertauschen m�chte. Vom Schauspiel sagt man an der Verwaltungsstelle, es w�rde keineswegs vernachl�ssigt und es hat sich seit D�ringers Mitwirkung sehr gehoben; dennoch mu� man bei dem Vergleiche der unverh�ltnism��igen Pracht, die das Opernhaus umgibt, w�nschen, es w�rde doch endlich ganz von der Musik und dem Ballett getrennt, es verfolgte seine ernste und schwierige Aufgabe f�r sich allein. Das Schauspiel kann nur ein Stiefkind erscheinen gegen die Art, wie die Leistungen des Opernhauses nicht etwa von der Verwaltung geboten, sondern vom Publikum empfangen werden. Neun gl�nzende Proszeniumslogen ziehen fast ebensoviel Aufmerksamkeit auf sich wie die Leistungen der Szene. Das Opernhaus ist das Stelldichein der h�hern und mittlern Gesellschaft, der stete Besuchsort der Fremden, die Sehnsucht der allgemeinen Schaulust und ein Tempel des Genusses. Nicht Paris und Wien finden im Ballett ihre speziel1sten sinnlichen Bed�rfnisse so befriedigt wie Berlin. "Satanella" und "Aladins Wunderlampe" sind die Ballette des Tages, die jeder gesehen haben mu� und die derjenige, der die Mittel besitzt, nicht oft genug sehen kann. Welche F�lle von Licht, Farbe, Glanz aller Art, von Jugend, Sch�nheit und Gefallsucht! Die musikalischen Kr�fte sind hier so gro�, da� z.B. an einem Abend im Opernhause der "Prophet" gegeben werden kann, im Schauspielhause die Zwischenaktmusik zu "Egmont" vol1st�ndig da ist und noch in der Singakademie ein Konzert mit der k�nigl. Kapelle begleitet werden kann. Es ist dies nur m�glich durch die Unzahl von Akzessisten und Exspektanten, die zwar nicht die Leistungen vorz�glich, aber alle F�cher, auch die des Chors und des Ballettkorps so vol1st�ndig machen. Auf drei�ig T�nzerinnen, welche die Verwaltung besoldet, kommen ebensoviel junge, h�bsche, talentvolle M�dchen, die unentgeltlich mitwirken, nur um der Anstalt anzugeh�ren und vielleicht einmal in die besoldeten Stellen einzur�cken. Vor der Auswahl von jungen Leuten, die Eltern und Angeh�rige "um Gotteswillen" der Verwaltung zu Gebote stellen, kann diese sich kaum retten. Daher auf der Szene die �berraschendste Massenentfaltung. Die Kunst der Beleuchtung, der Glanz der Kost�me, der Geschmack der Dekorationen ist aufs h�chste getrieben. Da steigen Feentempel aus der Erde, da senken sich Wolkenthrone mit allen Heerscharen des orientalischen Himmels nieder, da leuchten und blitzen unterirdische Grotten von Ede1steinen, da sprudeln nat�rliche Springbrunnen im Mondenschein und fallen, vielfach gebrochen, in Bassins herab, an deren R�ndern die lieblichsten Gestalten schlummern. Jede Demonstration der Szene ist ganz und vol1st�ndig. Nirgendwo erblickt man die Hilfsmittel der blo�en Andeutung, die an andern B�hnen die Illusion vorzugsweise in die erg�nzende Phantasie der Zuschauer legt; hier ist die Schere der �konomie verbannt, die aus Amazonenr�cken von heute f�r morgen Pantalons f�r Verschnittene macht. Hier fangen alle Sch�pfungen immer wieder von vorn an. Kein Kost�mier und Dekorateur ist an die Wiederaufstutzung alter Vorr�te gewiesen; hier regieren jene Warenmagazine, wo es immer wieder neue Seide, neuen Sammet und f�r die geschmackvol1sten Maler neue Leinwand gibt. Ein Ballett in Berlin zu sehen wie "Satanella" ist in vieler Hinsicht lehrreich. Dem �sthetiker macht vielleicht die Grazie und herausfordernde Keckheit z.B. der jungen Marie Taglioni eine besondere Freude, aber die Vorstellung im gro�en und ganzen mit allem, was dazu auch von Seiten des Publikums geh�rt, ist kulturgeschichtlich merkw�rdig. Dieser Marie Taglioni sollte man eine Denktafel von Marmor mit goldenen Buchstaben und mitten in Berlin aufstellen. Sie tanzt die H�lle, aber sie ist der wahre Himmel des Publikums; sie tanzt die L�ge, aber sie verdient ein Standbild als G�ttin der Wahrheit. Denn man denke sich nur dies junge, reizende, �berm�tige M�dchen mit ihren beiden Teufelsh�rnchen an der Stirn, mit dem durchsichtigen Trikot, mit den allerliebsten behenden F��chen, mit den tausend Schelmereien und Neckereien der Koketterie, wie nimmt sie sich unter den ehrw�rdigen Tatsachen des gegenw�rtigen Berlins aus! Dieser kleine Teufel da, im rosaseidenen, kurzen Flatterr�ckchen, ist sie etwa die in der Vorstadt tanzende Pepita? Nein, sie ist das enfant ch�rie der Berliner Balletts, und das Berliner Ballett ist das enfant ch�rie der Stadt, des Hofs, ist die Kehrseite der frommen Medaillen, die hier auf der Brust der Heuchelei von Tausenden getragen werden. B�chsel, Krummacher, Bethanien, Diakonissen, Campo-Santo, Sonntagsfeier, Innere Mission--was ist das alles gegen einen Sonntagabend, wenn Berlin in "Satanella" seine wahre Physiognomie zeigt! Die Prinzen und Prinzessinnen sind anwesend. Hinten auf der Szene funkelt ein Ordensstern neben dem andern, jede Kulisse ist von einem Prinzen besetzt, der sich mit den kleinen Teufelchen des Corps de ballet unterh�lt. Der erste Rang zeigt die Generale und Minister, das Parkett den reichen B�rgerstand, die Trib�ne und der zweite Rang die Fremden, die den Geist der Residenz in der Provinz verk�nden werden, die obern Regionen beherbergen die arbeitenden Mittelklassen und selbst die halbe Armut, der man sonst nur Trakt�tchen in die Hand gibt, hat hier das Frivo1ste aller Textb�cher m�hsam nachzustudieren, um die stumme Handlung der Szene zu verstehen. Welche Wahrheit deckst du doch auf, du echte Berliner, in der Treibhausw�rme der speziel1sten, k�niglich preu�ischen Haus-Traditionen gro�gezogene Pflanze, Marie Taglioni gehei�en! O so werft doch, ihr besternten Herren, eure Masken ab! Verratet doch nur, da� euer Privatglaube nichts mehr liebt als die G�tter Griechenlands und da� nicht etwa hier der Kultus des Sch�nen, sondern drau�en euer offizielles System eine Kom�die ist. Satanella verf�hrt einen jungen Studenten, dem das Repetieren seiner Collegia bei Stahl und Keller zu langweilig scheint. Er hat eine Verlobte, die vielleicht Geibel und "Amaranth" liest, aber niemand wird zweifelhaft sein, da� der junge, k�nftige Referendar besser tut, sich an Heinrich Heine, an die sch�ne Loreley und die Taglioni zu halten. Wie kalt und n�chtern ist auch die Liebe eines Fr�ulein Forti gegen die Liebe einer Satanella! Es geht mit letzterer allerdings bergab und geradewegs in die H�lle, aber welcher Zuschauer wird der Narr sein und nicht einsehen, da� der Satan den jungen Lebemann nur anstandshalber holt! Kann das eine echte H�lle sein, in der sogar schon kleine Kinder tanzen, schon kleine Kinder mit Satansh�rnern umherspringen und, wie von Selma Bloch geschieht, ein recht widerliches Solo tanzen? Kann das die echte H�lle sein, deren Vorhof die wunderbarste Mondscheinnacht von Gropius mit dem reizendsten Ch�teau d'eau und der stillschlummernden antiken Marmorwelt ist? Wird irgend ein Vern�nftiger einr�umen, da� die Konsistorialr�te Recht haben, wenn sie die Venus von Milo eine sch�ne "Teufelinne", die Antiken des Vatikan �berhaupt, wie Tholuck getan, "sch�ne G�tzen" nennen? Verwandelt sich all' diese Lust und Liebe, all' diese Freude und Behaglichkeit nicht vielmehr nur rein "anstandshalber", d.h. um dem Vorurteil zu gen�gen, in Pech und Schwefel, und wird irgend jemand eine solche Vorstellung, wo besternte Prinzen jede Attit�de der Solot�nzerinnen beklatschen, mit einer andern Meinung verlassen als der: Ich f�hle wohl, es mu� einen Mittelweg zwischen Elisabeth Fry und Marie Taglioni, einen Mittelweg zwischen Bethanien und dem Opernhause, einen Mittelweg zwischen den Konzerten des Domchors und Satanella geben? Diese Berliner Ballettabende wecken einen ebenso gro�en Abscheu vor der m�tressenhaften Sinnlichkeit, die durch sie hindurchblickt, wie vor der Kasteiung des Fleisches in der neuen Lehre vom Gefangengeben der Vernunft und dem fashionablen B��ertum, dessen neupreu�ische Fr�chte wir hinl�nglich kennen. Beide Extreme gehen in Berlin auf eine erschreckende Art nebeneinander. Sie gehen nicht etwa getrennt nebeneinander, sondern im Durchschnitt in denselben Personen. Die Heuchelei und die R�cksicht auf Karriere mietet sich einen "Stuhl" in der Matth�uskirche, nur damit an dem Schilde desselben zu lesen ist: "Herr Assessor N. N." und die stille Sehnsucht des wahren innern Menschen ist hier doch allein--der Genu�. Dem Genu� bauen auch andere St�dte Alt�re; die buntesten, mit Rosen geschm�ckten Alt�re baut z.B. Wien. Aber Berlin ergibt sich immer mehr einer Form des Genusses, die nur ihm ganz allein angeh�rt. Es ist dies die Genu�sucht eines Fremden, der in vierzehn Tagen durch seine gef�llte B�rse alles bezahlt, was man in einer Residenz, die er vielleicht in Jahren nicht wiedersieht, f�r Geld bekommen kann. Es ist die Genu�sucht des Gutsbesitzers, der seine Wolle in die Stadt f�hrt und sich mit vierzehn Tagen Ausgelassenheit f�r ein Jahr der Entbehrung auf seiner Scholle entsch�digt. Dies Berliner Lecken und Schlecken hat die Bev�lkerung so angesteckt, da� man mit Austernschalen die Stra�en pflastern k�nnte. Wohlleben und Vergn�gen ist die Devise des hiesigen Vegetierens geworden, nirgend wird man z. B. den Begriff "Bowle machen" jetzt so schleckerhaft ausgesprochen finden. Die Betriebsamkeit wird durch den Luxus wohl eine Weile gestachelt werden, an Gro�st�dtigkeit der Unternehmungen fehlt es nicht; aber wenn die nat�rlichen Kr�fte versagen, tritt das Raffinement ein und das Raffinement des Verkehrs, gew�hnlich Schwindel genannt, soll hier in einem Grade herrschen, der keine Grenzen mehr kennt. Denn was ist die Grenze, die man Bankrott nennt? Aus Nichts werden die gl�nzendsten Unternehmungen hervorgerufen. Mit einem Besitze von einigen tausend Talern mutet man sich die Stellung eines Kapitalisten zu. Der Kredit gibt nicht dem Redlichen mehr Vorschub, sondern dem Mutigen. Die Entschlossenheit des industriellen Waghalses leistet das Unglaublichste. Wo die gr��ten Spiegel gl�nzen, wo die goldenen Rahmen tief bis zur Erde niedergehen, wo in den Schaufenstern der Butiken die fabelhafteste Scheinf�lle des Vorrats mit dem Geschmack der Anordnung zu wetteifern scheint, kann man gewi� sein, auf hundert F�lle bei neunzig nur eine Grundlage anzutreffen von eitel Luft und windiger Leere. Es ist mannigfach schon eine Aufgabe der neuern Poesie, der sozialen Romantik geworden, den Lebenswirren, die sich aus solchen Zust�nden ergeben m�ssen, nachzusp�ren. Der Totenwagen rasselt still und ernst durch dies gl�nzende Gew�hl. Rauschende B�lle, in der Faschingsnacht ein Wagendonner bis zum fr�hen Morgen und die Chronik der Verbrechen, die Statistik der Selbstmorde gibt dem heitern Gem�lde doch eine d�monische Beleuchtung. Ersch�tternd war mir z.B. die Nachricht, da� der Philosoph Beneke von der Universit�t pl�tzlich vermi�t wurde und wahrscheinlich sich entleibt hat. Erst jetzt kam zur Sprache, da� dieser redliche Forscher, der sich in der Erfahrungsseelenkunde einen Namen erworben und besonders auf die neuere P�dagogik einen n�tzlichen Einflu� gehabt hat, seit l�nger als zwanzig Jahren nicht endlich ordentlicher Professor werden konnte und sich mit einem j�hrlichen Gehalte von 200 Talern begn�gen mu�te! Zweihundert Taler j�hrlich f�r einen Denker, w�hrend es hier Geistliche gibt, die es auf j�hrlich 5000 Taler bringen! Beneke war ein Opfer des Ehrtriebes, der hier noch zuweilen einen edeln Menschen ergreift, nicht auf der allgemeinen Bahn des Schwindels gehen zu wollen. Des Mannes Erscheinen war einfach, war fast pedantisch. Er hatte vor zwanzig Jahren die etwas steifen Manieren eines G�ttinger Professors nach Berlin gebracht. Seine Vortr�ge waren etwas �ngstlich, seine Perioden allzu gewissenhaft, sein System kn�pfte wieder an Hume und Kant an, er ging �ber die endlichen Bedingungen unsers Denkens nicht tollk�hn in die Unendlichkeit; was sind Kennzeichen solcher altbackenen Solidit�t in einer Stadt wie Berlin, wo nur die gl�nzende Phrase, der saillante Witz und Esprit, das kecke Paradoxon und jener doktrin�re Schwindel etwas gilt, den Hegel aufbrachte, Hegel, der jahrelang die trivia1sten K�pfe, die nur in seiner Tonart zu reden wu�ten oder die es verstanden, ihrem sogenannten Denken eine praktische Anwendung auf beliebte Religions- und Staatsauffassungen zu geben, zu ordentlichen Professoren bef�rdern konnte! Hamlet ist auch darin das gro�e und Shakespearen auf den Knien zu dankende Vorbild aller mit der Welt verfallenen Geistesfreiheit, da� er auf des K�nigs Frage, wie es ihm ginge, antwortet: "Ich leide am Mangel der Bef�rderung." --Wer ertr�ge Den �bermut der �mter und den Kummer Den Unwert (schweigendem Verdienst erweist!) Neues Museum--Schlo�kapelle--Bethanien (1854) Eine derjenigen Sch�pfungen des K�nigs, in denen man unbehindert von irgendeiner dr�ckenden Nebenempfindung atmet, ist und bleibt das Neue Museum. Der Fremde wird es bei jedem Besuche wiederzusehen sich beeilen, er wird sich der Fortschritte freuen, die die Vollendung des Ganzen inzwischen gemacht hat, er wird sich in diesen R�umen aller l�stigen Beziehungen auf lokale Absichten und Einbildungen erwehrt f�hlen und im Zusammenhange wissen nur mit jenen allgemeinen deutschen Kunstbestrebungen, die uns die Sch�nheit und Pracht von M�nchen, die Ausschm�ckung des k�niglichen Schlosses in Dresden, die neuen Pl�ne f�r Weimar und Eisenach, unsere neuen Denkm�ler, Kunstausstellungen, Kunstvereine und den Aufschwung unserer Akademien geschaffen haben. Das Neue Museum liegt in einem versteckten, zur Stunde noch beengten, unfreundlichen Winkel der Stadt, aber es ist die traulichste St�tte der Begr��ung, das heiterste Stelldichein des Geschmacks und der pr�fenden, immer mehr wachsenden Neugier der Einheimischen und der Fremden, die sogleich hierher eilen. Es entwickelt sich langsam, aber reich und gef�llig. Es entwickelt sich unter Auffassungen, die uns wahlverwandt sind. Wir sind in Italien und in M�nchen vorbereitet auf das, was wir hier wiederfinden. Diese R�ume hat mit den Eingebungen seines Genius vorzugsweise eine gro�e, freie K�nstlernatur zu beleben, ein Dichter mit dem Pinsel, ein Denker nach Voraussetzungen, die nicht aus dem m�rkischen Sande stammen. So st�rt uns denn auch hier kein beliebter byzantinischer Schwu1st, keine russischen Pferdeb�ndiger, oder Athleten oder Amazonen erf�llen uns, w�hrend wir an Athen denken wollen, mit laked�monischen Vorstellungen; selbst die hier in Berlin �berall aush�ngende Devise: "Nach einem Schinkelschen Entwurf", st�rt uns nicht. Man mu� Schinkel einen erfindungsreichen und sinnigen Formendichter nennen, aber er schuf doch wahrlich zu viel auf dem Papiere, er zeichnete zu viel abends bei der Lampe; es waren geniale Studien und Ideen, die er ersann von Palastentw�rfen an bis zu Verzierungen von Feilnerschen �fen; aber es fehlte ihm doch wohl eine gewisse Kraft, Reinheit und Einfachheit des Stils.... Eine zweite gro�e Sch�pfung des K�nigs ist die (Kuppeldachkapelle des Schlosses). Sie hat eine halbe Million gekostet und ist unstreitig eine Zierde des Schlosses nach dem ihm eigent�mlichen Geschmack, wenn auch eben keine Bereicherung der Kunst. Der Baumeister Schadow errichtete die gewaltige W�lbung auf einem Platze, der bisher im Schlosse unbeachtet gewesen war, verfallene Wasserwerke enthielt, altem Ger�mpel, freilich aber auch den vortrefflichen Schl�terschen Basreliefs, die jetzt die Treppe zieren, als Aufbewahrungsort diente. Die Spannung des mehr ovalen als runden Bogens ist meisterhaft ausgef�hrt. Einen �berraschenden Eindruck wird der Eintritt in diesen Tempel jedem gew�hren, der sich erst im Wei�en Saale an den sch�nen Formen der Rauchschen Viktoria geweidet hat und zu ihm dann auf Stiegen emporsteigt, die mit lebenden Blumen geschm�ckt sind und mit Kronleuchtern, die nur etwas zu salonm��ig durch Milchglasglocken ihre Flammen d�mpfen sollen. Man erwartet in der Kapelle weder diese Gr��e noch diese Pracht. Bei l�ngerer Betrachtung schwindet freilich der erste Eindruck. Das steinerne, mit Marmor und Bildern auf Goldgrund �berladene Geb�ude wird dem Auge k�lter und k�lter. Der Altar, wenn auch mit einem aus den kostbarsten Ede1steinen zusammengesetzten Kreuze geziert, die Kanzel, der Fu�boden, alles erscheint dann pl�tzlich so nur f�r die Schw�le der s�dlichen Luft berechnet, da� man das lebendige Wort Gottes hier weder recht innerlich vorgetragen noch recht innerlich empfangen sich denken kann. Das Auge ist zerstreut durch das Spiel aller hier zur Verzierung der W�nde aufgebrachten Marmorarten. Da gibt es keine Farbe, keine Zeichnung des kostbarsten Bausteins, von der nicht eine Platte sich hier vorf�nde wie in einer mineralogischen Sammlung. Zu dieser durch die Steine hervorgerufenen Unruhe gesellt sich die Ungleichartigkeit der Bilder. Sie scheinen alle nach dem Gedanken zusammengestellt, die F�rderer der Religion und des Christentums zu feiern. Aber auch dies ist ein Galerie- oder Museumsgedanke, kein reiner Kirchengedanke. Hu�, Luther, die Kurf�rsten von Brandenburg stehen vis-�-vis den Patriarchen und den Evangelisten. Da mu� es an der einigen Stimmung fehlen, die Andacht hebt sich nicht auf reinen Schwingen, man kann in einem solchen Salon nur einen konventionellen Gottesdienst halten. Ach, und dieser Fanatismus f�r das konventionell Religi�se sitzt ja wie Mehltau auf all' unsern Geistesbl�ten! Man denkt nicht mehr, man pr�ft nicht mehr, man �bt Religion nur um der Religion willen. Man ehrt sie um ihrer Ehrw�rdigkeit, man ehrt sie wie man Eltern ehrt, deren graues Haar unsere Kritik �ber die Schw�chen, die sie besitzen, entwaffnen soll. Das ist der Standpunkt der Salon-Religion. Man will nicht pr�fen, man will nicht forschen, man umrahmt mit Gold und Ede1stein die Tradition, die man auf sich beruhen l��t. Man schl�gt sein rauschendes Seidenkleid in k�nstlerische Falten, wenn man im Gebetstuhl niederkniet; man schl�gt sein goldenes Gebetbuch auf, liest halb gedankenlos, was alte Zeiten dachten, denkt vielleicht mit R�hrung dieser Zeiten, wo der Glaube von so vielem Blute mu�te besiegelt werden, gesteht wohl auch seine eigenen s�ndigen Einf�lle und Neigungen ein, gibt sich den Kl�ngen einer vom Chor einfallenden Musik mit einigen quellenden Tr�nen der Nervenschw�che und R�hrung hin und verl��t die St�tte der Andacht mit dem Gef�hl, doch dem Alten Rechnung getragen, doch eine Demonstration gegeben zu haben gegen die anst��ige und in allen St�cken gef�hrliche neue Welt! Das ist die Religions-Mode des Tags. F�r diese Richtung eines vornehmen Dilettierens auf Religion kann man sich keinen zweckentsprechendern Tempel denken als die neue Berliner Schlo�kapelle. Sie erleichtert vollkommen die manchmal auch wohl l�stig werdenden R�cksichten einer solchen Art von Piet�t. Weitentlegen vom Ger�usch der Stadt und nur leider in einer zu kahlen, baumlosen Gegend liegt Bethanien, die seit einigen Jahren errichtete Diakonissenanstalt. Man f�hrt an einer neuen, im Bau begriffenen katholischen Kirche vor�ber und bewundert die gro�artige Anlage dieses vielbesprochenen Krankenhauses, das sich bekanntlich hoher Protektion zu erfreuen hat. Dennoch soll die Stiftung eine st�dtische sein und ab und zu wird man von Bitten in den Zeitungen �berrascht, die Bethanien zu unterst�tzen auffordern, Bitten, die wiederum dies Institut fast wie ein privates hinstellen. Zweihundert Kranke ist die gew�hnliche Zahl, f�r welche die n�tigen Einrichtungen vorhanden sind. Dem fast zu luxuri�s gespendeten Raume nach k�nnten noch einmal soviel untergebracht werden. Man hat hier ein Vorhaus, eine Kirche, einen Speisesaal, Wohnungen der Diakonissen und Korridore von einer Ausdehnung, die fast den Glauben erweckt, als w�re die n�chste Bestimmung der Anstalt die, eine Art Pensionat, oder Stift oder Kloster zu sein, das sich nebenbei mit Krankenpflege besch�ftigt. Ohne Zweifel ist auch die Anlage des Unternehmens auf eine �hnliche Voraussetzung begr�ndet. Bethanien soll eine Demonstration der werkt�tigen christlichen Liebe sein; die Kranken, mag auch f�r sie noch so vortrefflich gesorgt werden, nehmen gewisserma�en die zweite Stelle ein. Die Oberin der Diakonissen ist ein Fr�ulein von Rantzau. Unter ihr stehen etwa zwanzig "ordinierte" Diakonissen und eine vielleicht gleiche Anzahl von Schwestern, die erst in der Vorbereitung sind. Einige der ordinierten sind auf Reisen begriffen, um ausw�rts �hnliche Anstalten begr�nden zu helfen. Die Tracht der gr��tenteils jungen und dem gebildeten Stande angeh�rigen Damen ist blau, mit einem H�ubchen und einer wei�en, �ber die Schulter gehenden Sch�rze. Wie gr�ndliche Vorkenntnisse hier vorausgesetzt werden, ersah ich in der Apotheke, die von zwei Diakonissen allein bedient wird. Auch ein Lehrzimmer findet sich zu theoretischen Anleitungen. Die groben Arbeiten verrichten gemietete M�gde, die im Souterrain an den h�chst entsprechenden praktischen Waschhaus- und K�chenvorrichtungen besch�ftigt sind. Auch M�nner fehlen nicht. Die Diakonissen sind �berhaupt mehr bei den weiblichen Kranken besch�ftigt und m�ssen die schwerere Dienstleistung, die besonders im Heben und Umbetten der Kranken besteht, dem st�rkern Geschlechte �berlassen. Man bekommt auch hierdurch wieder die Vorstellung von einem gewissen Luxus, der im Charakter der ganzen Anstalt zu liegen scheint. Man kann den damit verbundenen Tendenzbeigeschmack nicht gut offen bek�mpfen, da unfehlbar ein zwangloses Behagen in der N�he von Kranken und Sterbenden die ganze Stimmung unsers Herzens f�r sich hat. Die Sauberkeit der Erhaltung, die reine Luft, das Gef�hl von Komfort und Eleganz kommt doch auch den Kranken selbst zugute. Einen Freund der Diakonissenanstalten frug ich: Aus welchem Geiste erkl�ren diese Frauen und M�dchen sich bereit, den Leidenden mit ihrer Pflege beizustehen? Er erwiderte: Um der Liebe Gottes willen. Unstreitig bedarf der Mensch, um sich zu seltenen Taten anzuspornen, des Hinblicks auf einen h�hern sittlichen Zweck. Dennoch h�tt' ich lieber geh�rt: Diese Institution w�re von der Menschenliebe hervorgerufen. Ich glaube, der Ton w�rde inniger, die Haltung weniger kaltvornehm sein. Ein Zusammenhalt bei gemeinschaftlichem Wirken ist n�tig, eine gleiche Stimmung mu� alle verbinden. Ob aber dazu eine Kirche, ob Gesang und Gebet beim Essen, ob das Herrnhuter, in "Gnadau" gedruckte Liederbuch, das ich auf dem Piano aufgeschlagen fand, dazu geh�rt, m�cht' ich bezweifeln. Ein anderes ist der katholische Kultus von Barmherzigen Schwestern, die sich f�r Lebenszeit diesem Berufe hingeben und von der Welt f�r immer getrennt haben; ein anderes diese vor�bergehende Wirksamkeit einer Diakonissin, die nach vorhergegangener rechtzeitiger Anzeige ihren Beruf wieder aufgeben und immer noch eine Frau Professorin oder Assessorin werden kann. F�r einen solchen Beruf reicht Herzensg�te, Menschenliebe und eine, durch �u�ere Umst�nde hervorgerufene Neigung einen so schwierigen Platz anzutreten, vollkommen aus. Und sollte denn wirklich im 19. Jahrhundert die Bildung der Gesellschaft, die Humanit�t der Gesinnung, die Liebe zum Gemeinwohl, die Sorge f�r die gemeinschaftlichen Glieder einer Stadt, eines Staats und einer Nation noch nicht so weit als werkt�tiges (Prinzip) durchgedrungen sein, da� man, um hier drei�ig Frauen in einem Geiste der Hingebung und Liebe zu verbinden, n�tig hat, nach dem Gnadauer Herrnhuter Gesangbuche zu greifen? Man wird ein jedes Krankenhaus mit R�hrung verlassen. Auch in Bethanien sieht man des Wehm�tigen genug. Ich trat in ein Krankenzimmer von Kindern. Abgezehrte oder aufgedunsene kleine Gestalten lagen in ihren Bettchen und spielten auf einem vor ihnen aufgelegten Brette mit bleiernen Soldaten und h�lzernen H�userchen. Ein blasser Knabe, der an der Zehrung litt und vielleicht in einigen Wochen stirbt, reichte freundlich gr��end die Hand. Einen andern hatt' ich gut auf den Sonnenschein, der lachend in die Fenster fiel, auf die Lerchen, die schon drau�en wirbelten, auf ein baldiges freies Tummeln im erwachenden Fr�hling vertr�sten, der Kleine litt am R�ckenmark und wird nie wieder gehen k�nnen. Ein Krankenhausbesuch ist eine Lehre, die nach "Satanella" und Aladins "Wunderlampe" sehr n�tzlich, sehr heilsam sein kann. Aber Bethanien verl��t man doch mit dem Gef�hl, da� hier, wie in unserer Zeit �berhaupt, noch mehr Menschen krank sind, als die da offen eingestehen, des Arztes bed�rftig zu sein. Zur �sthetik des H��lichen (1873) Himmel! Berlin sei unsch�n? h�re ich einen nationalliberalen Enthusiasten ausrufen, wie kann man einen so unzeitgem��en Begriff aufstellen! Sie machen sich ja Treitschke, Wehrenpfennig und wen nicht alles zu unerbittlichen Feinden! Jetzt, wo in Berlin alles vollendet, gro�, selbst die Zukunftsg�rten von Steglitz und Lichterfelde arkadisch sein m�ssen! Die Opportunit�t, die gro�e deutsche Reichs- und deutsche Zentralisations- frage bedingt den Satz: Berlin ist die Stadt der St�dte! Die Stadt auch der Sch�nheit! H�chstens im Sommer, wenn der Staub auch in Leipzig zu arg wird und die Sauergurkenzeit eintritt, dann geh�rt ja Graub�nden und die Schweiz auch zu Berlin! Beginnen wir bei alledem und umso zuversichtlicher, als die Pointe unserer pessimistischen Klagen eben auch das Deutsche Reich sein wird. (Paris), nach den Verheerungen der Kommune, habe ich nicht wiedergesehen. Aber das alte Paris steht mir in seinem innern Stra�engew�hl, wenn es gerade geregnet hatte oder noch das Stra�enpflaster vom Morgentau beschlagen war und Menschen und fabelhaft geformte Gef�hrte aller Art sich zum Markte dr�ngten, vollkommen als die alte Lutetia, die Kotstadt, in der Erinnerung. Keineswegs aber findet dies statt von dem Bilde in Paris in der m�chtig ausgedehnten Peripherie des innern Kerns! Da ist es auf Pl�tzen, Br�cken, Verbindungswegen, Toren, Triumphb�gen, selbst Magazinen und Warenschuppen wie auf Bed�rfnis nur nach dem Sch�nen angelegt und konsequent durchgef�hrt! Berlin dagegen (ich spreche gar nicht von der Sch�nheit Wiens) war die Zentra1stadt eines kleinen Staates, der sich schon ein Jahrhundert lang sehr f�hlte. Er konnte zwar nicht wie Frankreich Millionen, den Schwei� der Untertanen, auf seine Hauptstadt verwenden. Aber Herrscherlaune hat auch an Berlin gearbeitet, geflickt, herumgeputzt, hat W�lder abgehauen und kommandiert: Hier wird jetzt ein neues Stadtviertel angelegt! Alle Mittel schienen daf�r gerecht. Ja das Prinz Albrechtsche Palais in der Wilhelmstra�e entstand geradezu aus einem--verweigerten Heiratskonsense des Despoten, den man gew�hnlich Friedrich den Gro�en nennt. Kolonisten mu�ten nach dem Lineal bauen. Man sieht denn auch noch jetzt, teilweise einst�ckig, diese H�tten neben den neuerdings errichteten Prachtzinsh�usern auf der Friedrichstadt. Kurzum, es haben seit dem Gro�en Kurf�rsten immer in Berlin leitende Ideen gewartet, um Berlin zu einem, dem Ehrgeiz der Hohenzollern w�rdigen Schemel an ihrem Throne zu machen. Schl�ter, Eosander von Goethe, Knobelsdorff mu�ten sich an Holland, Versailles und Rom Muster nehmen. Potsdam schadete dann sp�ter Berlin. Friedrich der Gro�e, Egoist wie er war, baute lieber Pal�ste f�r sich ganz allein. Die Kirchen, die er auf dem Gensdarmenmarkt erbaute, waren gleichsam nur "ungern gegeben", halb Marzipan, halb Kommi�brot. Friedrich Wilhelm III. hatte Schinkels Begeisterung neben sich. Der Monarch war in Paris und hatte sich in Petersburg verliebt, in Petersburg, wo man auf die kuppelreichen Kirchen und langen prachtvollen Stra�enprospekte stolz sein durfte. Seinen Sohn w�rde die Geschichte am besten Friedrich Wilhelm IV., den Kirchenerbauer nennen. Der gekr�nte Romantiker hat um seine zahlreichen neuen Berliner Kirchen herum sogar trauliche Stellen geschaffen, die uns an San Ambrogio in Mailand, an eine entlegene Votivkirche Roms erinnern k�nnten. Seitdem stockt die Versch�nerung Berlins. Die konstitutionellen Regenten tun nicht mehr, als was ihre n�chste Schuldigkeit ist. Was sich neuerdings an Versch�nerung Berlins geregt hat, wird �berholt durch die riesenm��ig gesteigerte Privat-Bauwut, deren Konsequenz denn auch der h��lichste Abbruch, Schutt, ein trauriger Anblick wie Stra�burg nach der Belagerung geworden ist. Gro�artigkeit und in ihrer Art auch--Sch�nheit liegt in der Avenue vom Brandenburger Tor bis zum Schlo�; aber man k�nnte noch hundert Jahre so fortbauen wie jetzt und br�chte doch nicht den Eindruck permanenter Unsch�nheit von Berlin fort, wenn nicht das Auge im gro�en und ganzen, in der N�he und in der Perspektive, durch einen gr��eren diktatorisch befohlenen Sch�nheitskultus befriedigt wird. Freilich liegt hier der Schaden. Berlin ist eine demokratische Stadt! Nirgends macht sich das kleine Gewerbe so ausgedehnt geltend, wie hier! Eine Stra�e, wo nur allein elegante Welt sichtbar w�rde, gibt es in ganz Berlin nicht! �berall stemmt sich der vom Bau kommende Arbeiter, der Marktkorb der K�chin, das Produkt des Handwerkers oder die B�rde des Lasttr�gers zwischen die Eleganz hindurch. Das nur aus wenigen Fu� Breite bestehende Granit-Trottoir, das vor jedem Hause gelegt ist, l��t einen am anderen dicht vor�berstreifen. Der Gebildete kommt nirgends souver�n auf, selbst auf dem Asphalt-Trottoir der Linden nicht. Schon freiwillig weicht er den Volksgestalten, die sich hier so frei bewegen, wie die Helden der B�rse oder des Kriegsheeres, aus, nur um eine Szene zu vermeiden. Fast jedes neue Prachtzinshaus hat Kellergeschosse zu Kneipen, zu Lebensmittel- Betriebslokalen, zu Werkst�tten. So ist ganz Berlin durchzogen von einem immerdar werkelt�tigen Eindruck. Vorstadt und innere Stadt, die �berall geschieden sind, sind in Berlin eine Gesamt-Anschauung in eins. Die Partie vom Brandenburger Tore bis zum Schlo� ist ein Prospekt, der, wir wiederholen es, seinesgleichen sucht. Bewundernd wird der Fremde bis zum Dom gelangen und sich von dem Totaleindruck aufs m�chtigste gehoben f�hlen. Selbst der Eindruck des Concordienplatzes und seiner Umgebung in Paris m�chte dagegen zur�ckstehen. Pl�tzlich aber am Dome sieht der Wanderer eine kleine Br�cke, die in die innere Stadt f�hrt. Noch eben denkt er an Paris, an die vom Quai des Louvre aus so zierlich geschwungenen Br�ckchen, die �ber die Seine f�hren. Welcher Anblick wird ihm aber hier in Berlin zuteil! Eine Holzbr�cke, fr�her um sechs Pfennige passierbar und jetzt dem Publikum freigegeben und schwerlich auf demn�chstigen Abbruch wartend, steht augenverletzend hinter den Grabst�tten der K�nige, ein Pendant zu den faulenden Fischerk�sten, die in dem tr�ben Flusse vom Fu�e des Schlosses nur allm�hlich weichen zu wollen scheinen, ebenso wie die Torf- und �pfelk�hne. Besonders unsch�n wird Berlin durch die �ber alle Beschreibung gro�e Ausdehnung, die man dem Holz-, Kohlen-, Steinhandel bis ins innerste Zentrum der Stadt freigelassen hat. Dieser Handel bedarf der umfassendsten R�umlichkeiten. Meist besitzen alte Gesch�fte solche in Gegenden, die inzwischen durch die Baulust zur fashionablen Stadt gezogen sind. Nun hat man keineswegs die h��lichklaffenden L�cken von Holz-, Kohlen- und Steinhandlungen etwa verdeckt und mit der Stra�e in Harmonie gebracht durch hohe gemauerte Einfriedungen, nein, die einfache, verwetterte, schwarze Bohlen-Planke, manchmal geflickt, l�ckenhaft, verh��licht durchweg die Stadt, wie denn �berhaupt der offne Kohlenverkauf selbst an Orten sichtbar ist, wo ihn geradezu polizeilicher Befehl entfernen sollte. Er kann, wie z.B. am Sch�neberger Ufer, eine ganze elegante Stra�e entstellen. Endlich ist der ordin�re Bretterzaun doch auch von dem k�niglichen Lustschlosse in Bellevue gewichen! "Aber das Reich! Das Reich!" Ruhe, lieber Streber! An eine partie honteuse Berlins werden wir bei Gelegenheit des Suchens nach Reichstagspalastst�tten erinnert. Man hat daran gedacht, Raczynski oder Kroll zu rasieren und ging dabei wahrscheinlich von der Absicht aus, den Stadtteil, wo die Roon- und Bismarckstra�en liegen, mehr in Schwung zu bringen. Oder wollte man, in Erinnerung an 1848, wo so manche staatumw�lzende Proklamation von einem St�ndehause herab verlesen wurde, das deutsche Kapitol aus strategischen Gr�nden isolieren? Die Architekten scheinen durchaus auf eine Akropolis, eine Nachahmung des Bundespalastes von Washington, bedacht zu sein. Aber bitte, bewahrt doch die Menschheit vor diesen gro�en Pl�tzen, wo man in der Sonne keuchen mu�, bis man endlich die Stufen eines solchen Tempels erreicht hat! Und die Entfernung von dem gro�en Meilenzeiger am D�nhofsplatz, um welchen herum doch die meisten Reichsboten wohnen, ist sie keiner Erw�gung wert? Schreckte nicht die Erinnerung an die Grausamkeit K�nig Ludwigs I. von Bayern, der die neue M�nchener Universit�t an die �u�erste Grenze der Stadt baute und die Studenten zwang, t�glich drei-, viermal den anstrengendsten Weg durch seine endlose, in der Hitze unertr�gliche Ludwigstra�e zu machen? Nun gut, Kroll scheint gerettet. Aber wenn f�r einen anderen Plan, den etwa mit der K�niggr�tzer Stra�e, G�rten zerst�rt werden m�ssen, alte ehrw�rdige Linden abges�gt oder im Deckerschen Garten B�ume, die zu den Wundern Nordeutschlands geh�ren, wenn Millionen f�r Grund und Boden gezahlt werden sollen, so lasse man doch die G�rten dem Privatbesitz oder der �ffentlichkeit und im letzteren Falle zum Schmuck der Stadt. Setzt Statuen auf diese freigelegten G�rten! Mehr als jetzt Berlin aufweist! Man kann auch Font�nen dazu springen lassen, Ruheb�nke anlegen, goldbronzierte Kandelaber aufstellen. Die Gold-Bronzierung des Gu�eisens bei Laternen und Gittern, die in Paris an fast allen �ffentlichen Geb�uden angebracht ist, macht besonders den Effekt eines Strebens nach Eleganz, das dann auch die Umgebung nach sich zieht. Eine partie honteuse Berlins ist jene Gegend vom fr�heren "Katzenstiege", jetziger Georgenstra�e, rechts von der Friedrichstra�e bis zum Gegen�ber des Monbijou. In unmittelbarer N�he eines der sch�nsten Prospekte der Welt findet sich der Fremde, der mit Staunen von der K�nigswache oder vom Friedrichsdenkmal die Akademie entlang ein wenig weiter wandert, pl�tzlich an der Georgen- und Universit�tsstra�enecke wie unter die Bedienten-, K�chen- und Remisengeb�ude einer f�rstlichen Hofhaltung versetzt. Ein ganzer Stadtteil, die n�chste Nachbarschaft des Kaisers, sein vis � vis sogar, gleicht einem--"Wo die letzten H�user stehen". In der Tat hie� auch fr�her die vorherliegende, jetzt noch leidlich gef�llige Dorotheenstra�e die "Letzte Stra�e". Wahrlich, hier f�ngt die Vorstadt schon an! Links das ehemalige Gropius-Diorama, ein Holzbau, zum Gewerbe-Museum erhoben, dann Trockenpl�tze, Millt�rmontierung-Aufbewah- rungen, Kavalleriest�lle und das ungeheure schiefwinklige Geb�ude der Artilleriekaserne, das an den W�nden vor undenklich fehlendem Kalkbewurf grauenhaft anzusehen, durch und durch verfallen und zum Abbruch mahnend ist. Es ist ein Terrain, dessen jetzige Bewohnung auf die gro�en Fl�chen vor den Toren verwiesen werden mu�, die schon Kasernen genug aufgenommen haben. Gef�llig lie�e sich hier der Quai regulieren, die h�lzerne Ebertsbr�cke in eine steinerne oder hochgespannte eiserne verwandeln, das gewaltige Terrain durch ein Reichstagsgeb�ude in Einklang bringen mit der B�rse, dem Museum, dem Schlo�, der Universit�t und dem gr�nen Baumkranze, der dr�ben jenseits der Spree vom Schlo� Monbijou her�ber winkt. Wer jetzt diese Gegend durchwandert, mu� sich sagen, da� hier alles den Charakter entweder des nur momentan Aushelfenden oder des �berlebten tr�gt. Alles ist arm, unsch�n, unkaiserlich. An einigen Punkten Neuberlins, wo dasselbe gleichsam aus einem Gusse entstanden ist, finden sich, man darf der Wahrheit nichts vergeben, Eindr�cke von einem so erhebenden Reize, als bef�nde man sich in Genf im neuen Viertel des Bergues oder in Lyon. Leider sind es Gegenden der Stadt, die vom Residenztreiben, sogar von den sonst �berall unvermeidlichen "Theatern" zu sehr entlegen sind. Das Luisenufer mit dem Prospekt auf das Engelbecken, auf die neue katholische Kirche, Bethanien, im Hintergrunde die neue Thomaskirche--man w�nschte, dieser Charakter w�re allgemein festgehalten und f�r das Ganze ma�gebend. Hier bildet der Kanal den Mittelpunkt eines wahrhaft sch�nen Gem�ldes. Auch an anderen Stellen k�nnte es die volle Spree, wenn ein dekorativer Sinn--des Monarchen? Des Magistrats? Der Privaten?--den schon gebotenen Anf�ngen zu Hilfe k�me. So ist, z.B. wenn man von der Wal1stra�e kommt und die Waisenhausbr�cke betritt, der hier gebotene Rundblick vollkommen von jener Gro�artigkeit, die in Wasserst�dten wie Hamburg, in den Seest�dten Hollands so m�chtig ergreift. Aber leider fehlen alle Nebenbedingungen. Es fehlen Quais, Regulierungen der durch H�userabbruch offengelegten Hinterfronten einiger Stra�en, die mit einer jahrhundertalten Kruste von Schmutz und Ungeniertheit bedeckt sind, es fehlen ausdr�ckliche Gebote an die im Wasser arbeitenden Gewerbe, die Unterlage ihres Tuns und Treibens dem Auge etwas gef�lliger zu machen. Selbst der Blick vom durchbrochenen Kolonnadengang des M�hlendamms �ber die Spree hinweg links zur Stadtvoigtei k�nnte trotz des mehr als w�sten Gegen�bers f�r die vollere Wirkung einer belebten, echten Hafenstra�e gewonnen werden. F�r solche und �hnliche Ideen schw�rmten in alter Zeit die Kronprinzen! Jetzt, wo der Fiskus f�r ein Reichstags-Geb�ude im Tiergarten auf Grund und Boden mehr gefordert hat, als selbst die Gr�nder Unter den Linden gefordert haben w�rden, mu� man sich schon begn�gen, wenn nur die st�dtische Baukommission K�nstler zu Referenten hat, die f�r Berlins Zunahme und Wachstum einen gewissen sch�pferischen Plan im gro�en und ganzen verfolgen, ohne dabei die Einzelheiten zu vergessen. Es handelt sich nicht darum, allm�hlich die Netze und Linien eines neuen Anbauungsentwurfes auszuf�llen, nicht um die Frontenpracht der Neubauten, es handelt sich um die Wegschaffung und Milderung der entstehenden L�cken, um ein richtiges Erhalten und ein richtiges Zerst�ren. Freilich ist die Macht des Besitzes so gro�, da� selbst eine in solchem Grade die Stra�e entstellende Novantike wie der sogenannte "Eisbock" noch immer nicht den Mahnungen der Polizei und Stadtbeh�rde gewichen ist! Das ist die M�hle von Sanssouci! Das soll nun gro� sein! Begierig bin ich, was aus der gro�en neuen Siegesallee im Tiergarten werden wird; noch steht dem Siegesdenkmal als Gegenpol an der Viktoriastra�e eine Litfa�s�ule gegen�ber. Auf das H��liche in den Staffierungen der Stra�e durch ihr gewohntes Leben, die Wagen, die Droschken, die Bierflaschentransporte, das H��liche in Gewohnheiten und Manieren, im Sprechen, in der Geltendmachung seiner �berzeugungen selbst beim sch�nen Geschlecht usw. einzugehen, ist sehr mi�lich. Habe ich doch ohnehin schon den Zorn zu f�rchten unserer alles im rosenroten Lichte sehenden Optimisten. * * * * * II. F�r und Wider Preu�ens Politik �ber die historischen Bedingungen einer preu�ischen Verfassung (1832) W�re Repr�sentation das alleinige Element des Liberalismus, so k�nnte Preu�en in einer fr�hern oder sp�tern Zukunft noch der Stimmf�hrer desselben werden. Aber es ist nicht so. Wir k�mpfen nicht um Formen, sondern um den Geist, der sie beleben soll. Wir d�rfen nur die Initiative der liberalen Ideen stellen und da, wo sie ins Leben eingef�hrt werden sollen, wachen, da� sich ihre urspr�ngliche Reinheit erhalte; da� sich nicht Eigennutz, sondern nur das wohlverstandene Interesse in sie mische, nicht die Willk�r sich zu ihrem Ausleger aufwerfe, sondern da� das Gesetz es sei, das entscheidet. Oder k�nnen wir uns mit dem Schwerte bewaffnen und Konzessionen ertrotzen? Die Geschichte wei� nur von Schwertern in der Hand des Eroberers oder des Richters. Die V�lker demonstrieren nur mit dem Worte und wenn sie das Schwert ergreifen, so strafen sie. Sie ertrotzen kein Gesetz, sondern strafen nur das �bertretene. Werden die Forderungen des Liberalismus dann befriedigt sein, wenn Preu�en eine l�ngst versprochene Verfassung erh�lt? Nein, dann beginnen sie erst. Jetzt stehen wir noch ruhig versammelt um die langgestreckten Grenzen dieses Landes und sehen zu, wie der blankger�stete Krieger seiner Ruhe pflegt, bald rechts, bald links sich wirft, ohne aufzustehen. Den ersten Ton, den wir in seinen Schild hineinriefen, hat das Echo noch nicht zur�ckgetragen. F�rchtend oder hoffend warten wir die Antwort ab, die der preu�ische Staat auf die Frage des Zeitgeistes geben mu�. Weil noch nichts entschieden ist, so finden wir �berall Gesinnungen gegen Preu�en, keine Meinungen. Man verehrt es oder ha�t es, f�hlt Sympathie oder Antipathie, aber die Gr�nde f�r das eine gegen das andre kann man nicht angeben. Wer f�r seinen Glauben an diesen Staat einen Beweis f�hren wollte, blieb noch immer in der Mitte stecken: Denn wo er alle seine Gr�nde gesichert glaubte, da waren sie ihm alle entflohen. Man steht vor dem preu�ischen Namen entweder mit gefalteten H�nden oder mit dem Ausdrucke eines moralischen Unbehagens, aber niemand spricht, jeder Mund ist geschlossen. Erst der Geist, der sich in der preu�ischen Verfassung offenbaren wird, kann den Widerspruch wecken, und wenn nicht alle Zeichen tr�gen, so wird dieser Widerspruch der lebhafteste werden, da er im Interesse der innersten Prinzipien des Liberalismus geltend gemacht werden mu�. Die nachfolgenden Bemerkungen sollen diese Besorgnis rechtfertigen. Welches Bed�rfnis hat den Wunsch nach Verfassungen veranla�t? Unstreitig das Bed�rfnis eines gesicherten Rechtszustandes. Welches Recht ist unsrer Zeit angemessen? Die Tradition? Das alte Herkommen? �bereink�nfte �ber das, was man sich gegenseitig leisten und so f�r Recht ansehen wolle? Oder ein Recht, das auch das Ziel der alten Handvesten und Vertr�ge gewesen sein mag, das sich aber in der Feuerprobe der Zeit bew�hrt hat und auf die ewigen Gesetze der Vernunft begr�ndet ist? Die V�lker haben diese Frage l�ngst entschieden, ihre F�rsten sind noch andrer Meinung: Entweder wollen sie das, was rechtens ist, nach den Befehlen ihres Kabinetts feststellen, oder sie erkl�ren sich bereitwillig zur Umgestaltung der alten Regierungsform (es gibt eine revolutionierende Reaktion), holen aber die neue nicht aus dem freien Raume der gro�artigen Geschichte unsrer Zeit, sondern aus dem Staube der Archive, aus verwitterten Pergamentbl�ttern, aus den Heften moderner Doktrin�re. Machen wir die Anwendung auf Preu�en. Wenn wir das gegenw�rtig dort herrschende Regime despotisch nennen, so ist es uns nat�rlich nur um einen Namen zu tun. Wir meinen jenen humanen Despotismus, der sich von Friedrichs II. Regierungsverfahren herschreibt. Die Menschen bilden sich ein, jeder ihrer Schritte sei ein Beispiel von Billigkeit und Gerechtigkeit, wenn sie andern das zukommen lassen, was sie ihnen zu bed�rfen scheinen. Aber wir bed�rfen immer mehr, als wir zu bed�rfen scheinen. Und umgekehrt, soll man uns Recht widerfahren lassen, wenn wir nicht eingestehen, da� uns Unrecht geschehen sei? Wer darf uns heilen wollen, wenn wir behaupten, gesund zu sein? Das ist das Grund�bel der sogenannten humanen, weisen Regierungen, da� sie vor unaufh�rlichem Wohltun das rechte Bed�rfnis gar nicht aufkommen lassen. Sie wissen schon alles im voraus, haben mit ihren guten Handlungen alle H�nde voll zu tun und sind so eilig, da� sie nur dazu Atem finden, um sich zu loben. Daher das Vielregieren, die Beamtenherrschaft, die desto unertr�glicher ist, je gef�lliger sie sein will. Diese v�terliche, ja m�tterliche Sorgfalt ist bekanntlich die Art der preu�ischen Regierung. Da piepsen die Kleinen unter den Fl�geln der �ngstlich wachenden Henne so z�rtlich und sind so voll R�hrung und Dankbarkeit f�r all das Gute, was ihnen ohne Verdienst und W�rdigkeit erwiesen wird, da� man hier ordentlich von politischen Tr�nen sprechen kann. Aber dies Vertrauen soll gest�rt werden. Der K�nig hat selbst den Grundsatz anerkannt, da� der Krieg der Vater aller Dinge sei und die Zusammensetzung von "allgemeinen Reichsst�nden" in einem h�chsten Dekrete versprochen. Da� ein solches Versprechen dem Lande wird gehalten werden, ist unbezweifelt, nur soll die gegenw�rtige Zeit dazu so ungeschickt sein. Man z�gert, man weist die Bitten der Provinzia1st�nde um endliche Gew�hrung zur�ck; man will nicht, da� es den Anschein habe, als g�be Furcht dem Drohenden, was Liebe dem Hoffenden schenken wird. Von dem dereinstigen Thronfolger ist allgemein die Ansicht verbreitet, er werde dem v�terlichen Versprechen nicht treu bleiben, sondern sich ihm durch irgendeinen Gewaltstreich entziehen. Welche Annahme! Der Wille seines Vaters wird ihm heilig sein, durch seine Befolgung wird er ihn zu ehren wissen. Noch mehr! Sein erster Regierungsakt d�rfte die Verfassung werden, aber damit zugleich ein Fehdehandschuh, dem ganzen zivilisierten Europa hingeworfen. Die Doktrin unterscheidet zwei Ansichten �ber den Staat. Nach einer ist er ein Kunstwerk, nach der andern ein Naturprodukt. N�her bezeichnet sich dieser Gegensatz als politischer Mechanismus und Organismus. Es ist eine durchaus falsche Konsequenz, wenn man jenen zu einem notwendigen Eigentum des Liberalismus, diesen zu dem der entgegengesetzten Ansicht machen will. Die europ�ischen Staaten bieten Beispiele f�r die eine Ansicht so gut, wie f�r die andere. England, Frankreich, Spanien, selbst Ru�land haben sich auf dem naturgem��esten Wege entwickelt. Ihre politischen Institutionen sind nicht nur auf den Geist ihres Volkes berechnet, sondern auch durch diesen hervorgerufen. Deutschland bietet gr��tenteils das Gegenteil dar. Hier, wo man sich so sehr gew�hnt hat, immer auf die Eigent�mlichkeit der Bewohner zu zeigen, wo man gern von Geistern der Vergangenheit spricht, die in die Gegenwart hineinragen, und noch immer nicht m�de wird, Analogien zwischen sonst und jetzt aus unserm Gem�te, unsrer Geschichte zu suchen, hier ist gerade im Politischen ein toter Mechanismus aufgekommen. Wir haben ein W�rttemberg ohne W�rttemberger, ein Baden ohne Badener, ein Weimar ohne Weimarer, ein Hannover ohne Hannoveraner aus dem einfachen Grunde, weil wir umgekehrt wohl Deutsche, aber kein Deutschland haben. Preu�en ist am meisten von der Geschichte ironisiert worden: Es repr�sentiert den Zufall, das, was ist und auch nicht ist. Hegel kann den Anfang seines Systems statt in das abstrakte Sein auch in Preu�en setzen, das Ende hat er auch wirklich darein gesetzt. Ja, diese Ironie wird durch die preu�ischen Doktrin�re in lebendiger Anschauung erhalten. Sie reden nach Preu�en von keinem Staate lieber als von England, aus demselben Grunde, warum sie Nordamerika am meisten hassen. Dort sehen sie die Menschen gleichsam wie Naturerzeugnisse sich gestalten. (In der Tat haben die Sachsen die Sage, sie w�ren auf den B�umen gewachsen.) Dort entwickelt sich ein Keim aus dem andern: Da ist nichts Fremdartiges, nichts Neues in den alten Gang hineingetragen: Selbst die Reformation hat da englisiert werden m�ssen. Wer bewundert nicht diesen Vorzug der englischen Geschichte? Wer hat es nicht beklagt, da� Deutschland, das Mutterland, nicht diesen selben Weg der Entwicklung einschlagen konnte? Und doch--in Preu�en ist jetzt �hnliches entdeckt. Die Doktrin�re klagen hier Friedrich II. an, da� er in die Regierung seines Landes ein System gebracht habe, das die Verwandtschaft mit der einseitigen Aufkl�rung seiner Zeit nicht verleugnen k�nne; da� er den Adel des Verdienstes h�her stellte, als den der Geburt; da� er ein Gesetzbuch gegr�ndet habe, was mit den Lehren eines Haller und Bonald in zu grellem Widerspruche liege. Preu�en sei berufen, die historischen Interessen zu vertreten. Es g�be keinen Fortschritt, als einen durch fr�here Zust�nde bedingten. Nicht in dem Willen der leicht erregten Masse, noch weniger in den Deklamationen der heutigen Wortf�hrer und Tageshelden liege das Gesetz der Vernunft, sondern wir seien die Leibeigenen der Vernunft, seien ihr untertan. Weil sich nun diese Vernunft in dem offenbart, was die Geschichte bringt, so m��ten wir uns auch and�chtig vor der Macht des Positiven beugen. Das sind die Zauberformeln, mit denen man in Preu�en die Jugend alt macht und das Alte ("Alles Hohe und Edle der Vergangenheit!" ein bekannter auf Marienburg ausgebrachter Toast) wieder verj�ngt. Auf solche sogenannte historische Bedingungen wird die Verfassung des Landes begr�ndet sein. Der Grundcharakter des germanischen Staatslebens ist die Repr�sentation. Bei unsern Vorfahren wurde keine Gewalt anerkannt, die nicht ein f�rmlicher Vertrag als Recht festgestellt hatte. Was der eine dem andern zu leisten schuldete, war die Folge einer gegenseitigen �bereinkunft. Die Zeit der Reformation machte diesem Verh�ltnisse ein Ende. Die Einf�hrung des r�mischen Rechts, die mit dem erwachenden wissenschaftlichen Streben zusammenhing, zerst�rte im Volke sein urspr�ngliches Rechtsbewu�tsein. Das Recht wurde Sache der Gelehrsamkeit, und diese konnte nur unter dem Schutze verm�gender F�rsten gedeihen. Die religi�se Anregung band die Gem�ter nur noch insofern an die Ereignisse im weltlichen Gebiete, als sie jener f�rderlich oder hinderlich waren. F�rsten und B�rger hatten dasselbe Interesse, sich gegen die Anma�ungen des Adels sicher zu stellen. Daraus bildete sich endlich der Begriff der f�rstlichen Souver�nit�t. Aus f�rstlichen Bedienten wurden Beamte des Staats. An die Stelle der Landtage traten Verwaltungen. Aus Rezessen und Abschieden wurden Kabinettsbefehle. Gegen diese moderne Ausbildung der Souver�nit�t reagiert unsre Zeit in zwiefacher Weise, als Revolution und Restauration. Beide kehren sich gegen das Bestehende, beide berufen sich auf die Geschichte, beide auf die Lehre. Aber die eine spricht von einer Vertretung der Intelligenz, die andere von der der Interessen. Jene hat eine Macht gewonnen, die �ffentliche Meinung; diese wird in Preu�ens n�chster Zukunft mit Entschiedenheit auftreten; auch sie hat eine Macht, die Gewalt. Haben wir aber Grund, zu f�rchten? Ist es nicht der alte Kampf der Demokratie und Aristokratie? Es wird erlaubt sein, sich die Wege anzusehen, die die Verfasser der preu�ischen Konstitution einschlagen m�gen. Die gegenw�rtigen Provinzia1st�nde m�ssen die Grundlage derselben bilden. Man r�hmt die Liberalit�t dieses Instituts und preist die Gleichstellung der drei St�nde, des Adel-, B�rger- und Bauern-, d.h. freien Grundbesitzerstandes. Woher aber das entschiedene �bergewicht der Aristokratie in den Versammlungen? Welche Forderungen hat sie an die Regierungen gerichtet! Verj�hrte Rechte nimmt sie in Anspruch, Domstifte und deren Pfr�nden, unverh�ltnism��igen Erla� der Steuern u. dgl. Spricht man in diesem Sinne von einer Beachtung historischer Bedingungen bei den k�nftigen Reichsst�nden, so kann man nur w�nschen, diese nie ins Leben treten zu sehen. Der Bauernstand ist ungebildet und gibt daher seine Rechte den adeligen Grundbesitzern. Auch die St�dter k�nnen an Bildung z.B. mit den B�rgern s�ddeutscher St�dte nicht wetteifern und die sie zum Landtage schicken, sind meist st�dtische Beamte, von der Regierung best�tigt, also mittelbar Regierungsbeamte. Wollten sie auch eine Opposition bilden, so sind sie gegen den Adel in der Minorit�t und der Regierung gegen�ber zu schwach, wie die Landst�nde am Rhein und in Westfalen bewiesen haben. Die mittelalterlichen St�nde haben ihre Freiheiten und Privilegien vertreten. Solche besitzen die preu�ischen nicht oder sollen sie ihnen noch erteilt werden? Sollen die Z�nfte wieder eingef�hrt werden? Wollen die preu�ischen K�nige wieder Schutzbriefe ausstellen und Urkunden auf ewige Zeiten? Auch ihre Beutel haben die alten St�nde vertreten. Aber unsere Zeit verlangt eine Vertretung des Nationalverm�gens, nicht des zuf�lligen Gutes, das der einzelne Stand besitzt. Eine Wiederherstellung jenes alten Zustandes w�re ein vol1st�ndiger Umsturz des herrschenden Finanzsystems, das ohne eignes Verderben nicht aufgeopfert werden kann. Es ist wahr, da� die F�rsten in den Besitz der meisten Steuern nur durch ein Unrecht gekommen sind. Denn wenn ihnen die St�nde bei dringenden Gelegenheiten statt Geld die Erlaubnis gaben, auf f�nf oder zehn Jahre Schlacht- oder Mahl- oder Tranksteuer zu erheben, so war diese Erlaubnis immer nur momentan, und erst der sp�ter ausgebildete Begriff der Souver�nit�t nahm nach g�ttlichem Rechte von dem ewigen Besitz, was ihm menschliches nur auf eine bestimmte Zeit zugesagt hatte. Aber jetzt ist den St�nden mit der Zur�ckgabe ihres alten Rechts sehr wenig mehr gedient, weil sie wohl wissen, da� jene verha�ten Abgaben ihnen weniger bereitwillig w�rden gegeben werden, als der Regierung. Ehemals zahlten auch die Ritter nichts. Soll nun jetzt ein moderner Raubadel, der ohne offnen Angriff auf eine feine Weise pl�ndert, wieder organisiert werden? Soll die Litanei des armen Landvolkes wieder sein, der liebe Herrgott m�ge es beh�ten vor den K�ckeritz und L�deritz und vor den Kracht und Itzenplitz? Auch die Pr�laten fanden sich auf den Landtagen ein, aber nur um Geld zu verzehren, keines zu geben. Die Geistlichkeit ist jetzt kein Stand mehr, obschon man in Preu�en Bisch�fe und Erzbisch�fe nach englischem Muster angeordnet findet. Die Geistlichkeit vertrat fr�her die Rechte ihrer Pr�benden, solche hat sie aber nicht mehr: Sie vertrat das Interesse der Kirche, und wenn irgendwo durch die Bem�hungen der Regierung die Meinung, da� die Kirche in dem Staat aufgehe, verbreitet ist, so ist es in Preu�en. Die Bauern wurden gar nicht vertreten, jetzt sind sie es aber als freie Grundbesitzer. Soll ihnen ihr Recht wieder genommen werden? Sollen Ritter, St�dte und Geistliche die heilige Dreizahl bilden? Die preu�ischen Bauernaufst�nde gegen den Adel und Herzog Albrecht werden die Gesetzgeber vorsichtiger machen. �berall mag man nach historischen Anf�ngen einer den gegenw�rtigen Zeitforderungen nur einigerma�en gen�genden Repr�sentation forschen, im Preu�ischen finden sich solche am wenigsten. Die brandenburgischen Markgrafen und pommerschen Herz�ge sind eigentlich nur zu den St�dten ihrer Territorien in st�ndischen Beziehungen gewesen und zwar in einer Art, die jetzt nicht mehr denkbar ist. Sie waren die �rmsten F�rsten und die schw�chsten zugleich. Nackt und blo�, mu�ten die St�dte sie bekleiden, hungernd, von ihnen ges�ttigt werden. Die m�rkischen St�dte waren Republiken mit vol1st�ndigem Gemeinwesen. Da sie ihren Ursprung auf Kolonisation zur�ckf�hrten, sich selbst konstituierten und Gesetze gaben, so waren es nicht einmal Privilegien, die ihnen die F�rsten garantierten, sondern was sie ihnen gaben war Dank und Entsch�digung f�r den Schutz, den ihnen die Markgrafen, urspr�nglich eine milit�rische Beh�rde, angedeihen lie�en. Noch anders war die Lage Preu�ens. Ein fast ganz unabh�ngiger St�dtebund, bl�hend durch Handel und Gewerbe, stand hier dem deutschen Ordenskapitel zur Seite, noch �fter gegen�ber. Hier machte der Landadel mit den m�chtigen St�dten Danzig, Thorn, Elbing, Kulm, K�nigsberg gemeinschaftliche Sache, und die deutschen Ritter, die als Herren des Landes gelten wollten, verloren ihr Ansehen und ihre Macht immer mehr und zuletzt auch gegen Polen ihre und des Landes Selbst�ndigkeit. Alle diese Verh�ltnisse hat die Zeit anders gestaltet. Sie wieder herzustellen, ist unm�glich. Jede Ann�herung an sie ist eine Halbheit, weil ein Zustand damals den andern bedingte. Endlich fehlen auch in den neu erworbenen Teilen der preu�ischen Monarchie in Sitte und Leben �berall die Ankl�nge der Vergangenheit. Die Rheinprovinzen und Westfalen sind nicht nur in neuerer Zeit einem ewigen Wechsel von gesellschaftlichen und rechtlichen Formen unterworfen gewesen, sondern selbst in jener Zeit, die man neu beleben will, waren gerade diese Gegenden ein Schauplatz der uns�glichsten Verwirrungen, in denen sich nichts Altes rein und urspr�nglich erhalten konnte. Man denke an die St�rme, die jene Gegenden am Niederrhein, die L�nder J�lich, Cleve, Berg ersch�ttert haben! Neben den politischen Umw�lzungen, die sich hier ohne Aufh�ren folgten, haben auch die kirchlichen und reformatorischen Zwistig- keiten diese L�nder so zerrissen, da� an eine Wiedergeburt hier nur durch Animpfung einer neuen Bildung zu denken ist. Vielleicht sind aber die historischen Bedingungen in einem andern Sinne verstanden worden. Man wird keine Landschaft errichten, sondern wiederum nach englischem Vorbilde ein Parlament mit zwei Kammern und dazu eine dreifache Initiative. Die zweite Kammer w�rde dann die materiellen, vielleicht auch intelligenten Kr�fte vertreten, die erste aber das Ewige, das Unver�nderliche, das Unverge�liche oder was wei� ich. Man denkt an eine preu�ische Pairie mit dem Rechte der Erblichkeit. Ich erschrecke vor den M�nnern, die in ihr sitzen werden, vor den Urteilen, die sie f�llen wird. Welche Theorien werden hier zum Vorscheine kommen! W�hrend in der zweiten Kammer die Aristokratie des Geldes herrscht, prangt in der ersten die Aristokratie der Geburt im Vereine mit der der Doktrin. Wenn dann einmal, etwa bei einer Verhandlung �ber die Erblichkeit, Friedrich der Gro�e in die Sitzung tr�te und anh�rte, wie z.B. die neuliche Erkl�rung der "Staatszeitung", nicht jedem sei es gegeben, die Majest�t des K�nigtums zu begreifen, interpretiert wird, k�nnte er noch glauben, in der Hauptstadt eines von ihm gegr�ndeten Staates zu sein? Wir geh�ren nicht zu jenen Toren, die die ehrw�rdigen Tr�mmer fr�herer Zeiten zum Gegenstand ihres salzlosen Spottes machen. Wir bewundern die Vergangenheit, aber wir lassen sie in ihren Gr�bern, da auch unsre Zeit einen so sch�nen Fr�hling von neuen Ideen und Hoffnungen keimen l��t. O wir f�rchten den Kampf mit jenen vornehmen Meinungen nicht, die sich in Preu�en so gern mit Purpurmantel, Krone und Szepter bekleiden! Unsre Zeit zittert vor keinem Gedanken mehr. Schon viele R�tsel hat sie gel�st und auch jene nordischen Mysterien werden ihr nicht verborgen bleiben. Das ist aber das Herrliche dieser Zeit, da�, wer die Ansicht widerlegt, auch die Macht �berwunden hat, die sie verteidigen wollte. Wenn ein �dipus kommt, st�rzt sich die Sphinx in den Abgrund. Drei preu�ische K�nige (1840) Indem ich an diese auch in der Form anspruchslosen kleinen Umrisse die letzte Hand lege, kommt die Trauerkunde vom Tode Friedrich Wilhelms III. Diese Botschaft mu�te mich, da ich in Berlin den Volksglauben, der K�nig m�sse in diesem Jahre sterben, allgemein verbreitet fand, doppelt ersch�ttern. Die h�usliche Zur�ckgezogenheit, in der der Verstorbene lebte, hatte es unm�glich gemacht, seit Jahren �ber seinen Gesundheitszustand etwas Gewisses zu erfahren: Zeigte er sich �ffentlich, so erschrak man zwar �ber die in letzter Zeit au�erordentlich gealterten Z�ge, aber die Haltung des K�nigs war von jeher so grad und ritterlich gewesen, da� ihn diese auch in der letzten Zeit nicht verlie�, und man an eine noch ausgedehntere Lebensdauer glauben durfte. Umso betroffener mu�te man �ber den Volksglauben sein. Man machte geltend, da� in jedem Jahrhundert das vierzigste Jahr den Preu�en einen Thronwechsel oder irgend ein wichtiges Ereignis bringe, man sprach von den n�chtlichen Umg�ngen der wei�en Ahnfrau des Hohenzollerschen Hauses. Noch oft erschien der K�nig hinter dem roten Vorhange seiner Proszeniumloge im Theater. Nur die �ngstliche Einf�hrung Sch�nleins in die innern Gem�cher des ab und zu als kr�nkelnd Gemeldeten verriet ein tiefer gewurzeltes Leiden, dem der Monarch denn am ersten Pfingsttage wirklich erlegen ist. L��t sich eine ergreifendere Situation denken, als ein sterbender K�nig und ein neuer, der ihm folgt, in dem Augenblick, als der Donner des Gesch�tzes die Grundsteinlegung zu einem Denkmal Friedrichs des Gro�en verk�ndete? Wie dr�ngen sich hier in eine kurze Spanne Raum und Zeit, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammen! W�nsche und Hoffnungen m�ssen lebendig werden, Besorgnisse sterben, andre k�nnen erwachen, Gedanken aus den entgegengesetztesten Richtungen m�ssen sich durchkreuzen. Wer hat den Schl�ssel, um zu erraten, was der jetzt Tote dachte, das Volk glaubte, der neue Herrscher ahnte? Wie kommt es, da� gerade die Erinnerung an den Begr�nder der preu�ischen Monarchie in ihrer Stellung zu Europa die letzte �ffentliche Tatsache im Leben Friedrich Wilhelms III. sein mu�te? Ist dies eine S�hne der Vergangenheit oder ein Fingerzeig f�r die Zukunft? Den Ratschlu� des Weltgeistes umh�llen noch tiefe Nebel und erst die Geschichtsschreibung ferner Zeiten wird die Sonne sein, die sie erhellt. Bei den �gyptern sprach man �ber die toten K�nige Gericht. Man wird in �ffentlichen langen Reden und in kurzen Inschriften viel Unwahres �ber Friedrich Wilhelm III. sagen, man wird seinem Geiste das zuschreiben, dessen sein Herz, man wird dem Herzen zuschreiben, dessen sein Verstand sich r�hmen durfte. Man wird in dem seine Demut finden, was vielleicht sein Stolz war, und wird ihn vielleicht f�r das loben, wof�r er sich selbst getadelt hat. K�nige sind wie die Ph�nomene der Luft. Sie werden von Tausenden ihres Volkes f�r dasselbe verw�nscht, wof�r sie andern Tausenden die Hei�ersehnten sind. Ein Gewitter raubt der Mutter ihr Kind, das der Blitz erschl�gt, und tr�nkt die d�rstende Erde, die nach ihm schmachtete. Mag man nun mit Montaigne glauben, da� "herrschen" le plus aspre et difficile m�tier ist, oder mit einem italienischen Sprichworte (von Oxenstierna einst ironisch angewandt), da� zum Herrschen gerade das wenigste Hirn geh�rt (der Leipziger Professor Adam Rechenberg hat es �brigens schon 1676 in einem eignen Werke widerlegt), mag man auch von dem, was �ber den Verstorbenen gesagt werden wird, abziehen, was der r�hrende Moment oder pers�nliches Interesse �berfl�ssig hinzuf�gt, so viel wird selbst die Nachwelt nicht umsto�en k�nnen, da� der innige Zusammenhang der Schicksale, die die preu�ische Monarchie trafen, mit der Person Friedrich Wilhelms III. ein in der Erinnerung nie erl�schendes Licht auf ihn geworfen hat. Eine freudenlose, umflorte Jugend machte ihn schon fr�h f�r eine stillere Ergebung in das Ungl�ck reif. Die M��igung, die ihn in seinen Leidenschaften und Gef�hlen beherrschte, lehrte ihn auch, das sp�tere Gl�ck ohne �berhebung ertragen. Er nahm die Gaben des Geschicks mit einem Gef�hl an, das ihn auf alles gefa�t machte, wenn es nur nicht �berraschend und ohne Voraussicht kam. Heftigere Aufregungen vermeidend be�ngstigte ihn jede leidenschaftliche Anmutung und so erhielt auch seine letzte Regierungsperiode jenen Charakter bescheidener Selbstbeschr�nkung, den Preu�en, ein innerlich so kraftvoller und nach au�en hin nicht ungedeckter Staat wohl aufgeben durfte, ohne f�r seine Erhaltung besorgt zu sein. Friedrich Wilhelm III. war durch sein Temperament vor �bereilten Entschlie�ungen gesch�tzt und diese Tatsache war vielleicht die gl�cklichste Erfahrung f�r das Wohl des Staates in einer Zeit, wo der Zeitgeist so viel leidenschaftliche Faktoren in Bewegung setzte und es Staatsm�nner gab, die so gern neue Manifeste des Herzogs von Braunschweig in die Welt gestreut h�tten und dem Weltlauf mit kecker Hand in die Z�gel gefallen w�ren. Friedrich Wilhelm III. war nicht so gro� in dem, was er tat, als in dem, was er vermied. Da� man sich in Preu�en, da die Zeit des Zuwartens vielleicht vor�ber ist und den Horizont keine Kriegswolken tr�ben, nach positiven Sch�pfungen sehnt und das Feld f�r einen gro�artigem Anlauf zur Staatenlenkung nun ge�ffnet sieht, beweist die �ngstliche Spannung Preu�ens, Deutschlands, Europas auf den Geist, in welchem Friedrich Wilhelm IV. regieren werde. Der neue Regierungsantritt hat das vor andern Thronwechseln voraus, da� wir hier nicht einen J�ngling auftreten sehen, dessen politische Ideen noch von dem Unterricht seiner Lehrer befangen sind, sondern einen gereiften Mann, der jahrelang den Zeitlauf und das Terrain der ihm nun anvertrauten Regierung gr�ndlich beobachten konnte. Das neue Herrscheramt wird ihm wie ein bekanntes Buch sein, bei dessen Lekt�re er sich Stellen unterstrich und hier und dort Merkzeichen einlegte. Und da� es solcher Stellen und Merkzeichen viele geben m�sse, beweist der allgemein selbst in Berlin verbreitete Glaube an ein neues, durchdachtes, l�ngst angelegtes und bald hervortretendes System. Man ersch�pft sich in Vermutungen �ber das politische Glaubensbekenntnis des neuen K�nigs. Man nennt ihn aristokratisch; aber verdanken nicht gerade einige talentvolle B�rgerliche ihre Berufung zum Ministerium der Empfehlung des ehemaligen Kronprinzen? Verwechselt man nicht die vornehmimponierende und doch gef�llige Haltung des neuen Herrschers mit Sympathien, die durch nichts bewiesen sind? Man nennt ihn einen Freund der Richtungen, in welchen Steffens und �hnliche reaktion�re Geister geschrieben haben. Aber wenn der ehemalige Kronprinz Steffens pers�nlich kannte, so wird er bald gefunden haben, da� die naive Lebensunsicherheit dieses geistvollen, aber unpraktischen Mischdenkers am wenigsten zu seinen politischen Phantasmen und Tr�umereien Vertrauen einfl��en kann. Wie w�rde auch die gro�e Vorliebe, die der ehemalige Kronprinz f�r seinen ruhmgekr�nten Ahn Friedrich II. empfinden soll, mit der Hinneigung zu politischen Theorien stimmen, deren Vertreter, wie Haller, Leo, Steffens und ihnen �hnliche, in Friedrich dem Gro�en nur einen gekr�nten Jakobiner sehen? Man r�hmt von jeher den Geist des neuen Herrschers. Man schreibt ihm Verstandessch�rfe und Witz zu. Er ist kein Freund des Gamaschendienstes und hat mehr Sinn f�r das Zivile als Milit�rische. Er liebt den Umgang mit Gelehrten und K�nstlern, von denen viele sich seiner n�hern Bekanntschaft erfreuen. Wie harmlos er gewohnt ist, sich dem Talente hinzugeben, bezeugt der gem�tvolle, anspruchslose Brief, den er an Chamisso schrieb. (Siehe Hitzigs "Leben Chamissos" Bd. 2, S. 93.) Der ehemalige Kronprinz ist ein talentvoller Zeichner und da� ihm selbst der schriftstellerische Ausdruck nicht fremd sein d�rfte, beweist der Umstand, da� man ihn oft zum Verfasser anonymer Flugschriften machen wollte! Von sogenannten noblen Passionen, die man Gro�en eher nachzusehen pflegt, als Kleinen, wei� man nichts. Seine Sittlichkeit wird ger�hmt. Er besucht die Kirchen anerkannt pietistischer Geistlicher; ob aus Neigung f�r ihr theologisches System, oder aus Achtung vor ihrer oft ausgezeichneten Rednergabe, wei� ich nicht. Jedenfalls w�rde eine religi�se Stimmung dieser Art bei ihm nicht aus einem Minus, sondern einem Plus der Bildung entstehen; d.h. es ist m�glich, da� sie die Frucht einer entweder gem�tlichen oder philosophischen Abneigung gegen einseitige Verstandesreligiosit�t w�re. Es ist kein Zweifel, da� der neue Herrscher historische Tatsachen den Abstraktionen vorzieht, aber es ist wahr, da� ihm die Hegelsche Philosophie nicht unbekannt geblieben, so wird ihm das Progressive in der Geschichte nichts Befremdendes und der Einflu� des Verstandes auf die Gestaltung der neuen Zeit nichts Feindseliges sein. Friedrich Wilhelm IV. wird keinen Schritt ins Ungewisse tun. Ein Ziel hat er gewi� im Auge, wenn auch die Zeit erst lehren mu�, wo es liegt. F�r gedankenlos halte man keine seiner Unternehmungen. Ratgeber wird er h�ren, ihnen aber nicht immer folgen. Reue wird ihm, trotz seines christlichen Sinnes, f�r �ffentliche Schritte fremd sein. Er wird vielleicht bei einem Unternehmen seine Richtung �ndern, nie aber einen Schritt wieder zur�cktun. Es lodert viel Feuer in ihm und sein Geist wird oft in den sch�nen Fall kommen, heftigere Regungen des Gem�ts zu z�geln. Der g�ttlichste Triumph, den uns der Himmel schenkte, Beherrscher unserer Leidenschaften zu sein, kann ihn oft begl�cken. So urteilt die Sage und urteilt vielleicht falsch. Man kann darnach den Versuch machen, ein Portr�t zu zeichnen und mu� sich zuletzt doch eingestehen, da� der--Versuch eine Pfuscherei ist. Es haben sich, von Herrn Varnhagen von Ense ausgebr�tet, so viel kleine Gentze jetzt aus dem Ei gepickt, da� ich wohl begierig w�re, was einer von ihnen, dem Beispiel des ehemaligen Kriegsrats Gentz folgend (der eine Adresse an Friedrich Wilhelm III. bei seiner Thronbesteigung herausgab), dem neuen Herrscher ans Herz legen w�rde. Mit guten Lehren aus dem frommen Telemach, der ad usum delphini geschrieben ward, w�rde es wohl ebensowenig getan sein, wie mit dem Macchiavell. Ein F�rst soll keinem Schmeichler trauen, sagt Mentor alle Augenblicke; b�ndige eine Regierungsgewalt durch die andre, sagt der Florentiner; aber wir leben nicht in Versailles und nicht in Florenz. O der guten Lehren, die man K�nigen gegeben hat! Sie werden fast alle l�cherlich, wenn man sie auf bestimmte F�lle anwendet, oder sie setzen an F�rsten dasjenige als lobenswert voraus, was sich an einem zivilisierten Menschen des 19. Jahrhunderts wahrhaftig von selbst versteht. Weit schwieriger sind Ratschl�ge, die einen schwebenden Status quo betreffen. Was w�rde wohl mit der katholischen Frage, was mit der kommerziellen Stellung Preu�ens zu Ru�land; was mit dem Wunsch nach einer Verfassung zu beginnen sein? Dem neuen Herrscher raten wollen? Er hat seit einer langen Reihe von Jahren den Gesch�ftsgang in der Regierung seines Vaters beobachtet: Er wird sich l�ngst auf seinen eignen Antritt des Regimentes vorbereitet haben. Wer die Entw�rfe kennte, die schon alle im Pulte harren! Es ist leicht m�glich, da� Friedrich Wilhelm IV. f�r Europa einige �berraschungen im Sinne hat. Man spricht jetzt soviel �ber Friedrich II. Was ist es, das an ihm so au�erordentlich gerade jetzt in die Augen spr�nge? Will man einen schlesischen Krieg? Will man eine straffgezogene Regierungssouver�nit�t? Nein. Es ist das Pers�nliche, das an Friedrich II. gerade jetzt so bewundert wird. Preu� und andere haben so herrliche Z�ge von der freien, unabh�ngigen, entschlossenen Denkungsart dieses K�nigs mitgeteilt. Man hat in Friedrichs Schriften Ansichten gefunden, die jetzt w�rden f�r staatsgef�hrlich erkl�rt werden. Es ist kein Zweifel, da� man mit dieser Verg�tterung Friedrichs des Gro�en einen Wunsch f�r seine Nachfolger aussprechen will; denn das Lob der Vergangenheit ist immer eine Polemik gegen die Gegenwart. Was k�nnte wohl ein heutiger Monarch an Friedrich dem Gro�en lernen? Vieles f�r die Personen, weniger f�r die Sachen. Nicht alles w�rde jetzt so am besten geschlichtet, wie es Friedrich II. geschlichtet haben w�rde. Wohl aber w�rde man f�r die Mittel und f�r die Ratgeber lernen k�nnen. Theoretiker am Staatsruder w�rde er mit Recht f�r Schwindler erkl�ren und das N�chste w�rde ihm lieber als das Entfernte sein. Was Friedrich �ber die Religion dachte, war nicht gut f�r die Schule, besser schon f�r die Kirche, vortrefflich f�r die Wissenschaft. Der Voltairesche Verstand, der ihn beseelte, war schlecht f�r den Aufbau des Neuen, aber gut zum Niederrei�en des Veralteten. Man darf diesen endlichen, witzelnden Verstand nie zum Feldzugsplan erheben, kann ihn aber gut als Waffe benutzen. Das klare, unbestochene, vorurteilsfreie Wesen ist an Friedrich II. bewundrungsw�rdig. Man f�hlt, wenn man seine Antworten und Resolutionen liest, da� man f�r jedes Leiden bei seinem Gem�t wohl eben keinen Trost, bei seinem Verstande aber Abh�lfe w�rde gefunden haben. Seine Phantasie und sein Gesch�ftseifer machten ihm das Verst�ndnis jedes ihm vorgelegten Falles sogleich klar und man hatte nicht n�tig, wenn man einen Minister verklagte, zu f�rchten, da� man an eben diesen Minister w�rde verwiesen werden. Die Erwartungen auf Friedrich Wilhelm IV. sind gespannt. Die erste Zeit seiner Regierung geb�hrt der Trauer. In dem dunklen melancholischen Gr�n des Fichtenhains, der die sterblichen �berreste seines Vaters und seiner Mutter beschattet, wird man ihn noch zu oft sehen, als da� man aus seinem Auge etwas andres erraten k�nnte, als Tr�nen. Er wird nicht damit beginnen, Sch�pfungen seines Vaters umzust�rzen, er wird niemanden, der des Seligen Vertrauen besa�, aus seiner N�he entfernen. Aber die Aufforderung zu Taten wird nicht ausbleiben. Die Besetzung der bekannten erledigten Ministerstelle d�rfte vielleicht das erste Symptom des Kommenden sein. Klio spitzt ihren Griffel, sinnend lehnt sie den Arm auf das neue Blatt im Buche der Geschichte und lauscht mit l�chelndernster, mit bangfroher Erwartung. Das Barrikadenlied (1848) Barrikaden! Barrikaden! Eine Wehr der B�rgerbrust! Jeder Freie ist geladen, Auf zum Kampfe, Kameraden! Freiheitstod ist Himmelslust! La�t uns graben, la�t uns schanzen! F�sser her und Steine drauf! Trottoire, glatt zum Tanzen, Wagen mit und ohne Franzen, Alles h�lt die Kugeln auf. Ha! Sie kommen! Nicht gezittert! Nicht den Blick zur�ckgewandt! La�t sie schie�en! Glas zersplittert! Hinterm Wall sind wir vergittert. Freie Br�der, haltet Stand! Fa�t mit scharfem Blick die Rechten! Zielt und dr�ckt die B�chse los! Offiziere, k�nnt Ihr fechten? Kommandieren nur den Knechten! Fallt-in Eures K�nigs Scho�. Dann bedacht, auf kurzem Pfade, Bricht die erste, ziehn wir dicht In die zweite Barrikade, In die dritte, vierte-schade, An die f�nfte folgt Ihr nicht! So auf Barrikadenbahnen Nur drei Tage sich gewehrt, Und beim vierten Ruf des Hahnen Unter schwarz-rot-goldnen Fahnen Hat das Volk, was es begehrt! Landtag oder Nicht-Landtag (1848) Die Frage, welche jetzt so lebhaft die Gem�ter bewegt, fing klein an. Der Unterzeichnete wollte sich am Abend nach der Beerdigung die Anschauung einer Berliner Volksversammlung verschaffen und begab sich in die Zelte, wohin eine solche ausgeschrieben war. Er fand etwa tausend Menschen, die in verworrenem Durcheinander �ber Wahlgesetz und Landtag sprachen. Einige von dem Unterzeichneten zwischen die gehaltenen Vortr�ge geworfene Bemerkungen erregten die Aufmerksamkeit der Umstehenden. Man machte ihn zum Pr�sidenten der Versammlung, ein an sich unerquickliches Amt, das er aber nicht zur�ckwies, weil wir in einer Zeit leben, wo die Anteilnahme am gemeinen Wesen ede1ste B�rgerpflicht ist. Eine auf Grund der ferneren Debatte verfa�te und von den HH. Assessor Jung, Dr. Oppenheim und Fabrikanten Lipke mitunterzeichnete Adresse gegen Berufung des Landtags wurde Freitag den 24. dem Minister Arnim �berreicht. Inzwischen ist die Frage zur Parole des Tages geworden und gleichsam das Symbol der Parteien. Diejenigen, welche in den Begebenheiten des 18. u. 19. M�rz eine Revolution sehen, wollen keinen Vereinigten Landtag mehr, die, welche nur eine Revolte erblicken, verlangen ihn. Die Gr�nde, mit denen man sich bek�mpft, sind nicht immer redlich. Ich finde es unredlich, sophistisch wenigstens, wenn man der gro�en Masse sagt: Wollt Ihr einen konstitutionellen K�nig? Wollt Ihr eine Kabinettsordre ohne Beirat der St�nde? usw. Man formuliert die illiberale Frage liberal, und die Leute, so angeredet, antworten blindlings: Wir wollen einen konstitutionellen K�nig, wir wollen nichts ohne die St�nde usw. Der K�nig ist konstitutionell, aber nur durch eine Konstitution, die wir noch nicht haben. Der K�nig hat sich mit dem Vereinigten Landtag fr�her als absoluten F�rsten proklamiert, der Vereinigte Landtag bestand neben diesem absoluten F�rsten, folglich kann er jetzt nicht mehr neben dem konstitutionellen bestehen. Es ist ein Sophisma, wenn man die Konstitutionalit�t des K�nigs durch die Berufung des Vereinigten Landtags beweisen will. Der Vereinigte Landtag ist ein Berliner Kind, ein Jahr alt; er war etwas neues, er wirkte vorteilhaft auf unsere politische Atmosph�re, vorteilhaft auch auf Lokal-Interessen. Diese letzteren verd�chtigen etwas die Sympathie, die sich f�r ihn zu erkennen gibt. Die Buchh�ndler haben noch so viel Bildnisse und Reden-Sammlungen vom vorigen Jahre auf dem Lager: Man denkt, das alles wird jetzt flott; man hofft eine gewisse Beruhigung, eine Konsolidierung der Verh�ltnisse, die B�rse will endlich Kurse notieren. Die fr�heren Abgeordneten, die da merken, da� ihre Stunde gekommen ist, regen sich auch. Sie m�chten gern, das wittern wir in der Luft, R�mertaten von Entsagung auff�hren, recht flatternd den Mantel nach dem Winde h�ngen und die L�ge noch mehren helfen, die uns so schon verd�chtig genug umspinnt. Das alles sind schlimme Aussichten und vermehren das Mi�trauen in diesen alle Zeit ja rein prek�r und von der k�niglichen Gnade abh�ngig gewesenen Staatsk�rper. Man sagt, man k�nne eine moralische Versammlung nicht t�ten. Und doch verlangt Ihr, da� sie sich selber t�ten soll? Ich gestehe, ich m�chte nicht auf den B�nken dieses Landtags sitzen mit dem Bewu�tsein, da� ich mich �berlebt h�tte, da� ich mich hinfort begraben lassen, mich ferner unm�glich machen soll. Viele Mitglieder des Landtags werden so denken, vielleicht alle. Sie werden zusammenkommen, sich anblicken und die Augen niederschlagen. Sie werden sagen: Wie kommen wir hieher? Wir sind Provinzia1st�nde, wurden vereinigt ohne konstitutionellen Grundsatz, ohne Befugnis der Gesetzgebung, ohne Macht und Auctorit�t, ja sogar erst die Periodizit�t ist uns als Geschenk, durch den Augenblick, verliehen. Wir haben uns immer unbehaglich und unheimlich zusammengef�hlt, wir haben immer dahin protestiert, da� wir nicht die St�nde, die 1815 versprochen sind, vorstellen, und so k�nnen wir nichts anderes tun, als uns in Provinzia1st�nde, was wir sind, aufl�sen, nach D�sseldorf, M�nster, K�nigsberg, Breslau gehen, f�r das Wohl der Provinzen sorgen und uns der kleinen Freiheiten, die uns das Patent vom 3. Febr. gew�hrte, freiwillig begeben. Die Politik sollte diesen Fall voraussetzen, sie sollte sich r�sten darauf: 1. da� dieser Vereinigte Landtag sehr unvol1st�ndig erscheinen, 2. sich f�r inkompetent erkl�ren und 3. von der noch g�renden Aufregung vielleicht sogar gewaltsam beanstandet werden wird. W�nschen das die Minister? K�nnen es die Freunde des Friedens und der Ordnung w�nschen? Ferner: Aus dem Vereinigten Landtag soll das deutsche Parlament beschickt werden. Und �berall regt sich in Deutschland der Protest gegen diese Idee. Die Frankfurter Versammlung wird erkl�ren, sie w�rde von diesen Provinzia1st�nden nimmermehr Deputierte, die das preu�ische Volk zu vertreten h�tten, empfangen. Neue Verwirrung nach einer so wichtigen Seite hin, der nationalen! Neue Aufforderung, bei Zeiten vorzubeugen und solchen Verwickelungen dadurch zu entgehen, da� man den Vereinigten Landtag, als solchen, fallen l��t. Preu�en bedarf in diesem Augenblick so dringend der allgemeindeutschen Sympathie. Wir haben n�tig erstens eine konstituierende Versammlung, welche die Konstitution bespricht, und dann erst m�gen die neuen St�nde kommen, die vielleicht wesentlich modifiziert werden durch das (National-Parlament). Vielleicht ist das letztere wichtiger, als unsere St�nde. Wenn das deutsche National-Parlament �ber vier der wichtigsten Lebensfragen eines Volkes zu entscheiden hat, werden die St�ndekammern aller deutschen Staaten ohnehin nur gewisserma�en zu Provinzia1st�nden herabsinken. Warum streiten wir uns �ber das k�nftige Wahlgesetz? Im Augenblick handelt es sich nur um eine konstituierende Versammlung f�r Preu�en, und diese mu� allerdings auf der breitesten Unterlage angelegt sein, nicht ganz abstrakt-numerisch, aber doch so viel wie m�glich. (Dahlmann) hat gewi� Kenntnisse preu�ischer Verh�ltnisse genug, um rasch ein solches Wahlgesetz zur konstituierenden Versammlung zu entwerfen. Er wird vorurteilslos genug sein, sich dabei an die gegebenen Zust�nde des historischen Augenblickes, nicht an seine G�ttinger Diktate zu halten. Ich komme nochmals auf das obige Sophisma zur�ck von einem konstitutionellen K�nig, der nichts ohne den Vereinigten Landtag tun k�nne. Ich find' es geradezu machiavellistisch. Unser konstitutioneller K�nig ist sehr jung. Er ist es vor allen Dingen durch die Konstitution, die wir erst bekommen sollen. Ein Pre�gesetz war rasch erlassen, ohne die St�nde. Da besorgte man, die Freiheit der Presse m�sse doch gleich eine beruhigende Form haben. Jetzt berufe der K�nig eine konstituierende Versammlung durch einen Aufruf an sein ganzes Volk! Die Wahlen, so oder so modifiziert, wenn nur �berwiegend dem Grundsatz der Allgemeinheit ehrlich entsprechend, werden ihm die M�nner bringen, die allein die Gegenwart und Zukunft organisieren k�nnen. Es ist sophistisch, hier von einem "Gewaltstreich" zu sprechen. Der K�nig ist in diesem Augenblick der Ausdruck der Zeit, er will, was (wir) wollen, er gibt Gesetze, die ihm die (Lage der Dinge) diktiert. Er kann einfach sagen: Ich habe Euch dies und das in diesen Tagen versprochen, garantiert ohne die St�nde, Inneres, �u�eres, Deutsches, Preu�isches, Berlinisches, kein Mensch hat gesagt: Der K�nig darf die B�rgerwehr nicht ohne die St�nde geben, die deutsche Kokarde nicht aufstecken usw., und nur in der Wahlangelegenheit, da wollt Ihr von st�ndischer (Zustimmung) sprechen? In der gef�hrlichsten Frage, wo der meiste Egoismus zu f�rchten steht? Der Vereinigte Landtag enth�lt Elemente, die uns sehr (lieb) und (wert) sind. Seid gewi�, die werden wir alle wiederfinden in den neuen Wahlen! Die alten Stadtverordneten aber, Gemeinder�te usw., die durch Vorrechte gew�hlt wurden und die l�rmendste Agitation (f�r) den Landtag machen, die wohl nicht, und das ist gut. Eine Beleidigung des Vereinigten Landtags erblick' ich auch nicht. Kr�ftig gesprochen kann man sagen: Es fiel so vieles, warum nicht er? Milder gesprochen mu� man sagen: Der Vereinigte Landtag ist nur ein aus Gnade eines (absoluten) K�nigs geschenktes (Rendezvous). Die Provinzia1st�nde sollen nicht sogleich vernichtet werden. Sie m�gen in ihre Provinzen gehen, dort das allgemeine Wahlgesetz, das die konstituierende Versammlung gegeben hat, sich mitteilen lassen und sich dort, wo sie geboren sind, auch in der Stille aufl�sen oder, w�re es der Fall, da� das deutsche National-Parlament nur Provinzia1st�nde um sich sehen will, einer neuen Organisation entgegenharren. Das in (Berlin) Vereinigtsein dieser St�nde ist etwas rein Arbitr�res, Zuf�lliges gewesen, und keinen Landstand kann es beleidigen, wenn man gegen diese Vereinigung protestiert. Also, la�t Euch nichts vorreden von Rechtsverletzung, Gewaltstreich, einseitiger Willk�r. Das sind Gruben, die man Eurer guten, ehrlichen, freien Gesinnung gr�bt. Wenn wir eine Konstitution haben und darauf gebaute wahre St�nde des Volkes, dann erst sollen die einseitigen Befehle von oben aufh�ren. Jetzt aber, solange nichts rechtlich Bindendes da ist, wollen wir froh sein, wenn die st�rmisch gewesenen Vorboten des angebrochenen V�lker-Fr�hlings uns noch recht viel solcher Bl�ten vom Baume der Majest�t sch�tteln, wie diejenigen waren, welche wir in den j�ngst vergangenen Tagen als Gesetze und Verheissungen empfingen. Ein Wahlgesetz gibt jetzt nicht der K�nig sondern das Volk, die Zeit, der Sieg des Augenblicks. Dr. Karl Gutzkow Preu�en und die deutsche Krone (1848) Man kann es vom h�heren, vaterl�ndischen Standpunkte aus nicht billigen, da� sich S�ddeutschland aus den hiesigen Begebenheiten, die den gewaltigen Umschwung unserer Verh�ltnisse hervorriefen, nur die Ereignisse vom 18. und 19. M�rz herausgreift und auf diese schmerzlichen Tatsachen hin bei der Wiedergeburt Deutschlands Preu�en desavouiert. Denn was man gegen die Person des K�nigs sagt, trifft in diesem Falle das Land, trifft Preu�en und viel empfindlicher Deutschland selbst. Man ber�t eine Einigung Deutschlands auf den Grund eines zu w�hlenden k�rzeren oder l�ngeren Oberhauptes. Seit Pfizers "Briefwechsel zweier Deutscher" steht es fest, da� selbst die freisinnige, deutsche, hochherzige Bewegungspartei f�r die Idee einer preu�ischen Hegemonie ist. Die s�ddeutschen Deputierten, die mit einem Doppelplane der Organisation, einem monarchischen und einem republikanischen, hierher kamen, vertraten anfangs denselben Geist, dieselbe Meinung, und noch am 18. und 19. M�rz soll Preu�en pl�tzlich "unm�glich" geworden sein? Darin liegt eine politische Unklugheit und eine doppelte Ungerechtigkeit. Um es ganz offen zu sagen, wonach streben wir? Wir m�chten s�mtliche deutsche F�rsten auf eine Art Standesherrenschaft zur�ckf�hren, ihnen in Frankfurt (einem nicht gut gew�hlten Orte; Leipzig, Gotha, Weimar, N�rnberg w�ren besser) eine ehrenvolle und w�rdige Vertretung ihrer Interessen und Erinnerungen geben und das ganze Reich durch ein tempor�res oder dauerndes, erbliches oder nichterbliches Bundesoberhaupt regieren lassen. Ohne eine sehr bedeutende Nullifikation unserer F�rsten ginge es dabei nicht ab. Die kleineren scheinen nicht abgeneigt, solchen W�nschen sich zu f�gen; ja sogar gr��ere F�rsten, die K�nige hei�en, ob sie gleich wegen ihres Gebietes nur Herz�ge oder Landgrafen hei�en sollten, ich sage, selbst gr��ere haben W�rme und Gef�hl f�r das Gemeinsame genug, da� sie freiwillig ihre Souver�nit�t angeboten und auf den Altar des Vaterlandes niederzulegen versprochen haben. Ein K�nig sogar, der sich gegen diese Richtung anzustemmen nicht mehr kr�ftig genug f�hlte, entsagte seinem Throne und trat ihn seinem Erben ab, der dieser idealen Richtung sich verwandter f�hlt. Von �sterreich w�rde man immer nur einzelne Teile seines Gebietes haben vertreten wissen wollen und wenn auch die Wiener Bewegung, der Sturz Metternichs eine augenblickliche Hingabe an das alte Kaiserhaus in uns erwachen lie�, sie kann nur vor�bergehend sein. Warum nur vor�bergehend? Weil einmal die Pers�nlichkeit des gegenw�rtigen Kaisers keine ausreichende ist, zweitens der Wiener Aufschwung der rechten freiheitsged�ngten Grundlage im ganzen Reich ermangelt und drittens in Frankfurt nimmermehr gew�nscht werden kann, da� Deutschland wieder in das Schlepptau der europ�ischen Politik des Hauses Habsburg genommen wird. Was man f�r [die] Reorganisation Deutschlands tut, mu� ohne organische Aufnahme �sterreichischer Elemente geschehen. �sterreich kann nur ehrenhalber dabei beteiligt sein. So bliebe immer nur die preu�ische Anlehnung als die haupts�chlichste und entscheidendste �brig. Das schlechte Preu�ische ist ja im Innern zerst�rt und wird noch mehr zerst�rt werden durch Amalgamierung mit dem �brigen deutschen Stoff; das gute Preu�ische aber ist f�r Deutschland so wesentlich, da� es Torheit und Verblendung w�re, sollte sich auf ein einzelnes Faktum, �ber das wir noch sp�ter sprechen werden, auf eine einzige dem K�nigtume gegebene Lehre hin diese Idee der vol1sten Aufnahme Preu�ens in die deutsche Sache zerschlagen. Welchen Ersatz wollt Ihr in Heidelberg und Mannheim bieten? Es ist sehr leicht, in tausendfacher Anzahl Versammlungen ausschreiben, sich in Drohungen und Verw�nschungen ergehen, Lieder singen usw., aber die n�chterne Erw�gung der Tatsachen sollte Euch zwingen, Euren Unmut zu beherrschen und �ber die Personen nicht die Sache zu verlieren! Isoliert man Preu�en, isoliert man die Empfindung seines jetzt sich zwar konstitutionell bindenden K�nigs, dessen Pers�nlichkeit indessen nicht so nach Gefallen zu beseitigen ist, so k�nnte der deutschen Wiedergeburt eine gro�e Gefahr erwachsen. Der Provinzialgeist reagiert jetzt gegen die Hauptstadt Preu�ens, pommersche und uckerm�rkische Bayards wiegeln die unzurechnungsf�hige altfr�nkische Loyalit�t der Bauern und den �rger des Adels auf, das Heer ist verstimmt, viele seiner F�hrer sind geradezu verd�chtig, die ganze Maschine der Verwaltung l�uft noch in den alten Wellen und R�dern, Polen hofft auf friedliche, unblutige Wiederherstellung und l��t im Adressenrauschen und Fraternit�tspredigen vielleicht den Moment der Tat vor�bergehen, Ru�land, das ger�stete, einige, feste wei�, was es will, es trifft, ungehindert von Polen, Preu�en unvorbereitet, uneins, z�gernd, den K�nig verstimmt, abgek�hlt durch Eure Proteste, der Strom von Osten flutet heran ... und was dann? S�d- und Westdeutschland haben nur noch eine Einigkeit auf dem Papier und die Erinnerungen an die milit�rische Kraft des Reiches sind eben nicht erhebender und vertrauenerweckender Art. Preu�ens historische Bestimmung ist die des Werdens, des Flie�ens, Wallens, sich Gestaltens und Ausdehnens. Deutschland, Preu�en in sich aufnehmend, wird allein stark sein. Was weist Ihr Preu�en zur�ck? Ist es nicht ein neues, das sich mit Euch verschmelzen will? Habt Ihr noch Mi�trauen in das von Euch besp�ttelte Berlin, dem Ihr in diesem Augenblick allein den kr�ftigsten Beweis einer in Deutschland doch m�glichen Auflehnung gegen �bergriffe und Anma�ungen der Gewalt verdankt? Berlin hat sich nicht nur durch seinen pers�nlichen Mut zur geistigen Hauptstadt Deutschlands gemacht, sondern auch durch die F�lle von Fragen, die sich in politischer und sozialer R�cksicht hier allein aufgeworfen haben. Man kam fast nirgends �ber die patriotischen und liberalen Abstraktionen hinaus, in Berlin lodert es radikal vom Herd des Volkes auf. Nenn' ich die Isolierung Preu�ens in diesem Augenblicke unpolitisch, so ist sie auch ungerecht und zwar in doppelter Hinsicht. Ungerecht gegen das preu�ische Volk, ungerecht sogar gegen den F�rsten. Was am 18. M�rz verbrochen wurde, ist das Verbrechen aller deutschen F�rsten. In Wien ist auf das Volk geschossen worden wie in Berlin, und das Blutbad w�rde ebenso gro� geworden sein wie hier, wenn man dort nicht sogleich in der Absetzung Metternichs eine rasch ausf�hrbare Konzession gehabt h�tte. Metternich stand schon so schwankend, da� er durch eine Stra�enbewegung fiel. In Berlin war der Kampf rein eine Schlacht, die man dem Milit�r als solchem lieferte, dem Milit�rstaat, dem Land der Polizeityrannei, kurz, es war ein fast pers�nlicher Vernichtungskampf. Jeder deutsche F�rst, umgeben von solchen Gener�len, solchen milit�risch gesinnten Prinzen, solchen milit�rischen jahrhundertalten Arroganzen, h�tte ebenfalls feuern lassen. Der K�nig braucht darum gar nicht pers�nlich der "W�rger" und Schl�chter zu sein, f�r den ihn die Heidelberger Adresse erkl�rt. Er ist ganz einfach der Ausdruck seiner Standesvorurteile, seiner milit�rischen Erziehung, das Echo seiner Ratgeber, das weiche Wachs seiner Br�der und sogenannten Jugendfreunde, der Fr�mmlinge, der Volksver�chter jeden Grades. Rechnet man noch hinzu, wieviel Unruhe und Unselbst�ndigkeit er in sich selbst besitzt in dem Gef�hl seiner nunmehr achtj�hrigen widerspruchsvollen Regierung, wo ihn, den romantisch gestimmten Epigonen vergangener Zeitrichtungen, der Sturmwind des Tages ewig im Kreise umherwirbelte und er bei dem unleugbaren Willen, gut, gerecht, weise, edel sein zu wollen, und dem Bewu�tsein, gut, gerecht, weise, edel sich selbst zu erscheinen, doch der Welt gegen�ber immer als das Gegenteil davon hervortrat: so ist es im h�chsten Grade ungerecht, die v�llige Umkehr und neue Geburt, zu der er am 20. M�rz die Lust bezeugte, das Emporhalten des Reichsbanners und den Enthusiasmus eines neuen ihn innerlichst ergreifenden Menschen abzuweisen und seine warme Hingabe an die deutsche Sache zu erk�lten. Noch bed�rfen wir, um das, was in Frankfurt bezweckt wird, auszuf�hren, der Pers�nlichkeit unserer F�rsten. Noch kann die Reue, das Bed�rfnis nach Popularit�t, der geweckte Enthusiasmus des preu�ischen K�nigs in die Waagschale der Frankfurter Entschl�sse das Gewicht der Entscheidung legen; warum festhalten an dem, was am 19. in Berlin geschah und wie es in M�nchen, Kassel, Karlsruhe, Hannover geschehen sein w�rde, wenn nicht das Volk gleich anfangs eine kr�ftige Miene gezeigt h�tte! Mit Worten ist in St�dten, die ich nicht nennen will, von unseren F�rsten mehr gemordet worden, als hier in Berlin mit Waffen. Deutschlands Wiedergeburt unter dem preu�ischen Banner ist, so lange wir in der konstitutionellen Monarchie uns bewegen wollen, die einzige kraftvolle und Zukunft versprechende L�sung des Augenblicks. Wollt Ihr die Einigung Deutschlands in wahrer Vollendung, so k�nnt Ihr nur den M�chtigsten an die Spitze stellen und das, was Ihr an seiner Person vermissen wollt, durch den Genius seines Volks ersetzen! Dringen diese Ansichten nicht durch, scheitern sie an einer un�berwindlichen pers�nlichen Abneigung, so treten folgende F�lle ein: Erstens werden wir um die Ru�land in Schach haltende polnische Insurrektion betrogen, da ein unter den Auspizien des Panslawismus friedlich geschaffenes K�nigreich Polen leicht mit dem Zaren friedlich sich abfinden d�rfte. Zweitens h�tten wir die russische Invasion, die ein innerlich zerworfenes, milit�risch unorganisiertes Deutschland, ein f�r den Augenblick an sich selbst irrgewordenes Preu�en vorf�nde. Drittens endlich, wer sch�tzt uns--vor Verrat, vor einer tief angelegten, grauenerregenden.... Intrige? All' diese Lose schlummern im Scho� der n�chsten Zukunft, wenn S�ddeutschland in seinen Ablehnungen und Protesten so fortf�hrt, wie es begonnen, es sei denn, da� der K�nig von Preu�en, der gro�en Mission seines Volkes sich unterordnend, den Wink verst�nde, den ihm Gervinus im neuesten Bulletin der "Deutschen Zeitung" gegeben hat. Abwehr einer Verleumdung (1850) In N�. 43 dieser Zeitung sagt ein Anonymus, dem die Redaktion sogar die Ehre erweist, seine b�sen Verd�chtigungen in den Gro�druck des politischen Textes aufzunehmen, der Unterzeichnete k�nnte schon deshalb als "technischer Direktor" des K. Hoftheaters nicht berufen werden, weil--ihm etwa die n�tigen dramaturgischen Kenntnisse mangelten? Nein. Oder weil von ihm bekannt w�re, da� er zwar kein republikanischer, aber doch sonst ein gar schlimmer und bedenklicher Autor w�re? Auch das nicht! Nun, warum denn sonst nicht? Er hat etwas viel, viel �rgeres begangen. Er w�re im Jahre 1848 von Dresden ganz besonders zu den "M�rzereignissen" her�bergekommen. Zwar setzt der wohlwollende "Zuschauer" sch�chtern hinzu: "Wie es scheint." Verzwicktes "wie es scheint"! Warum nicht sogleich dreister? Warum nicht sogleich geradezu gesagt, ich h�tte Barrikaden befehligt? Im Mai 1849 hab' ich in Dresden, wohin ich nicht erst zu reisen brauchte, wirklich eine Barrikade bauen sollen. F�nf M�nner in Sensen hielten mir Steine entgegen und wollten mich zwingen, Hand anzulegen. La�t mich! Ich bin kein Baumeister! mu�t' ich ihnen sagen. Es half nichts: "die Sense sollte michs schon lehren!" Erst als ich etwas unsanft sagte: Leute, ich habe f�r die deutsche Einheit mehr mit dem Wort getan, als ich hier mit Steinen tun kann! lie� mich die damals souver�ne Insurrektion meines Weges ziehen. Freilich! Warum sa� ich nicht, wird mein "Zuschauer" fragen, auch hier versteckt in irgendeinem Keller? Warum war ich an jenem M�rzsonntage 1848 vor dem Schlosse in Berlin und sah mir dies Wogen und W�ten einer ungebundenen Menschenmasse an? Der schlimme "Zuschauer" sagt, Herr Polizeipr�sident v. Minutoli m��te dar�ber auch noch erst Bericht erstatten. Niemand kann im geschichtlichen Interesse mehr w�nschen als ich, da� der freundliche und um den milderen Verlauf jener Tage vielfach verdiente Herr v. Minutoli seine damaligen Erlebnisse erz�hlte. Aber ich w�nschte doch, Felix Lichnowski lebte noch und best�tigte mir's, da� er mich aufforderte: "Freund, Sie m�ssen reden! Sie m�ssen! Ich lasse Sie nicht!" "Wor�ber?" "�ber was Sie wollen! Ich bin heiser, ich kann nicht mehr! Nur reden, nur beruhigen!--Nun denn, sagt' ich, ich habe in jenem patriotischen, angeborenen, mark-brandenburgischen, vaterst�dtischen Drange, von dem man damals noch nicht ahnte, da� man ihn sp�ter f�r revolution�ren F�rwitz erkl�ren k�nnte, das Wort des K�nigs: Kommt und ratet mir! so aufgefa�t, da� ich ihm einen Brief �bergeben lie�, worin ich ihn bat, in die aufgel�ste Ordnung irgendeinen, die Massen nur legal zusammenziehenden, die Gem�ter zerstreuenden neuen Gedanken zu werfen, am liebsten den der B�rgerbewaffnung! "Sprechen Sie dar�ber! Sogleich! Hier! Heran! Ich lasse Sie nicht mehr fort!" Ich sprach, und die Massen, die zu allen Konzessionen, die sie kaum verstanden, noch etwas Neues, Handgreifliches, leicht Verst�ndliches hinzuempfingen, zerstreuten sich. Es ist bekannt, da� der K�nig denen gedankt hat, die an jenem Sonntagmorgen zum Schlosse hielten. Freilich, sehr exaltiert, sich ohne Portefeuille f�r einen Politiker zu halten! Sehr exaltiert, nicht wie jener Feigling im "reisenden Studenten" in den Mehlkasten zu springen und zu rufen: Brennt's noch? Wer damals in den Mehlkasten sprang, der kam freilich f�r immer sehr wei� heraus. Einige Tage g�rte das, alle ergreifend, noch so fort. Und wenn mein "Zuschauer" sagt: Vor dem 18. M�rz schon h�tt' ich "T�tigkeit entwickelt", so will ich ihm sagen, was ich vor und nach dem 18. M�rz f�r "T�tigkeit entwickelte." Am 6. kam ich mit Weib und Kind nach Berlin, um meinen Urlaub dort zu verleben. Von da bis zum 18. schrieb ich im Hotel de Russie mein Schauspiel: Ottfried. Und vom 22. M�rz bis 22. April, also w�hrend der vollen Bl�te der Revolution, sa� ich am Krankenbette eines Kindes, am Sterbebette einer Frau. O Du leidiger "Zuschauer"! Ich beantworte Deine b�se Anklage so ausf�hrlich nicht wegen des "technischen Direktors" (der nicht mir, nur jener Anstalt fehlt), sondern deshalb, weil diese in Berlin eingerissene Enth�llungssprache, dies mystische: Der war gestern in der und der Stra�e! Man hat ihn da und dort mit dem und dem verkehren sehen usw. eine wahre Schmach unserer Zeit ist und an die tr�bsten Tage r�mischer Delatorenwirtschaft erinnert. Wenn man von mir sagt, da� ich bei dem mir mannigfach einger�umten Berufe, f�r die deutsche Schaub�hne theoretisch und praktisch zu wirken und an jedem Hoftheater die �sthetische Initiative ergreifen zu k�nnen, doch immer noch so "taktlos" bin, in politischen Dingen mehr links als rechts zu stehen, so kann ich mich dagegen nicht verteidigen und werd' es nicht. Aber den Vorwurf, da� ich in meinem Leben je gew�hlt, agitiert oder konspiriert h�tte, weis' ich mit Verachtung zur�ck. Dresden, 23. Februar 1850. Dr. Karl Gutzkow Varnhagens Tageb�cher (1861) Wir m�gen nicht das Schlimme wiederholen, das sich schon reichlich in manchen Bl�ttern �ber Ludmilla Assings neue Mitteilungen aus dem Nachla� ihres Oheims (zwei B�nde, Leipzig, F. A. Brockhaus, 1861) gesagt findet. Die Ausdr�cke der Anfeindung und Verachtung kommen meist aus der Region, wo man sich durch die guten Seiten dieser Tagebuchnotizen getroffen f�hlt. Wer die Zeit von 1835-43 (dies die Jahre, die die vorliegenden zwei ersten B�nde treffen) mit all dem Unmut und dem Druck pers�nlichster Benachteiligung durchlebt hat, dem Varnhagen in seinen Aufzeichnungen Worte leiht, der entschuldigt das meiste von dem, was andere hier verurteilen wollen. Ihm bleibt es eine Erquickung, noch einmal bis in die kleinsten Details jenen traurigen Zeiten der Verfolgung und endlich zu Fall gekommenen Tyrannei nachzuleben. Ihm gew�hrt es einen hohen Genu�, sich sagen zu k�nnen: An alledem warst auch du mit den tiefsten Atemz�gen deines Lebens beteiligt, f�hltest dieselben Gewaltschl�ge der Schergen, hofftest auf dieselben Sonnenblicke der bessern Zeit! Bis ins einzelnste lebt sich ein �lteres Geschlecht in diesen Varnhagenschen Mitteilungen noch einmal wieder sein eigenes Leben durch. Und auch das ist eine der guten Seiten dieser Ver�ffentlichungen, sie lehren Hingebung an Zeit und Menschen, Verehrung und Piet�t vor der gemessenen Stunde, auch vor fremder Bildung, fremdem Lebensschicksal und vollends vor dem eigenen, soweit wir nur zu oft geneigt sind, immer nur in hastiger Erwartung des Zuk�nftigen unsere Befriedigung zu finden. Je massenhafter die Zeit ihre Strebungen ansetzt, je verallgemeinerter die Wirkungen des Zeitgeistes sind, desto erhebender diese Beachtung des Einzellebens, diese sinnige Beobachtung des Individuellen und Pers�nlichen. Letztere Beobachtung ist bei Varnhagen nicht ganz von der Neugier, noch weniger lediglich vom Gefallen an dem medisanten Gefl�ster der G�ttin Fama eingegeben; sie entspringt aus einem Pers�nlichkeitskultus, den wir nicht verwerfen oder um seiner etwaigen Abnormit�ten willen verurteilen wollen. Welche F�lle von interessanten Mitteilungen diese beiden B�nde enthalten, ist in allen Zeitungen schon gesagt worden. Wir k�nnen allerdings den verstehen, der die M�glichkeit, solche Tageb�cher zu f�hren, in mehr bedenklichen als guten Charaktereigent�mlichkeiten finden will; das vor uns liegende Endergebnis solcher Art oder Unart ist jedoch lehrreich und n�tzlich. So viel l��t sich bei jedem einigerma�en Urteilsf�higen voraussetzen, da� ihm nicht jede dieser fl�chtig hingeworfenen �u�erungen ma�gebend sein wird--es kann in ihnen getadelt werden, was vielleicht alles Lobes wert ist--aber luftreinigend wirken diese Explosionen; Behutsamkeit werden sie nach allen Seiten hin verbreiten. Wie gut tut es nur allein schon den Hochgestellten und M�chtigen, da� sie �berall sich eingestehen m�ssen: Hier ist zwar nicht durch Anschlag vor Fu�angeln gewarnt, aber h�te dich bei jedem Schritt, unvorsichtig und unbedacht zu sein! Auch darin m�ssen wir eine h�chst interessante Wirkung dieser Ver�ffentlichungen sehen, da� wir die au�erordentliche und fast unglaublich scheinende (Nat�rlichkeit) kennenlernen, die in gewissen h�hern Regionen waltet. M�glich, da� zwei Dritteile dieser hier vom Hofe, den Prinzen, den Staatsm�nnern Preu�ens aus den oben genannten Jahren mitgeteilten Anekdoten unrichtig erz�hlt oder leere Erfindungen des Ger�chts sind; dennoch bleibt immer noch genug zur�ck, um uns ein Bild dieser steten Agitation zu geben, die um die hervorragenden Erscheinungen der Erdenmacht sich auf- und abbewegt. So st�rmt der Zugwind am meisten um gro�e, alleinstehende Kirchen und l��t schon in der Legende den Teufel da sein lustigstes Spiel treiben. Varnhagen hat F�rsten und Regierende genug selbst gesprochen, teilt �u�erungen von erlauchten Lippen genug selbst mit, die sein eigenes Ohr vernommen, um die Vorstellung zu erwecken: So also be�ngstigt euch Herrschende doch die Zeit und die tausendfache Verpflichtung, die gerade euch stets mahnend zur Seite steht! So jagen euch die unfertigen Gestaltungen dieser irdischen Welt hin und her; so bringt der Vorwitz und die Torheit und welche Leidenschaft der Menschen nicht--! unabl�ssig Wirkungen hervor, deren Ursachen wir Fernstehenden kaum ahnten! In den Zeitungen stand das alles so kalt und so abgeschlossen fertig da, was sich hier hinter den Kulissen so hei� siedend und wallend erst formte, so unfertig, so nur wie vorl�ufig! Diese H�nde konnten m�chtige Fahrzeuge zimmern und doch nicht dem Sturm und den Wellen gebieten! Wir haben seit langem nicht so auf den Sieg des Wahren und Gerechten vertraut wie nach der Lekt�re dieser Tagebuchmitteilungen, die uns die Gewalthaber der Erde als ebenso hilfsbed�rftige Menschen schildern, wie wir selbst sind. Vorl�ufiger Abschlu� der Varnhagenschen Tageb�cher (1862) Es w�rde �berfl�ssig sein, das Erstaunen und die mannigfachen Bedenken �ber die Existenz und die fr�hzeitige Herausgabe der Varnhagenschen Tageb�cher zu wiederholen. Ihr �ffentliches Vorhandensein ist nun einmal ein Begegnis wie ein Naturph�nomen, das sich aller Berechnung entzieht. Selbst eine Anklage und vor allem die gerichtliche Verfolgung erscheint uns im vorliegenden Falle wenig angebracht, da man nur einfach zugeben sollte, da� es sich hier um ein literarhistorisches Ereignis, ein psychologisches R�tsel, um eine in dem Leben eines ausgezeichneten Mannes uns bis jetzt noch unvermittelt erscheinende Anomalie handelt. Die Entwaffnung dessen, der durchaus entr�stet sein und bleiben will, sollte in den Vorz�gen des Schriftstellers selbst liegen, der uns so lange Jahre hindurch ein Muster der M��igung und des Strebens nach dem Kerngehalt der Zeit und Welt erschien. Ihn jetzt pl�tzlich so ganz abirren zu sehen von derjenigen Bahn, in welcher von ihm so viel Bedeutendes und Bleibendes geleistet worden ist, das ist eine Erscheinung von so fragw�rdiger Seltsamkeit, da� sie uns nur psychologisch, biographisch, zeitgeschicht- lich besch�ftigen, am wenigsten Anla� geben sollte, die Herausgabe des Buches zu einem Vergehen zu stempeln. Selbst noch das Irrgewordensein eines bedeutenden Mannes kann ein Schauspiel bieten, das interessant und lehrreich ist. Bis nahe an die Grenze der Unzurechnungsf�higkeit sind allerdings diese Aufzeichnungen aus den Jahren 1848 und 1849 vorger�ckt. Aber waren wir denn alle, die wir jene Tage miterlebten, frei von einer krankhaften Exaltation unsers Empfindens und Denkens? Wer h�tte nicht damals sich mitten auf die Stra�e stellen und seine Stimme laut erschallen lassen m�gen, um vor hereinbrechenden Gefahren zu warnen? Falsche Volksf�hrer zu entlarven, Abtr�nnige mit feierlichem Protest dem Fluch aller Zeiten preiszugeben? Beim Rollen und Donnern der Kanonen, bei den Salven, die auf Volkshaufen abgefeuert wurden, beim Krachen des beginnenden Barrikadenbaues trieb die aufgeregte Phantasie, die Liebe zum Vaterland, zur Freiheit, ja wohl auch nur die Vorstellung von unbesonnenen, falschen, der n�chsten Klugheit widersprechenden Ma�regeln die sonst ruhigsten Gem�ter in die Vorzimmer der Minister, in die Kabinette der F�rsten, um ihre Meinungen geltend zu machen. Jeder Tag brachte neuen Z�ndstoff, um die Gem�ter in Flammen zu setzen; und was Varnhagen hier oft nur mit kurzen Worten niederschrieb: "Es sind Schurken, Halunken, B�sewichter!" das alles wurde oft genug von uns selbst ausgerufen oder zwischen den Z�hnen gemurmelt. Es liegt uns die treueste, die lebendigste Vergegenw�rtigung einer Zeit vor, die leider f�r die Wiederaufnahme dessen, was sie uns h�tte bringen sollen, mit einem unfruchtbar und nutzlos vor�bergehenden Jahr nach dem andern sich uns schon zu weit zu entr�cken droht. Eine junge Generation tritt immer mehr in den Vordergrund, ohne jene Zeit erlebt, ihre Erfahrungen benutzt zu haben. Es w�re ein unerme�liches Ungl�ck f�r unser Vaterland, wenn die Stunde der Erl�sung von unsern gegenw�rtigen, von den Regierungen ja selbst f�r unhaltbar erkl�rten Zust�nden zu einer Zeit schl�ge, wo die Lehren der Jahre 1848 und 1849 bereits vergessen w�ren. Deshalb schon und um dieser n�tzlichen Vergegenw�rtigung der Lage willen, in welche Deutschland bei einer verh�ngnisvollen Krisis immer wieder aufs neue wird geraten k�nnen, sollte man das Exzentrische dieser Publikationen mit Ruhe hinnehmen. Manche von denen, die hier als "Schurken" und "Halunken" bezeichnet werden, leben allerdings noch, aber sie m�gen doch nicht glauben, da� man sie um deshalb, weil sie hier so genannt worden sind, nun wirklich daf�r halten und in der Geschichte als solche stempeln wird. Viele davon m�gen ernsthaft genug ihr Teil verschuldet haben, aber auch diese m�gen annehmen, da� die �ffentliche Meinung an ihre Reue und an manche bessere Besinnung glaubt. Vor allem verr�t der Ton dieser beiden neuerschienenen B�nde, da� der Verfasser der "Tageb�cher" wirklich an der Zeit krank war und �ber die T�uschung seiner Hoffnungen oft sein Herz brechen f�hlte. Die Wahrheit, mit welcher dieser Schmerz empfunden und geschildert wird, ist in der Tat ersch�tternd und vers�hnt uns nicht nur mit der Herbheit seiner Aufzeichnungen selbst, sondern �berhaupt mit manchen Z�gen in Varnhagens Charakter, mit welchen wir uns fr�her nicht hatten befreunden k�nnen. Wir begegnen hier einem Glauben an die Rechte der neuen Zeit und an den letztlichen Sieg der Freiheit, einem Glauben an den Wert und den Adel des Volks, wie er sich sch�ner nicht in den Werken der ber�hmtesten Freiheitshelden, nicht reiner bei Franklin findet. Auch diese neuen B�nde werden vielen Federn Anla� bieten, in mannigfacher Weise auf ihren interessanten Inhalt einzugehen. Unserer Zeitschrift fehlt dazu der Raum. Nur eine Bemerkung wollen wir nicht unterdr�cken, die auf den politischen Charakter Preu�ens und Berlins geht. Jene Jahre waren allerdings die der allgemeinen Verwirrung, aber am verworrensten sah es doch wohl in Berlin aus. Wir denken hierbei nicht an die Bassermannschen Gestalten, nicht an die ratlose, hin und her ge�ffte B�rgerwehr, nicht an den zu allen Zeiten schwer zu bew�ltigenden Stra�engeist Berlins, sondern an die Sph�re der Intelligenz und der privilegierten Politiker. Letztere rekrutierten sich eigent�mlicherweise aus frondierenden Beamten und pensionierten oder auf Disposition gestellten Milit�rs, wie denn Varnhagen selbst ein solcher zur Disposition gestellter Diplomat war. Das Hin und Her, das Zutragen, Besserwissen, die Medisance, das Klatschen gerade dieser Sph�re ist so h�chst auffallend, da� man die Gefahren des Throns weit weniger versucht wird in der demokratischen Sph�re zu suchen als da, wo der Thron seine St�tzen zu suchen pflegt. Eitelkeit, Unzuverl�ssigkeit, Rachsucht, h�mische Schadenfreude verbinden sich hier mit einer m��igg�ngerischen Phantasie, die unausgesetzt sich selbst und andere alarmiert und an einen Nachen denken l��t, der im Sturm nur durch die Unruhe und das Hin- und Herlaufen seiner Passagiere untergeht. Dies ist ein bedenklicher Charakterzug jener Menschen und Gegenden, welche bekanntlich die deutsche Hegemonie und im Fall der Gefahr unsere Kriegsf�hrung anstreben. Denkt man sich diese spezifisch berlinisch-preu�ischen Elemente beim Beginn eines Feldzugs oder am Vorabend einer Schlacht, so darf uns so au�erordentlich viel Weisheit, so au�erordentlich viel (nur durch die Furcht!) aufgeregte Phantasie, verbunden mit der im schwatzhaftesten Dreiachteltakt gehenden Suada, die niemanden zu Worte kommen l��t, ernstliche Besorgnisse einfl��en. * * * * * III. Drei Berliner Theatergr��en Ernst Raupach (1840) Raupach scheint jetzt Berlin gegen�ber einen schweren Stand zu haben. Selbst seine Freunde f�hlen sich in der Teilnahme, die sie ihm sonst zu schenken pflegten, ersch�pft. Und doch find' ich, da� seine neuern Sachen nicht schlechter sind, als die fr�heren, da� sie denselben Zuschnitt haben und dieselbe Kenntnis der B�hneneffekte verraten. Sollte vielleicht die sehr gl�ckliche Stellung dieses Mannes beneidet werden? Raupach hat von der k�nigl. B�hne einen j�hrlichen Gehalt von 600 Talern und bezieht f�r jeden Akt seiner Dramen au�erdem noch 50 Taler. Seine Dramen (m�ssen) zwar nicht angenommen werden, aber sie werden es fast immer, jedenfalls wird jedes angenommene St�ck au�erordentlich beg�nstigt und kann auf schnel1ste Erledigung rechnen. Wie sch�ne Kr�fte k�nnten nicht f�r die B�hne gewonnen werden, wenn man andern dramatischen Talenten nur einen Teil dieser Beg�nstigungen zuwendete! Denn nur aus einem intimen Anschlie�en an eine B�hne, die willf�hrig selbst schw�chere Versuche darstellte, kann Lust und Kraft f�rs Theater gezeitigt werden. Wird man seiner Fehler nicht ansichtig, so lernt man niemals, sie vermeiden. Da� Raupachs Stellung f�r die in der dramatischen Literatur aufkeimende Bewegung hemmend ist, liegt auf der Hand. Seine weitbauschigen Dramen werden an der hiesigen B�hne nach alten eingegangenen Verpflichtungen bevorzugt und j�hrlich nur vier solcher Dramen--und den andern ist die H�lfte der Theater-Abende und Memorial-Vormittage entzogen. Eine Frage ist auch die: (Was treibt Raupach, Dramen zu schreiben?) Der Ehrgeiz, sich als Theater-Dichter zu bew�hren? Nein, er ist daf�r anerkannt. Eine innere Notwendigkeit, ein Drang des Nichtlassenk�nnen? Das schon eher: Ich glaube sogar, da� Raupach nach dem Ma� seiner Kr�fte von seinen Stoffen begeistert ist. Nun wird man ihm doch gewi� noch zehn Jahre g�nnen m�ssen: auf jedes Jahr vier Dramen: macht die Aussicht, aus seinem unverw�stlichen Schaffenstrieb noch 40 Dramen zu erhalten! Sollt' es nicht da eine Grenze geben? Bes��e Raupach die Vielseitigkeit eines Kotzebue, dann w�re die Aussicht minder abschreckend. Allein immer derselbe Stelzengang Schillerscher Geschichtsauffassung, immer dieselben den Schauspielern desselben Theaters auf den Leib zugeschnittenen Charaktere--man mu� das Publikum bedauern, weil es bei aller Mannig- faltigkeit doch im Grunde nichts Neues sieht, und die Schauspieler, weil sie die Kraft ihres Ged�chtnisses an das nur allzuleicht Verg�ngliche verschwenden ... Ludwig Tieck und seine Berliner B�hnenexperimente (1843) Es best�tigt sich denn wirklich, da� nach des Sophokles "Antigone" nun des Euripides "Medea" die Ehre hat, vom K�nigl. Hoftheater in Berlin zur Darstellung angenommen und zu demn�chstiger Auff�hrung bestimmt zu sein. Als den Urheber dieses Planes bezeichnet man ziemlich einstimmig den geh. Hofrat Tieck. Mendelssohn ist bereits daran, die Ch�re zu instrumentieren. Die Philologen freuen sich schon auf die gelehrten Abhandlungen, mit denen sie die Spalten der Berliner Zeitungen werden f�llen k�nnen. Die �sthetische, lebendige, durch und f�r die Zeit lebende Kritik kann aber in diese Freude nicht einstimmen. Im Gegenteil mu� sie dieses pseudoartistische Treiben mit gerechtem Unwillen erf�llen. Sie mu� es unerschrocken aussprechen, da� die Vergeudung der Kr�fte, die eine solche scheinbare Wiederbelebung des verfallenen Staubes alter Zeiten kostet, eine unverantwortliche Beeintr�chtigung der Gegenwart ist. Ja, nicht nur eine Beeintr�chtigung, sondern eine Beleidigung der Gegenwart. Tieck mi�achtet unsere Zeit. Er mag sich in dieser geh�ssigen Gesinnung gegen sein Jahrhundert gefallen, wo er will, in seinen Dresdener Leseabenden, unter den Eichen von Sanssouci, �berall, nur nicht da, wo er durch seinen Einflu� der Gegenwart ihr lebendiges Recht, das Recht des Lebens, entzieht. Ja er mag auf einem Privattheater alle Dramen von Aeschylus bis Holberg nach seinen Angaben vorf�hren lassen, nur eine dem Volk, eine der Zeit und ihren Rechten angeh�rende B�hne sollte vor dem Schicksal bewahrt sein, das Opfer dilettantischer Liebhabereien und literarhistorischer Proteste gegen die Mitwelt zu werden. Ist Herr v. K�stner schwach genug, sich freiwillig, aus Kassenzweck, solchen Chim�ren, die seinem dramaturgischen Bildungsgange g�nzlich fremd, hinzugeben,--so ist dies schlimm. Ist sein Einflu� so gering, da� er unfreiwillig der gehorsame Diener der ihm angedeuteten W�nsche sein mu�,--so ist es noch schlimmer. Das Mittel, welches Ludwig Tieck ergreift, um unserer Zeit seine gr�ndliche Verachtung zu erkennen zu geben, ist ein dilettantisches Experiment, welches, auf Sand gebaut, einen Nutzen f�r Kunst und Literatur nie und nirgends bringen kann. Wird uns "Antigone" bessere Liebhaberinnen, wird uns "Medea" bessere tragische M�tter bringen? Bed�rfen wir in einer Zeit, wo es der Schauspielkunst gerade an der Wahrheit der Natur und den unmittelbaren Affekteingebungen gebricht, jambenkundige Verssprecher und Verssprecherinnen? Bed�rfen wir zur Belebung des Sinnes f�r h�heres Schauspiel solcher Hilfsmittel, die, �berwiegend von der Musik unterst�tzt, durchaus ein f�r das rezitierte Drama nur zweideutiges Ergebnis erzielen k�nnen? Ist die Weltanschauung der antiken Trag�die eine erhebende f�r das Christentum, eine belehrende f�r den modernen Dichter, der ein ganz anderes Fatum zu schildern hat, als das blinde, hoffnungslose, starre antike? Werden Dichter, Schauspieler und Publikum sich durch solche aus der Luft gegriffene Mittel bessern, vervollkommnen, veredeln? Ich h�re, ein derlei praktischer Nutzen w�rde auch mit den Zitierungen jener klassischen Gespenster gar nicht bezweckt. Nun denn, so sei es die Sache an sich, so sei es das reine Experiment des Literarhistorikers, der befriedigte Gusto des artistischen Gourmands. Dann mu� man herzlich die T�uschung bemitleiden, in welcher sich jeder befindet, der diese von Lampen erhellte, im Zimmerraum eingeschlossene und von moderner Musik unterst�tzte Trag�die f�r die griechische der alten Welt halten kann. Deckt das Dach einer Reitbahn ab, hebt die Parkett- und Parterrepl�tze f�r den tanzenden Chor auf, gebt etwas, das ungef�hr aussieht, wie die Ruinen alter Theater in Rom und Sizilien, und wir wollen unsere Gymnasiasten klassen- und c�tusweise in eure antiquarischen Spielereien f�hren! Das, was uns da als des Sophokles "Antigone" und als des Euripides "Medea" gegeben wird, ist aber auch nicht die Sache an sich, ist nicht eure unschuldige Gelehrsamkeit, nicht eure harmlose Freude am Gewesenen. Nein, einen Wechselbalg schiebt ihr uns unter mit ganz offen polemischer Tendenz. Ihr l�gt dem Publikum ein Kunstgenre vor, das nie existiert hat, als in eurer Eitelkeit, eurem Hasse gegen die Gegenwart, die das Ungl�ck hat, j�nger zu sein als ihr! Um von den "G�tzen des Tages" abwendig zu machen, erfindet ihr falsche G�tter, G�tter, die nie existiert haben, Heroen bei Lampenlicht, �lg�tzen, �dipe mit Souffleur- kastenbegeisterung, Kreons, die auf Abg�nge spielen, Ch�re, die sich auf den Kontrapunkt verstehen! L�ge ist euer Beginnen, Zwitterwesen, luftige Seifenblase, aus Tonpfeifen erzeugt! Sch�mt euch, so eure Zeit zu betr�gen und die Kunst zu hintergehen. Der Grundzug der ganzen literarischen Laufbahn Tiecks ist die Frivolit�t. Frivol nenn' ich alles, was Maschine ist und sich f�r Organismus ausgibt, alles, was Luft ist und Erde sein will, alles, was Willk�r ist und den Schein der Notwendigkeit annimmt. Nie ist Tieck �ber das belletristische Prinzip hinausgekommen, nie durchgedrungen zur sittlichen Idee aller Kunst. Nie war ihm etwas anderes heilig als die Form; Inhalt war ihm l�stig, Ernst dr�ckend, das Erhabene nur willkommen, wenn es m�glicher- weise in den Scherz umschlagen konnte. Wer lie�e ihn nicht in dieser seiner Art gew�hren? Er sei, er bleibe ironisch, aber die Ironie hat ihre Grenzen. Die Ironie h�rt auf, wo die Tendenz beginnt. Wir meinen unter Tendenz nicht irgendeine Pedanterie der Wissenschaft oder eine Tyrannei der Kunst, wir meinen jene Tendenz vom Willen zur Tat, vom Mittel zum Zweck, vom Anfang zum Ende. Sei ironisch im Sommernachtstraum deiner H�uslichkeit, deiner Novellen, sei ironisch unter den Puck- und Trollgeistern, die dich im gr�nen Waldrevier deiner Talente bewundern und bedienen--aber la� vor den heiligen R�umen des Ernstes deine Schelmenkappe zur�ck: Geschichte, Moral, Volksbildung, Kritik und die B�hne, was sie jetzt ist, die B�hne als Tr�ger und Organ h�herer Sittlichkeit: das sind Begriffe, in welcher die Ironie wenigstens nicht als Regulator auftreten darf. Blickt man auf Tiecks literarische Laufbahn zur�ck, so mu� sich unwillk�rlich die Stirne runzeln. Was sieht man? Einen regen, berufenen, reichausgestatteten Geist, der von seinen Gaben keinen Gebrauch zu machen wei�, wenigstens keinen, der �ber einige heitere und witzige Schriften hinausging. Das Theater schien sein n�chster Beruf. Er w�re gern Schauspieler geworden und w�rde in dieser Laufbahn, von der ihm Schr�der abriet, vielleicht Gro�es geleistet haben. Er persiflierte in seinen unauff�hrbaren Kom�dien Iffland, ohne auch nur die Spur eines Ersatzes f�r ihn geben zu k�nnen. Er und seine Genossen, die Schlegel, machten Richtungen l�cherlich, von denen sie sp�ter eingestehen mu�ten, da� sie noch lange nicht so verderblich waren, wie die ohnm�chtigen romantischen Produkte, �ber welche Tieck in seinen sp�tern dramaturgischen Bl�ttern berichten mu�te. Aus Verzweiflung, da� "Ion", "Alarcos", "Oktavian" usw. f�r die persiflierte Richtung keinen Ersatz boten, warf man sich auf Calderon, Shakespeare, Goethe, die man wiederum so �berpries, da� sich zwischen Altem und Neuem f�rmlich eine un�berschreitbare Kluft �ffnete und der Begriff des Klassischen ins Ungeheuerliche, schier Anbetungsw�rdige erstarrte. Tieck, der das zu allen Perioden seines Lebens Neue nur immer tadeln, das Alte aber �berschwenglich nur loben konnte, Tieck hat bei unleugbar reichen Mitteln, bei unleugbarer B�hnenkenntnis, nicht ein einziges B�hnenst�ck schreiben k�nnen. Nicht ein Trauerspiel, nicht ein Lustspiel, vom Schauspiel zu schweigen, das diese romantische Koterie nicht auf die unbesonnenste und noch jetzt, f�r jeden Produzierenden gef�hrlichste Weise in Verruf gebracht hat. Bei so viel Witz, bei so viel dramatischer Routine nicht ein Lustspiel! Freilich mu� das Bewu�tsein solcher Ohnmacht an dem ehrgeizigen Manne nagen und ihn gegen seine Zeit so mi�stimmen, da� er sich lieber in die antike B�hne wirft, als frei und t�chtig der Gegenwart Rede zu stehen.... Madame Birch-Pfeiffer und die drei Musketiere (1846) Herr von K�stner scheint sich als General-Intendant zu halten. Eine Einnahme von 220 000 Talern soll lebhafter f�r ihn gesprochen haben, als alle Verteidigungen der Presse, als s�mtliche Paragraphen seines mit Unrecht angefeindeten "Theater Reglements". Ob diese Einnahme rein als eine Folge der guten Verwaltung oder nicht vielmehr �berwiegend ein notwendiges Ergebnis der gesteigerten Theaterlust und des durch die Eisenbahnen vermittelten Fremdenzuflusses ist, steht dahin. Jedenfalls ist es gef�hrlich, bei Kunstinstituten, die doch die Berliner Hoftheater sein sollen, einen zu gro�en Nachdruck auf Zahlen zu legen. Die Leidenschaft f�r "�bersch�sse" ist eine der gef�hrlichsten Intendanten-Krankheiten. Sie kann sich in ein hitziges Fieber verwandeln, bei welchem sich alle Begriffe von Geschmack und Kunstsinn verwirren. Ich sagte, die neuen Berliner Theatergesetze w�ren mit Unrecht angefeindet worden. Sie lesen sich streng, waren aber den eingerissenen alten und den zu verh�tenden neuen Mi�br�uchen gegen�ber eine Notwendigkeit. Bei ihrer Abfassung h�tte konstitutionell verfahren werden sollen, d.h. die Mitglieder der K�niglichen B�hne h�tten in die Gesetzgebungs-Kommission eine Anzahl Repr�sentanten m�ssen w�hlen d�rfen. Aller Zeitungsl�rm und Kulissen�rger w�re durch dies konstitutionelle Verfahren vermieden worden. Die Gesetze jedoch, die nun da sind, flossen aus einem Bewu�tsein, das offenbar nur das Gute wollte und denselben Willen bei jedem treuflei�igen K�nstler voraussetzte. Dagegen sich auflehnen und einen L�rm schlagen, als wenn dem redlichen K�nstlerstreben das Palladium der Freiheit entwendet w�re, verr�t geringe �berlegung. Die Theatergesetze des Herrn von K�stner sind nicht ohne Fehler, aber in den Hauptgrunds�tzen nur zu billigen. Auch Verbesserungen des Personals scheinen wenigstens im Schauspiel beabsichtigt zu werden. Dem Fr�ulein von Hagn soll die Last, das ganze Repertoire auf ihrem sch�nen griechischen Nacken zu tragen, endlich erleichtert werden. Sie f�hlt sich gewi� sehr gl�cklich, einen Teil ihrer Rollen an andere abzugeben und, wenn sie verreist (was sie w�hrend drei der besten Theatermonate darf), ihre Partien in andern H�nden zur�ckzulassen als in denen ihrer Schwester Auguste. Fr�ulein Viereck ist vom Wiener Burgtheater, das einen wahren Blumenflor der besten weiblichen B�hnenkr�fte besitzt, nach Berlin �bergegangen, eine hohe, plastisch edle Erscheinung, von etwas herbem Ton und noch nicht taktfest in empfindungsvollen Modulationen des Vortrags, jedenfalls mehr die Rollen repr�sentierend, als sie schaffend; doch wird das Talent daf�r sich schon mit den Rollen entwickeln. Was Fr�ulein Viereck nicht besitzt, diesen unmittelbaren poetischen Ausbruch einer "freud- und leidvoll" bewegten weiblichen Natur, das wird Fr�ulein Wilhelmi aus Hamburg bringen, ein Talent, das an der Elbe hochger�hmt wird und, wie man vernimmt, gleichfalls von der gro�m�tigen Entsagung des Fr�uleins von Hagn Vorteile ziehen wird. So bildete sich ja in Berlin ein Verein von Liebreiz und Talent, dessen Erwerbung Herrn von K�stner alle Ehre macht. Clara Stich f�r die Naivit�t, Charlotte von Hagn f�r die keck gestaltende, geniale weibliche Charakterrolle, Fr�ulein Viereck f�r die Salondamen, Fr�ulein Wilhelmi f�r die schwungvollen jugendlichen Heldinnen der Trag�die, Frau von Lavallade f�r duldende und zur�ckgesetzte Gem�ter, Madame Crelinger f�r die Medeen und Dr. Klein'schen Zenobien, Madame Birch-Pf---- Halt! Wir kommen aus der Sph�re des Personals in die des Repertoires; denn es scheint, als h�tte Herr von K�stner die fruchtbare B�hnendichterin mehr aus R�cksicht auf ihre Feder, als auf ihre Darstellungsgaben engagiert. Sie ist ihm als Schriftstellerin ben�tigter, denn als Mimin. Er w�nschte ihre St�cke gleich aus erster Hand zu haben und benutzte eine durch den Abgang der Madame Wolff entstandene, allerdings gewaltige L�cke, um diese mit Madame Birch-Pfeiffer auszuf�llen. Ich habe die Verfasserin des "Hinko" in meinem Leben zweimal spielen sehen. Vor dreizehn Jahren in M�nchen die Maria Stuart und vor zwei Jahren in Frankfurt am Main Maria Theresia. Beide Male hinterlie� sie mir einen sozusagen gro�artigen Eindruck. Es war etwas Volles, Gerundetes in ihrer Leistung. Das klangvolle Organ sprach zwar etwas den bayrischen Dialekt, was f�r Maria Stuart eine eigent�mliche Nuance war; aber auf Maria Theresia pa�te ohne Zweifel die oberdeutsche Mundart; denn Maria Theresia hat schwerlich je so gesprochen, wie ein Mitglied der K�niglichen B�hne in Berlin sprechen sollte. Madame Birch-Pfeiffer stattete die Kaiserin mit vielem Gem�t und mancher derben Gestikulation aus. Kenner wollten finden, da� sie �bertreibe, andere, da� sie monoton w�re. Genug, �ber ihre Verdienste als K�nstlerin gestehe ich, kein Urteil zu haben. Auch gegen ihre St�cke wage ich, selbst Dramatiker, nichts zu sagen. Sie ist weit mehr als unsere deutsche Madame Ancelot. In Paris w�rde sie wie der Kolo� von Rhodos das ganze Repertoire vom Od�on jenseits der Seine bis zu den D�lassements comiques am Boulevard du Temple beherrschen. Sie w�rde klassisch sein f�r das Th��tre fran�ais, romantisch f�r die Porte St. Martin. Sie w�rde sich bald von ihrer eigenen Phantasie, bald von deutschen und englischen Romanen (nicht von franz�sischen, denn dem franz�sischen Romandichter mu� der Dramatiker sein Sujet abkaufen!) befruchten lassen. Die B�hnenkenntnis, die Kulissen-Phantasie, die Lampen-Rhetorik dieser Schriftstellerin ist selbst �ber eine k�hle Anerkennung erhaben. Ihr Talent lobt sich selbst. Dennoch ist es ein Ungl�ck, da� Herr von K�stner in seiner Bewunderung von Madame Birch-Pfeiffer zu enthusiastisch ist. Er sollte sich darin m��igen. Er sollte einsehen, da� ein St�ck mit folgendem Titel: (Anna von �sterreich. Schauspiel in vier Abteilungen und sechs Akten, nach dem Roman: Die drei Musketiere von Alex. Dumas, frei bearbeitet von Charl. Birch-Pfeiffer. Erste Abteilung. Ein Taschentuch. Zweite Abteilung. Der Musketier. Dritte Abteilung. Der Kardinal Vierte Abteilung. Zw�lf Tage sp�ter.) mit oder ohne diese Titel-Aush�ngeschilder nicht auf die K�nigliche B�hne geh�rt. Herr von K�stner sollte sich h�ten, seinen Gegnern mit solchen Fehlgriffen die Waffen in die Hand zu geben. Aber in der Tat! Diese drei Musketiere haben sich vom Alexanderplatz auf den Gensdarmenmarkt verirrt und werden, statt �ber die K�nigsst�dter �ber die K�nigliche B�hne schreiten. Die Rollen sind ausgeteilt. Hendrichs, D�ring, die Hagn, die Crelinger, die besten Truppen r�cken f�r Alexandre Dumas und seine in die Uniform der Madame Birch-Pfeiffer gesteckten drei Musketiere ins Feld. Herr von K�stner glaubt die hohe Aufgabe, j�hrlich sich mit 220 000 Talern zu "rechtfertigen", nur durch ein solches Repertoire l�sen zu k�nnen. Wenn auch Graf Br�hl sich im Grabe umdrehen sollte, wenn auch Graf Redern, auf dem Trottoir Unter den Linden einen Augenblick still stehend und den neuesten Theaterzettel an einer Stra�enecke lesend, l�cheln, h�chst ironisch l�cheln sollte, Herr von K�stner f�hrt doch die drei Musketiere der Madame Birch-Pfeiffer auf! Fr�her war das Verh�ltnis so: Wenn Madame Birch-Pfeiffer ein St�ck gezeitigt hatte, so kam es an die General-Intendantur. Graf Redern sah, ob diese Arbeit von der fruchtbaren Schriftstellerin selbst herr�hrte oder ob sie sich, wie K�hne sagte, wieder einen Roman "eingeschlachtet" hatte. Die Originalversuche, z.B. "Rubens in Madrid", "Die G�nstlinge" usw. wurden mit Courtoisie angenommen und gegeben; die "W�rste" aber gingen hin�ber in die K�nigsstadt. Dort wohnten die Hinkos, die Pfefferr�sels, die Scheibentonis und wie die edlen Gestalten alle hei�en, die Madame Birch-Pfeiffer nicht selbst geschaffen hat, sondern aus den Romanen Storchs, D�rings, Spindlers, Bulwers usw. mit der daranh�ngenden Handlung entlehnte. Auch die drei Musketiere w�rde Graf Redern (nicht als Kavalier, sondern als Kunstrichter!) in die K�nigsstadt geschickt haben. Herr von K�stner, der noch kein einziges Drama von Julius Mosen gegeben hat, befolgt ein anderes System. Er wirbt die drei Musketiere bei sich an, stattet sie mit Glanz aus und w�rde auch "Den ewigen Juden", wenn ihn Mad. Birch-Pfeiffer "bearbeitet" h�tte, ohne Zweifel f�r sich behalten haben. Ich meine nun, dieses System w�re sehr verwerflich und der allgemeinsten Entr�stung w�rdig. Ich meine, die Vorgesetzten des Herrn von K�stner m��ten ihm entschieden andeuten, da� es dem preu�ischen Staate mit den 220 000 Talern oder, anders ausgedr�ckt, mit dem �berschusse von einigen tausend Talern nicht so dringend w�re. Ich meine, da� sogar Mad. Birch-Pfeiffer so bescheiden h�tte sein und sagen k�nnen: "General-Intendant, Sie revoltieren die Presse! Geben Sie die St�cke, die schon zehn Jahr im Pulte der Regie liegen! Machen Sie mir keine Feinde!" Allein Macht und �bermut gehen Hand in Hand. Die Leute dort denken: Solange wir im Rohre sitzen, schneiden wir uns unsere Pfeifen ... Deshalb weise Herr von K�stner seinen �ber die Ma�en protegierten G�nstling in die Schranken, die ihm geb�hren! Vielleicht glaubt man mir's, vielleicht nicht, da� ich mit schwerem Herzen an die Abfassung dieser Zeilen gegangen bin. Ich achte jedes wahre Talent auf der Stufe seines Wertes. Ich habe noch nie gegen Mad. Birch-Pfeiffer geschrieben; ich g�nne ihr alle nur erdenklichen Erfolge ihrer resoluten Feder; ich will mich am wenigsten auf eine Analyse ihrer Original-Dramen einlassen, ich will nicht spotten und selbst f�r die ironischen Stellen dieses Protestes um Nachsicht bitten. Aber die herbste Mi�billigung treffe Herrn von K�stner, der monatelang keine Neuigkeiten auff�hrt, in den Berliner Zeitungen offiziell das Publikum von dieser oder jener maskierten Vorbereitung unterh�lt und dann pl�tzlich in aller Stille, zur g�nstigsten Theaterzeit, mit einer Birch-Pfeifferiade, die in die K�nigsstadt geh�rt, hervortritt! Werden die Berliner Zeitungen das in der Ordnung finden? Werden sie alle vor "den drei Musketieren" ins Gewehr treten? Ich f�r mein Teil, selbst wenn ich nie eine Zeile f�r die B�hne geschrieben h�tte, w�rde es unverantwortlich finden, da� die Berliner Hofb�hne diesen, aus schn�der Gewinnsucht oft in nicht vierundzwanzig Arbeitsstunden zusammengeschriebenen Fabrikenkram in ihr Repertoire aufnehmen darf. * * * * * IV. Aus dem literarischen Berlin Der Sonntagsverein (1833) Wer kennt nicht den Berliner Sonntagsverein, den Rival der Mittwochsgesellschaft? Wenigstens ist es noch nicht vergessen, da� der wirkliche Geheime Intendanzrat Saphir vor vier, f�nf Jahren in Berlin jenen ersten Verein gr�ndete und ihn witzig nicht die sondern den Sonntagsgesellschaft nannte, um jede Beziehung auf die Sontag in diesem Namen zu unterdr�cken und bei der Nachwelt der Vermutung zuvorzukommen, als sei Willibald Alexis, der Enthusiast, jenes Vereins Stifter gewesen. Saphir wu�te diese Gesellschaft bald zu bev�lkern. Die Zahl seiner Sch�ler und Verehrer war beinahe ebenso gro� als die seiner Feinde. Saphir zeigte, da� der Witz nichts gelernt zu haben brauchte, da� die Phantasie alle L�cken ausf�lle und der G�tterfunke auf keine Schulzeugnisse sehe. Das war das Signal zu einer Autorensaat, die aus den seinen Gegnern ausgeschlagenen Z�hnen aufwuchs und sich mit Begeisterung unter seine Fahne stellte. Die Seidenwarenh�ndler in der Breiten Stra�e tobten, da� ihre Ladendiener, statt die Waren richtig zu messen, Versf��e ma�en, um Scharaden, Logogriphe und R�tsel zu machen, die sie am folgenden Tage mit klopfendem Herzen in Saphirs Bl�ttern abgedruckt sahen. Die Kopisten auf dem Stadtgerichte sollten Ehescheidungsdekrete, Verf�hrungsgeschichten und Schl�gereien ins Reine schreiben und �bten sich in der literarischen Polemik, mit der sie dem Satir in der Behrenstra�e immer willkommen waren. Die Studiosen, die bei Savigny die Pandekten h�rten, machten humoristische Ausfl�ge und beschwerten das Felleisen der "Schnellpost" und des "Couriers", dieser weltbekannten Institute ihres gro�en Generalpostmeisters. Gar nicht zu erw�hnen, da� f�r die Juden ein ewiges Laubh�ttenfest der Poesie angebrochen war, da� sie sich ihre satirischen Adern �ffnen lie�en und unter dem Schutze ihres gro�en Messias alles taten, wozu er selbst sie die Handgriffe lehrte. Damals bl�hte die Sonntagsgesellschaft und trug herrliche Fr�chte, von denen sie zum Besten der �berschwemmten vor Jahren einige Spenden bekannt machte. Sp�ter kam die Gesellschaft unter den Vorsitz meines liebensw�rdigen Freundes Oettinger. Dann kam die Reihe an die Letzten, um die Ersten zu werden. Diese sind auch noch heute der Stamm, sie haben sich von Saphir emanzipiert und h�ren nicht gern, da� man sie an die Schule ihrer Talente erinnert. Die beiden vorliegenden B�nde ["Rosetten und Arabesken. Novellen, poetische Gem�lde und satirische Skizzen der j�ngern Serapionsbr�der. "] f�hren den Nebentitel "Spenden aus dem Archive des Sonntagsvereins" und geben den Ma�stab f�r das, was dieser war, ist und sein k�nnte. Zwanzig K�pfe haben hier ihre Phantasien, ihre Ideen, ihre Einf�lle und Ausf�lle mitgeteilt. Jede Kunstform hat ihren Repr�sentanten gefunden, und man ist zweifelhaft, nach welchem Gesichtspunkte man die gro�e Zahl sondern soll. Darf ich nach den Vornamen gehen? Dann k�men z.B. Ludwig Schneider und Ludwig Liber zusammen, die freilich auch zusammen geh�ren, weil sie k�rzlich mit zwei gro�en goldnen Verdienstmedaillen belohnt worden sind, Ludwig Schneider (auch Both genannt), der das Glaubens- bekenntnis eines Landwehrmanns geschrieben hat, und Lieber Ludwig, wollt' ich sagen, Ludwig Liber, von dem "Herzensergie�ungen �ber die richtige Mitte" ausgegangen sind. Doch, wie gesagt, das ist alles zu weitl�ufig und ich begn�ge mich nur anzuzeigen, da� diese beiden B�ndchen eine Musterkarte von Trivialit�ten, geistlosen Gedankensp�nen, kurz von literarischen Berolinismen sind, einzelne Sachen von Heinrich Smidt, W. Fischer und selbst Schneider ausgenommen. Und selbst der Mittlere sagt in einem Neujahrsliede zum Jahre 1832: Es schwand ein Jahr, und welch ein Jahr vor�ber! Vergebens sucht Ihr es im Buch der Zeit! Wie billig, fragt man den Verfasser, wo es denn geblieben sei? Solcher Ungereimtheiten findet man zu Dutzenden. Die "satirischen Kleinigkeiten" von Wilhelm John erregen allerdings Gel�chter, weil sie bewunderungs- w�rdig fade sind. Man h�re: "Die Erfahrung der letzten Zeit hat gelehrt, da� Enthusiasten h�ufig Esel, aber Esel niemals Enthusiasten sind. Hieraus k�nnte man schlie�en, der Enthusiasmus sei eine solche Eselei, da� sich nur Enthusiasten, aber keine Esel dazu verstehen k�nnen." Wie dumm! Ferner: "Die gr�bsten Ausf�lle werden gew�hnlich am meisten gegen diejenigen gerichtet, welche die feinsten Einf�lle haben." Ich h�tte Lust, das erste Glied dieses Satzes wahr zu machen, wenn unser John Bull es nur mit dem zweiten k�nnte. Ferner: "Der Witz des P�bels gleicht mitunter dem rohen Metall, das nur der Politur bedarf, um zu gl�nzen." Herr John, Sie werden doch nicht auf sich selbst sticheln? "Die Sucht, originell zu sein, hat das Originelle an sich, da� sie Narren bildet." Ach! Es ist genug. Die Metamorphose von Herrn Smidt ist eine geistvolle Phantasie, die dem Verfasser Ehre macht. Doch kommt von den Novellen keine �ber dies Mittelma� hinaus. Cypressen f�r Charlotte Stieglitz (1835) Heraus aus deinem Schneckenhause, du deutscher Gallert, Volk genannt! Heraus aus deinen ohnm�chtigen Zweideutigkeiten, du lederh�utiger Eunuch! Was wollt Ihr mit Moral, mit dem Stolz auf Eure gesunde, rotb�ckige, l�chelnde Vernunft? Wie weit kommt Ihr mit Eurem Achselzucken, Eurer Pr�derie und Eurer sittlichen Tr�gheit, die sich gern auf die gro�en Fragen der Weltgeschichte streckt und sich damit br�stet, die kleinste Pfeife der gro�en Orgel zu sein? Eure Grunds�tze sind morsch geworden, da Ihr sie in den Boden der Geschichte nicht mit brennenden Spitzen eingepf�hlt habt. Zitternd m��t Ihr f�hlen, da� Ihr bei dem ewigen Sichhingeben, gleichviel ob an die Ordnung der Dinge, wie sie ist, oder wie sie ver�ndert werden soll, recht klein, zusammengeschrumpft, unbedeutend und nichts als eine Zahl zu andern Tausenden geworden seid! Ihr erschreckt, da� es noch Menschen gibt, welche den innern Proze� der Seele durchmachen; die mit blutigem Schwei�e daran arbeiten, in den Geheimnissen des Geistes ein Geb�ude aufzubauen, und sich lieber unter seinen Tr�mmern begraben, als da� sie die Welt so hinn�hmen, wie sie auf der Stra�e, in der Schule, in der Kirche, in der Konversation Euch geboten wird! Seit dem Tode des jungen Jerusalem und dem Morde Sands ist in Deutschland nichts Ergreifenderes geschehen, als der eigenh�ndige Tod der Gattin des Dichters Heinrich Stieglitz. Wer das Genie Goethes bes��e und es schon aushalten k�nnte, da� man von Nachahmung sprechen w�rde, k�nnte hier ein unsterbliches Seitenst�ck zum "Werther" geben. Denn es sind ganz moderne Kulturzust�nde, welche sich hier durchkreuzen, und doch ist der Grabesh�gel, der aus ihnen hervorragt, wieder so sehr Original, da� die Phantasie des Dichters nicht lebendiger befruchtet werden kann. Ein Geistlicher hat an dem winterlichen Grabe dieses Weibes �ber ihr Beginnen den Fluch ausgesprochen. Es war seines Amtes. Aber wir sind nicht alle ordiniert und auf das Symbol geschworen, und doch h�rt man rings von ungeheurer Verwirrung summen, von Nervenschw�che, von falscher Lekt�re und alles schl�gt sich stolz an seine Brust, die etwas aushalten kann, und kehrt pfiffig die Eingeweide seines Verstandes heraus, um zu zeigen, wie gesund, ohne Verknotung, ohne allen Mangel sie sind: Und sie zeigen lachend die Matrikel ihres Lebens, das sie in Gotha beim Geheimrat Arnoldi versichert haben, und furchtsame, aber k�hne Philosophen behaupten den alten elenden Satz, da� Selbstmord die unzul�nglichste Feigheit verrate. Wenige nur ahnen es, da� hier eine ungeheure Kulturtrag�die aufgef�hrt ist, und die Heldin des St�ckes bis auf den letzten Moment f�r zurechnungsf�hig erkl�rt werden mu� vor dem Tribunal einer Meinung, die die Wehen unsrer Zeit versteht. Es gilt hier �berhaupt nicht das Urteil, sondern die Erkl�rung. Das erste Motiv des tragischen Aktes ist auch hier die Liebe; denn es war ein Opfer, das das hehre Weib ihrem Manne brachte. Aber diese Liebe war eine volle, ges�ttigte; eine Liebe, die sich an gro�en Tatsachen erw�rmt, und welche allein imstande ist, M�nner zu begl�cken. Es war nicht eine allgemeine, durch das Band der Gewohnheit zusammengehaltene Neigung, die bei den meisten Frauen sich zuletzt auf die Tatsache der Kinder wirft, und von diesen aus den Mann mit einem matten aber treuen Feuer umf�ngt. Es war noch weniger jene egoistische Liebe der Sch�nheit, die nur um ihrer selbst willen sich hingibt, wo sie Anbetung findet. Sondern das h�chste Ideal der Liebe lag hier vor; eine objektive, fundierte, angelegte Liebe; eine Liebe, die sich auf Tatsachen st�tzt, welche f�r beide Teile des Bandes gemeinschaftlich waren, auf eine Weltansicht, auf wechselseitige Zul�nglichkeit und auf das Lebensprinzip des Wachstums und des Erkenntnisses. Diese Liebe war erf�llt, sie hatte Staffage. Beide Teile standen sich gleich und Eins durfte f�r das Andre nicht verantwort- lich sein. Ideen vermittelten hier Ku� und Umarmung. Sinnlicher Platonismus wartete hier; und ich glaube, die jungen M�nner des Jahrhunderts werden nicht eher gl�cklich sein, bis nicht die Liebe �berall wieder diesen idealen Charakter angenommen hat, den sie sogar vor vierzig Jahren schon hatte. Charlotte hatte vor dem Todessto�e in Rahels Briefen gelesen. Rahel w�rde ihren Gemahl niemals haben so ungl�cklich machen k�nnen, denn sie wollte keine Resultate, wie Charlotte; sie ergab sich nur dialektischen Umtrieben, dem Genu�, die Dinge von einem ihr nicht angebornen Standpunkt anzusehen: Rahel zog, wie Lessing, das Suchen der Wahrheit der Wahrheit selbst vor. Charlotte kannte diese Resignation des Gedankens nicht: sie war kein Z�gling der Frivolit�t, wie Rahel, zu deren F��en einst die Mirabeaus und Catilinas des preu�ischen Staates und der Periode 1806 gesessen hatten. Rahel war Negation, Brillantfeuer, Skeptizismus und immer Geist. Sie nahm keinen Gedanken auf, wie er ihr gegeben wurde; sondern w�hlte sich in ihn hinein und zerbr�ckelte ihn in eine Menge von Gedankensp�nen, welche immer die Form des Geistreichen und ein Drittel von der Physiognomie der Wahrheit hatten. Rahel unterhandelte mit dem Gedanken: sie war kein Weib der Tat: wie kann sie Selbstmord lehren! Charlotte war Position, dichterisch, gl�ubig und immer Seele. Sie beugte sich vor den Riesengedanken der Zeit und der Tatsache, und ihr Geist fing erst da an, wo es galt, sie zu ordnen. Charlotte war System: und weil sie nicht alles kombinieren konnte, was die Zeit brachte (k�nnen wir's?), so blieb ihr nichts �brig, als ihr gro�er, starker, g�ttlicher Wille. Charlotte konnte sterben auch ohne die Rahel. Wie aber und wodurch alles bis auf diese H�he kam, wird nur durch Heinrich Stieglitz einzusehen sein; denn wir sagten schon, da� hier nichts ohne die Liebe war. Heinrich Stieglitz, wie man ihn sieht im braunen Rock und Qu�kerhut, luftdurchschneidend, in stolzer und berechneter Haltung, ging aus den Bildungselementen hervor, welche vorzugsweise die Berliner seit zehn Jahren charakterisiert haben. Er liebte Hegel, Goethe, die Griechen, die Philologie, die preu�ische Geschichte und die deutsche Freiheit, russisches Naturleben, polnische Begeisterung, alles ineinander und nebenbei mu�te er auf der K�nigl. Bibliothek in Berlin mit Bedienten und Dienstm�dchen verkehren, welche f�r ihre Herrschaft die entlehnten B�cher holten, �ber welche er das Register f�hrte. Himmel, Erde und H�lle lagen hier ziemlich nahe. Wo Einheit? Wo Ziel und Ende? Stieglitz dichtete; man wollte nicht zugeben, da� er originell war. Es ist alles so �d und trist in Deutschland: die Dinge sind alle Geschmackssache geworden, und da, wo in der Restauration Geist, Leben oder meinetwegen auch nur das Aufsehen war und die Tonangabe, fand Stieglitz schneidenden Widerspruch. So geriet er, der mit Hafizen schwelgte und auf den asiatischen Gebirgsr�cken sattelte, in Gefechte mit Saphir! Seine Ideale wurden profaniert. Menzel wies ihn kalt zur�ck, weil er keine Originalit�t antraf. Die Julirevolution brach an und ergriff auch seine Muse, wie seine Meinung. Da erschienen die "Lieder eines Deutschen", vom Tiersparti verg�ttert, und doch vom Repr�sentanten des Tiersparti, von Menzel, wiederum nicht anerkannt. Wo ein Ausweg? Stieglitz liebte die Goethesche Poesie und die Freiheit und konnte keine Br�cke finden. Er f�hlte sich unheimlich in dem Systeme des Staates, der ihn besoldete; denn die Fragen der Welt fanden Eingang in sein empf�ngliches Herz. Aber auch hier wieder soll alles Meinung, Wahrheit und die Prosa der Partei sein. Ist die Freiheit ohne Sch�nheit? Kann man nicht mehr Dichter sein und Stolz der Nation, wie es fr�her war, wo der alte Grenadier sang? Ach, der ungl�ckliche Dichter ging noch weiter in seiner Verzweiflung. Er sa� im Schimmer der n�chtlichen Lampe, Ruhe auf der Stra�e, das wei�e Papier, das Leichenhemde der Unsterblichkeit, durstig nach Worten der Unsterblichkeit vor ihm. Im Nebenzimmer schlug Charlotte zuweilen auf das Klavier an. Der Dichter weinte. Denn war ihm eine andere Leiter zum Himmel im Augenblicke sichtbar, als die, welche sich aus einem solchen zitternden Tone aufbaute? Wo Wahrheit? Wo Licht, Leben, Freiheit? Wo alles, was man haben mu�, um ein gro�er Dichter zu sein? Wo der Ha� eines Dante, rechter, tiefer, ghibellinischer Ha�; nicht jener Ha�, den wir ungl�ckliche Kinder unsrer Zeit mit einer seltsamen Eiskruste unsrer von Natur weichen Herzen affektieren? Wo die Blindheit eines Milton? Wo der Bette1stab Homers? Wo die Situation eines Byron, geschaffen aus eignem Frevel und der rikoschettierenden Rache des Himmels? Wo Wahrheit und ein gro�es, stachelndes, ungl�ckliches Leben? Ach, nichts als L�ge, als heitrer Sonnenschein, reichliches Auskommen und der Bekanntschaft l�stiger Besuch. Der arme Heinrich liegt krank an der Miselsucht, wo ist des Meyers Tochter, die sich f�r ihn opfre? Ich meine es treu mit diesen Worten und f�hle, welche tragische Wahrheit in ihm liegt. Sie dr�ckt den Schmerz unsrer poetischen Jugend aus, von der die altkluge �ffentliche Meinung verlangt, da� sie sich zusammenscharen solle und sich aneinanderreihe, um das zu besingen, was die Weltgeschichte dichtet. So f�hl' ich es wenigstens: vielleicht dachte Stieglitz anders. Vielleicht dachte er an seine Verse und abstrahierte vom Momente; vielleicht dachte er an die Stellung in der Literaturgeschichte und an die Sonderbarkeit, da� gerade Homer, Virgil, Ariost, Petrarca zu ihrer Zeit so viel gemacht haben; vielleicht dachte er nur an die Pers�nlichkeit, wie sie zu allen Zeiten unabh�ngig von den Zeiten, dichterisch sich ausgesprochen hat: er fand, da� man eine gro�artige Staffage seines Schicksals haben m�sse, um originell zu sein in der Lyrik, erhaben im Drama, interessant im Infanteristenausdruck, in der oratio pedestris; und lechzte nach einem Ereignis, das sein Inneres revolutionieren sollte. T�richt, wenn man Stieglitz den Vorwurf macht, da� er seine Gattin in diesen Strudel hineinri�. Sie mu�te wissen, was seine Stirn in Runzeln zog, und mu�te teilen, was an seinem Wesen nagte. Sie stand auf der H�he, sein Ungl�ck zu begreifen. Sie f�hlte wohl, da� dem Manne eine Staffage seiner Begeisterung fehlte. Das gew�hnliche Geschw�tz der Tanten, welche ein Interdikt legen auf Ann�herungen zwischen ihren Nichten und sogenannten Sch�ngeistern, Kraftgenies und Demagogen, die Philisterei gro�er und patriotischer St�dte, welche ihren T�chtern nur angestellte und offizielle J�nglinge zu lieben erlaubt und jedem Manne, der B�cher macht, den Rat gibt, unbeweibt zu bleiben, der lieben Kinder, des Brotes und auch der Poesie selbst wegen, welche ja besser gedeihe ohne b�rgerliche R�cksichten und Witwenkassen; diese ganze Misere kam nicht in Charlottens Seele. Es ist ganz falsch, ihr lieben geschw�tzigen Robberspielerinnen und Ehefrauen aus der gem��igten Zone, wenn ihr glaubt, die n�rrische Doktorin Stieglitz, das beklagenswerte Wesen, habe sich deshalb beendigt, um ihrem Manne Ruhe zu schaffen, aus dem Bereich der vierw�chentlichen W�sche zu bringen und ihm die Sorgen zu ersparen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Daran dachte sie nicht, die stolze Seele. Nicht Ruhe, sondern Verzweiflung g�nnte sie ihrem Manne. Sie gab sich als Opfer hin, nicht um ihn zu heilen, sondern in recht tiefe Krankheit zu werfen. Sie wollte seiner Melancholie einen grellen, blutroten, und ach! nur zu gewissen Grund geben. Sie wollte ihn von der L�ge befreien und gab sich hin dem Tode, jung, liebreizend, mitten im Winter gleichg�ltig gegen die Hoffnung des Fr�hlings, resigniert auf den gewi� noch langen Faden der Parze, bereit, das f�rchterliche Geheimnis des Todes zu erproben, lange, lange vor dem M�ssen, resigniert auf jede Freude und Anmut, welche in der Zukunft noch f�r sie liegen konnte. Die Tat ist geschehen. Das Grab ist still. Schnee bedeckt den H�gel. Die Neugier ist befriedigt. Was soll man schlie�en? Ihr nichts: wir alle nichts. Was soll Heinrich Stieglitz? Armer �berlebender! Du bist ein ungl�cklicher Rest. Aber dein Ungl�ck, das nun da ist, ist ohne Energie. Dein Ungl�ck �berragt dich! Du bist ihm nicht gewachsen. Was wirst du tun? Die ungeheure Tat besingen? Gewi�, ein Totenopfer steht dir an. Dante h�tte dieser Anregung nicht bedurft; Goethe gar nicht. Wil1st du die Tatsache �berwinden, sie aufnehmen in dein Blut und unterbringen in den Zusammenhang deiner Gedanken, so mu�t du so gro� sein, wie dennoch Dante und Goethe. Wirst du �ffentlich von dem Opfer zehren, das im Geheimen dir die Liebe gebracht hat? Ich beschw�re dich, bring' an das Risiko deiner Verse nicht den gewaltigen Schmerz heran, den du empfindest! In dem Ganzen liegt zu viel Dem�tigung, da� nicht das Ende eine Kom�die sein k�nnte. Wahrlich, Poesie ist nun hier nichts mehr; das Motiv und die Staffage ist gr��er als das, was sich darauf bauen l��t. Es ist nicht mehr die Welt, in der hier etwas Seltnes vorgegangen ist, sondern ein enger Raum von vier W�nden, eine B�hne von drei W�nden; denn es ist eine Trag�die. Aber noch ist die Trag�die nicht vol1st�ndig. Ein Gedicht rundet sie nicht ab. Diese Kritik geh�rt Bettinen (1843) (Nil divini a me alienum puto.) Wie man nach einem Mittagsmahle, wo man beizende Speisen zu sich genommen hat, die uns austrocknen und einen brennenden, kaum zu ertragenden Durst erzeugen, einen Trunk des reinsten, erquickendsten Quellwassers die verschmachtende Kehle hinuntersch�ttet und mit Wollust die benetzte Lunge zum Atmen ausdehnt, so erquickt, so erfrischt das neue Buch Bettinens. Im Kristallglase ihrer stilistischen Sch�nheiten, mit all den wunderlichen, eingeschliffenen Blumen ihrer gewohnten Darstellungsweise kredenzt die anmutige Zauberin uns diesmal nicht etwa berauschenden Schaumreiz, der uns die Welt im phantastischen Rosenlichte zeigen soll, nicht s�dliches Rebenblut, durchduftet von den Bl�ten des Orients oder gew�rzt von zersto�enen Perlen der M�rchenwelt, sondern diesmal nur reine, frische Quellflut, reines kristallhelles Na� vom Borne der Natur, aus der Zisterne der gesunden Vernunft. O welche Labung, dies herrliche, gedankenklare, gesinnungsfrische Buch! Nach so viel tausend gew�rzten Speisen, die uns die Philosophie dieser Tage aufgetischt hat, nach dieser t�glichen salzigen Heringskost unserer modernen Literatur, nach diesem ewigen Sauerkohl unserer philisterhaften Denk-, Schreib-, Lese- und Lebensmethode ein solches Buch! Ein solcher Trunk aus den Bergen, ein volles Glas, wo die Felsen-K�hle mit tausend Tropfen die innere Wand beschl�gt! All ihr modernen Rheinweinpoeten und knallenden Champagners�nger, das konntet ihr nicht geben, was Bettina gibt, Labung und K�hlung, Erquickung und St�rkung, Trost f�r das Vergangene und Mut f�r das Werdende! Das neue K�nigsbuch dieser merkw�rdigen Frau ist kein Buch in dem Sinne, da� es wie herbstliches Gebl�tter eine Weile raschele und unterm Winterschnee vergessen sein wird, sondern es ist ein Ereignis, eine Tat, die weit �ber den Begriff eines Buches hinausfliegt. "Dies Buch geh�rt dem K�nig", es geh�rt der Welt. Es geh�rt der Geschichte an, wie Dantes "Kom�die", Macchiavellis "F�rst", wie Kants "Kritik der reinen Vernunft". Es sagt Dinge, die noch niemand gesagt hat, die aber, weil sie von Millionen gef�hlt werden, gesagt werden mu�ten. Man wird diese Dinge bestreiten, man wird des Frauenmundes, der sie ausspricht, spotten und man bestreitet und spottet schon lustig in den Allgemeinen und gemeinen Zeitungen unserer Tage. Aber bei Erscheinungen dieser Art hei�t es, das starke Ende kommt nach. Mit des k�hnen Strau�' "Leben Jesu" ging es ebenso. Vor dem wahrhaft Bedeutenden erschrickt man erst, ehe man vor ihm niederf�llt. Wer noch nicht nach den beiden kleinen B�nden gegriffen hat, wer noch schwankt, ob man ein Buch interessant finden soll, das man nicht wie einen Roman in einem Zuge, sondern in den "bekannten sieben Z�gen", wie die Studenten sagen, trinken und allm�hlich in sich aufnehmen mu�, dem diene folgendes als Erl�uterung: Das merkw�rdige Buch tr�gt seinen persischen Titel wirklich mit vollem Recht. Es ist keine Affektation in diesem Titel. Dies Buch geh�rt wirklich dem K�nig und mu�te so hei�en, durfte nicht anders. Es ist ein Brief, ein offener Brief, an den K�nig geschrieben und geradezu an Friedrich Wilhelm IV. Es ist eine Adresse der Zeit, von einem Weibe, einer mutigen Prophetin verfa�t, und deshalb von Tausenden von M�nnerunterschriften bedeckt, weil Bettina hier nur das Organ einer allgemeinen Ansicht, die k�hne Vorrednerin ist, die Jeanne d' Arc, die nicht mit ihrem Arme, sondern mit ihrer Begeisterung, mit ihrem Glauben das Vaterland retten will. Traurig genug, da� nur ein Weib das sagen durfte, was jeden Mann w�rde hinter Schlo� und Riegel gebracht haben. In diesem wunderbaren Zusammentreffen von Umst�nden, in diesem Zufall, da� eine Frau, der man die "Wunderlichkeit" ihres Genies und ihrer gesellschaftlichen Stellung wegen nachsieht, aufsteht und eine Kritik unserer heutigen Politik, eine Kritik der Religion und der Gesellschaft ver�ffentlicht, wie sie vor ihr Tausende gedacht, aber nicht einer so resolut, so heroisch, so reformatorisch-gro�artig ausgesprochen hat, darin liegt etwas, was g�ttliche Vorsehung ist. Dem bedr�ngten Kampfe der Zeit ist ein Engel mit feurigem Schwerte zum Entsatz gekommen. Windet Euch, baut B�cher auf B�cher auf, sprecht Anathema �ber Anathema, die Macht einer Inspiration, die Macht einer Offenbarung, ausgesprochen in einem Weibe, das keine Professur, keine Ehre und irdische Anerkennung haben will, diese Glut einer �berzeugung, die sich wie ein feuriger Strom durch die Lande w�lzen wird, ist nicht zu d�mpfen, nicht auszul�schen. Den Handschuh f�r die Freiheit wirft hier die Poesie hin; die Poesie ist immer ein Ritter, gegen den alle Streiche in die Luft fahren. Bettina geh�rt zu denen, die ohne Falsch wie die Tauben, aber auch klug wie Schlangen sind. Sie redet zun�chst nicht zum K�nig von Preu�en. Sie malt zwar seine Politik, die Politik seiner Ratgeber, sie malt einen Minister nach dem Leben, aber, ihrer Poesie und dem "Anstand" gem��, kleidet sie ihre Polemik in das Gewand der Allegorie. Sie spricht scheinbar von anno 7, scheinbar von Frankfurt am Main, scheinbar von Napoleon und l��t die Frau Rat, Goethes Mutter, statt ihrer reden. Sentimentale und Tart�ffe-Gem�ter, die immer wollen, da� man die Sachen von den Personen scheidet und deren steter Jammer die "Indiskretionen" sind, werden es schreckhaft finden, wie man der in geweihter christlicher Erde auf dem Frankfurter Friedhof schlummernden Frau Rat die Verantwortung so himme1st�rmender Gedanken, wie Bettina ihr in den Mund legt, andichten kann. Wer aber zu Schleiermachers F��en gesessen, wei�, welche Rolle Sokrates in Platons Dialogen spielt. Xenophon, der auch vom Sokrates berichtet, mag den anregenden Lehrer nur die Dinge reden lassen, die er wirklich gesprochen hat, Plato aber machte aus Sokrates einen Begriff, eine poetische Individualit�t, wie sie der Dramatiker schafft. Sokrates spricht beim Plato, was Plato will. Und Sokrates wird daf�r im Jenseits nicht mit Plato z�rnen. Der Vater ist verantwortlich f�r den Sohn, der Staat f�r den B�rger (Bettina f�hrt diese Pflicht mit besonderer Vorliebe aus), der Lehrer f�r den Sch�ler. Von gro�en Menschen bleiben die Genien nachwirkend und leben fort in dem, was aus ihrem Geist geboren wird. Und so ist auch jenes D�monion, jene h�here Weihe und pl�tzliche Offenbarung, was der Frau Rat innewohnte, wie dem Sokrates, nicht mit ihr verweht und verflogen, sondern hat mit geisterhaften Fittichen auch ihren Sohn Wolfgang umrauscht und umrauscht noch jetzt Bettinen, die es wagen darf, den k�hnen Heldengeist jener Frau mitten unter den Truggespenstern des Tages zu zitieren und sie von den Grimms, von Ranke, von Humboldt reden zu lassen, als wenn sie vom Pfarrer Stein und dem B�rgermeister von Holzhausen redete. Der erste Band des K�nigsbuches ist der Religion, der zweite dem Staate gewidmet. Die Beweisf�hrung in beiden ist die des urspr�nglichsten Radikalismus. Ein Geist, gefesselt seit Jahrhunderten an Vorurteil, Lug und Trug, ein Genius, niedergehalten von tausend R�cksichten der Selbstt�uschung und Denkohnmacht, scheint sich hier zu erheben, wie Pegasus aus dem Joche auffliegt mit seinen gefl�gelten Hufen, der Bahn der Sonnenrosse zu. Wie die rosenfingrige Eos streut Bettina Morgenr�te aus. Sie hat die Tafeln eines neuen Gesetzes in ihren k�hnen H�nden, noch sind sie leer, aber nicht ein Wort der L�gen, die darauf standen und die sie mit dem Hauche ihres Mundes von ihnen tilgte, wird wieder auf ihnen stehen d�rfen. Sie gibt Negation, aber in der Negation die vol1ste Positivit�t des freien Menschengeistes. Diese Freiheit ist keine indische. Sie ist kein Behagen, keine tr�umerische Wollust in sich selbst, sondern ringende, k�mpfende Freiheit, griechische Freiheit, wie sie sich in der Pal�stra, in der Akademie, auf den olympischen Spielen erprobte. Auch diese Freiheit baut, aber nicht lichtscheue Kapellen im Waldesdunkel, sondern freischwebende Warten und Tempel auf den luftigen Bergesh�hen. Die blinkende Art bahnt den Weg durch Gestr�pp und Genist nicht ins blinde, wilde Ungef�hr hinein, sondern nach einem erhabenen, edlen Plane, nach einem Grundrisse, der das All umfa�t, Gottesw�rde und Menschenwohl. Sie ist konservativ, diese Polemik im h�chsten, im majest�tischen Stil; denn was verdiente mehr konserviert zu werden als die Natur, die Vernunft und der freie Geist! Die �bliche, salarierte, verdammende und seligsprechende Theologie unserer Zeit wird �ber den ersten Band ihr schwarzes Kleid zerrei�en und siebenmal Wehe! rufen. Dieser erste Band steht vom christlichen Standpunkte auf dem Fundament einer absoluten Glaubensunf�higkeit. Bettina weist hier jede Vermittelung zwischen der Vernunft und dem Dogma ab. Kein mystisches Blinzeln mehr mit den geheimnisvollen M�glichkeiten der Nachtseite des Lebens, keine Deutung mehr, keine Allegorie, sondern die einfache Frage: Kann Wein Wasser, kann Wasser Wein werden? Man sage nicht, da� sich Bettina durch diese absolute Negation des Christentums ganz aus den Voraussetzungen der modernen Welt hinauseskamotiert. Ein Blick auf unsere Zeit und ihre wissenschaftlichen K�mpfe lehrt, da� f�r die Freiheit schon unendlich viel gewonnen w�re, k�nnten wir nur auf der H�lfte des Weges, den Bettina schon zur�cklegte, H�tten und Zelte bauen, geschweige Kirchen im Sinne dieser H�lfte. Der Erfolg dieses Buches, wie weit er der freisinnigen Theologie unserer Tage zu Hilfe kommen wird, l��t sich noch nicht ermessen. Erst mu� die wilde Jagd der Gegner kommen. Warten wir die Gespenster der Wolfsschlucht ab! Eingreifender aber noch und unmittelbarer wirkend ist der zweite Band. Man hat diese Partie des Buches kommunistisch genannt. Man h�re, was er enth�lt, und erstaune �ber dies sonderbare Neuwort: Kommunismus. Ist die hei�este, gl�hendste Menschenliebe Kommunismus, dann steht zu erwarten, da� der Kommunismus viele Anh�nger finden wird. Dieser zweite Band ist den Verbrechern und den Armen gewidmet. Man hat schon drucken lassen, Bettina wolle die Verbrecher zu M�rtyrern stempeln und z�ge die Diebe den ehrlichen Leuten vor. Das letzte ist kindisch, das erste ist wahr. Man schreibt so viel B�nde �ber die Gef�ngnisse, �ber die Verbrecher, �ber die Straftheorien, man stiftet auch Besserungsanstalten, und doch bleibt es unwiderleglich, da� die wahre Politik, die Politik im Lichte unserer Zeit, die sein sollte, den Verbrechen zuvorzukommen. M�gen wir nun an die urspr�nglich gute oder urspr�nglich b�se Menschennatur glauben, so haben wir doch wenigstens von unserer Erziehung und Bildung einen so hohen Begriff, da� wir von ihrer Anwendung auf die Menschennatur Wunder voraussetzen. Warum verrichten wir diese Wunder so selten? Warum mi�lingen sie so oft? Unsere gew�hnlichen Quacksalbereien m�ssen doch wohl nicht ausreichen, um die immer garstiger werdenden Sch�den der Gesellschaft zu heilen. Die alte Leier von den Volksschulen usw. ist ganz verstimmt, sie lockt keinen Hund mehr vom Ofen, geschweige da� sie bezauberte und Menschen zu Menschen machte. Der Cholera gegen�ber war es mit aller Medizin aus. Da schuf man neue Spit�ler, neue Quarant�nen, neue Gesundheitsdistrikte und behielt vom Alten nichts mehr, als h�chstens die sonst so verachteten Hausmittel. Nun, die moralische Cholera ist da: jeder Winter z.B. in Berlin bringt die sittliche Brechruhr, nicht etwa sporadisch, sondern so allgemein, da� die Gef�ngnisse keinen Platz haben. Guter Gott, man vermehrt die Zahl der Nachtw�chter und Gensdarmen, die B�rger treten zusammen und bilden unter sich eine Sicherheitsgarde. Einer sperrt sich ab gegen den andern und der St�rer dieses atomistischen Staates wird unsch�dlich gemacht. Wenn eine solche Politik von der Not des n�chsten Augenblicks geboten wird, so mu� man sie gelten lassen; erhebt man aber ihren praktischen Wert zu einer theoretischen, dauernden Bedeutung, so fragt man billig, ist die christliche Welt darum achtzehnhundert Jahre alt geworden? Gibt es keinen Ausweg, die Verbrechen schon im Keime zu ersticken? Ist der Staat immer und ewig nur ein Konglomerat von Egoismus, in dem sich nur der lauter, rein und gl�cklich erh�lt, den gleich bei der Wiege die holde Gunst des Zufalls angel�chelt hat? Neulich hat ein Geistlicher an einem vielbesprochenen Grabe ein herrliches Wort gesagt. Die Leiche des im Duell gefallenen Herrn von G�ler in Karlsruhe wurde bestattet und der Geistliche, der keinen Beruf hatte, dieser Leiche so zu schmeicheln, wie es die Zeitungen getan hatten, �u�erte in seiner w�rdigen Rede, als er vom Duell sprach: Er m��te f�r das Christentum err�ten, wenn er bedachte, da� der milde Geist der Christuslehre noch so wenig in die Menschheit eingedrungen w�re, um nicht Vorkommnisse, wie jenen Streit, f�r immer unm�glich zu machen. Er sagte: Err�ten! Der Geistliche, ein frommer Diener des Wortes, err�tete f�r die geringe Wirkung seiner Lehre. Err�tet wohl ein Beamter f�r den Staat, der ihn besoldet, ein Minister f�r die Lappalien, die er in seinem Portefeuille einschlie�t, err�ten unsere Richter f�r die Verbrecher? Nein. H�chstens der arme Knecht zittert, der die Delinquenten abtun mu�. Was nennen sie denn noch im 19. Jahrhundert Politik? Was konservieren denn unsere gro�en Staatsm�nner nur als sich? Wie ist es m�glich, da� durch diese Politik der B�rokratie, der Edikte, der Verbote, der Allianzen, Paraden, Gleichgewichtsinteressen usw. ein Lichtstrahl jener wahrhaft konservativen Politik dringen kann, die vor allen Dingen den Menschen dem Menschen bewahrt? Bettina erhebt sich, wenn sie auf dieses Gebiet kommt, zur Seherin, zur Prophetin. Sie richtet an den K�nig, dem sie ihr Buch gewidmet hat, so hinrei�ende, so feurige Apostrophen, da� es r�hrend ist, wenn man sich sagen m��te, der Brief ist unsterblich, aber er wird seine irdische Adresse verfehlen. Wer im zweiten Band jede Behauptung der Frau Rat w�rtlich verstehen wollte, bewiese nur, da� er zu den Langweiligen geh�rt. Kein Langweiliger hat Sinn f�r den Humor. Humoristisch ist aber ein gro�er Teil der sittlichen Revolutionen zu verstehen, die die k�hne Opponentin mit den Verbrechern zu stiften vorschl�gt. Es ist ihr wahrhaftig nicht darum zu tun, einen R�uberhauptmann zum Feldherrn, einen Schinderhannes zum Kriegsminister zu machen, sondern sie beklagt in greller, ihr eigent�mlicher Ausdrucksweise, da� das Kapital von Mut, Schlauheit und Standhaftigkeit, was von den Verbrechern konsumiert wird, nicht auf edlere und dem Gesamtwohl n�tzliche Zwecke verwandt wird. Die Dialektik dieser Beweisf�hrung ist teils �berzeugung, teils Neckerei. Es ist durchaus ein platonisch-sokratischer Geist, der die kunstvollen Gespr�che belebt, mit dem Scharfsinn und dem hohen Fluge der Divination zugleich gepaart, jene sokratische Ironie, die scherzend die schon gefangenen V�gel der Gegenpartei wieder flattern l��t, um sie nach kurzer Freiheit wieder aufs neue einzufangen. Fast im sch�umenden �berma� dieser Ironie sind die "Gespr�che mit einer franz�sischen Atzel" geschrieben. Hier ist selbst die Frau Rat die �berfl�gelte. Der schwarze Vogel auf dem Ofen mit seinen klugen Augen, seiner kecken Federhaube auf dem Kopfe, scheint ein verzauberter H�llenbote zu sein. Der kleine Spitzbube wettert und schimpft wie ein Kapuziner, der nicht dem Himmel, sondern dem Teufel dient. Er m�chte, da� die ganze Welt des Teufels w�re und schw�tzt die Dinge, die oben stehen, kopf�ber nach unten und umgekehrt. Es wird nicht an Leuten fehlen, die die E1ster beim Wort nehmen und ihre wilden Plaudereien als bare Blasphemie an die geistlich-weltliche Hermandad denunzieren werden. Bettina w�re mit der phantastischen Lyrik ihrer Seele humoristisch genug, f�r die Atzel aufzutreten und sie zu verteidigen, wie einst auf einem Konzil sogar die Heuschrecken ihren Anwalt fanden. Verschluckte einst eine Ratte eine Hostie und verrichtete Wunder, warum soll der Teufel nicht in eine Atzel fahren? Die Polemik, die n�chstens die evangelische Kirchenzeitung gegen diese Atzel er�ffnen wird, wird sehr komisch sein. Das ausgezeichnete Werk behandelt aber zu ernste Fragen, als da� es komisch schlie�en d�rfte. Es schlie�t mit dem Septimenakkord des tiefsten Schmerzes, es schlie�t ersch�tternd, herzzerrei�end, tragisch. Wessen Auge �ber dieser Schilderung des Elends im Berliner Voigtlande verweilen kann, ohne in Tr�nen zu schwimmen, der mu� ein Herz von Marme1stein haben. Bettina teilt die Aufzeichnungen eines edlen Menschen mit, der in dem sogenannten Berliner Voigtlande die von der Armut bewohnten H�user durchwanderte, an die T�ren pochte, eintrat und sich nach den bittern Lebensumst�nden, die hier zusammengepfercht sind, gr�ndlich erkundigte. Die Namen sind genannt, die T�ren bezeichnet, hier h�rt jede Fiktion auf. Tausende von Menschen leben hier in Hunger und Kummer, schlafen auf Stroh, st�ndlich gew�rtig, ausgepf�ndet und auf die Stra�e geworfen zu werden mit Greisen und S�uglingen, im ewigen Kampf, entweder zu hungern oder zu betteln oder aus Verzweiflung zu stehlen, gehetzt von der Polizei und verlassen von jener Beh�rde, die ihr n�chster Schutz und Schirm sein sollte, der st�dtischen Armendirektion. F�r die Mitteilung dieses Gem�ldes verdient Bettina den Dank jedes f�hlenden Herzens. Jede Tr�ne dieses Bildes wiegt die kostbarsten Brillanten einer stilistischen Phantasie auf; dieser echte, lebenswahre Murillo steht h�her als jede idealische Transfiguration. Es kriecht Ungeziefer durch diese Farben, aber die Farben sind echt und der F�rst, dem sie ihr Buch widmete, hat in dem Augenblick, als er diese Schilderung las, sicher einen Hofball abbestellt, sicher die Zur�stungen eines gl�nzenden, nur Staub aufw�hlenden Man�vers auf die H�lfte des angesetzten Etats reduziert. Denn nicht die Armut allein durchschneidet hier unser Herz, nein, auch die Schilderung der Tugenden, die noch in der Verzweiflung dieser Menschen nicht erstorben sind, die Schilderung einer hochherzigen Anh�nglichkeit an das Vaterland und den F�rsten, die sich selbst in diesen Lumpen noch erhalten hat. Eine arme Bettlerin �berbrachte der Ordenskommission (f�nf Orden), die ihr gestorbener Mann im Freiheitskriege erworben. Die Ordenskommission gab ihr ein f�r alle Mal f�nf Taler (kaum den �u�ern Wert der Dekorationen) und nun hungert sie. Wenn auch die hohen freisinnigen Philosopheme der k�hnen Frau, die dieses Werk geschrieben, von den Menschen, die sie in dem (Pfarrer) und dem (B�rgermeister) treffend charakterisiert hat, verworfen werden, von diesem Anhang kann man nicht glauben, da� er spurlos vor�bergehen wird. Nicht nur, da� die Berliner Armendirektion, eines der unpopul�rsten Institute der Residenz, einer gr�ndlichen Reorganisation unterworfen werden mu�, auch die h�here, den ganzen Staat umfassende, ja ich nenne sie die (kommunistische) Frage: was soll geschehen, um den Menschen dem Menschen zu retten, das Band der Bruderliebe wieder anzukn�pfen und einer unheilschwangern, furchtbar drohenden Zukunft vorzubeugen? Diese Frage wird um Antwort dr�ngen und die Antwort wird nicht in Phrasen, nicht in Almosen, sondern in durchgreifenden Sch�pfungen bestehen m�ssen. Und der edlen Frau, die diese Frage dicht an den Stufen des Throns aufwirft, auf dem Parkett der eximierten Gesellschaft, unter Luxus, sybaritischer Indolenz und transzendentaler, nichtsnutziger Nasen- und Bonzenweisheit, dieser edlen Frau steht der bescheidene Feldblumenkranz eines solchen Verdienstes prangender, als weiland ihre sch�nsten Blumenkronen aus der Periode ihrer romantischen Naturmystik. Mit beklommener Erwartung sehen alle die, welche von dem Buche ergriffen wurden, nun auf den, dem es gewidmet ist. Numa Pompilius hatte seine Egeria, eine geheimnisvolle Sybille, die ihm die Weisheit lehrte, mit der er Rom aus einem R�uberstaate zu einem geordneten Gemeinwesen erhob. Der K�nig von Preu�en wird Bettinen nicht zu seinem ersten Minister machen, aber er hat ihr Buch in der Handschrift durchbl�ttert, er hat die Widmung gestattet und es mit seinen tausend zensurwidrigen Freiheiten vorweg gegen die Verfolgung der Polizei in Schutz genommen. So darf Deutschland und Preu�en insbesondere hoffen, da� von der m�chtigen Beredsamkeit einer Feuerseele, die hier im Namen der Zeit wie eine Prophetin am Wege ihn angesprochen, wenn nicht ein begeisternder Funke, der zur Tat z�ndet, doch eine warme Erregung, die Schonung und Duldung �bt, in ihm zur�ckgeblieben ist. Ein preu�ischer Roman (1849) Die kluge und soviel man wu�te ziemlich demokratisch gesinnte Fanny Lewald hat einen Roman ("Prinz Louis Ferdinand") geschrieben, der ihr die Ehre einbringen wird, Mitglied des Treubunds zu werden. Ich sehe ihre sonst so freiheitgl�hende Brust schon mit einem Ordenszeichen geschm�ckt, das ihr in feierlicher Sitzung unter allen Berliner Offiziers- und Beamtenfrauen Graf Schlippenbach anheften wird. Denn was auch vom Standpunkt der Hofdamen aus in diesem biographischen Roman gegen die Etikette und eine gewisse loyale Piet�t f�r hohe und h�chste Personen ges�ndigt sein mag, die besonneneren Mitglieder der Preu�envereine wissen sehr wohl, da� man den Royalismus auf alte Art nicht mehr predigen kann. Dies edle Kern- und Grundgef�hl preu�ischer Herzen kann nicht mehr �berall der Ausflu� unmittelbaren Instinktes sein wie weiland, als der Friedrich-Wilhelm-Staat noch in patriarchalischen Banden schlummerte, sondern dies Gef�hl mu� jetzt "vermittelt" werden, in der Sprache der Neuzeit reden, gemischt und verquickt mit dem Neusilber der Mode. Das hat Fanny Lewald redlichst getan. Man kann nun doch wieder aufblicken zu jenen strahlenden Meteoren, die man Prinzen nennt. Man kann doch den Beweis f�hren, da� auch in jenen Regionen menschlich empfunden, liebensw�rdig geschw�rmt, edel gedacht wird. Man hat doch endlich einmal den vol1sten Gegensatz gegen diese Irrg�nge der Literatur, die schon die Poesie nur noch bei den Handwerkern und Bauern suchen wollte. Die Gr�fin Hahn rettete der Poesie den Adel, Fanny Lewald, die strenge Richterin Diogenens, rettete ihr wieder die K�nige und die Prinzen. Wir erfahren in diesen drei mit gro�er Gewandtheit geschriebenen B�nden, da� es an der Grenzscheide des Jahrhunderts einen Prinzen von Preu�en gab, der ein wenig stark von der Geniesucht seiner Zeit angesteckt war, sich vom Zopf Friedrichs des Gro�en und derer, die diesen Zopf f�r das Palladium des preu�ischen Staats hielten, emanzipieren wollte, Musik trieb, viel Schulden machte, Milit�rexzesse beg�nstigte, die Franzosen und ihre Republik ha�te und um jeden Preis dem "Korsen" den Glanz preu�ischer Waffen f�hlbar machen wollte. Als ihm die Diplomatie 1806 seinen Willen tat und den Krieg erkl�rte, fiel er in dem ersten Gefecht gegen eine Nation, die er liebte (denn er umgab sich mit Franzosen), aber deren liberale Grunds�tze er ha�te. Es ist dieser Prinz Louis Ferdinand so oft als eine Heldengestalt, als ein junger tatendurstender Alexander ger�hmt worden, da� man sein Leben wohl f�r beachtenswert, seinen Tod r�hrend finden kann. Wie aber sieht es mit einer n�heren Pr�fung dieses Ruhmes aus? Wie mu� sich der Biograph, der Dichter stellen, um diese �u�erlich blendende Erscheinung ihrem wahren Kern und Wesen n�her zu bringen? Wir gestehen, da� Fanny Lewald ihren Helden vom Gesichtspunkt des Weibes sehr wahr auffa�te. Statt aller Kritik �ber ihn hat sie sich ganz einfach in ihn verliebt. Ich finde diesen Zug in ihrem Buche f�r den sch�nsten. Da ist kein n�chternes R�sonnement, da ist keine Pr�fung, kein Abw�gen von Mehr oder Minder, sie liebt den Prinzen, wie ihn Rahel Levin geliebt hat. Und gerade das mu� den Treubund entz�cken, gerade daraufhin kann Graf Schlippenbach sagen: Seht da eine Demokratin, eine J�din, eine eifrige Verfechterin der Grunds�tze ihrer Freunde Simon und Jacoby, seht da eine M�rzheldin, die mitten im Zeitalter der Barrikaden Triumphpforten f�r preu�ische Prinzen baut! Wie wir mit Blumenkr�nzen unsern Garderegimentern entgegenwallen und sie mit Treubundshuldigungen in den Bahnh�fen empfangen, wenn sie mit demokratenblutgef�rbten Bajonetten in ihre Kasernen heimziehen, so jauchzen in diesem Buche M�nner und Frauen einem Prinzen entgegen, der im Grunde nichts f�r die Menschheit leistete, sich aber als Hohenzoller f�hlte! Und eine Demokratin tr�gt uns hier die schwarzwei�e Fahne voran! Eine Feindin der aristokratischen Literatur! Die ber�hmte Gegnerin unserer un�bertrefflichen Ida! Fanny Lewald wird sich �ber den Grafen Schlippenbach, noch mehr aber �ber mich, der ihn so reden l��t, sehr erz�rnen. Sie wird, ich seh' es, alle diese Konsequenzen ihrer Liebe und Begeisterung f�r einen preu�ischen Prinzen zur�ckweisen, sie wird, ich h�r' es, ausrufen: Kleinliche Menschen die ihr seid, kann man denn nicht mehr dem Zuge seines Herzens folgen? Soll denn alles, alles Partei sein? Soll es denn nicht mehr m�glich bleiben, da� man jede bedeutende Erscheinung der Menschenwelt, sie tauche nun auf in einem Auerbachschen Schwarzwald-Dorfe oder einer George Sandschen Mare au Diablo oder auf dem Parkett der Ministerhotels und Prinzenpal�ste, mit Interesse, ja mit Liebe umfa�t und das Sch�ne, Wahre, Strebsame auf allen Klimmstufen der Gesellschaft anerkennt? Das hat sich Fanny Lewald gedacht, als sie diesen Roman schreiben wollte. Sie hat sich ohne Zweifel noch gr��eres gedacht. Sie hat das Bild eines zerfallenden Staates zeichnen wollen, sie hat geglaubt, einer sich jetzt un�berwindlich d�nkenden Gegenwart den Spiegel der Vergangenheit vorhalten zu k�nnen, indem sie im Staat, der Gesellschaft, im Milit�r und Zivil die Grundgebrechen schilderte, an welchen der Stolz und die Eitelkeit jener Tage krankte, ohne es zu wissen. Diese polemische Tendenz, der auch manche vortreffliche Seite ihres Werkes gewidmet ist, ermutigte sie, jenes Bild eines Prinzen als Mittelpunkt ihrer Dichtung festzuhalten und so den Vorw�rfen zu begegnen, gegen die sie als strenger demokratischer Charakter empfindlich sein mu�te. Wie dem aber sei, sie ist ihrem weiblichen Herzen zum Opfer gefallen. Sie hat, angeregt von Varnhagen von Ense, jene bedeutsam Zeit schildern wollen, wo sich in der Tat trotz Goethes Spott "Musen und Grazien in der Mark" begegneten und Schlegel, Gentz, Fichte, die Rahel und ihre "Kreise" mit einem liebensw�rdigen, genialen Prinzen des k�nigl. Hauses in Beziehungen kamen. Es hatte sie das interessiert, besonders Rahels wegen, mit der sie sich in ihrem Roman auffallend identifiziert. Aber der Erfolg ist bei vielen vortrefflichen Eigenschaften ihres Werkes nicht gelungen. Statt, wie eine k�nstlerische Intuition ihr sagen mu�te, den Prinzen episodisch zu benutzen, stellte sie ihn in den Vordergrund. Statt ihren Roman z.B. durch eine Figur wie Karl Wegmann zu heben und zu tragen und alle jene bedeutenden Menschen nur zuweilen in ihr Werk hineinragen zu lassen, macht sie diese selbst zu Haupttr�gern der Handlung und gibt eine romantische Biographie, statt eines Romans. Prinz Louis bleibt immer der Mittelpunkt. Sie dichtet ihm Empfindungen an, die zu beweisen sind, sie gruppiert Menschen um ihn, die sie als edel, mindestens bedeutungsvoll erscheinen l��t, w�hrend sie doch meist nur frivol und sittenlos sind. Diese Pauline Wiesel, eine feine Berliner Kurtisane ber�chtigten Andenkens, erscheint bei unserer Verfasserin so relativ wertvoll und interessant, so drapiert mit dem gro�en Umschlagetuch grell-moderner Ideen und gro�blumiger Empfindungen, da� man erstaunt, wenn man sich denken mu�: Was wird Diogena zu diesem Buche sagen? Wenn sich bei dieser Dame die Schichten der aristokratischen Gesellschaft zerbr�ckeln und in die ihr eigene gro�staffierte Salon- und Boudoir-Romantik zerbl�ttern, wo Liebe und Skandal bunt durcheinanderlaufen und parf�mierte Billetts, von galonierten Jockeys auf silbernen Tellern pr�sentiert, alle Schmerzen "unverstandener" Seelen aushauchen, so gesellt sich hier wenigstens Gleiches und Gleiches, und wir sind doch bewahrt vor der Fanny Lewaldschen Zumutung, jene Berliner Beamtent�chter interessant zu finden, die beim Blasen der Gardek�rassiere an die Fenster rennen, sich in Helme und Epauletten verlieben und Prinzen vollends alles gew�hren, was Prinzen nur von B�rgerst�chtern fordern k�nnen. Henriette Fromm, Pauline Wiesel sind "Damen" dieses Berliner Schlages gewesen und verdienten nicht von der Poesie so ausstaffiert zu werden, wie dies in unserm Gedenkbuch geschieht. Welche gro�en Worte sind da an Niederes verschwendet! Welche gemeinen Gesinnungen bunt aufgeputzt! Wer hat Berlin beobachtet und kennt nicht jene Buhlerei der M�tter und jungen Frauen um Prinzengunst, wie sie nach den Tagen der Lichtenau dort Mode war? Sp�ter m�gen die Opfer dieser Zust�nde mehr gelernt haben als Madame Rietz wu�te, sie m�gen franz�sisch parliert, Goethe und Schiller gelesen haben und mit Gentz und Schlegel in Ber�hrung gekommen sein; sie bleiben aber darum doch, was sie sind, mag auch Varnhagen von Ense noch so milde Lichter �ber sie ausgegossen haben. Die arme Lewald, in dem Drang das Judentum zu heben und eine J�din Rahel Levin mit Prinzen von Preu�en in Verbindung gebracht darzustellen, ist hier von ihrem Herzen und dessen k�hnsten Fl�gen geblendet gewesen und hat eine Sph�re f�r dichtungsw�rdig gehalten, die es nicht war. Mamsell C�sar, die Berliner Geheimsekret�rstochter, verdiente ebensowenig diesen Aufwand von Seelenmalerei wie Henriette Fromm, die am Tage nach der Verlobung an einen �konomen mit einem Prinzen auf- und davonging. Ein Prinz kann doch meist nur von oben herab lieben, von oben herab einer B�rgerlichen schmeicheln, nur in aller K�rze sie auffordern: Sei mein! Einen (Roman) von Gef�hl, Entwicklung, Herausstellung der ede1sten Triebe des Menschen gibt es da h�chst selten und im vorliegenden Fall gewi� nicht. Wer kann Fanny Lewald in dieser Verirrung anders folgen als blo� mit einem gewissen anekdotischen Interesse? Zu empfehlen, aufmerksam zu machen, zu bewundern gibt es da nichts. Man liest es mit Neugier, mit Spannung, w�rde aber erschrecken, wenn die Verfasserin verriete, sie h�tte beim Niederschreiben dieser Bl�tter auch nur im entferntesten gedacht: (Entnehmt euch daraus etwas!) Einzelne Schilderungen sind der Verfasserin vortrefflich gelungen; unstreitig immer die, wo sie sich eines gedr�ckten, leidenden Zustandes der Gesellschaft annehmen kann. Sie empfindet mit der Armut, mit dem gedem�tigten Stolze, mit der getretenen Menschenw�rde. Sie hat in ihrem reinen und aufrichtigen Bekenntnis des Judentums eine Schule der Beobachtung und des Mitgef�hls f�r die Nachtseiten der Gesellschaft durchgemacht. Warum erhob sie sich von dem strengen Gericht, das sie �ber die Milit�rzust�nde Preu�ens von 1806, das Kasernenleben, das Ghetto, die Bestechlichkeit der Beamten, die Ohnmacht und den D�nkel der Minister anstellte, nicht auch zur Wahrheit �ber ihren aristokratischen Helden selbst und noch mehr zur Wahrheit �ber das prahlende Zuschautragen des Herzens bei den Weibern, die in diesem Gem�lde aufrauschen? Warum wandeln diese so pomphaft daher und bringen uns den abgenutzten Gef�hlskram unserer blasierten Frauenromane von 1840 zum Kauf? Ist es nicht eitle Flitterware? Ist nicht selbst Rahels Liebesschmerz und entsagende Gro�gef�hligkeit um die k�nigliche Hoheit affektierter Kram? Erschlie�en uns diese Verirrungen, wenn sie stattfanden (und sie m�ssen es wohl, da Varnhagen von Ense laut Widmung dieses Werkes Taufpate ist), irgendeine gro�e Perspektive auf die Tiefe der Menschenbrust? Ich kann der Verfasserin �berall folgen, wo sie praktisch und verst�ndig ist. Wo sie aber Gef�hl geben will, Idealit�t in ihrem Sinn, da befinden wir uns doch eben nur in derselben Sph�re, die sie an der Gr�fin Hahn hat bek�mpfen wollen: Ha� gegen das �bliche, Feindschaft gegen die gew�hnlichen Gleise der Liebe, die sich in ihrer s��en Monotonie Jahrtausende lang durch die Herzen der Menschheit ziehen. Sind euch denn die M�tter, die verheirateten Frauen ewig gleichg�ltig und nur diese Rahelen, diese Henrietten und Paulinen der poetischen Betrachtung w�rdig? Es w�re eine rechte Erquickung gewesen, wenn wir in diesem Buche neben den vielen Weibern mit starkem Herzen auch ein junges, sch�nes und bedeutendes mit einem nur guten angetroffen h�tten. Das Buch schlie�t wie eine Symphonie mit unaufgel�ster Dissonanz! Der Held stirbt, und--das Ganze ist zu Ende. Alle F�den, welche die Verfasserin anspann, um uns zu unterhalten, sind zerrissen. Eben noch Licht, und pl�tzlich Nacht. Dieser Schlu� ist eine Kritik des Werkes. Er sagt, da� mit dem Tode des Helden der ganze Apparat des Romans in Nichts zusammensinkt, und es im Grunde nur ein Spuk war, der ihn umgab, kein wirkliches, daseinberechtigtes Leben. Fanny Lewald hat so den Trieb nach Wahrheit, so die sch�ne, oft grausame Leidenschaft aufrichtiger �berzeugung, da� sie unstreitig f�hlte: Die Menschen, die ich da mit dem Prinzen zusammenkettete, sind nach seinem Tod unn�tz, und keine Seele mehr wird nach ihnen fragen. Ein ernstes Drama soll wie ein Grab enden, ein ernster Roman aber wie ein Kirchhof. Das Auge soll mit Schmerz nach vielen Gr�bern sich umsehen und nicht wissen, welches von ihnen allen den Immortellenkranz verdient. Eine n�chtliche Unterkunft (1870) In jenen, noch dem ersten Drittel unseres Jahrhunderts angeh�renden Tagen, wo Berlin rundum keine andere gro�e Stadt in der Nachbarschaft hatte, als eine solche, die erst nach einer Postreise von zwanzig Meilen zu erreichen war, bildete sich jene noch jetzt nicht vollkommen �berwundene eigent�mliche Naivit�t oder, nennen wir es beim richtigeren Namen kleinst�dtische Unzul�nglichkeit aus, die den Charakter des Berliner Pfahlb�rgertums in manchem bezeichnen d�rfte. Die Sperre gegen eine Welt, die damals dem Berliner schon hinter Potsdam f�r gleichsam wie "mit Brettern vernagelt" galt, war eine beinahe hermetische. Daher auch die Langsamkeit, womit sich der Zeitgeist, die freiheitliche Entwicklung Preu�ens erst allm�hlich, ja mit Beweisen v�lliger Unbeholfenheit und Unreife anschickte, dem Fortschritt des �brigen Europa zu folgen. Noch bis zur M�rzrevolution befand sich im k�niglichen Schlosse, dicht unter der Wohnung des Monarchen, in jenem Portal, das seit dem Jahre 1848 dem Publikum nicht mehr als Durchgang ge�ffnet ist, ein alter Rumpelkasten, Portechaise genannt, an deren mit gr�nem Kattun verhangenem Fenster unorthographisch zu lesen stand: "Wer sich dieser Portechaise bedienen will, melde sich in der Nagelgasse." Letztere, jetzt zur "Rathausstra�e" avanciert, begrenzt die s�d�stliche Front des neuen Rathauses--gelegentlich bemerkt eines Baues, dessen Gro�artigkeit den Stil, den kr�ftigen Griffel des 19. Jahrhunderts in so �berw�ltigendem Ma�e bezeichnet, da� bei allem Reiz, den ein alter Rest der Vergangenheit, die "Gerichtslaube", f�r die Tafeln der Chronik in Anspruch nehmen darf, ihn die Gegenwart doch f�r ihre �berlieferungen an die Zukunft wie einen sinnst�renden--Druckfehler beseitigen darf. Und auf dem Gensdarmenmarkt, an derjenigen Seite des "franz�sischen Turms", die dem Wechselgesch�ft der Herren Brest und Gelpke gerade gegen�ber liegt, wuchs nicht nur in den Winkeln, die von den d�rftigen Anbauten der beiden stolzen "Gensdarmenmarktt�rme" gebildet werden, das helle, frische, gr�ne Gras, untermischt zuweilen mit "Butterblumen", sondern es war sogar m�glich, da� die damalige schutzmannlose, nur auf jene "Polizeikommissarien" mit den Dreimastern und karmoisinroten Kragen und Aufschl�gen am Rock angewiesene Zeit in einem dieser Winkel--einen alten ausgedienten Leichenwagen duldete, der entweder durch irgendein Mi�verst�ndnis zur �berwinterung dort stehengeblieben oder sonst aus dem Inventar des Leichenfuhrwesens in der Georgenstra�e ausgestrichen war. Die Deichsel f�r die Rosse, die uns zum ewigen Frieden fahren, fehlte nicht. Aber die schwarze Draperie schillerte schon ins vollkommen R�tliche. Die Totengr�ber Hamlets h�tten hier Betrachtungen anstellen k�nnen �ber die Verg�nglichkeit alles Irdischen. Ludwig Devrient, dr�ben von Lutter und Wegener kommend und sich auf die Rolle besinnend, die der gro�e Mime am Abend zu spielen hatte, mag manchen verstohlenen Blick hin�bergeworfen haben auf den alten Charonsnachen, der manchmal fehlte, nach kurzer Pause sich aber immer wieder einstellte unter den gew�lbten T�rmen, um deren S�ulen und S�ulchen die Spatzen und die Kr�hen und die Habichte nisteten. Berlin, das gegenw�rtig alles brauchen kann, selbst die Denkm�ler von den Gr�bern, Berlin, das jetzt die Bronzebilder der Toten von den Kirchh�fen stiehlt, lie� diesen alten Leichenwagen unangetastet. Abends, wenn der Sturm brauste, die Laternen, ohne Gaslicht und manchmal quer �ber die Stra�en hinweggezogen, in �chzenden T�nen hin und her schaukelten, die Wagen der Vornehmen und Reichen dumpf �ber ein noch naturw�chsiges Pflaster rollten, hier und da ein Leierkasten aus einem Keller wie ein ferner Unkenruf ert�nte und in den Stra�en jener gespenstische Mann umging, der ein F��chen in der Hand tragend, aus einer bis zu seinen Ohren, ja bis zur Nase hinaufreichenden stolzen roten Kravatte mit einem gewissen w�rdevollen Anstand, aber geisterhaft hohl, den Ausruf hervorpre�te: "Neunaugen! Neunaugen--!", da schlich sich fr�stelnd, die H�nde in abgetragene, viel zu kurze, geflickte Beinkleider gesteckt, einen verschossenen Frack auf dem ausgehungerten Leibe, einen mannigfach br�chigen, beulenreichen Filzhut auf dem Haupte, eine verwitterte, magere, kleine Gestalt �ber den Markt, auf welchem �de Stille herrschte, nachdem sich eben die Zuschauer des Schauspielhauses, die vielleicht eine neue Posse von Raupach ausgezischt, verlaufen hatten. Der sich scheu Umblickende hatte keine Wohnung. Sein Name war von den Sternen hergekommen. Dort oben am blitzenden Nachthimmel stand die Konstellation, die ihm den Vornamen gegeben. Besonders zur Winterszeit leuchtete sein Stern hellauf in einem Licht, das alle andern Sterne �berstrahlte. In den Sternen auch hatte er seine eigentliche Behausung, nicht in der Dorotheen-, nicht in der Friedrichstadt. Vorsichtig n�hert er sich dem Leichenwagen ... Bist du heute wieder da, alter Freund--? Hat dich Charon heute Nacht nicht n�tig, um vom "T�rmchen" im "Voigtland" eine Leiche auf die Anatomie zu fahren--? Schont der "Leichenkommissarius" seine G�ule, wenn er sie erst hier einspannt, um einen Armen im "Nasenquetscher" auf Saturns gro�es Brach- und Nivellierungsfeld, auf den Friedhof, zu fahren--?.... Und husch--! Die verwitterte Gestalt, herabgekommen wie der Apotheker von Mantua, der an Romeo Gift verkaufte, weil die Gesch�fte der �blichen Pharmakopoe so schlecht gingen, hebt die Vorhangsfetzen des Wagens auf und schiebt sich langsam hinein in ein damaliges--Asyl f�r Obdachlose. Fand sich wohl ein St�ck Holz, eine Planke darin vor--den Tr�gern mit den langen Fl�ren am Dreimaster ben�tigt, um den Sarg in die Grube zu senken--so r�ckt sie der lebende Tote so, da� sein Haupt mit den langen wei�en Haaren eine St�tze findet beim Sichausstrecken. Vielleicht achtet er auch die neue Beule nicht viel an seinem wettererprobten Zylinder, wenn er damit dem harten Holz einige Weiche gibt und die hohle, gefurchte Wange aufst�tzt. Ruhen wird er; er wird schlafen. An diesem schwarzen Wagen huscht die von einem Ball bei "Dalichows" in der Dorotheenstra�e kommende Sch�ne aus dem Volke, der Spieler, der im Hinterzimmer eines "Italieners"--wir meinen nicht gerade des damaligen Austern-Sala-Tarone --einen gl�cklichen Wurf getan, der in der Nacht gerufene Arzt, der um Mitternacht sein Coup� nicht anspannen lassen kann, schnell und scheu vor�ber. Selbst der Nachtw�chter h�lt sich in der Ferne, dort, wo ein Ruf: "W�chter--!" ihm ein Trinkgeld f�rs Einlassen in ein verschlossenes Haus, dessen Schl�ssel an seinem klirrenden Eisenbunde h�ngt, sicherer einbringt, als wenn er hier Posto fa�te in der d�ster-unheimlichen Ecke an einer Kirche, wo vielleicht damals--der junge Fournier als feuriger Kandidat in franz�sischer Sprache predigte und sich nicht tr�umen lie�, wie �bel sp�ter einem Konsistorialrat der Wetteifer mit dem leidenschaft- lichen Pathos eines Schauspielers bekommen konnte. Der Obdachlose war ein Dichter ohne Verleger. Er lebte in einer Zeit, wo die Journale Berlins unter Zensur standen. Ein Absatz von 500 Exemplaren war schon die allergl�cklichste Chance f�r--"Belletristik". Ein Honorar von einem Taler zahlte man f�r ein Gedicht, von f�nfzehn Silbergroschen f�r eine Reihe von L�ckenb��ern, damals "Aphorismen", "Streckverse", "Sternschnuppen" oder �hnlich genannt. Ach ja, die Sterne, die hatten es dem halben Polen angetan. Er hatte sich die Sprache Schillers und Goethes angeeignet, sang Dithyramben, Oden, Bardenlieder--alles in einem Stil, der an Pindar erinnerte--seiner Unverst�ndlichkeit wegen. Aber schon in jener Zeit war die Lekt�re frivol. Lieber wollte man Clauren lesen, als Klopstock. Die Gebildeteren hatten gerade van der Velde. Sogar die �sthetiker sprachen zwar von Goethe, nippten aber, wie in dem Hinterzimmer des "Italieners" Rosoglio, so an den "Teufelselexieren" von Hoffmann. Was war da der verkommene Tr�umer, der noch bei Ossian stand und bei Jean Paul! Der einen Gedanken, der ihm aufgeblitzt bei seinem jeweiligen Erwachen in seinem dunkeln Leichenwagen (--und wo denken wir wahrer, f�hlen wir tiefer als in der N�he der Toten!--) nur dadurch schlagend, z�ndend, lapidar zu machen glaubte, da� er ihn immer enger und enger, immer epigrammatischer und epigrammatischer, zuletzt in zwei Zeilen dr�ngte, wie bei Rochefoucauld und Montaigne, jedes Wort eine ganze Welt--aber--die Zeile laut Quartalsberechnung des Journals drei bis vier Pfennige! Dieser Obdachlose hie� Orion Julius. Seine Werke stehen nicht in den Katalogen der Leihbibliotheken. Wer sich aber die M�he geben will, in alten Jahrg�ngen des "Freim�tigen", des "Gesellschafters" zu bl�ttern, der wird dort--dem n�chtlichen Bewohner des Leichenwagens am Gensdarmenmarkt zuweilen begegnen. Zum Ged�chtnis Wilhelm H�rings (Willibald Alexis') (1872) Einstimmig berichtete die deutsche Presse das im Dezember vorigen Jahres zu Arnstadt in Th�ringen erfolgte Ableben Wilhelm H�rings, genannt Willibald Alexis, mit dem Ausdruck der innigsten Teilnahme. Die gewandtesten dichterischen Gaben, edle menschliche Eigenschaften, ein Charakter voll Gesinnung und ein herbes tragisches Schicksal hatten die Nachrufe, ganz in der ungeteilten Hingebung, wie sie in den Bl�ttern erschollen, verdient. Wenn die "Allgemeine Zeitung", diesmal sp�ter kommend als andere Organe der �ffentlichkeit, ihren Nachruf nicht ganz in dem Ton einer blo�en Trauerrede am Grabe h�lt, sondern pers�nlicher auf den Verstorbenen eingeht, so wolle man darin ein Bestreben erblicken, uns das Bild des Dahingegangenen recht nahe zu r�cken. Schon die Wendung dieser Nachrufe, da� der Tod den Ungl�cklichen, der fast f�nfzehn Jahre in geistiger und k�rperlicher Paralyse gelebt hatte, "von seinen Leiden erl�ste", ist nicht vollkommen zutreffend. Die liebevol1ste Hingebung einer erst in sp�tern Jahren geheirateten Gattin, einer geborenen Engl�nderin, die Pflege derselben, die an Geduld ihresgleichen suchte, diese war es, die erl�st wurde. Der Gegenstand eines bewunderungsw�rdigen Kultus der Liebe selbst f�hlte kaum sein Leid in ganzer Gr��e. Die Stunden, die Tage, die Jahre schwanden an dem Beklagenswerten in seinem Rollsessel gleichm��ig dahin. Er glaubte, die volle Klarheit seiner Ideen zu besitzen und nur am Aussprechen derselben verhindert zu sein. Eine in Westermanns "Monatsheften" gegebene photographische Abbildung der �u�eren Erscheinung H�rings in den Tagen seines Leidens zeigt einen--lachenden Demokrit, der der Welt gegen�ber sein besseres Teil gefunden zu haben scheint. In der Tat gibt das Bild den vollen Gegensatz der geistesklaren Zeit des edlen Toten, wo seine Mienen in der Regel den Ausdruck der Besorgnis, des �ngstlich aufgeregten Besch�ftigtseins durch die Zeit, des b�nglichen Erwartens d�sterer �ffentlicher Erlebnisse trugen. Von "Leiden erl�st"? Gewi�! Aber doch noch zu modifizieren. Die ganze Sehnsucht eines an die Bedingungen Norddeutschlands gebundenen Herzens ging bei H�ring auf idyllisches "Am Land"-Wohnen. In seinen jungen Jahren suchte er einen ihm innewohnenden Trieb, irdische Hilfsquellen, die ihm zu Gebote standen, zu Spekulationen und sogar im Sinn unserer heutigen neuen gro�st�dtischen Gr�nder-Ideen zu verwenden, mit seiner Liebe zur Natur zu vereinigen. Wie mit Ironie auf seinen Namen suchte er unter den alten Eichen und in den Fischerh�tten Heringsdorfs an der Ostsee den Besuch eines poetisch gelegenen Seebades zu f�rdern. Sp�ter gab er seine dortige Besitzung mit ihren nur relativen Sch�nheiten auf und zog sich, seiner ganzen Kraft sich noch bewu�t und mit literarischen Pl�nen, deren einige auch dort noch ausgef�hrt wurden, nach Arnstadt, einer ohne Zweifel--ich kenne den altber�hmten Ort nicht--reizend gelegenen Stadt, die schon manchen Dichter angezogen hat. Da erz�hlt man von H�rings anmutiger Besitzung, von seiner Liebe zur Natur selbst trotz seiner geschw�chten Geisteskr�fte. Wenn die Rosen bl�hten, sammelten liebliche junge M�dchen, Verwandte seiner Gattin, die sich schon entbl�tternden verbl�hten Blumen und bewarfen damit den im Rol1stuhl Sitzenden. Anakreon w�nschte sich solche Spiele mit der Jugend. Auch unser Dulder lachte herzlich. Ist ihm also das demokritische Antlitz der Photographie bis zuletzt geblieben, so rief ihn der Tod aus einer Welt, die er bei alledem und alledem ungern verlie�. Sein Lebensende war keineswegs das seines gekr�nten Widersachers in Sanssouci, der ihm einst auf eine vertrauens- volle �bersendung eines seiner "m�rkischen Romane" oder bei einer sonstigen Ann�herung, welche Huld und G�te voraussetzte, die bekannt- gewordenen rauhen, verletzenden Worte entgegenherrschte: "Er h�tte sich von ihm in seiner politischen Haltung eines Bessern versehen." Auch Friedrich Wilhelm IV. hatte das Los, gel�hmt zu werden wie Dr. H�ring. Aber jener bot ein Bild des Jammers, wenn er unter den B�umen Sanssoucis, die den an Pl�nen und Ideen �berreichen genialen Kronprinzen einst unter sich hatten wandeln, zeichnen, malen, studieren sehen, gefahren wurde und nichts mehr von der Welt erkannte. H�ring lie� sich in seinem Rollsessel an seine Blumen fahren und pflegte diese. Unsere j�ngere Generation macht sich das Leben eines solchen abscheidenden Charakters fr�herer Tage nach �u�ern Notizen leicht zurecht. Geboren den 23. Juni 1797, Studierender der Rechte, Referendar, Mystifikator des Publikums mit einer Nachahmung Walter Scotts--dann eine Zusammenfassung seiner letzten T�tigkeit, die dem "brandenburgischen Roman" gewidmet gewesen--und der Kern scheint getroffen zu sein. Und dennoch bieten diese Momente f�r den Forscher, der dem Sein und Werden, dem Umirren und Wegeverfehlen, dem Suchen und Finden in der Literatur folgt, bei weitem nicht die gen�genden Anhaltspunkte. Man las bisher �ber H�ring nur Zusammenfassungen, kurze Res�mees einer dahineilenden Zeit, die ihre Opfer der Piet�t rasch vollzieht, immer bedacht, nur bald wieder auf sich selbst zur�ckzukommen. Bei solchen Res�mees fehlt nat�rlich auch das Zuviel nicht. Die "m�rkischen Romane" des dahingegangenen Vortrefflichen sind in der Tat nicht ganz so hoch zu stellen, wie sie etwa die Ank�ndigung des Buchh�ndlers stellt, der sie als Eigentum besitzt und sie gern "in jeder deutschen H�tte eingeb�rgert" sehen m�chte. Diese Romane sind reich an Vorz�gen aller Art. Doch rei�en sie nicht durch eine m�chtige und eigent�mliche Erfindung fort. Es sind sinnig gedachte, doch nur mit reproduktiver Umst�ndlichkeit langsam sich fortbewegende Kulturstudien (�bertreibend bis zu Phantasien) �ber eine Mark Brandenburg, die jetzt mit Gewalt aus einer bescheidenen Magd in eine seither verkannte K�nigin aufgeputzt werden soll. Das Toilettenst�ck ist ja im vollen Gange. H�tte man nicht Berechtigung, jetzt auszurufen: Wollt doch nicht Feigen lesen von den Disteln, und Trauben von den Dornen! Wollt doch nicht die alten Gesetze dessen, was sch�n ist, auf den Kopf stellen! Seitdem unsere Reichstagsabgeordneten ihre Exkursionen nach Potsdam machen und erstaunt zur�ckkehren, dort so herrliche B�ume, gro�e Gew�sser, sogar in Berlins n�chster N�he Spuren von "Gegend" zu finden, hat man die m�rkischen Tannen- und Fichtenw�lder, diese durchsichtigen Linienregimenter, �beraus poetisch, ja im verwehten Flugsand und dessen d�rftiger Vegetation landschaftliche Stimmung finden wollen. Kauft man dann noch gar in Gr�nder-Compagnien diesen Sand mit Fichtenw�ldern in Masse und will Deutschland einladen, dort H�tten, d.h. Villen, zu bauen, dann zwingt in der Tat die Au�erkurssetzung des Murg- und Nero-Tals, des rauschenden Waldes um Eisenach oder Berchtesgaden zum Widerspruch--auch gegen die �bertreibung des Poetischen, das sich in H�rings m�rkischen Romanen finden soll. In allem Ernst, durch das Preisen und Aufputzen des D�rftigen, �rmlichen, Unzul�nglichen der Mark vers�ndigt man sich an jener Welt, die seither f�r sch�n gegolten hat und deren Zaubergewalt auch dem m�rkischen Romantiker H�ring selbst zu oft vor die Seele trat, als da� es ihn nicht m�chtig nach dem S�den h�tte ziehen, zu dem Gest�ndnisse zwingen sollen: "Ja in Neapel!" Seine "Wiener Bilder" sind eine wahre Befreiung des Gem�ts vom Tifteln einer Stimmung, die sich auch in Pankow und Sch�nhausen bei Berlin (ja, ja, die Eichen und Erinnerungen Sch�nhausens sind sch�n, und w�re nur dem Park mehr Pflege zu w�nschen!) dem gro�en Naturgeiste nahe f�hlen m�chte. In dem frisch geschriebenen Buche, das wir nannten, wird dem deutschen S�den, der blauen Donau, den schneebekr�nzten Alpen, seinen Menschen und Sitten ihr volles Recht zuteil. Vor sechs Jahren, bald nach den Tagen von K�niggr�tz und Nikolsburg, brachte die "Allg. Ztg." einen Aufsatz: "Willibald Alexis und die 'preu�ische' Dichtung unserer Zeit." Der Verfasser war einer der begabtesten unserer j�ngern Erz�hler, Wilhelm Jensen. Dieser, selbst aus Deutschlands nordischer Mark, aus den Herzogt�mern, geb�rtig, glaubte mit seinem beredten F�rwort einen Beitrag zu geben zur Ann�herung zwischen deutschem S�d und Nord. Der Streit, welcher in der Familie gef�hrt worden w�re, hie� es, m��te auch in der Familie geschlichtet werden. "Wenn ein Dichter oder irgendein Mann der Gegenwart es vermag, die Abneigung auszutilgen, welche sich des deutschen S�dens gegen den Norden, gegen Preu�en und vor allem gegen dasjenige, was man sich gew�hnt hat, als den Kern und Typus dieses Volkes anzusehen, gegen die Mark Brandenburg und ihre Hauptstadt bem�chtigt hat, so ist es Willibald Alexis." Der junge Nordlandssohn fordert S�ddeutschland auf, an diese Quelle der Vers�hnung, "die Werke des Hrn. G. W. H�ring", sich zu begeben. Scherenberg, setzt er hinzu, Hesekiel, Fontane (Namen, die seit Jahren die Anspr�che auch der "Kreuzzeitung" auf den Parna� vertreten) reihen sich dann bei dem Vermittler an den Hauptvertreter der geistigen Vers�hnung an, welchem der vielleicht feurigste Mund, der sich je �ber einen noch lebenden Autor ergangen hat, Opfer der Anerkennung bringt, die in der Tat den Leser fortzurei�en verm�gen, weil der frische Geist der Huldigung Satz f�r Satz zu gleicher Zeit Behauptungen aufstellt, die frappieren, zum Nachdenken reizen, zuweilen als unhaltbar, oft aber als treffend erscheinen d�rfen und somit zuletzt den Leser in einen Strudel von Herrlichkeiten fortrei�en, die er alle in Willibald Alexis' Romanen finden soll.... Das Wahre daran sei dahingestellt. Soviel steht fest, H�rings, des ungl�cklichen Mannes, dem wir das innigste Andenken bewahren, Entwicklung ging nicht mit so ausgedehnten Schwingen, nicht mit solchen Adlerfl�geln. Niedrig war der Strich seines Fluges niemals. Niemals--um ebenfalls m�rkisch zu reden--glich er dem Kiebitz, der bald links, bald rechts die Beine verschr�nkend am Meeresstrande dahinstreicht. Nein, was konnte an sich k�hner sein, als ein Erstlingswerk mit dem Namen Walter Scotts einzuf�hren? Eine Tat, die man damals als Eulenspiege1streich belachte. Jetzt hat uns die "Kritik des gesunden Menschenverstandes" so gewissensstreng gemacht, da� wir in der Wiederholung eines solchen alten Literaturspa�es einen bedenklichen Kasus verletzter Moral--"Zuchtlosigkeit" sagten ja wohl die alten "Grenzboten"--erblicken w�rden! Aber der belletristische Trieb des jungen Exreferendars tastete lange bald nach diesem, bald jenem Gebiete hin, folgte allerlei Impulsen, k�nstlich gepflegten Neigungen. Seine Natur lie� nichts frei aus einem �bervollen Innern hervorstr�men. Selbst die Chronik der B�hnen Berlins weist einige dramatische Anl�ufe auf, die schnell wieder aufgegeben wurden. Die "Allg. Ztg." bucht einmal die Ereignisse. So darf sie auch die Zeiten nicht �berspringen und die Tage nicht vergessen, wo H�ring noch zu den Unentschlossenen geh�rte, wo Ludwig B�rne jenen mit gutem Essig und gutem �l (beim Salat will das alles sagen) angerichteten "H�rings-Salat" schrieb, Erinnerungen an die Zeit, wo Wilhelm H�ring und Ludwig Robert, damals zensurgem��e Belletristen der Restaurationsperiode, den zum Besuch nach Berlin gekommenen Frankfurter Humoristen, der einen allbewunderten Aufsatz �ber die Sontag geschrieben hatte, durch die Stra�en und Gesellschaften Berlins f�hrten, worauf bei jeder Vorstellung eines eilends vor�berschie�enden Bekannten regelm��ig derselbe Dialog hervorgebracht wurde. Vorstellung: "Hofrat! B�rne!" Verwunderung und Entz�cken: "B�rne? Sontag? G�ttlich!" Es war die Zeit nach der Julirevolution, wo so mancher in Liberalismus gar so weise und vorsichtig machte und nur den Anschauungen des Polizeistaates verfiel. In jenen Tagen bot besonders die Haltung einer gro�en Leipziger Buchhandlung mit ihren einflu�reichen Bl�ttern und Sammelwerken, die im literarischen Verkehr wenigstens Nord- und Mitteldeutschlands entschieden den Ton angaben, den Mittelpunkt f�r eine Richtung, der sich auch H�ring allzu eng anschlo�. Die junge aufstrebende Bewegung der Geister innerhalb der sch�nen Literatur, dann die sich vorzugsweise aus dem Universit�tsleben entwickelnde philosophische Kritik wurden von dorther bek�mpft. Aus jener Zeit stammt der "Neue Pitaval", wo schon der Name des Mitherausgebers, Kriminaldirektors Hitzig, auf diejenige Berliner Sph�re schlie�en l��t, wo man freisinnig am Teetisch war, im B�ro aber tat, was die Obern wollten. Und auch darin irren sich unsere schnell zusammenfassenden, nur aus dem Konversationslexikon orientierten Nekrologe, da� sie schon von "gro�en Erfolgen" z.B. des "Cabanis" sprechen. Nein, unser wackerer Freund hat sich redlich m�hen, gegen eine "See von Plagen" und "die Pfeile des Geschicks" r�sten m�ssen. Ein junger Verleger namens Fincke wollte das Manuskript des "Cabanis" durchaus in sechs Teilen bringen. Da mu�te der letzte und vorletzte Band jeder kaum 100 Seiten betragen! Diese ungl�ckliche Idee, die ein warmes, spannendes Interesse bei einem sprunghaft, abgerissen gearbeiteten Werk nicht aufkommen lie�, wurde nur durch eine f�r jene Zeit des bedruckten L�schpapiers �berraschend geschmackvolle Ausstattung einigerma�en wiedergutgemacht. Mi�mutig �ber die Art, wie sich die Buchh�ndler zu den Autoren zu stellen pflegen, begr�ndete H�ring selbst eine Buchhandlung. Die Operationen seines Kapitals deckte ein anderer Name. Auch hier traten Mi�erfolge, Bek�mmernisse, Verwicklungen aller Art ein. Die Hoffnung auf eine W�rdigung seiner m�rkischen Romane, die zun�chst durch H�rings m�chtig pulsierendes Heimatgef�hl und vielleicht auch durch Nachahmung des vielgepriesenen Kleistschen "Kohlhaas" hervorgerufen wurden, betrog ihn nur innerhalb Berlins nicht. Nach au�en hin fand sich kein Interesse. Nur die "Inexpressibles" des Hrn. v. Bredow belustigten.... Das Jahr 1848 �berraschte unsern rastlos t�tigen, immer geistesfrischen Wilhelm H�ring in Italien. Eine Stellung, die er zur "Vossischen Zeitung" antrat, f�hrte ihn rasch in die richtige Stra�e der Bewegung, bewahrte ihn vor unklarem W�hlen und Handeln in Tagen, wo so viel geirrt, so viel bereut worden ist. Diesem Entschlu�, einem viel gelesenen Blatte seinen emsigen Flei�, seine gewandte Federf�hrung, sein reiches Wissen auf allen Gebieten nutzbar zu machen, widmete er sich mit voller Hingebung. Er tat es mit befreitem, von Vorurteilen erl�stem Sinn. So vieles, worauf auch er in den vorm�rzlichen Tagen noch Nachdruck gelegt hatte, war ja vergessen. Alles Mehr oder Minder, alles So oder So hatte neuen, gr��eren Geschenken des Jahrhunderts Platz gemacht. Jene vorm�rzliche Ann�herung an einen F�rsten, von welchem er Anerkennung seiner patriotischen Vorliebe f�r m�rkische D�rfer, Sandwege mit einsam frierenden Halmen, Tannenw�lder mit Eichh�rnchen und gewissen wie schon ged�rrt auf die Welt kommenden Bl�ten, speziell m�rkischen Rispengattungen (ich charakterisiere eine Naturbetrachtung, die uns mit Adalbert Stifter im Salzkammergut entz�cken, zwischen "Schierke und Elend" nur zur Verzweiflung bringen kann)--diese Ann�herung konnte ihm keine Dem�tigung, keine �ffentlich auferlegte Kr�nkung mehr bringen. In den vorm�rzlichen Tagen besuchte ich ihn in Berlin. Wie leise hauchte er jedes Wort! Wie spionenhaft belauscht f�hlte sich all sein Tun! Ganz in Varnhagens Weise sp�rte er �berall Ungewitter und Heimliches in der Luft. Dieser Druck war endlich gefallen und die sch�nste Frucht der Erhebung durch die Zeit wurde H�rings bester Roman: "Ruhe ist die erste B�rgerpflicht." In diesem ausgezeichneten Gem�lde hatte man nichts von den weglosen L�ngen seiner m�rkischen Walter Scottiaden, von den langen Konversationen nicht mithandelnder Personen, von den gewissen Theater-Reminiszenzen in den Situationen und Charakteren. Hier waren die historisch erwiesenen Pers�nlichkeiten wie im Portraitstil gehalten. Haugwitz, Lucchesini, die Pioniere des preu�ischen Unterganges, traten so greifbar und in so spannend verbundenen Situationen vor unser Auge, da� uns noch jetzt, jedesmal wenn die Droschke gem�tlich durch die Linden- oder Br�derstra�e schlendert, die in den historischen H�usern derselben (wenn sie nicht schon demoliert sind) spielenden Begebenheiten dieses Romans einfallen. Preu�en war durch Olm�tz auf die absch�ssige Seite der schiefen Ebene geraten. �ber dem ganzen Gem�lde lag das bange Vorgef�hl neuer verh�ngnisvoller St�rme, die f�r das damals von Manteuffel regierte Preu�en heraufziehen m��ten.... Lyrisches aus dem Zeitungsviertel (1873) ... F�r die bedeutendsten neuern Erscheinungen auf dem Gebiete der gebundenen Rede gelten jetzt Hamerling und Scheffel, jener unter �sterreichischen, dieser unter rheinischen Voraussetzungen--wozu die dem norddeutschen Ohr unertr�glichen falschen Reime (reiten und leiden) geh�ren. Eingef�hrt sind hier beide--dieser durch Studenten, die in Heidelberg studierten; jener durch Wienerinnen, die sich hieher verheirateten. Schule, Salon, Konversation und Journalistik haben wenig zu ihrer Verbreitung getan, und noch jetzt w�rde der gebildete Kalkulator (Rechnungsrat), der einen gef�hlvollen Sonntagmorgenspaziergang im Tiergarten unternimmt, seine Stimmung ganz durch den Dichter Ferrand befriedigt f�hlen, der vor 30 Jahren in Berlin f�r einen klassischen galt. Die Berliner Poeten, die sich sp�ter auf einem traurig untergegangenen Schiffe "Argo" versammelten, sind teils aus dem Leben geschieden, teils in andere Winde zerstreut oder an andere Berufszweige, z.B. Theaterkritiken zu schreiben, �bergegangen. Wir kommen hiebei, ohne diese Metamorphose heute n�her zu besprechen, der "Vossischen Zeitung" sehr nahe, und nehmen vom B�chertisch ein in Goldschnitt gebundenes zierliches B�ndchen: "Gedichte von Hermann Kletke." (Berlin, Schr�der 1873). Wie ein Redakteur en Chef, der sechsmal in der Woche eine Zeitungsnummer mit zuweilen 10 eng gedruckten Beilagen zu beschaffen hat, der von hundert Gesuchen, Reklamationen, selbst Erw�gungen technischer Schwierigkeiten mit dem Umbrecher (metteur en pages) st�ndlich in Anspruch genommen wird, noch Stimmung gewinnen und diese erhalten kann, sich der lyrischen Muse zu widmen, begreift sich nur aus dem Gesetz der Kontraste und dem selbst f�r das politische Gebiet zum Rechnungtragen, zur R�cksichtnahme, zur M��igung gestimmten weichen Naturell des hier in Frage stehenden Dichters selbst. Die heilige Nacht, die, ach! manchem politischen Redakteur (gl�cklich, wer um 9 Uhr abschlie�en darf!) allein zur Erholung �brig bleibt, spielt denn auch in Verbindung mit dem Mond und den Sternen, dem Brunnengepl�tscher, den W�chtern usw. in den wohlgeformten, nur etwas zu epigrammatisch kurz gehaltenen Gedichten Kletkes eine hervorragende Rolle. Im Gefolge der Nacht gehen Traum, Tod, Jenseits, die vollkommenen Gegens�tze des Leitartikels, der uns des Morgens beim Kaffee an die Gegenwart fesselt. F�r jede "Ente", die unser Dichter in seiner Zeitung wider Willen hat schwimmen lassen m�ssen, rudert hier ein Schwan. Die Schw�ne, die Blumen, die Nachen, die Sonne und besonders das sonst den Lyrikern wenig zustr�mende Gold, der ganze Apparat der deutschen Lyrik, sind vom Dichter umgesetzt in Situationen anziehender Art, das Gold in Abendr�ten, ins Gl�hen der M�dchenwange, in den Wellenspiegel des Sees, auch in die Tiefen eines gepriesenen edlen Charakters. Kurz, es gibt sich ein in dieser nihilistischen Zeit, und zumal auf dem Gebiete der Publizistik, in der Tat seltenes, kindlich reines, weihevolles Leben in diesen Gedichten kund. Und keineswegs ist es ein Leben nach der Richtschnur �berlieferter Traditionen. Selbst den Greis ergreift noch der Reiz des Sch�nen, die m�chtig wieder auflebende Erinnerung, der Ton geht zuweilen in die dem Saturn trotzende Weise des Hafis �ber--aber bald (und vielleicht zu oft f�r diese immer gleiche Pointe) naht Sturm, oder bricht Nacht herein, oder pocht der Tod an die T�r und macht so dem vorgef�hrten Bild ein Ende. Wenn wir ferner als tadelndes Wort noch von einer gewissen zuweit getriebenen Knappheit der Form sprechen, so ist allerdings damit zun�chst ein Lob ausgesprochen, das des Entferntseins jeder phrasenhaften Prolixit�t; aber doch ist die �bertragung der st�ndlichen Parole, die ein Redakteur en Chef im Munde f�hren mu�: "Nur kurz! Nur kurz!" auf den lyrischen Mitteilungsdrang bedenklich. Bei Gedichten ist der Rotstift nicht angebracht. Es ist diesen zarten Eingebungen sch�dlich, wenn man sie zweimal lesen mu�, um sie zu verstehen, wie die weiland Gubitzschen Rezensionen in der "Vossischen Zeitung". In der Tat sind viele der Kletkeschen Gedichte so kompre� in der Form gehalten, so zugleich von irgendeinem zuf�lligen, dem Leser nicht sofort gel�ufigen Umstande veranla�t, da� es ein l�ngeres Verweilen kostet, eine Vertiefung in die gebrauchten Bilder, um in die Konstruktionen und ihren Sinn einzudringen. Am ungezwungensten bewegt sich des Dichters Humor. Im Scherz, angeregt von Vorkommnissen des t�glichen Lebens, besonders der Familie, flie�t die dichterische Sprache mit kristallner Klarheit voll und m�chtig. Den Gesellschaftsliedern l��t sich unmittelbare Sangbarkeit und vor allem Geschmack nachr�hmen. Letzterer wird doch wohl bei den Trinkliedern unserer Zeit nicht immer eingehalten? Man glaubt jetzt manches derartige, das dem Jahrhundert besonders zu gefallen scheint, nur f�r eine Tafelrunde ger�teter Nasen bestimmt. Louise M�hlbach und die moderne Romanindustrie (1873) Heute ist Auktion des Louise M�hlbachschen Nachlasses! Nicht ihrer Manuskripte--denn diese gingen mit noch nicht getrockneter Tinte sofort in die Druckereien--sondern ihrer M�bel, Teppiche, Vorh�nge, Pend�len, Gem�lde, Vasen und der �gyptischen Andenken, die alle in einer Etage der Potsdamer Stra�e charakteristisch gruppiert standen! Hoffentlich hat die enthusiastische �bersch�tzung, die der so pl�tzlich der Welt Entr�ckten jenseits des Ozeans zuteil wurde, ein reiches Kontingent von amerikanischen Steigerern herbeigef�hrt, das auch f�r eine alte Stahlfeder, die von ihr gebraucht wurde, f�nfzig Dollars zu zahlen bereit ist! Denn ganz Berlin ist erstaunt �ber die Zerr�ttung der Louise M�hlbachschen Verm�gensverh�ltnisse! Die Verstorbene hatte die gl�nzendsten Honorare bezogen. Sie soll vom Khedive au�ergew�hnliche Geldspenden erhalten haben. Sie gab Diners und Soupers von lukullischer F�lle. Sie reiste ohne die mindeste Einschr�nkung wie eine F�rstin. Bei alledem soll f�r ihre noch unversorgte Tochter nichts als eine Schuldenlast vorhanden sein, wodurch die Bedauernswerte vielleicht gen�tigt sein d�rfte, die Erbschaft nur "unter der Wohltat des Inventars" anzutreten. Mitten aus angefangenen Romanen, die des Morgens gegen 10 Uhr einer Stenographin zwei bis drei Stunden lang diktiert wurden, ist die merkw�rdige Frau durch den Tod abgefordert worden, den unerbittlichen Tod, den sie durch kein Zeichen ihres Lebens und Verhaltens als auch f�r sie schon herannahend geahnt hatte. Wenn es vol1st�ndig "diesseitige" Menschen gibt, Individuen, f�r die man sich im Jenseits, falls man nicht mit den alten �gyptern an die Seelenwanderung glauben wollte, nirgends eine passende Unterkunft und Ankn�pfung denken kann, so sind dies die reinen Lebens- und Genu�naturen. Louise M�hlbach war eine solche. Sie war die ewig Unerschrockene, immer Mutige, immer auf der Bresche Stehende. Imperterrita h�tte sie irgendein Romantiker der Spanier in einem Drama genannt, das sich vielleicht aus ihrem fr�hern romantischen Leben selbst h�tte formen lassen. Ihren Freunden wird der resolute, mutige, keine Gefahr oder Anstrengung scheuende, etwas breit-mecklenburgische Klang ihrer Stimme unverge�lich bleiben. Keine Niederlage dr�ckte sie zu Boden. Die freudigste Zuversicht, Siegesgewi�heit, Trotz bei jedem Unternehmen lag in ihren Z�gen, in ihren Worten. Widersprachen die Tatsachen, so hatte sie der Auswege so viele wie ein Feldherr, der nach einer verlornen Schlacht doch noch seinen R�ckzug imposant zu maskieren versteht. Auf den "Berliner B�chertisch" k�nnte nur ihr letztes, von Fl�chtigkeiten wimmelndes Werk "Kaiser Wilhelm und seine Helden" geh�ren, verlegt von einer hiesigen Buchhandlung (Werner Gro�e), die nur einen massenhaften Absatz in den mittlern und untern Regionen anstrebt. Es war eine schon von ihren zerr�tteten Finanzen herstammende Unsitte, da� sich die in den Stoffen bedr�ngte Frau, die durchaus ihre alten Erfolge wieder erobern wollte, an lebende m�chtige Pers�nlichkeiten anschlo�, schon den Erzherzog Johann von �sterreich als Romanstoff verarbeitete, w�hrend der ehemalige Reichsverweser noch ruhig auf seinem Schlo� in Steiermark sa�, an Napoleon schrieb (siehe die "Enth�llungen aus den Tuilerien"), weil sie Hortense und die napoleonische Romantik verherrlichen, auch � tout prix an den Feierlichkeiten bei Einweihung des Suezkanals beteiligt sein wollte usw. Die Unsitte der "Aktualit�t" ist jetzt durch den ehemaligen Welfenagitator Meding, genannt Samarow, so weit gediehen, da� wir Romane zu lesen bekommen, wo in einer Szene Lasker mit Bismarck �ber einen Kompromi� unterhandelt, Herr v. Keudell dabei eine Zigarre raucht und Lothar Bucher, ans Fenster gelehnt, scheinbar gleichg�ltig eine englische Zeitung liest. Die Poesielosigkeit, die Unbildung, das Yankeetum unseres Zeitalters sind die Bef�rderer dieses ans Kindische streifenden Mi�brauchs einer raschen und gewandten Feder geworden, die sogar nicht mehr angesetzt wird. Die Phantasie, die nur den Bogen f�llen will, bedient sich der Stenographie. Yankeetum nennen wir hier jene fast an den Urzustand von Wilden erinnernde ma�lose Schausucht, die gierig durch die Masse sich mit eingestemmten Armen Bahn bricht und alles anstaunt, alles belorgnettiert, alles im Bild anschaulich gemacht sehen will, Hinrichtungen, Schreckensvorf�lle, Weltausstellungsspektakel usw. Ganz Nordamerika leidet an diesem Sensationsfieber, w�hrend sich doch Europa, nach einigen Aufregungen, l�ngst, wenigstens in den Kreisen der Bildung, beruhigt hat. Sollte man glauben, da� ein New-Yorker Blatt Louise M�hlbach nicht blo� nach Wien, sondern auch nach Ems schickte, um dort das diesj�hrige (so stille, friedliche, von nicht der mindesten "Sensation" begleitete) Erscheinen des Kaisers an der Kr�hnchen-Quelle zu beobachten und zu beschreiben! Sie flog von Wien nach Ems, machte dann selbst in Marienbad eine Kur, erk�ltete sich, legte sich in Berlin ohne die mindeste Ahnung ihres gefahrvollen Zustandes ins Bett und ist im bewu�tlosen Zustande, ohne Schmerzgef�hl, aus dem Leben geschieden. Als man ihre Leiche neben meinem alten Kampfgenossen Theodor Mundt in die Grube senkte und manchem des w�rdigen Sydow Sargweihe-Rede als zu herb noch im Ohre klang, h�tte ich, wenn hier Laien-Grabreden Sitte w�ren, dem Thema: "Richtet nicht--!" erwidern m�gen: Auch diese Prunk- und Prahlsucht, die du zu verurteilen scheinst--forsche nur nach, Priester!--, es lag ihr blo� die weibliche Liebe zugrunde! Liebe zuerst zu ihrem Gatten, der ihr bedeutender, anerkennenswerter erschien, als ihn die schulm��ige Wissenschaft Berlins wollte aufkommen lassen, oder diejenige Berliner Anerkennung, der man nur mit Titeln und Orden imponieren kann! Die Liebe war es, die auch allm�hlich die mephistophelische, satirische, ja zynisch verbitterte Verachtung der Welt annahm, die sich allm�hlich des Gatten und zur�ckgesetzten Professors bem�chtigt hatte! Liebe, Liebe allein lie� den Schein entstehen, als wenn die moderne Literatur mit dem Adel, mit der Kaufmannswelt, mit den tausend Anma�ungen und hochgetragenen Nasen der Anma�ung ringsum rivalisieren k�nnte! Es ist ein alter Satz, den George Sand nur wiederholt hat, wenn man ihn als von ihr herr�hrend anf�hrt, da� unsere Fehler die �bertreibungen unserer Tugenden sind. Dies auf das allerdings erschreckende Syst�me de bascule angewandt, wie Louise M�hlbach verstanden hat, sich bei den bekannten Lieferanten von Luxus- und Genu�gegenst�nden einen Kredit von Tausenden zu machen und zu erhalten, gibt einen Einblick in die Stufenfolge der Entwicklung der Charaktere. Die Verschwendung dieser Frau war nicht ganz die Folge der pers�nlichen Eitelkeit, sondern eine Folge des Widerstandes, den der erlaubte Ehrgeiz geistig Schaffender der breitspurigen, vom Gl�cke beg�nstigten Alltagswelt leisten m�chte. "Erlaubt"--? sagte ich von ihrem Ehrgeiz? Nun, in Bezug auf "Friedrich der Gro�e und die Seinen" und "Kaiser Joseph" m�chten wir in unsers Helmerding so k�stlich vorgetragenes Couplet mit dem Refrain: "Dazu geh�rt wahrhaftig doch Talent!" mit einstimmen. In fast allen Berichten �ber die Gegenwartsliteratur findet man den Satz aufgestellt: da� der eigentliche poetische Ausdruck der Zeit der Roman sei. Besonders bei Einleitungen zu einer Besprechung �ber einen neu erschienenen Roman von N. N. begegnet man regelm��ig diesem Axiom von fragw�rdiger Tragweite. H�tte der betreffende Autor, dessen Zeltkamerad und wahrscheinlicher t�glicher Zigarrenkastengenosse der Rezensent zu sein pflegt, zuf�llig ein Drama als epochemachend zu bezeichnen, so w�rde ihm niemand, der die Unzahl der �berall erstehenden Theater erw�gt und das trotz der "Krachs" wieder beginnende Billet-Rennen, widersprechen k�nnen. Aber genau erwogen ist jener Satz weder f�r den Roman noch f�r die B�hne erweislich. Wenn z.B. heute ein origineller, aus Kunst und Naivit�t geschaffener Geist wie Robert Burns der deutschen Literatur, die �hnliches nur in den Ans�tzen einiger verschollener "Naturdichter" besitzt, geschenkt werden k�nnte, warum sollte er nicht in den Vordergrund treten und wieder auch f�r die Berechtigung der Lyrik zeugen k�nnen! Von einem Hindurchgehenm�ssen des �sthetischen Begriffs, wie Carri�re sagen w�rde, in "welthistorischer Entwicklung", ausschlie�lich durch den Roman, scheint mir gar keine Rede. Macht gute Dramen, und alle Welt wird davon erf�llt sein! Macht ein "reizendes" Epos (ich spreche berlinisch), und es wird auf jedem Toilettentisch liegen! Schon deshalb mu� man jenen Einleitungssatz zu den Rezensionen �ber die Romane von N.N. und N.N. ablehnen, weil die Ablagerung der schriftstellerischen Impotenz im Roman eine Ausdehnung angenommen hat, die schreckenerregend ist. Junge M�dchen ohne jede Lebenserfahrung, nur von den Reminiszenzen ihrer Lekt�re erf�llt, h�ufen Bogen auf Bogen und finden Gelegenheit, ihre Konvolute drucken zu lassen. Frauen "erfinden"--man kann wohl nach dem Sprichwort sagen: "auf Teufelholen" --Geschichten von geraubten Kindern, unterdr�ckten Testamenten, Brandstiftungen, Nichtanerkennungen illegitimer Kinder, Eindringlingen, die sich, nachdem sie das Herz einer Gr�fin gewonnen haben, als Galeerensklaven entpuppen, oder sie nehmen Geschichtsstoffe, die in einer Weise zusammengeknetet werden, die den Melangen der K�chenrezepte entspricht. Gewisse Memoiren-Exzerpenten, die jahrein jahraus ihre 8-9 B�nde zusammenbringen, die dann vorher schon in der Unzahl unserer illustrierten Bl�tter verwertet worden waren, schreiben mit umso gr��erem Vertrauen, als sie nur von Menschen gelesen oder als langweilig beiseite gelegt werden, die nicht wieder schreiben. Kritik existiert f�r diese Buchmacherei nicht. Wer soll sie �ben, wer soll sie lesen, durchbl�ttern, als h�chstens ein auf massenhaftes "Abtun" angewiesener Rezensent in den "Bl�ttern f�r literarische Unterhaltung"? Nur die Reklame h�lt sie, worunter nicht die Anzeige "unterm Strich" zu verstehen ist, sondern die den obern Zeilen ebenb�rtige redaktionelle Meinungs�u�erung, in der Regel ein vom Autor oder von dem Verleger selbst besorgtes Referat, das jeden Tadel ausschlie�t. Die Redaktionen der meisten hiesigen Zeitungen sind froh, wenn sie nur irgendwie die B�cherst��e, die sich bei ihnen namentlich gegen Weihnachten aufh�ufen, in solcher Art erledigen k�nnen. Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Berlin--Panorama einer Weltstadt, von Karl Gutzkow. End of Project Gutenberg's Berlin--Panorama einer Weltstadt, by Karl Gutzkow *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BERLIN--PANORAMA EINER WELTSTADT *** This file should be named 8berl10.txt or 8berl10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8berl11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8berl10a.txt Produced by Mike Pullen and Delphine Lettau. 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