Project Gutenberg's Das Leiden eines Knaben, by Conrad Ferdinand Meyer Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. You can also find out about how to make a donation to Project Gutenberg, and how to get involved. **Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** **eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** *****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** Title: Das Leiden eines Knaben Author: Conrad Ferdinand Meyer Release Date: December, 2005 [EBook #9496] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on October 5, 2003] Edition: 10 Language: German Character set encoding: ISO-8859-1 *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LEIDEN EINES KNABEN *** Produced by Delphine Lettau This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verf�gung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. Das Leiden eines Knaben Conrad Ferdinand Meyer Der K�nig hatte das Zimmer der Frau von Maintenon betreten und, luftbed�rftig und f�r die Witterung unempfindlich wie er war, ohne weiteres in seiner souver�nen Art ein Fenster ge�ffnet, durch welches die feuchte Herbstluft so f�hlbar eindrang, dass die zarte Frau sich fr�stelnd in ihre drei oder vier R�cke schmiegte. Seit einiger Zeit hatte Ludwig der Vierzehnte seine t�glichen Besuche bei dem Weibe seines Alters zu verl�ngern begonnen, und er erschien oft schon zu fr�her Abendstunde, um zu bleiben, bis seine Sp�ttafel gedeckt war. Wenn er dann nicht mit seinen Ministern arbeitete, neben seiner diskreten Freundin, die sich aufmerksam und schweigend in ihren Fauteuil begrub; wenn das Wetter Jagd oder Spaziergang verbot; wenn die Konzerte, meist oder immer geistliche Musik, sich zu oft wiederholt hatten, dann war guter Rat teuer, welchergestalt der Monarch vier Glockenstunden lang unterhalten oder zerstreut werden konnte. Die dreiste Muse Moli�res, die Z�rtlichkeiten und Ohnmachten der Lavalli�re, die k�hne Haltung und die originellen Witzworte der Montespan und so manches andere hatte seine Zeit gehabt und war nun gr�ndlich vor�ber, welk wie eine verblasste Tapete. Massvoll und fast gen�gsam wie er geworden, arbeitsam wie er immer gewesen, war der K�nig auch bei einer die Schranke und das Halbdunkel liebenden Frau angelangt. Dienstfertig, einschmeichelnd, unentbehrlich, dabei voller Grazie trotz ihrer Jahre, hatte die Enkelin des Agrippa d'Aubign� einen lehrhaften Gouvernantenzug, eine Neigung, die Gewissen mit Autorit�t zu beraten, der sie in ihrem Saint-Cyr unter den Edelfr�ulein, die sie dort erzog, behaglich den Lauf liess, die aber vor dem Gebieter zu einem bescheidenen Sichanschmiegen an seine h�here Weisheit wurde. Dergestalt hatte, wann Ludwig schwieg, auch sie ausgeredet, besonders wenn etwa, wie heute, die junge Enkelfrau des K�nigs, die Savoyardin, das erg�tzlichste Gesch�pf von der Welt, das �berallhin Leben und Gel�chter brachte, mit ihren Kindereien und ihren trippelnden Schmeichelworten aus irgendeinem Grunde wegblieb. Frau von Maintenon, welche unter diesen Umst�nden die Schritte des K�nigs nicht ohne eine leichte Sorge vernommen hatte, beruhigte sich jetzt, da sie dem besch�ftigten und unmerklich belustigten Ausdrucke der ihr gr�ndlich bekannten k�niglichen Z�ge entnahm: Ludwig selbst habe etwas zu erz�hlen, und zwar etwas Erg�tzliches. Dieser hatte das Fenster geschlossen und sich in einen Lehnstuhl niedergelassen. "Madame", sagte er, "heute mittag hat mir P�re Lachaise seinen Nachfolger, den P�re Tellier, gebracht." P�re de Lachaise war der langj�hrige Beichtiger des K�nigs, welchen dieser, trotz der Taubheit und v�lligen Gebrechlichkeit des greisen Jesuiten, nicht fahrenlassen wollte und sozusagen bis zur Fadenscheinigkeit aufbrauchte; denn er hatte sich an ihn gew�hnt, und da er--es ist unglaublich zu sagen--aus unbestimmten, aber doch vorhandenen Bef�rchtungen seinen Beichtiger in keinem andern Orden glaubte w�hlen zu d�rfen, zog er diese Ruine eines immerhin ehrenwerten Mannes einem j�ngern und strebsamen Mitgliede der Gesellschaft Jesu vor. Aber alles hat seine Grenzen. P�re Lachaise wankte sichtlich dem Grabe zu, und Ludwig wollte denn doch nicht an seinem geistlichen Vater zum M�rder werden. "Madame", fuhr der K�nig fort, "mein neuer Beichtiger hat keine Sch�nheit und Gestalt: eine Art Wolfsgesicht, und dann schielt er. Er ist eine geradezu abstossende Erscheinung, aber er wird mir als ein gegen sich und andere strenger Mann empfohlen, welchem sich ein Gewissen �bergeben l�sst. Das ist doch wohl die Hauptsache." "Je schlechter die Rinne, desto k�stlicher das darin fliessende himmlische Wasser", bemerkte die Marquise erbaulich. Sie liebte die Jesuiten nicht, welche dem Ehebunde der Witwe Scarrons mit der Majest�t entgegengearbeitet und kraft ihrer weiten Moral das Sakrament in diesem k�niglichen Falle f�r �berfl�ssig erkl�rt hatten. So tat sie den frommen V�tern gelegentlich gern etwas zuleide, wenn sie dieselben im stillen krallen konnte. Jetzt schwieg sie, und ihre dunklen mandelf�rmigen, sanft schwerm�tigen Augen hingen an dem Munde des Gemahls mit einer bescheidenen Aufmerksamkeit. Der K�nig kreuzte die F�sse, und den Demantblitz einer seiner Schuhschnallen betrachtend, sagte er leichthin: "Dieser Fagon! Er wird unertr�glich! Was er sich nicht alles herausnimmt!" Fagon war der hochbetagte Leibarzt des K�nigs und der Sch�tzling der Marquise. Beide lebten sie t�glich in seiner Gesellschaft und hatten sich auf den Fall, dass er vor ihnen st�rbe, Asyle gew�hlt, sie Saint-Cyr, er den botanischen Garten, um sich hier und dort nach dem Tode des Gebieters einzuschliessen und zu begraben. "Fagon ist Euch unendlich anh�nglich", sagte die Marquise. "Gewiss, doch entschieden, er erlaubt sich zu viel", versetzte der K�nig mit einem leichten halb komischen Stirnrunzeln. "Was gab es denn?" Der K�nig erz�hlte und hatte bald zu Ende erz�hlt. Er habe bei der heutigen Audienz seinen neuen Beichtiger gefragt, ob die Tellier mit den Le Tellier, der Familie des Kanzlers, verwandt w�ren? Doch der dem�tige P�re habe dieses schnell verneint und sich frank als den Sohn eines Bauern in der untern Normandie bekannt. Fagon habe unweit in einer Fensterbr�stung gestanden, das Kinn auf sein Bambusrohr gest�tzt. Von dort, hinter dem geb�ckten R�cken des Jesuiten, habe er unter der Stimme, aber vernehmlich genug, hergefl�stert: "Du Nichtsw�rdiger!" "Ich hob den Finger gegen Fagon", sagte der K�nig, "und drohte ihm." Die Marquise wunderte sich. "Wegen dieser ehrlichen Verneinung hat Fagon den Pater nicht schelten k�nnen, er muss einen andern Grund gehabt haben", sagte sie verst�ndig. "Immerhin, Madame, war es eine Unschicklichkeit, um nicht mehr zu sagen. Der gute le Lachaise, taub wie er endlich doch geworden ist, h�rte es freilich nicht, aber mein Ohr hat es deutlich vernommen, Silbe um Silbe. 'Niedertr�chtiger!' blies Fagon dem Pater zu, und der Misshandelte zuckte zusammen." Die Marquise schloss l�chelnd aus dieser Variante, dass Fagon einen derbern Ausdruck gebraucht habe. Auch in den Mundwinkeln des K�nigs zuckte es. Er hatte sich von jung an zum Gesetze gemacht, wozu er �brigens schon von Natur neigte und was er dann bis an sein Lebensende hielt, niemals, auch nicht erz�hlungsweise, ein gemeines oder beschimpfendes, kurz ein unk�nigliches Wort in den Mund zu nehmen. Der hohe Raum war einged�mmert, und wie der Bediente die traulichen zwei Armleuchter auf den Tisch setzte und sich r�cklings schreitend verzog, siehe, da wurde ein leise eingetretener Lauscher sichtbar, eine wunderliche Erscheinung, eine ehrw�rdige Missgestalt: ein schiefer, verwachsener, seltsam verkr�mmter kleiner Greis, die entfleischten H�nde unter dem gestreckten Kinn auf ein langes Bambusrohr mit goldenem Knopfe st�tzend, das feine Haupt vorgeneigt, ein weisses Antlitz mit geisterhaften blauen Augen. Es war Fagon. "'Du Lump, du Schuft!' habe ich kurzweg gesagt, Sire, und nur die Wahrheit gesprochen", liess sich jetzt seine schwache, vor Erregung zitternde Stimme vernehmen. Fagon verneigte sich ehrf�rchtig vor dem K�nige, galant gegen die Marquise. "Habe ich einen Geistlichen in Eurer Gegenwart, Sire, dergestalt behandelt, so bin ich entweder der Niedertracht gegen�ber ein aufbrausender J�ngling geblieben, oder ein w�rdiges Alter berechtigt, die Wahrheit zu sagen. Brachte mich nur das Schauspiel auf, welches der Pater gab, da sich der vierschr�tige und hartknochige T�lpel mit seiner Wolfsschnauze vor Euch, Sire, drehte und kr�mmte und auf Eure leutselige Frage nach seiner Verwandtschaft in d�nkelhafter Selbsterniedrigung nicht Worte genug fand, sein Nichts zu beteuern? 'Was denkt die Majest�t?'"--ahmte Fagon den Pater nach--, "'verwandt mit einem so vornehmen Herrn? Keineswegs? Ich bin der Sohn eines gemeinen Mannes! eines Bauern in der untern Normandie! eines ganz gemeinen Mannes!...' Schon dieses nichtsw�rdige Reden von dem eigenen Vater, diese kriechende, heuchlerische, durch und durch unwahre Demut, diese gr�ndliche Falschheit verdiente vollauf schuftig genannt zu werden. Aber die Frau Marquise hat recht: es war noch etwas anderes, etwas ganz Abscheuliches und Teuflisches, was ich ger�cht habe, leider nur mit Worten: eine Missetat, ein Verbrechen, welches der unerwartete Anblick dieses t�ckischen Wolfes mir wieder so gegenw�rtig vor das Auge stellte, dass die karge Neige meines Blutes zu kochen begann. Denn, Sire, dieser B�sewicht hat einen edeln Knaben gemordet!" "Ich bitte dich, Fagon", sagte der K�nig, "welch ein M�rchen!" "Sagen wir: er hat ihn unter den Boden gebracht", milderte der Leibarzt h�hnisch seine Anklage. "Welchen Knaben denn?" fragte Ludwig in seiner sachlichen Art, die kurze Wege liebte. "Es war der junge Boufflers, der Sohn des Marschalls aus seiner ersten Ehe", antwortete Fagon traurig. "Julian Boufflers? Dieser starb, wenn mir recht ist", erinnerte sich der K�nig, und sein Ged�chtnis t�uschte ihn selten, "17** im Jesuitencollegium an einer Gehirnentz�ndung, welche das arme Kind durch �berarbeitung sich mochte zugezogen haben, und da P�re Tellier in jenen Jahren dort Studienpr�fekt sein konnte, hat er allerdings, sehr fig�rlich gesprochen", spottete der K�nig, "den unbegabten, aber im Lernen hartn�ckigen Knaben in das Grab gebracht. Der Knabe hat sich eben �bernommen, wie mir sein Vater, der Marschall, selbst erz�hlt hat." Ludwig zuckte die Achseln. Nichts weiter. Er hatte etwas Interessanteres erwartet. "Den unbegabten Knaben... ", wiederholte der Arzt nachdenklich. "Ja, Fagon", versetzte der K�nig, "auffallend unbegabt, und dabei sch�chtern und kleinm�tig, wie kein M�dchen. Es war an einem Marly-Tage, dass der Marschall, welchem ich f�r dieses sein �ltestes Kind die Anwartschaft auf sein Gouvernement gegeben hatte, mir ihn vorstellte. Ich sah, der schmucke und wohlgebildete J�ngling, �ber dessen Lippen schon der erste Flaum sprosste, war bewegt und wollte mir herzlich danken, aber er geriet in ein so kl�gliches Stottern und peinliches Err�ten, dass ich, um ihn nur zu beruhigen oder wenigstens in Ruhe zu lassen, mit einem 'Es ist gut' geschwinder, als mir um seines Vaters willen lieb war, mich wendete." "Auch mir ist jener Abend erinnerlich", erg�nzte die Marquise. "Die verewigte Mutter des Knaben war meine Freundin, und ich zog diesen nach seiner Niederlage zu mir, wo er sich still und traurig, aber dankbar und liebenswert erwies, ohne, wenigstens �usserlich, die erlittene Dem�tigung allzu tief zu empfinden. Er ermutigte sich sogar zu sprechen, das Allt�gliche, das Gew�hnliche, mit einem herzgewinnenden Ton der Stimme, und--meine N�he schaffte ihm Neider. Es war ein schlimmer Tag f�r das Kind, jener Marly. Ein Beiname, wie denn am Hofe alles, was nicht Ludwig heisst, den seinigen tragen muss"--die feinf�hlige Marquise wusste, dass ihr gerades Gegenteil, die brave und schreckliche Pf�lzerin, die Herzogin-Mutter von Orl�ans, ihr den allergarstigsten gegeben hatte--, "einer jener gef�hrlichen Beinamen, die ein Leben vergiften k�nnen und deren Gebrauch ich meinen M�dchen in Saint-Cyr auf strengste untersagt habe, wurde f�r den bescheidenen Knaben gefunden, und da er von Mund zu Munde lief, ohne viel Arg selbst von unschuldigen und bl�henden Lippen gewispert, welche sich wohl dem h�bschen jungen nach wenigen Jahren nicht versagt haben w�rden." "Welcher Beiname?" fragte Fagon neugierig. "'Le bel idiot'... und das Zucken eines Paares hochm�tiger Brauen verriet mir, wer ihn dem Knaben beschert hat." "Lauzun?" riet der K�nig. "Saint-Simon", berichtigte die Marquise. "Ist er doch an unserem Hofe das lauschende Ohr, das sp�hende Auge, das uns alle beobachtet"--der K�nig verfinsterte sich--, "und die ge�bte Hand, die n�chtlicherweile hinter verriegelten T�ren von uns allen leidenschaftliche Zerrbilder auf das Papier wirft! Dieser edle Herzog, Sire, hat es nicht verschm�ht, den unschuldigsten Knaben mit einem seiner grausamen Worte zu zeichnen, weil ich Harmlose, die er verabscheut, an dem Kinde ein fl�chtiges Wohlgefallen fand und ein gutes Wort an dasselbe wendete." So z�ngelte die sanfte Frau und reizte den K�nig, ohne die Stirn zu falten und den Wohlklang ihrer Stimme zu verlieren. "Der sch�ne Stumpfsinnige", wiederholte Fagon langsam. "Nicht �bel. Wenn aber der Herzog, der neben seinen schlimmen auch einige gute Eigenschaften besitzt, den Knaben gekannt h�tte, wie ich ihn kennenlernte und er mir unvergesslich geblieben ist, meiner Treu! der gallichte Saint-Simon h�tte Reue gef�hlt. Und w�re er wie ich bei dem Ende des Kindes zugegen gewesen, wie es in der Illusion des Fiebers, den Namen seines K�nigs auf den Lippen, in das feindliche Feuer zu st�rzen glaubte, der heimliche H�llenrichter unserer Zeit, wenn die Sage wahr redet, denn niemand hat ihn an seinem Schreibtische gesehen--h�tte den Knaben bewundert und ihm eine Tr�ne nachgeweint." "Nichts mehr von Saint-Simon, ich bitte dich, Fagon", sagte der K�nig, die Brauen zuammenziehend. "Mag er verzeichnen, was ihm als die Wahrheit erscheint. Werde ich die Schreibtische belauern? Auch die grosse Geschichte f�hrt ihren Griffel und wird mich in den Grenzen meiner Zeit und meines Wesens l�sslich beurteilen. Nichts mehr von ihm. Aber viel und alles, was du weisst, von dem jungen Boufflers. Er mag ein braver Junge gewesen sein. Setze dich und erz�hle!" Er deutete freundlich auf einen Stuhl und lehnte sich in den seinigen zur�ck. "Und erz�hle h�bsch bequem und gelassen, Fagon", bat die Marquise mit einem Blick auf die schmucken Zeiger ihrer Stockuhr, welche zum Verwundern schnell vorr�ckten. "Sire, ich gehorche", sagte Fagon, "und tue eine untert�nige Bitte. Ich habe heute den P�re Tellier in Eurer Gegenwart misshandelnd mir eine Freiheit genommen und weiss, wie ich mich aus Erfahrung kenne, dass ich, einmal auf diesen Weg geraten, an demselben Tage leicht r�ckf�llig werde. Als Frau von Sabli�re den guten--oder auch nicht guten--Lafontaine, ihren Fabelbaum, wie sie ihn nannte, aus dem schlechten Boden, worein er seine Wurzeln gestreckt hatte, ausgrub und wieder in die gute Gesellschaft verpflanzte, willigte der Fabeldichter ein, noch einmal unter anst�ndigen Menschen zu leben, unter der Bedingung jedoch, jeden Abend das Minimum von drei Freiheiten--was er so Freiheiten hiess--sich erlauben zu d�rfen. In �hnlicher und verschiedener Weise bitte ich mir, soll ich meine Geschichte erz�hlen, drei Freiheiten aus... " "Welche ich dir gew�hre", schloss der K�nig. Drei K�pfe r�ckten zusammen: der bedeutende des Arztes, das olympische Lockenhaupt des K�nigs und das feine Profil seines Weibes mit der hohen Stirn, den reizenden Linien von Nase und Mund und dem leicht gezeichneten Doppelkinne. "In den Tagen, da die Majest�t noch den gr�ssten ihrer Dichter besass", begann der Leibarzt, "und dieser, w�hrend schon der Tod nach seiner kranken Brust zielte, sich belustigte, denselben auf der B�hne nachzu�ffen, wurde das Meisterst�ck 'Der Kranke in der Einbildung' auch vor der Majest�t hier in Versailles aufgef�hrt. Ich, der ich sonst eine w�rdige mit Homer oder Virgil verlebte Stunde und den Wellenschlag einer antiken Dichtung unter gestirntem Himmel den grellen Lampen und den verzerrten Gesichtern der auf die B�hne gebrachten Gegenwart vorziehe, ich durfte doch nicht wegbleiben, da wo mein Stand verspottet und vielleicht, wer wusste, ich selbst und meine Kr�cke"--er hob sein Bambusrohr, auf welches er auch sitzend sich zu st�tzen fortfuhr--, "abbildlich zu sehen waren. Es geschah nicht. Aber h�tte Moli�re mich in einer seiner Possen verewigt, wahrlich, ich h�tte es dem nicht verargen k�nnen, der sein eigenes schmerzlichstes Empfinden komisch betrachtet und verk�rpert hat. Diese letzten St�cke Moli�res, nichts geht dar�ber! Das ist die souver�ne Kom�die, welche freilich nicht nur das Verkehrte, sondern in grausamer Lust auch das Menschlichste in ein h�hnisches Licht r�ckt, dass es zu grinsen beginnt. Zum Beispiel, was ist verzeihlicher, als dass ein Vater auf sein Kind sich etwas einbilde, etwas eitel auf die Vorz�ge und etwas blind f�r die Schw�chen seines eigenen Fleisches und Blutes sei? L�cherlich freilich ist es und fordert den Spott heraus. So lobt denn auch im 'Kranken in der Einbildung' der alberne Diaforius seinen noch alberneren Sohn Thomas, einen vollst�ndigen Dummkopf Doch die Majest�t kennt die Stelle." "Mache mir das Vergn�gen, Fagon, und rezitiere sie mir", sagte der K�nig, welcher, seit Familienverluste und schwere �ffentliche Unf�lle sein Leben ernst gemacht, sich der komischen Muse zu enthalten pflegte, dem die Lachmuskeln aber unwillk�rlich zuckten in Erinnerung des guten Gesellen, den er einst gern um sich gelitten und an dessen Masken er sich erg�tzt hatte. "'Es ist nicht darum'", spielte Fagon den Doctor Diaforius, dessen Rolle er seltsamerweise auswendig wusste, "'weil ich der Vater bin, aber ich darf sagen, ich habe Grund, mit diesem meinem Sohne zufrieden zu sein, und alle, die ihn sehen, sprechen von ihm als von einem J�ngling ohne Falsch. Er hat nie eine sehr t�tige Einbildungskraft, noch jenes Feuer besessen, welches man an einigen wahrnimmt. Als er klein war, ist er nie, was man so heisst, aufgeweckt und mutwillig gewesen. Man sah ihn immer sanft, friedselig und schweigsam. Er sprach nie ein Wort und beteiligte sich niemals an den sogenannten Knabenspielen. Man hatte schwere M�he, ihn lesen zu lehren, und mit neun Jahren kannte er seine Buchstaben noch nicht. Gut', sprach ich zu mir, 'die sp�ten B�ume tragen die besten Fr�chte, es gr�bt sich in den Marmor schwerer als in den Sand'... und so fort. Dieser langsam getr�ufelte Spott wurde dann auf der B�hne zum gr�ndlichen Hohn durch das uns�glich einf�ltige Gesicht des Belobten und zum unwiderstehlichen Gel�chter in den Mienen der Zuschauer. Unter diesen fand mein Auge eine blonde Frau von r�hrender Sch�nheit und besch�ftigte sich mit den langsam wechselnden Ausdr�cken dieser einfachen Z�ge; zuerst demjenigen der Freude �ber die gerechte Belobung eines schwer, aber fleissig lernenden Kindes, so unvorteilhaft der J�ngling auf der B�hne sich ausnehmen mochte, dann dem andern Ausdrucke einer traurigen Entt�uschung, da die Schauende, ohne jedoch recht zu begreifen, inne wurde, dass der Dichter, der es mit seinen schlichten Worten ernst zu meinen schien, eigentlich nur seinen blutigen Spott hatte mit der v�terlichen Selbstverblendung. Freilich hatte Moli�re, der grossartige Sp�tter, alles so naturwahr und sachlich dargestellt, dass mit ihm nicht zu z�rnen war. Eine lange und m�hsam verhaltene, tief schmerzliche Tr�ne rollte endlich �ber die zarte Wange des bek�mmerten Weibes. Ich wusste nun, dass sie Mutter war und einen unbegabten Sohn hatte. Das ergab sich f�r mich aus dem Geschauten und Beobachteten mit mathematischer Gewissheit. Es war die erste Frau des Marschalls Boufflers." "Auch wenn du sie nicht genannt h�ttest, Fagon, ich erkannte aus deiner Schilderung meine s�sse Blondine", seufzte die Marquise. "Sie war ein Wunder der Unschuld und Herzenseinfalt, ohne Arg und Falsch, ja ohne den Begriff der List und L�ge. Die Freundschaft der zwei Frauen, welche der Marquise einen so r�hrenden Eindruck hinterliess, war eine wahre und f�r beide Teile wohlt�tige gewesen. Frau von Maintenon hatte n�mlich in den langen und schweren Jahren ihres Emporkommens, da die still Ehrgeizige mit z�hester Schmiegsamkeit und geduldigster Konsequenz, immer heiter, �berall dienstfertig, sich einen K�nig und den gr�ssten K�nig der Zeit eroberte, mit ihren klugen Augen die arglose Vornehme von den andern ihr missg�nstigen und feindseligen Hofweibern unterschieden und sie mit ein paar herzlichen Worten und zutulichen Gef�lligkeiten an sich gefesselt. Die beiden halfen sich aus und deckten sich einander mit ihrer Geburt und ihrem Verstand. "Die Marschallin hatte Tugend und Haltung", lobte der K�nig, w�hrend er einen in seinem Ged�chtnis auftauchenden anmutigen Wuchs, ein liebliches Gesicht und ein aschenblondes Ringelhaar betrachtete. "Die Marschallin war dumm", erg�nzte Fagon knapp. "Aber wenn ich Kr�ppel je ein Weib geliebt habe--ausser meiner G�nnerin", er verneigte sich huldigend gegen die Marquise, "und f�r ein Weib mein Leben hingegeben h�tte, so war es diese erste Herzogin Boufflers. Ich lernte sie dann bald n�her kennen, leider als Arzt. Denn ihre Gesundheit war schwankend, und alle diese Lieblichkeit verlosch unversehens wie ein ausgeblasenes Licht. Wenige Tage vor ihrem letzten beschied sie mich zu sich und erkl�rte mir mit den einfachsten Worten von der Welt, sie werde sterben. Sie f�hlte ihren Zustand, den meine Wissenschaft nicht erkannt hatte. Sie ergebe sich darein, sagte sie, und habe nur eine Sorge: die Zukunft und das Schicksal ihres Knaben. 'Er ist ein gutes Kind, aber v�llig unbegabt, wie ich selbst es bin', klagte sie mir bek�mmert, aber unbefangen. 'Mir ward ein leichtes Leben zuteil, da ich dem Marschall nur zu gehorchen brauchte, welcher nach seiner Art, die nichts aus den H�nden gibt, auch wenn ich ein gescheites Weib gewesen w�re, ausser dem einfachsten Haushalte mir keine Verantwortung �berlassen h�tte--du kennst ihn ja, Fagon, er ist peinlich und regiert alles selber. Wenn ich in der Gesellschaft schwieg oder meine Rede auf das N�chste beschr�nkte, um nichts Unwissendes oder Verf�ngliches zu sagen, so war ihm das gerade recht, denn eine Witzige oder Gl�nzende h�tte ihn nur beunruhigt. So bin ich gut durchgekommen. Aber mein Kind? Der Julian soll als der Sohn seines Vaters in der Welt eine Figur machen. Wird er das k�nnen? Er lernt so unglaublich schwer. An Eifer l�sst er es nicht fehlen, wahrlich nicht, denn es ist ein tapferes Kind... Der Marschall wird sich wieder verheiraten, und irgendeine gescheite Frau wird ihm anstelligere S�hne geben. Nun m�chte ich nicht, dass der Julian etwas Ausserordentliches w�rde, was ja auch unm�glich w�re, sondern nur, dass er nicht zu harte Dem�tigungen erleide, wenn er hinter seinen Geschwistern zur�ckbleibt. Das ist nun deine Sache, Fagon. Du wirst auch zusehen, dass er k�rperlich nicht �bertrieben werde. Lass das nicht aus dem Auge, ich bitte dich! Denn der Marschall �bersieht das. Du kennst ihn ja. Er hat den Krieg im Kopf, die Grenzen, die Festungen... Selbst �ber der Mahlzeit ist er in seine Gesch�fte vertieft, der dem K�nig und Frankreich unentbehrliche Mann, l�sst sich pl�tzlich eine Karte holen, wenn er nicht selbst danach aufspringt, oder �rgert sich �ber irgendeine vormittags entdeckte Nachl�ssigkeit seiner Schreiber, welchen man bei der um sich greifenden Pflichtvergessenheit auch nicht das Geringste mehr �berlassen d�rfe. Geht dann durch einen Zufall ein T�sschen oder Sch�lchen entzwei, vergisst sich der Reizbare bis zum Schelten. Gew�hnlich sitzt er schweigend oder einsilbig zu Tische, mit gerunzelter Stirn, ohne sich mit dem Kinde abzugeben, das an jedem seiner Blicke h�ngt, ohne sich nach seinen kleinen Fortschritten zu erkundigen, denn er setzt voraus: ein Boufflers tue von selbst seine Pflicht. Und der Julian wird bis an die �ussersten Grenzen seiner Kr�fte gehen... Fagon, lass ihn keinen Schaden leiden! Nimm dich des Knaben an! Bring ihn heil hinweg �ber seine zarten Jahre! Mische dich nur ohne Bedenken ein. Der Marschall h�lt etwas auf dich und wird deinen Rat gelten lassen. Er nennt dich den redlichsten Mann von Frankreich... Also du versprichst es mir, bei dem Knaben meine Stelle zu vertreten... Du h�ltst Wort und dar�ber hinaus... ' Ich gelobte es der Marschallin, und sie starb nicht schwer. Vor dem Bette, darauf sie lag, beobachtete ich den mir anvertrauten Knaben. Er war aufgel�st in Tr�nen, seine Brust arbeitete, aber er warf sich nicht verzweifelnd �ber die Tote, ber�hrte den entseelten Mund nicht, sondern er kniete neben ihr, ergriff ihre Hand und k�sste diese, wie er sonst zu tun pflegte. Sein Schmerz war tief, aber keusch und enthaltsam. Ich schloss auf m�nnliches Naturell und fr�h ge�bte Selbstbeherrschung und betrog mich nicht. Im �brigen war Julian damals ein h�bscher Knabe von etwa dreizehn Jahren, mit den seelenvollen Augen seiner Mutter, gewinnenden Z�gen, wenig Stirn unter verworrenem blonden Ringelhaar und einem untadeligen Bau, der zur Meisterschaft in jeder Leibes�bung bef�higte. Nachdem der Marschall das Weib seiner Jugend beerdigt und ein Jahr sp�ter mit der j�ngsten des Marschalls Grammont sich wiederverehlicht hatte, dem r�hrigen, grundgescheiten, olivenfarbigen, brennend magern Weibe, das wir kennen, beriet er aus freien St�cken mit mir die Schule, wohin wir Julian schicken sollten; denn seines Bleibens war nun nicht l�nger im v�terlichen Hause. Ich besprach mich mit dem geistlichen Hauslehrer, welcher das Kind bisher beaufsichtigt und besch�ftigt hatte. Er zeigte mir die Hefte des Knaben, die Zeugnis ablegten von einem r�hrenden Fleiss und einer tapfern Ausdauer, aber zugleich von einem unglaublich mittelm�ssigen Kopfe, einem v�lligen Mangel an Kombination und Dialektik, einer absoluten Geistlosigkeit. Was man im weitesten Sinne Witz nennt, jede leidenschaftliche--warme oder spottende--Beleuchtung der Rede, jede �berraschung des Scharfsinns, jedes Spiel der Einbildungskraft waren abwesend. Nur der einfachste Begriff und das �rmste Wort standen dem Knaben zu Gebote. H�chstens gefiel dann und wann eine Wendung durch ihre Unschuld oder brachte zum L�cheln durch ihre Naivit�t. Seltsamer- und traurigerweise sprach der Hausgeistliche von seinem Z�gling unwissentlich in den Worten Moli�res: 'ein Knabe ohne Falsch, der alles auf Treu und Glauben nimmt, ohne Feuer und Einbildungskraft, sanft, friedfertig, schweigsam und'--setzte er hinzu--'mit den sch�nsten Herzenseigenschaften.' Der Marschall und ich wussten dann--die Wahl war nicht gross--keine bessere Schule f�r das Kind als ein Jesuitencollegium; und warum nicht das in Paris, wenn wir Julian nicht von seinen Standes und Altersgenossen sondern wollten? Man muss es den V�tern lassen: sie sind keine Pedanten, und man darf sie loben, dass sie angenehm unterrichten und freundlich behandeln. Mit einer Schule jansenistischer F�rbung konnten wir uns nicht befreunden: der Marschall schon nicht als guter Untertan, der Euer Majest�t Abneigung gegen die Sekte kannte und Euer Majest�t Gnade nicht mutwillig verscherzen wollte, ich aus eben diesem Grunde"--Fagon l�chelte--"und weil ich f�r den durch seine Talentlosigkeit schon �berfl�ssig gedr�ckten Knaben die herbe Strenge und die finstern Voraussetzungen dieser Lehre ungeeignet, die leichte Erde und den zug�nglichen Himmel der Jesuiten dagegen hier f�r zutr�glich oder wenigstens v�llig unsch�dlich hielt, denn ich wusste, das Grundgesetz dieser Knabenseele sei die Ehre. Dabei war auf meiner Seite die nat�rliche Voraussetzung, dass die frommen V�ter nie von dem Marschalle beleidigt w�rden, und das war in keiner Weise zu bef�rchten, da der Marschall sich nicht um kirchliche H�ndel k�mmerte und als Kriegsmann an der in diesem Orden streng durchgef�hrten Subordination sogar ein gewisses Wohlgefallen hatte. Wie sollte aber der von der Natur benachteiligte Knabe mit einer �ffentlichen Klasse Schritt halten? Da z�hlten der Marschall und ich auf zwei verschiedene Hilfen. Der Marschall auf das Pflichtgef�hl und den Ehrgeiz seines Kindes. Er selbst, der nur mittelm�ssig Begabte, hatte auf seinem Felde R�hmliches geleistet, aber kraft seiner sittlichen Eigenschaften, nicht durch eine geniale Anlage. Ohne zu wissen oder nicht wissen wollend, dass Julian jene mittlere Begabung, welche er selbst mit eisernem Fleisse verwertete, bei weitem nicht besitze, glaubte er, es gebe keine Unm�glichkeit f�r den Willenskr�ftigen und selbst die Natur lasse sich zwingen, wie ihn denn seine Galopins beschuldigen, er tadle einen w�hrend der Parade �ber die Stirn rollenden Schweisstropfen als ordonnanzwidrig, weil er selbst nie schwitze. Ich dagegen baute auf die allgemeine Menschenliebe der Jesuiten und insonderheit auf die Ber�cksichtigung und das Ansehen der Person, wodurch diese V�ter sich auszeichnen. Ich beredete mich mit mehreren derselben und machte sie mit den Eigenschaften des Knaben vertraut. Um ihnen das Kind noch dringender an das Herz zu legen, sprach ich ihnen von der Stellung seines Vaters, sah aber gleich, dass sie sich daraus nichts machten. Der Marschall ist ausschliesslich ein Kriegsmann, dabei tugendhaft, ohne Intrige, und die Ehre folgt ihm nach wie sein Schatten. So hatten die V�ter von ihm nichts zu hoffen und zu f�rchten. Unter diesen Umst�nden glaubte ich Julian eine kr�ftigere Empfehlung verschaffen zu m�ssen und gab den frommen V�tern einen Wink... " Der Erz�hler stockte. "Was vertuschest du, Fagon?" fragte der K�nig. "Ich komme darauf zur�ck", stotterte Fagon verlegen, "und dann wirst du, Sire, mir etwas zu verzeihen haben. Genug, das Mittel wirkte. Die V�ter wetteiferten, dem Knaben das Lernen zu erleichtern, dieser f�hlte sich in einer warmen Atmosph�re, seine Erstarrung wich, seine kargen Gaben entfalteten sich, sein Mut wuchs, und er war gut aufgehoben. Da �nderte sich alles gr�ndlich in sein Gegenteil. Etwa ein halbes Jahr nach dem Eintritt Julians bei den Jesuiten ereignete sich zu Orl�ans, in dessen Weichbild die V�ter Besitz und eine Schule hatten, welche beide sie zu vergr�ssern w�nschten, eine schlimme Geschichte. Vier Br�der von kleinem Adel besassen dort ein Gut, welches an den Besitz der Jesuiten stiess und das sie ungeteilt bewirteten. Alle vier dienten in Eurem Heere, Sire, verzehrten, wie zu geschehen pflegte, f�r ihre Ausr�stung und mehr noch im Umgang mit reichen Kameraden ihre kurze Barschaft und verschuldeten ihre Felder. Nun fand es sich, dass jenes Jesuitenhaus durch Zusammenkauf dieser Pfandbriefe der einzige Gl�ubiger der vier Junker geworden war und ihnen aus freien St�cken dar�ber hinaus eine abrundende Summe vorschoss, drei Jahre fest, dann mit j�hriger K�ndigung. Daneben aber verpflichteten sich die V�ter den Junkern gegen�ber m�ndlich aufs feierlichste, die ganze Summe auf dem Edelgute stehenzulassen; es sei eben nur ein rein formales Gesetz ihrer Ordens�konomie, Geld nicht l�nger als auf drei Jahre auszutun. Da begab es sich, dass die V�ter jenes Hauses unversehens in ihrer Vollzahl an das Ende der Welt geschickt wurden, wahrhaftig, ich glaube nach Japan, und die an ihre Stelle tretenden begreiflicherweise nichts von jenem m�ndlichen Versprechen ihrer Vorg�nger wussten. Der dreij�hrige Termin erf�llte sich, die neuen V�ter k�ndigten die Schuld, nach Jahresfrist konnten die Junker nicht zahlen, und es wurde gegen sie verfahren. Schon hatte sich das fromme Haus in den Besitz ihrer Felder gesetzt, da gab es L�rm. Die tapfern Br�der polterten an alle T�ren, auch an die des Marschalls Boufflers, welcher sie als wackere Soldaten kannte und sch�tzte. Er untersuchte den Handel mit Ernst und Gr�ndlichkeit nach seiner Weise. Der entscheidende Punkt war, dass die Br�der behaupteten, von den frommen V�tern nicht allein m�ndliche Beteuerungen, sondern, was sie v�llig beruhigt und sorglos gemacht, zu wiederholten Malen auch gleichlautende Briefe erhalten zu haben. Diese Schriftst�cke seien auf unerkl�rliche Weise verlorengegangen. Wohl f�nden sich in Briefform gefaltete Papiere mit gebrochenen, �brigens leeren Siegeln, welche den Briefen der V�ter zum Verwundern glichen, doch diese Papiere seien unbeschrieben und entbehren jedes Inhalts. Dergestalt fand ich, eines Tages das Kabinett des Marschalls betretend, denselben damit besch�ftigt, in seiner genauen Weise jene blanken Quadrate umzuwenden und mit der Lupe vorn und hinten zu betrachten. Ich schlug ihm vor, mir die Bl�tter f�r eine Stunde anzuvertrauen, was er mir mit ernsten Augen bewilligte. Ihr schenktet, Sire, der Wissenschaft und mir einen botanischen Garten, der Euch Ehre macht, und bautet mir im Gr�nen einen stillen Sitz f�r mein Alter. Nicht weit davon, am Nordende, habe ich mir eine ger�umige chemische K�che eingerichtet, die Ihr einmal zu besuchen mir versprachet. Dort unterwarf ich jene fragw�rdigen Papiere wirksamen und den gelehrten V�tern vielleicht noch unbekannten Agentien. Siehe da, die erblichene Schrift trat schwarz an das Licht und offenbarte das Schelmst�ck der V�ter Jesuiten. Der Marschall eilte mit den verklagenden Papieren stracks zu deiner Majest�t"--K�nig Ludwig strich sich langsam die Stirn--"und fand dort den Pater Lachaise, welcher aufs tiefste erstaunte �ber diese Verirrung seiner Ordensbr�der in der Provinz, zugleich aber deiner Majest�t vorstellte, welche schreiende Ungerechtigkeit es w�re, die Gedankenlosigkeit weniger oder eines einzelnen eine so zahlreiche, wohlt�tige und sittenreine Gesellschaft entgelten zu lassen, und dieser einzelne, der fr�here Vorsteher jenes Hauses, habe �berdies, wie er aus verl�sslichen Quellen wisse, k�rzlich in Japan unter den Heiden das Martyrium durch den Pfahl erlitten. Wer am besten bei dieser Wendung der Dinge fuhr, das waren die vier Junker. Die H�lfte der Schuld erliessen ihnen die verbl�fften V�ter, die andere H�lfte tilgte ein Grossm�tiger." Der K�nig, der es gewesen sein mochte, ver�nderte keine Miene. "Dem Marschall dankte dann P�re Lachaise insbesondere daf�r, dass er in einer bem�henden Sache die Herstellung der Wahrheit unternommen und es seinem Orden erspart habe, sich mit ungerechtem Gute zu belasten. Dann bat er ihn, der Edelmann den Edelmann, den V�tern sein Wohlwollen nicht zu entziehen und ihnen das Geheimnis zu bewahren, was sich �brigens f�r einen Marschall Boufflers von selbst verstehe. Der geschmeichelte Marschall sagte zu, wollte aber wunderlicherweise nichts davon h�ren, die verr�terischen Dokumente herauszugeben oder sie zu vernichten. Es fruchtete nichts, dass P�re Lachaise ihn zuerst mit den zartesten Wendungen versuchte, dann mit den bestimmtesten Forderungen best�rmte. Nicht dass der Marschall im geringsten daran gedacht h�tte, sich dieser gef�hrlichen Briefe gegen die frommen V�ter zu bedienen; aber er hatte sie einmal zu seinen Papieren gelegt, mit deren Aufr�umen und Registrieren er das Drittel seiner Zeit zubringt. In diesem Archive, wie er es nennt, bleibt vergraben, was einmal drinnen liegt. So schwebte kraft der Ordnungsliebe und der genauen Gewohnheiten des Marschalls eine immerw�hrende Drohung �ber dem Orden, die derselbe dem Unvorsichtigen nicht verzieh. Der Marschall hatte keine Ahnung davon und glaubte mit den von ihm geschonten V�tern auf dem besten Fusse zu stehn. Ich war anderer Meinung und liess es an dringenden Vorstellungen nicht fehlen. Hart setzte ich ihm zu, seinen Knaben ohne Z�gerung den Jesuiten wegzunehmen, da der verbissene Hass und der verschluckte Groll, welchen get�uschte Habgier und entlarvte Schurkerei unfehlbar gegen ihren Entdecker empfinden, sich notwendigerweise �ber den Orden verbreiten, ein Opfer suchen und es vielleicht, ja wahrscheinlich in seinem unschuldigen Kinde finden w�rden. Er sah mich verwundert an, als ob ich irre rede und Fabeln erz�hle. Geradeheraus: entweder hat der Marschall einen kurzen Verstand, oder er wollte sein gegebenes Wort mit Prunk und Glorie selbst auf Kosten seines Kindes halten. 'Aber, Fagon', sagte er, 'was in aller Welt hat mein Julian mit dieser in der Provinz begegneten Geschichte zu schaffen? Wo ist da ein richtiger Zusammenhang? Wenn ihm �brigens die V�ter ein bisschen strenger auf die Finger sehen, das kann nichts schaden. Sie haben ihn nicht �bel verh�tschelt. Ihnen jetzt den Knaben wegnehmen? Das w�re unedel. Man w�rde plaudern, Gr�nde suchen, vielleicht die unreinliche Geschichte ausgraben, und ich st�nde da als ein Wortbr�chiger.' So sah der Marschall nur den Nimbus seiner Ehre, statt an sein Kind zu denken, das er vielleicht, solange es lebte, noch keines eingehenden Blickes gew�rdigt hatte. Ich h�tte ihn f�r seinen Edelmut mit dieser meiner Kr�cke pr�geln k�nnen. Es ging dann, wie es nicht anders gehen konnte. Nicht in auffallender Weise, ohne Pl�tzlichkeit und ohne eigentliche Ungerechtigkeit liessen die V�ter Professoren den Knaben sinken, in welchem sie den Sohn eines Mannes zu hassen begannen, der den Orden beleidigt habe. Nicht alle unter ihnen, die bessern am wenigsten, kannten die saubere Geschichte, aber alle wussten: Marschall Boufflers hat uns besch�mt und gesch�digt, und alle hassten ihn. Eine feine Giftluft schleichender Rache f�llte die S�le des Collegiums. Nicht nur jedes Entgegenkommen, sondern auch jede gerechte Ber�cksichtigung hatten f�r Julian aufgeh�rt. Das Kind litt. T�glich und st�ndlich f�hlte es sich gedem�tigt, nicht durch lauten Tadel, am wenigsten durch Scheltworte, welche nicht im Gebrauche der V�ter sind, sondern fein und sachlich, einfach dadurch, dass sie die Armut des Blondkopfes nicht l�nger freundlich unterst�tzten und die geistige D�rftigkeit nach verweigertem Almosen besch�mt in ihrer Bl�sse dastehen liessen. Jetzt begann das Kind, von einem verzweifelnden Ehrgeiz gestachelt, seine Wachen zu verl�ngern, seinen Schlummer gewaltt�tig abzuk�rzen, sein Gehirn zu martern, seine Gesundheit zu untergraben--ich mag davon nicht reden, es bringt mich auf..." Fagon machte eine Pause und sch�pfte Atem. Der K�nig f�llte dieselbe, indem er ruhig bemerkte: "Ich frage mich, Fagon, wieviel Wirklichkeit alles dieses hat. Ich meine diese stille Verschw�rung gelehrter und verst�ndiger M�nner zum Schaden eines Kindes und dieser br�tende Hass einer ganzen Gesellschaft gegen einen im Grunde ihr so ungef�hrlichen Mann, wie der Marschall ist, der sie ja �berdies ganz ritterlich behandelt hatte. Du siehst Gespenster, Fagon. Du bist hier Partei und hast vielleicht, wer weiss, gegen den verdienten Orden neben deinem ererbten Vorurteil noch irgendeine pers�nliche Feindschaft." "Wer weiss?" stammelte Fagon. Er hatte sich entf�rbt, soweit er noch erblassen konnte, und seine Augen loderten. Die Marquise wurde �ngstlich und ber�hrte heimlich den Arm ihres Sch�tzlings, ohne dass er die warnende Hand gef�hlt h�tte. Frau von Maintenon wusste, dass der heftige Alte, wenn er gereizt wurde, g�nzlich ausser sich geriet und unglaubliche Worte wagte, selbst dem K�nige gegen�ber, welcher freilich dem langj�hrigen und tiefen Kenner seiner Leiblichkeit nachsah, was er keinem andern so leicht vergeben h�tte. Fagon zitterte. Er stotterte unzusammenh�ngende S�tze, und seine Worte st�rzten durcheinander, wie Krieger zu den Waffen. "Du glaubst es nicht, Majest�t, Kenner der Menschenherzen, du glaubst es nicht, dass die V�ter Jesuiten jeden, der sie wissentlich oder unwissentlich beleidigt, hassen bis zur Vernichtung? Du glaubst nicht, dass diese V�ter weder wahr noch falsch, weder gut noch b�se kennen, sondern nur ihre Gesellschaft?" Fagon schlug eine grimmige Lache auf. "Du willst es nicht glauben, Majest�t! Sage mir, K�nig, du Kenner der Wirklichkeit," raste Fagon abspringend weiter, "da die Rede ist von der Glaubw�rdigkeit der Dinge, kannst du auch nicht glauben, dass in deinem Reiche bei der Bekehrung der Protestanten Gewalt angewendet wird?" "Diese Frage", erwiderte der K�nig sehr ernsthaft, "ist die erste deiner heutigen drei Freiheiten. Ich beantworte sie. Nein, Fagon. Es wird, verschwindend wenige F�lle ausgenommen, bei diesen Bekehrungen keine Gewalt angewendet, weil ich es ein f�r allemal ausdr�cklich untersagt habe und weil meinen Befehlen nachgelebt wird. Man zwingt die Gewissen nicht. Die wahre Religion siegt gegenw�rtig in Frankreich �ber Hunderttausende durch ihre innere �berzeugungskraft." "Durch die Predigten des P�re Bourdaloue!" h�hnte Fagon mit gellender Stimme. Dann schwieg er. Entsetzen starrte aus seinen Augen �ber diesen Gipfel der Verblendung, diese Mauer des Vorurteils, diese g�nzliche Vernichtung der Wahrheit. Er betrachtete den K�nig und sein Weib eine Weile mit heimlichem Grauen. "Sire, meine nicht", fuhr er fort, "dass ich Partei bin und das Blut meiner protestantischen Vorfahren aus mir spreche. Ich bin von einer ehrw�rdigen Kirche abgefallen. Warum? Weil ich, Gott vorbehalten, von dem ich nicht lasse und der in meinen alten Tagen mich nicht verlassen m�ge, �ber Religionen und Konfessionen samt und sonders denke, wie jener lucrezische Vers... " Weder der K�nig noch Frau von Maintenon wussten von diesem Verse, aber sie konnten vermuten, Fagon meine nichts Frommes. "Kennt Ihr den Tod meines Vaters, Sire?" fl�sterte Fagon. "Er ist ein Geheimnis geblieben, aber Euch will ich es anvertrauen. Er war ein sanfter Mann und n�hrte sich, sein Weib und seine Kinder, deren letztes und sechstes ich Verwachsener war, in Auxerre von dem Verkaufe seiner Latwergen redlich und k�mmerlich; denn Auxerre hat eine gesunde Luft und ein Schock Apotheken. Die glaubenseifrigen Einwohner, die meinen Vater liebten, wollten ihm alles Gute und h�tten ihn gern der Kirche zur�ckgegeben, aber nicht mit Gewalt, denn Ihr habet es gesagt, Sire, man zwingt die Gewissen nicht. Also verbr�derten sie sich, die calvinistische Apotheke zu meiden. Mein Vater verlor sein Brot, und wir hungerten. Die V�ter Jesuiten taten dabei, wie �berall, das Beste. Da wurde sein Gewissen in sich selbst uneins. Er schwur ab. Weil aber die scharfen calvinistischen S�tze ein Gehirn, dem sie in seiner Kindheit eingegraben wurden, nicht so leicht wieder verlassen, erschien sich der �rmste bald als ein Judas, der den Herrn verriet, und er ging hin wie jener und tat desgleichen." "Fagon", sagte der K�nig mit W�rde, "du hast den armen P�re Tellier wegen einer geschmacklosen Rede �ber seinen Vater beschimpft und redest selber so nackt und grausam von dem deinigen. Unselige Dinge verlangen einen Schleier!" "Sire", erwiderte der Arzt, "Ihr habet recht und seid f�r mich wie f�r jeden Franzosen das Gesetz in Dingen des Anstandes. Freilich kann man sich von gewissen Stimmungen hinreissen lassen, in dieser Welt der Unwahrheit und ihr zum Trotz von einer blutigen Tatsache, und w�re es die schmerzlichste, das verh�llende Tuch unversehens wegzuziehen... Aber, Sire, wie vorzeitig habe ich die erste meiner Freiheiten verbraucht, und wahrlich, mich gel�stet, gleich noch meine zweite zu verwenden." Die Marquise las in den ver�nderten Z�gen des Arztes, dass sein Zorn vor�ber und nach einem solchen Ausbruche an diesem Abend kein R�ckfall mehr zu bef�rchten sei. "Sire", sagte Fagon fast leichtsinnig, "habt Ihr Euern Untertan, den Tiermaler Mouton, gekannt? Ihr sch�ttelt das Haupt. So nehme ich mir die grosse Freiheit, Euch den wenig hoff�higen, aber in diese Geschichte geh�renden K�nstler vorzustellen, zwar nicht in Natur, mit seinem zerl�cherten Hut, den Pfeifenstummel zwischen den Z�hnen--ich rieche seinen Knaster--, hemd�rmelig und mit hangenden Str�mpfen. �berdies liegt er im Grabe. Ihr liebet die Niederl�nder nicht, Sire, weder ihre Kirmessen auf der Leinwand noch ihre eigenen ungebundenen Personen. Wisset, Majest�t: Ihr habt einen Maler besessen, einen Picarden, der sowohl durch die Sachlichkeit seines Pinsels als durch die Zwanglosigkeit seiner Manieren die Holl�nder bei weitem �berholl�nderte. Dieser Mouton, Sire, hat unter uns gelebt, seine grasenden K�he und seine in eine Staubwolke gedr�ngten Hammel malend, ohne eine blasse Ahnung alles Grossen und Erhabenen, was dein Zeitalter, Majest�t, hervorgebracht hat. Kannte er deine Dichter? Nicht von ferne. Deine Bisch�fe und Prediger? Nicht dem Namen nach. Mouton hatte kein Taufwasser gekostet. Deine Staatsm�nner, Colbert, Lyonne und die andern? Darum hat sich Mouton nie geschoren. Deine Feldherrn, Cond� mit dem Vogelgesicht, Turenne, Luxembourg und den Enkel der sch�nen Gabriele? Nur den letztern, welchem er in Anet einen Saal mit Hirschjagden von unglaublich frecher Mache f�llte. Vend�me mochte Mouton, und dieser nannte seinen herzoglichen G�nner in r�hmender Weise einen Viehkerl, wenn ich das Wort vor den Ohren der Majest�t aussprechen darf. Hat Mouton die Sonne unserer Zeit gekannt? Wusste er von deinem Dasein, Majest�t? Unglaublich zu sagen: den Namen, welcher die Welt und die Geschichte f�llt--vielleicht hat er nicht einmal deinen Namen gewusst, wenn ihm auch, selten genug, deine Goldst�cke durch die H�nde laufen mochten. Denn Mouton konnte nicht lesen, so wenig als sein Liebling, der andere Mouton. Dieser zweite Mouton, ein weiser Pudel mit ger�umigem Hirnkasten und sehr verst�ndigen Augen, �ber welche ein schwarzzottiges Stirnhaar in verworrenen B�scheln niederhing, war ohne Zweifel--in den Schranken seiner Natur--der begabteste meiner drei G�ste: so sage ich, weil Julian Boufflers, von dem ich erz�hle, Mouton der Mensch und Mouton der Pudel oft lange Stunden vergn�gt bei mir zusammensassen. Ihr wisset, Sire, die V�ter Jesuiten sind freigebige Ferienspender, weil ihre Sch�ler, den vornehmen, ja den h�chsten St�nden angeh�rend, �fters zu Jagden, Kom�dien oder sonstigen Lustbarkeiten, freilich nicht alle, nach Hause oder anderswohin gebeten werden. So nahm ich denn Julian, welcher von seinem Vater, dem Marschall, grunds�tzlich selten nach Hause verlangt wurde, zuweilen in Euern botanischen Garten mit, wo Mouton, der sich unter Pflanzen und Tieren heimisch f�hlte, mich zeitweilig besuchte, irgendeine gelehrte Eule oder einen possierlichen Affen mit ein paar entschiedenen Kreidestrichen auf das Papier warf und wohl auch, wenn Fleiss und gute Laune vorhielten, mir ein stilles Zimmer mit seinen scheuenden Pferden oder saufenden K�hen bev�lkerte. Ich hatte Mouton den Schl�ssel einer Mansarde mit demjenigen des n�chsten Mauerpf�rtchens eingeh�ndigt, um dem Landstreicher eine Heimst�tte zu geben, wo er seine Staffeleien und Mappen unterbringe. So erschien und verschwand er bei mir nach seinem Belieben. Einmal an einem jener k�hlen und erquicklichen Regensommertage, jener Tage stillen, aber schnellen Wachstumes f�r Natur und Geist, sass ich in meiner Bibliothek und blickte durch das hohe Fenster derselben �ber einen aufgeschlagenen Folianten und meine Brille hinweg in die mir gegen�berliegende Mansarde des Nebengeb�udes, das Nest Moutons. Dort sah ich einen blonden schmalen Knabenkopf in gl�cklicher Spannung gegen eine Staffelei sich neigen. Dahinter nickte der derbe Sch�del Moutons, und eine behaarte Hand f�hrte die schlanke des J�nglings. Ausser Zweifel, da wurde eine Malstunde gegeben. Mouton der Pudel sass auf einem hohen Stuhle mit rotem Kissen daneben, klug und einverstanden, als billige er h�chlich diese gute Erg�tzung. Ich markierte mein Buch und ging hin�ber. In meinen Filzstiefeln wurde ich von den lustig Malenden nicht geh�rt und nur von Mouton dem Pudel wahrgenommen, der aber seinen Gruss, ohne das Kissen zu verlassen, auf ein heftiges Wedeln beschr�nkte. Ich liess mich still in einen Lehnstuhl nieder, um dem wunderlichsten Gespr�che beizuwohnen, welches je in Euerm botanischen Garten, Sire, gef�hrt wurde. Zuerst aber betrachtete ich aus meinem Winkel das Bild, welches auf der Staffelei stand, den Geruch einatmend, den die flott und freigebig gehandhabten �lfarben verbreiteten. Was stellte es dar? Ein Nichts: eine Abendstimmung, eine Flussstille, darin die Spiegelung einiger aufgel�ster roter W�lkchen und eines bemoosten Br�ckenbogens. Im Flusse standen zwei K�he, die eine saufend, die andere, der auch noch das Wasser aus den Maulwinkeln troff beschaulich blickend. Nat�rlich tat Mouton das Beste daran. Aber auch der Knabe besass eine gewisse Pinself�hrung, welche nur das Ergebnis mancher ohne mein Wissen mit Mouton vermalten Stunde sein konnte. Wie viel oder wenig er gelernt haben mochte, schon die Illusion eines Erfolges, die Teilnahme an einer genialen T�tigkeit, einem m�helosen und gl�cklichen Entstehen, einer K�hnheit und Willk�r der sch�pferischen Hand, von welcher wohl der Phantasielose sich fr�her keinen Begriff gemacht hatte und die er als ein Wunder bestaunte, liess den Knaben nach so vielen Verlusten des Selbstgef�hls eine grosse Gl�ckseligkeit empfinden. Das w�rmste Blut r�tete seine keuschen Wangen, und ein Eifer befl�gelte seine Hand, dass nichts dar�ber ging und auch ich eine helle v�terliche Freude f�hlte. Inzwischen erkl�rte Mouton dem Knaben die breiten Formen und schweren Geb�rden einer wandelnden Kuh und schloss mit der Behauptung, es gehe nichts dar�ber als die Gestalt des Stieres. Diese sei der Gipfel der Sch�pfung. Er sagte wohl, um genau zu sein, der Natur, nicht der Sch�pfung, denn die letztere kannte er nicht, weder den Namen noch die Sache, da er verwahrlost und ohne Katechismus aufgewachsen war. Wenig Gl�ck gen�gte, die angebotene Heiterkeit wie eine sprudelnde Quelle aus dem Knaben hervorzulocken. Die Achtung Moutons vor dem Hornvieh komisch findend, erz�hlte Julian unschuldig: 'P�re Amiel hat uns heute morgen gelehrt, dass die alten �gypter den Stier g�ttlich verehrten. Das finde ich drollig!' 'Sapperment', versetzte der Maler leidenschaftlich, 'da taten sie recht. Gescheite Leute das, Viehkerle! Nicht wahr, Mouton? Wie? Ich frage dich, Julian, ist ein Stierhaupt in seiner Macht und drohenden Gr�sse nicht g�ttlicher--um das dumme Wort zu gebrauchen--als ein Dreieck oder ein Tauber oder gar ein schales Menschengesicht? Nicht wahr, Mouton? Das f�hlst du doch selber, Julian? Wenn ich sage: fades Menschengesicht, so rede ich unbeschadet der Nase deines P�re Amiel. Alle Achtung!' Mouton zeichnete, �brigens ohne jeden Spott, mit einem frechen Pinselzug auf das Tannenholz der Staffelei eine Nase, aber eine Nase, ein Ungeheuer von Nase, von fabelhafter Gr�sse und �berw�ltigender Komik. 'Man sieht', fuhr er dann in ganzem Ernste fort, 'die Natur bleibt nicht stehen. Es w�rde sie erg�tzen, zeitweilig etwas Neues zu bringen. Doch das ist versp�tet: die Vettel hat ihr Feuer verloren.' 'P�re Amiel', meinte der Knabe sch�chtern, 'wird der Natur nicht f�r seine Nase danken, denn sie macht ihn l�cherlich, und er hat ihrethalber viel von meinen Kameraden auszustehen.l 'Das sind eben Buben', sagte Mouton grossm�tig, 'denen der Sinn f�r das Erhabene mangelt. Aber beil�ufig, wie kommt es, Julian, dass ich, neulich in deinem Schulhaus einen Besuch machend, um dir die Vorlagen zu bringen, dich unter lauter Kr�ten fand? dreizehn--und vierzehnj�hrigen J�ngelchen? Passt sich das f�r dich, dem der Flaum keimt und der ein Liebchen besitzt?' Dieser pl�tzliche �berfall rief den entgegengesetzten Ausdruck zweier Gef�hle auf das Antlitz des J�nglings: eine gl�ckliche, aber tiefe Scham und einen gr�ndlichen Jammer, der �berwog. Julian seufzte. 'Ich bin zur�ckgeblieben', lispelte er mit unwillk�rlichem Doppelsinne. 'Dummheit!' schimpfte Mouton. 'Worin zur�ckgeblieben? Bist du nicht mit deinen Jahren gewachsen und ein schlanker und sch�ner Mensch? Wenn dir die Wissenschaften widerstehen, so beweist das deinen gesunden Verstand. Meiner Treu! ich h�tte mich als ein B�rtiger oder wenigstens Flaumiger nicht unter die Buben setzen lassen und w�re auf der Stelle durchgebrannt.' 'Aber Mouton', sagte der Knabe, 'der Marschall, mein Vater, hat es von mir verlangt, dass ich noch ein Jahr unter den Kleinen sitzen bleibe. Er hat mich darum gebeten, ihm diesen Gefallen zu tun.' Er sagte das mit einem z�rtlichen Ausdruck von Gehorsam und ehrf�rchtiger Liebe, der mich ergriff, obschon ich mich zu gleicher Zeit an dem die kindliche Verehrung missbrauchenden Marschall �rgerte und auch dar�ber h�chst missmutig war, dass Julian, gegen mich und jedermann ein hartn�ckiger Schweiger, einem Mouton Vertrauen bewies, einem Halbmenschen sich aufschloss. Mit Unrecht. Erz�hlen doch auch wir Erwachsenen einem treuen Tiere, welches uns die Pfoten auf die Knie legt, unsern tiefsten Kummer, und ist es nicht ein vern�nftiger Trieb aller von der Natur Benachteiligten, ihre Gesellschaft eher unten zu suchen als bei ihresgleichen, wo sie sich als Geschonte und Bemitleidete empfinden? 'Weisst du was', fuhr Mouton nach einer Pause fort, und der andere Mouton spitzte die Ohren dazu, 'du zeichnest dein Vieh schon jetzt nicht schlecht und lernst t�glich hinzu. Ich nehme dich nach dem S�den als meinen Gesellen. Ich habe da eine Bestellung nach Schloss Grignan. Die Dingsda--wie heisst sie doch? das fette lustige Weibsbild? richtig: die S�vign�!--schickt mich ihrem Schwiegersohn, dem Gouverneur dort herum. Du gehst mit und n�hrst dich ausgiebig von Oliven, bist ein freier loser Vogel, der flattert und pickt, wo er will, blickst dein Lebtag in nichts Gedrucktes und auf nichts Geschriebenes mehr und l�ssest den Marschall Marschall sein. Auch dein blaues k�hles vornehmes Liebchen bleibt dahinten. Meinst, ich h�tte dich nicht gesehen, Spitzbube, erst vorgestern, da der alte Quacksalber in Versailles war, vor den Affen stehen, mit der alten Kr�uterschachtel und der grossen blauen Puppe? F�r diese wird sich schon ein brauner sonneverbrannter Ersatz finden.' Dieses letzte Wort, welches noch etwas zynischer lautete, emp�rte mich, wiewohl es den Knaben, wie ich ihn kannte, nicht besch�digen konnte. Jetzt r�usperte ich mich kr�ftig, und Julian erhob sich in seiner ehrerbietigen Art, mich zu begr�ssen, w�hrend Mouton, ohne irgendeine Verlegenheit blicken zu lassen, sich begn�gte in den Bart zu murmeln: 'Der' Mouton war von einer gr�ndlichen Undankbarkeit. Ich nahm den Knaben, w�hrend Mouton lustig fortpinselte, mit mir in den Garten und fragte ihn, ob ihn wirklich der Zyniker in seinem Coll�ge aufgesucht h�tte, was mir aus naheliegenden Gr�nden unangenehm war. Julian bejahte. Es habe ihn etwas gekostet, sagte er aufrichtig, unter seinen Mitsch�lern im Hofraum den H�ndedruck Moutons zu erwidern, dem die nackten Ellbogen aus den L�chern seiner �rmel und die Zehen aus den Schuhen geguckt h�tten, 'Aber', sagte er, 'ich tat es und begleitete ihn auch noch �ber die Strasse; denn ich danke ihm Unterricht und heitere Stunden und habe ihn auch recht lieb, ohne seine Unreinlichkeit'. So redete der Knabe, ohne weiter etwas daraus zu machen, und erinnerte mich an eine Szene, die ich vor kurzem aus den obern, auf den Spielplatz blickenden Arkaden des Coll�ge, wohin man mich zu einem kranken Sch�ler gerufen, beobachtet hatte und von welcher ich mich lange nicht hatte trennen k�nnen. Unten war Fechtstunde, und der Fechtmeister, ein alter benarbter Sergeant, der lange Jahre unter dem Marschall gedient hatte, behandelte den Sohn seines Feldherrn, welcher kurz vorher neben Kindern auf einer Schulbank gesessen, mit fast unterw�rfiger Ehrerbietung, als erwarte er Befehl, statt ihn zu geben. Julian focht ausgezeichnet, ich h�tte fast gesagt: er focht edel. Der Knabe pflegte in den langen Stunden des Auswendiglernens das Handgelenk mechanisch zu drehen, wodurch dasselbe ungew�hnlich geschmeidig wurde. Dazu hatte er genauen Blick und sichern Ausfall. So wurde er, wie gesagt, ein Fechter erster Klasse, wie er auch gut und verst�ndig ritt. Es lag nahe, dass der �berall Gedem�tigte diese seine einzige �berlegenheit seine Kameraden f�hlen liess, um ein Ansehen zu gewinnen. Aber nein, er verschm�hte es. Die in dieser K�rper�bung Geschickten und Ungeschickten behandelte er, ihnen die Klinge in der Hand gegen�berstehend, mit der gleichen Courtoisie, ohne jemals mit jenen in eine hitzige Wette zu geraten oder sich �ber diese, von welchen er sich zuweilen zu ihrer Ermutigung grossm�tig stechen liess, lustig zu machen. So stellte er auf dem Fechtboden in einer feinen und unauff�lligen Weise jene Gleichheit her, deren er selbst in den Schulstunden schmerzlich entbehrte, und genoss unter seinen Kameraden zwar nicht einen durch die Faust eroberten Respekt, sondern eine mit Scheu verbundene Achtung seiner unerkl�rlichen G�te, die freilich in ein der Jugend sonst unbekanntes aufrichtiges Mitleid mit seiner �brigen Unbegabtheit verfloss. Die Ungunst des Gl�ckes, welche so viele Seelen verbittert, erzog und adelte die seinige. Ich war mit Julian in Euerm Garten, Sire, lustwandelnd zu den K�figen gelangt, wo Eure wilden Tiere hinter Eisenst�ben verwahrt werden. Eben hatte man dort einen Wolf eingetan, der mit funkelnden Augen und in schr�gem, hastigem Gange seinen Kerker durchmass. Ich zeigte ihn dem Knaben, welcher nach einem fl�chtigen Blick auf die ruhelose Bestie sich leicht schaudernd abwendete. Der platte Sch�del, die falschen Augen, die widrige Schnauze, die t�ckisch gefletschten Z�hne konnten erschrecken. Doch ich war die Furcht an dem Knaben, der schon Jagden mitgemacht hatte, durchaus nicht gewohnt. 'Ei, Julian, was ist dir?' l�chelte ich, und dieser erwiderte befangen: 'Das Tier mahnt mich an jemand--', liess dann aber die Rede fallen, denn wir erblickten auf geringe Entfernung ein vornehmes weibliches Paar, das unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nahm: eine purzlige Alte und ein junges M�dchen, die erstere die Gr�fin Mimeure--Ihr erinnert Euch ihrer, Sire, wenn sie auch seit Jahrzehnten den Hof meidet, nicht aus Nachl�ssigkeit, denn sie verehrt Euch grenzenlos, sondern weil sie, wie sie gesagt, mit ihren Runzeln Euern Sch�nheitssinn nicht beleidigen will. Garstig und witzig und wie ich an einem Kr�ckenstock gehend, ein originelles und wackeres Gesch�pf, war sie mir eine angenehme Erscheinung. 'Guten Tag, Fagon!' rief sie mir entgegen. 'Ich betrachte deine Kr�uter und komme dich um ein paar Rhabarberstr�uche zu bitten f�r meinen Garten zu Neuilly; du weisst, ich bin ein St�ck von einer �rztin!', und sie nahm meinen Arm. 'Begr�sset euch, ihr Jugenden! Tun sie, als h�tten sie sich nie gesehen!' Julian, der sch�chterne, begr�sste das M�dchen, welches ihm die Fingerspitzen bot, ohne grosse Verlegenheit, was mich wunderte und freute. 'Mirabelle Miramion', nannte sie mir die Gr�fin, 'ein pr�chtiger Name, nicht wahr, Fagon?' Ich betrachtete das sch�ne Kind, und mir fiel gleich jenes 'blaue Liebchen' ein, mit welchem Mouton den Knaben aufgezogen. In der Tat, sie hatte grosse blaue, flehende Augen, eine k�hle, durchsichtige Farbe und einen kaum vollendeten Wuchs, der noch nichts als eine z�rtliche Seele ausdr�ckte. Mit einer kindlichen, glockenhellen Stimme, welche zum Herzen ging, begann sie, da mich ihr die Gr�fin als den Leibarzt des K�nigs vorstellte, folgendermassen: 'Erster der �rzte und Naturforscher, ich verneige mich vor Euch in diesem weltber�hmten Garten, welchen Euch die Huld des m�chtigsten Herrschers, der dem Jahrhundert den Namen gibt, in seiner volkreichen und bewundernswerten Hauptstadt gebaut hat.' Ich wurde so verbl�fft von dieser weitl�ufigen verbl�hten Rhetorik in diesem kleinen lenzfrischen Munde, dass ich der Alten das Wort liess, welche gutm�tig verdriesslich zu schelten begann: 'Lass es gut sein, Bellchen. Fagon schenkt dir das �brige. Unter Freunden, Kind--denn Fagon ist es und kein Sp�tter--, wie oft hab' ich dich schon gebeten in den drei Wochen, da ich dich um mich habe, von diesem verw�nschten gespreizten provinzialen Reden abzulassen. So spricht man nicht. Dieser hier ist nicht der erste der �rzte, sondern schlechthin Herr Fagon. Der botanische Garten ist kurzweg der botanische Garten, oder der Kr�utergarten, oder der k�nigliche Garten. Paris ist Paris und nicht die Hauptstadt, und der K�nig begn�gt sich damit, der K�nig zu sein. Merke dir das.' Der Mund des M�dchens �ffnete sich schmerzlich, und ein Tr�nchen rieselte �ber die bl�hende Wange. Da wendete sich zu meinem Erstaunen Julian in grosser Erregung gegen die Alte. 'Um Vergebung, Frau Gr�fin!' sprach er k�hn und heftig. 'Die Rhetorik ist eine geforderte, unentbehrliche Sache und schwierig zu lernen. Ich muss das Fr�ulein bewundern, wie reich sie redet, und P�re Amiel, wenn er sie h�rte--' 'P�re Amiel!'--die Gr�fin brach in ein tolles Gel�chter aus, bis sie das Zwerchfell schmerzte--, 'P�re Amiel hat eine Nase! aber eine Nase! eine Weltnase! Stelle dir vor, Fagon, eine Nase, welche die des Abb� Genest besch�mt! Was ich im Coll�ge zu schaffen hatte? Ich holte dort meinen Neffen ab--du weisst, Fagon, ich habe die Kinder von zwei verstorbenen Geschwistern auf dem Halse--meinen Neffen, den Guntram--armer, armer Junge!--und wurde, bis P�re Tellier, der Studienpr�fekt, zur�ckk�me, in die Rhetorik des P�re Amiel gef�hrt. O Gott! o Gott!' Die Gr�fin hielt sich den wackelnden Bauch. 'Hab' ich gelitten an verschlucktem Lachen! Zuerst das sich ermordende r�mische Weibsbild! Der Pater erdolchte sich mit dem Lineal. Dann verzog er s�ss das Maul und hauchte: 'Paete, es schmerzt nicht!' Aber was wollte das heissen gegen die sterbende Cleopatra mit der Viper! Der P�re setzte sich das Lineal an die linke Brustwarze und liess die �uglein brechen. Dass du das nicht gesehen hast, Fagon!... Ih!' kreischte sie pl�tzlich, dass es mir durch Mark und Bein ging, 'da ist ja auch P�re Tellier!', und sie deutete auf den Wolf, von welchem wir uns nicht �ber zwanzig Schritte entfernt hatten. 'Wahrhaftig, P�re Tellier, wie er leibt und lebt! Gehen wir weg von deinen garstigen Tieren, Fagon, zu deinen wohlriechenden Pflanzen! Gib mir den Arm, Julian!' 'Frau Gr�fin erlauben', fragte dieser, 'warum nanntet Ihr den Guntram einen armen Jungen, ihn, der jetzt den Lilien folgt, wenn er nicht schon die Ehre hat, die Fahne des K�nigs selbst zu tragen?' 'Ach, ach!' st�hnte die Gr�fin mit pl�tzlich ver�ndertem Gesichte, und den Tr�nen des Gel�chters folgten die gleichfarbigen des Jammers, 'warum ich den Guntram einen armen Jungen nannte? Weil er gar nicht mehr vorhanden ist, Julian, weggeblasen! Dazu bin ich in den Garten gekommen, wo ich dich vermutete, um dir zu sagen, dass Guntram gefallen ist, denke dir, am Tag nach seiner Ankunft beim Heer. Er wurde gleich eingestellt und f�hrte eine Patrouille so tollk�hn und unn�tz vor, dass ihn eine St�ckkugel zerriss, nicht mehr nicht weniger als den weiland Marschall Turenne. Stelle dir vor, Fagon: der Junge hatte noch nicht sein sechzehntes erreicht, strebte aber aus dem Coll�ge, wo er rasch und gl�cklich lernte, wachend und tr�umend nach der Muskete. Und dabei war er kurzsichtig, Fagon, du machst dir keinen Begriff. So kurzsichtig, dass er auf zwanzig Schritte nichts vor sich hatte als Nebel. Nat�rlich haben ich und alle Vern�nftigen ihm den Degen ausgeredet--nutzte alles nichts, denn er ist ein Starrkopf erster H�rte. Ich stritt mich m�tterlich mit dem Jungen herum, aber eines sch�nen Tages entlief er und rannte zu deinem Vater, Julian, der eben in den Wagen stieg, um sein niederl�ndisches Commando zu �bernehmen. Dieser befragte das Kind, wie er mir jetzt selbst geschrieben hat, ob es unter einem v�terlichen Willen st�nde, und als der Junge verneinte, liess ihn der Marschall in seinem Reisezuge mitreiten. Nun fault der kecke Bube dort�ben'--sie wies n�rdlich--'in einem belgischen Weiler. Aber die schmalen Erbteile seiner f�nf Schwestern haben sich ein bisschen gebessert.' Ich las auf dem Gesichte Julians, wie tief und verschiedenartig ihn der Tod seines Gespielen bewegte. Jenen hatte der Marschall in den Krieg genommen und sein eigenes Kind auf einer ekeln Schulbank sitzen lassen. Doch der Knabe glaubte so blindlings an die Gerechtigkeit seines Vaters, auch wenn er sie nicht begriff, dass die Wolke rasch �ber die junge Stirn wegglitt und einem deutlichen Ausdruck der Freude Raum gab. 'Du lachst, Julian?' schrie die Alte entsetzt. 'Ich denke', sagte dieser bed�chtig, als kostete er jedes Wort auf der Zunge, 'der Tod f�r den K�nig ist in allen F�llen ein Gl�ck.' Diese ritterliche, aber nicht lebenslustige Maxime und der unnat�rlich gl�ckliche Ton, in welchem der Knabe sie aussprach, beelendete die gute Gr�fin. Ein halbverschluckter Seufzer bezeugte, dass sie das Leiden des Knaben und seine M�he zu leben wohl verstand. 'Begleite Mirabellen, Julian', sagte sie, 'und geht uns voraus, dorthin nach den Palmen, nicht zu nahe, denn ich habe mit Fagon zu reden, nicht zu fern, damit ich euch h�te.' 'Wie schlank sie schreiten!' fl�sterte die Alte hinter den sich Entfernenden. 'Adam und Eva! Lache nicht, Fagon! Ob das M�dchen Puder und Reifrock tr�gt, wandeln sie doch im Paradiese, und auch unschuldig sind sie, weil eine leidenvolle Jugend auf ihnen liegt und sie die reine Liebe empfinden l�sst, ohne den Stachel ihrer Jahre. Mich beleidigt nicht, was mir sonst missf�llt, dass das M�del ein paar Jahre und Zolle'--sie �bertrieb--'mehr hat als der Junge. Wenn die nicht zusammengeh�ren! Es ist eine l�cherliche Sache mit dem M�dchen, Fagon, und ich sah, wie es dich verbl�ffte, da du von dem sch�nen Kinde so geschmacklos angeredet wurdest. Und doch ist dieser garstige H�cker ganz nat�rlich gewachsen. Meine Schwester, die Vicomtesse, Gott habe sie selig, sie war eine Kostbare, eine Pr�cieuse, die sich um ein halbes Jahrhundert versp�tet hatte, und erzog das M�dchen in Dijon, wo ihr Mann dem Parlamente und sie selbst einem poetischen Garten vorsass, mit den Umschreibungen und Redensarten des weiland Fr�uleins von Scud�ry. Es gelang ihr, dem armen folgsamen Kinde den Geschmack gr�ndlich zu verderben. Ich wette'--und sie wies mit ihrer Kr�cke auf die zweie, welche, aus den sich einander z�rtlich, aber bescheiden zuneigenden Gestalten zu schliessen, einen seligen Augenblick genossen--, 'jetzt plaudert sie ganz harmlos mit dem Knaben, denn sie hat eine einfache Seele und ein keusches Gem�t. Die Luft, die sie aushaucht, ist reiner als die, welche sie einatmet. Aber geht sie dann morgen mit mir in Gesellschaft und kommt neben ein grosses Tier, einen Erzbischof oder Herzog, zu sitzen, wird sie von einer t�dlichen Furcht befallen, f�r albern oder nichtig zu gelten, und beh�ngt ihre blanke Natur aus reiner Angst mit dem Lumpen einer geflickten Phrase. So wird die Liebliche unter uns, die wir klar und kurz reden, gerade zu dem, was sie f�rchtet, zu einer l�cherlichen Figur. Ist das ein Jammer, und werde ich M�he haben, das Kind zurecht zu bringen! Und der Julian, der dumme Kerl, der sie noch darin best�rkt! Uff!' keuchte die Gr�fin, die das Gehen an der Kr�cke erm�dete, und liess sich schwer auf die Steinbank nieder in dem Rondell von Myrten und Lorbeeren, wo, Sire, Eure B�ste steht. 'Von dem Knaben zu reden, Fagon', begann sie wieder, 'den musst du mir ohne Verzug von der Schulbank losmachen. Es war emp�rend, ich sage dir, emp�rend, Fagon, ihn unter den jungen sitzen zu sehen. Der Marschall, dieser schreckliche Pedant, w�rde ihn bei den Jesuiten verschimmeln lassen! Nur damit er seine Klassen beendige! Bei den Jesuiten, Fagon! Ich habe dem P�re Amiel auf den Zahn gef�hlt. Ich kitzelte ihn mit seiner Mimik. Er ist ein eitler Esel, aber er hat Gem�t. Er beklagte den Julian und liess dabei einfliessen, sehr behutsam, doch deutlich genug: der Knabe w�re bei den V�tern schlecht aufgehoben. Diese seien die besten Leute von der Welt, nur etwas empfindlich, und man d�rfe sie nicht reizen. Der Marschall sei ihnen auf die F�sse getreten: der neue Studienpr�fekt aber lasse mit der Ehre des Ordens nicht spassen und gebe dem Kinde die Schuld des Vaters zu kosten. Dann erschrak er �ber seine Aufrichtigkeit, blickte um sich und legte den Finger auf den Mund. Ich nahm die Knaben mit: den Guntram, unsern Julian, der mit ihm irgendein Geheimnis hatte, und noch einen dritten Freund, den Victor Argenson, diesen zu meiner eigenen Erg�tzung, denn er ist voller Mutwille und Gel�chter. An jenem Abend trieb er es zu toll. Er und Guntram qu�lten Mirabellen, die ich schon zu Mittag f�r eine ellenlange Phrase gezankt hatte, bis aufs Blut. 'Sch�n ausgedr�ckt, Fr�ulein Mirobolante', spotteten sie, 'aber noch immer nicht sch�n genug! Noch eine Note h�her!' und so fort. Julian verteidigte das M�dchen, so gut er konnte, und vermehrte nur das Gel�chter. Pl�tzlich brach die Misshandelte in str�mende Tr�nen aus, und ich trieb die Rangen in den grossen Saal, wo ich mit ihnen ein Ballspiel begann. Nach einer Weile Julian und Mirabellen suchend, fand ich sie im Garten, wo sie auf einer stillen Bank zusammensassen: Amor und Psyche. Sie err�teten, da ich sie �berraschte, nicht allzusehr. Merke dir's, Fagon, der Julian ist jetzt mein Adoptivkind, und wenn du ihn nicht von den V�tern befreiest und ihm ein m�gliches Leben verschaffst, meiner Treu! dann stelze ich an dieser Kr�cke nach Versailles und bringe trotz meiner Runzeln die Sache an den hier!', und sie wies auf deine lorbeerbekr�nzte B�ste, Majest�t. Die Alte plauderte mir noch hundert Dinge vor, w�hrend ich beschloss, sobald sie sich verabschiedet h�tte, mit dem Knaben ein gr�ndliches Wort zu reden. Er und das M�dchen erschienen dann wieder, still strahlend. Der Wagen der Gr�fin wurde gemeldet, und Julian begleitete die Frauen an die Pforte, w�hrend ich meine Lieblingsbank vor der Orangerie aufsuchte. Ich labte mich an dem feinen Dufte. Mouton, einen l�sterlichen Knaster dampfend und die H�nde in den Taschen, schlenderte ohne Gruss an mir vor�ber. Er pflegte seine Abende ausserhalb des Gartens in einer Schenke zu beschliessen. Mouton der Pudel dagegen empfahl sich mir heftig wedelnd. Ich bin gewiss, das kluge Tier erriet, dass ich seinen Meister gern dem Untergang entrissen h�tte, denn Mouton der Mensch soff gebranntes Wasser, was zu berichten ich vergessen oder vor der Majest�t mich gesch�mt habe. Der Knabe kam zur�ck, weich und gl�cklich. 'Lass mich einmal sehen, was du zeichnest und malst', sagte ich. 'Es liegt ja wohl alles auf der Kammer Moutons.' Er willfahrte und brachte mir eine volle Mappe. Ich besah Blatt um Blatt. Seltsamer Anblick, diese Mischung zweier ungleichen H�nde: Moutons freche W�rfe von der bescheidenen Hand des Knaben nachgestammelt und--leise geadelt! Lange hielt ich einen blauen Bogen, worauf Julian einige von Mouton in verschiedenen Fl�gelstellungen mit Hilfe der Lupe gezeichnete Bienen unglaublich sorgf�ltig wiedergegeben. Offenbar hatte der Knabe die Gestalt des Tierchens liebgewonnen. Wer mir gesagt h�tte, dass die Zeichnung eines Bienchens den Knaben t�ten w�rde! Zuunterst in der Mappe lag noch ein unf�rmlicher Fetzen, worauf Mouton etwas gesudelt hatte, was meine Neugierde fesselte. 'Das ist nicht von mir, sagte Julian, 'es hat sich angeh�ngt.' Ich studierte das Blatt, welches die wunderliche Parodie einer ovidischen Szene enthielt: jener, wo Pentheus rennt, von den M�naden gejagt, und Bacchus, der grausame Gott, um den Fl�chtenden zu verderben, ein senkrechtes Gebirge vor ihm in die H�he wachsen l�sst. Wahrscheinlich hatte Mouton den Knaben, der zuweilen seinen Aufgaben in der Malkammer oblag, die Verse Ovids m�hselig genug �bersetzen h�ren und daraus seinen Stoff gesch�pft. Ein J�ngling, unverkennbar Julian in allen seinen K�rperformen, welche Moutons Malerauge leichtlich besser kannte als der Knabe selbst, ein schlanker Renner, floh, den Kopf mit einem Ausdrucke t�dlicher Angst nach ein paar ihm nachjagenden Gespenstern umgewendet. Keine Bacchantinnen, Weiber ohne Alter, verk�rperte Vorstellungen, �ngstigungen, folternde Gedanken--eines dieser Scheusale trug einen langen Jesuitenhut auf dem geschorenen Sch�del und einen Folianten in der Hand--und erst die Felswand, w�st und unerklimmbar, die vor dem Blicke zu wachsen schien, wie ein finsteres Schicksal! Ich sah den Knaben an. Dieser betrachtete das Blatt ohne Widerwillen, ohne eine Ahnung seiner m�glichen Bedeutung. Auch Mouton mochte sich nicht klargemacht haben, welches schlimme Omen er in genialer Dumpfheit auf das Blatt hingetr�umt hatte. Ich steckte dasselbe unwillk�rlich, um es zu verbergen, in die Mitte der Bl�tterschicht, bevor ich diese in die Mappe schob. 'Julian', begann ich freundlich, 'ich beklage mich bei dir, dass du mir Mouton vorgezogen hast, ihn zu deinem Vertrauten machend, w�hrend du dich gegen mein Wohlwollen, das du kennst, in ein unbegreifliches Schweigen verschlossest. F�rchtest du dich, mir dein Ungl�ck zu sagen, weil ich imstande bin, dasselbe klar zu begrenzen und richtig zu beurteilen, und du vorziehst, in hoffnungslosem Br�ten dich zu verzehren? Das ist nicht mutig.' Julian verzog schmerzlich die Brauen. Aber noch einmal spielte ein Strahl der heute genossenen Seligkeit �ber sein Antlitz. 'Herr Fagon', sagte er halb l�chelnd, 'eigentlich habe ich meinen Gram nur dem Pudel Mouton erz�hlt.' Dieses artige Wort, welches ich ihm nicht zugetraut h�tte, �berraschte mich. Der Knabe deutete meine erstaune Miene falsch. Er glaubte sich missredet zu haben. 'Fraget mich, Herr Fagon', sagte er, 'ich antworte Euch die Wahrheit.' 'Du hast M�he zu leben?' 'Ja, Herr Fagon.' 'Man h�lt dich f�r beschr�nkt, und du bist es auch, doch vielleicht anders, als die Leute meinen.' Das harte Wort war gesprochen. Der Knabe versenkte den Blondkopf in die H�nde und brach in schweigende Tr�nen aus, welche ich erst bemerkte, da sie zwischen seinen Fingern rannen. Nun war der Bann gebrochen. 'Ich will Euch meine K�mmernis erz�hlen, Herr Fagon', schluchzte er, das Antlitz erhebend. 'Tue das, mein Kind, und sei gewiss, dass ich dich jetzt, da wir Freunde sind, verteidigen werde wie mich selbst. Niemand wird dir k�nftig etwas anhaben, weder du noch ein anderer! Du wirst dich wieder an Luft und Sonne freuen und dein Tagewerk ohne Grauen beginnen.' Der Knabe glaubte an mich und fasste mit hoffenden Augen Vertrauen. Dann begann er sein Leid zu erz�hlen, halb schon wie ein vergangenes: 'Einen schlimmen Tag habe ich gelebt, und die �brigen waren nicht viel besser. Es war an einem Herbsttage, dass ich mit Guntram zu seinem Ohm, dem Comtur, nach Compi�gne fuhr. Wir wollten uns dort im Schiessen �ben, f�r uns beide ein neues Vergn�gen und eine Probe unserer Augen. Wir hatten ein leichtes Zweigespann, und Guntram unterhielt mich in einer Staubwolke von seiner Zukunft. Diese k�nne nur eine milit�rische sein. Zu anderem habe er keine Lust. Der Comtur empfing uns weitl�ufig, aber Guntram hielt nicht Ruhe, bis wir auf Distanz vor der Scheibe standen. Keinen einzigen Schuss brachte er hinein. Denn er ist kurzsichtig wie niemand. Er biss sich in die Lippe und regte sich schrecklich auf. Dadurch wurde auch seine Hand unsicher, w�hrend ich ins Schwarze traf, weil ich sah und zielte. Der Comtur wurde abgerufen, und Guntram schickte den Bedienten nach Wein. Er leerte einige Gl�ser, und seine Hand fing an zu zittern. Mit hervorquellenden Augen und verzerrtem Gesichte schleuderte er seine Pistole auf den Rasen, hob sie dann wieder auf, lud sie, lud auch die meinige und verlor sich mit mir in das Dickicht des Parkes. Auf einer Lichtung hob er die eine und bot mir die andere. 'Ich mache ein Ende!' schrie er verzweifelt. Ich bin ein Blinder, und die taugen nicht ins Feld, und wenn ich nicht ins Feld tauge, will ich nicht leben! Du begleitest mich! Auch du taugst nicht ins Leben, obwohl du beneidenswert schiessest, denn du bist der gr�sste Dummkopf, das Gesp�tte der Welt!' 'Und Gott?' fragte ich. 'Ein h�bscher Gott', hohnlachte er und zeigte dem Himmel die Faust, 'der mir Kriegslust und Blindheit und dir einen K�rper ohne Geist gegeben hat!' Wir rangen, ich entwaffnete ihn, und er schlug sich in die B�sche. Seit jenem Tage war ich ein Ungl�cklicher, denn Guntram hatte ausgesprochen, was ich wusste, aber mir selbst verhehlte, so gut es gehen wollte. Stets h�rte ich das Wort Dummkopf hinter mir fl�stern, auf der Strasse wie in der Schule, und meine Ohren sch�rften sich, das grausame Wort zu vernehmen. Es mag auch sein, dass meine Mitsch�ler, �ber welche ich sonst nicht zu klagen habe, wenn sie sich ausser dem Bereiche meines Ohres glauben, k�rzehalber mich so nennen. Sogar das Semmelweib mit den verschmitzten Runzeln, die Lisette, welche vor dem Coll�ge ihre Ware vertreibt, sucht mich zu betr�gen, oft recht plump, und glaubt es zu d�rfen, weil sie mich einen Dummen nennen h�rt. Und doch hangt an der Mauer des Coll�ge Gott der Heiland, der in die Welt gekommen ist, um Gerechtigkeit gegen alle und Milde gegen die Schwachen zu lehren.' Er schwieg und schien nachzudenken. Dann fuhr er fort: 'Ich will mich nicht besser machen, Herr Fagon, als ich bin. Auch ich habe meine b�sen Stunden. Bei keinem Spiele w�rde ich Sonne und Schatten ungerecht verteilen, und wie kann Gott bei dem irdischen Wettspiel einem einzelnen Bleigewichte anh�ngen und ihm dann zurufen: 'Dort ist das Ziel: lauf mit den andern!' Oft, Herr Fagon, habe ich vor dem Einschlafen die H�nde gefaltet und den lieben Gott br�nstig angefleht, er m�ge, was ich eben m�hselig erlernt, w�hrend des Schlafes in meinem Kopfe wachsen und erstarken lassen, was ja die blosse Natur den andern gew�hrt. Ich wachte auf und hatte alles vergessen, und die Sonne erschreckte mich. 'Vielleicht', fl�sterte er scheu, 'tue ich dem lieben Gott Unrecht. Er h�lfe gern, g�tig wie er ist, aber er hat wohl nicht immer die Macht. W�re das nicht m�glich, Herr Fagon? Wurde es dann allzu arg, besuchte mich die Mutter im Traum und sagte mir: 'Halt aus, Julian! Es wird noch gut!' Diese unglaublichen Nativit�ten und kindischen Widerspr�che zwangen mich zu einem L�cheln, welches ein Grinsen sein mochte. Der Knabe erschrak �ber sich selbst und �ber mich. Dann sagte er, als h�tte er schon zu lange gesprochen, hastig, nicht ohne einige Bitterkeit, denn die Zuversicht hatte ihn im Laufe seiner Erz�hlung wieder verlassen: 'Nun weiss jedermann, dass ich dumm bin, selbst der K�nig, und diesem h�tte ich es so gerne verheimlicht'--Julian mochte auf jenen Marly anspielen--, 'einzig meinen Vater ausgenommen, der nicht daran glauben will.' 'Mein Sohn', sagte ich und legte die Hand auf seine schlanke Schulter, 'ich philosophiere nicht mit dir, Willst du mir aber glauben, so trage ich dich durch die Wellen. Wie du bist, ich werde dich in den Port bringen. Zwar du wirst trotz deines sch�nen Namens kein Heer und keine Flotte f�hren, aber du wirst auch keine Schlacht leichtsinnig verlieren zum Schaden deines K�nigs und deines Vaterlandes. Dein Name wird nicht wie der deines Vaters in unsern Annalen stehen, aber im Buche der Gerechten, denn du kennst die erste Seligpreisung, dass das Himmelreich den Armen im Geiste geh�rt. Merk auf! Der erste Punkt ist: du gehst ins Feld und k�mpfst in unsern Reihen f�r den K�nig und das jetzt so schwer bedrohte Frankreich. Im Kugelregen wirst du erfahren, ob du leben darfst. Dass du bald hineinkommst, daf�r sorge ich. Du bleibst oder du kehrst heim mit dem Selbstvertrauen eines Braven. Ohne Selbstvertrauen kein Mann. Niemand wird dir leicht ins Angesicht spotten. Dann wirst du ein einfacher Diener deines K�nigs und erf�llst deine Pflicht aufs strengste, wie es in dir liegt. Du hast Ehre und Treue, und deren bedarf die Majest�t. Unter denen, die sie umgeben, ist kein �berfluss daran. Marstall, Jagd oder Wache, ein Dienst wird sich finden, wie du ihn zu verrichten verstehst. Deine Geburt wird dich statt des eigenen Verdienstes vor andern beg�nstigen: das mache dich dem�tig. Die Majest�t, wenn sie sich im Rate m�de gearbeitet hat, liebt es, ein zwangloses Wort an einen Schweigsamen und unbedingt Getreuen zu richten. Du bist zu einfach, um dich in eine Intrige zu mischen; daf�r wird dich keine Intrige zugrunde richten. Man wird, wie die Welt ist, hinter deinem R�cken h�hnen und spotten, aber du blickst nicht um. Du wirst g�tig und gerecht sein mit deinen Knechten und keinen Tag beendigen ohne eine Wohltat. Im �brigen: verzichte!' Der Knabe blickte mich mit gl�ubigen Augen an. 'Das sind Worte des Evangeliums', sagte er. 'Verzichtet nicht jedermann', scherzte ich, 'selbst deine G�nnerin, Frau von Maintenon, selbst der K�nig auf einen Schmuck oder eine Provinz? Habe ich, Fagon, nicht ebenfalls verzichtet, vielleicht bitterer als du, wenn auch auf meine eigene Weise? Verwaist, arm, mit einem elenden K�rper, der sich gerade in deinen Jahren von Tag zu Tag verwuchs und verbog, habe ich nicht eine strenge Muse gew�hlt, die Wissenschaft? Glaubst du, ich hatte kein Herz, keine Sinne? Ein z�rtliches Herzchen, Julian!--und entsagte ein f�r allemal dem gr�ssten Reiz des Daseins, der Liebe, welche deinem schlanken Wuchse und deinem leeren Blondkopf nur so angeworfen wird!'" Fagon trug, was ihn vielleicht in seiner Jugend schwer bedr�ngt hatte, mit einem so komischen Pathos vor, dass es den K�nig belustigte und der Marquise schmeichelte. "Ich begleitete Julian bis an die Pforte und zog ihn mit Mirabellen auf. 'Ihr habt rasch gemacht', sagte ich, 'Es ist so gekommen', antwortete er unbefangen. 'Man hat sie mit dem Geiste gequ�lt, sie weinte, und da fasste ich ein Vertrauen. Auch gleicht sie meiner Mutter.' Eine Arie aus irgendeiner verschollenen Oper meiner Jugendzeit tr�llernd, die einzige, deren ich m�chtig bin, kehrte ich zu meiner Bank vor der Orangerie zur�ck. 'Er muss gleich ins Feld', sagte ich mir. Wenig fehlte, ich schlug ihm vor: ohne weiteres eines meiner Rosse zu satteln und stracks an die Grenze zum Heere zu jagen; aber dieser k�hne Ungehorsam h�tte den Knaben nicht gekleidet. �berdies wusste man, dass der Marschall f�r einmal nur die Grenzen sicherte und die Festungen in Flandern instand setzte, um vor einer entscheidenden Schlacht nach Versailles zur�ckzukehren und die endg�ltigen Befehle deiner Majest�t zu empfangen. Dann wollte ich ihn fassen. Als ich, die liegengebliebene Mappe noch einmal �ffnend, den Inhalt zurechtsch�ttelte, da, siehe! lag der Pentheus mit der grausigen Felswand obenauf, den ich geschworen h�tte in die Mitte der Bl�tter geschoben zu haben... Wenig sp�ter begab es sich, dass Mouton der Pudel, in dem Gedr�nge der Rue Saint-Honor� seinen Herrn suchend, verkarrt wurde. Er schl�ft in deinem Garten, Majest�t, wo ihn Mouton der Mensch unter einer Catalpa beerdigte und mit seinem Taschenmesser in die Rinde des Baumes schnitt: 'II Moutons'. Und wirklich lag er bald neben seinem Pudel. Es war Zeit. Der Trunk hatte ihn unterh�hlt, und sein Verstand begann zu schwanken. Ich beobachtete ihn mitunter aus meinem Bibliothekfenster, wie er in seiner Kammer vor der Staffelei sass und nicht nur vernehmlich mit dem Geiste seines Pudels plauderte, sondern auch mit h�ndischer Miene g�hnte oder schnellen Maules nach Fliegen schnappte, ganz in der Art seines abgeschiedenen Freundes. Eine Wassersucht zog ihn danieder. Es ging rasch, und als ich eines Tages an sein Lager trat, in der Hand einen L�ffel voll Medizin, drehte er seinem Wohlt�ter mit einem unaussprechlichen Worte den R�cken, kehrte das Gesicht gegen die Wand und war fertig. Es begab sich ferner, dass der Marschall aus dem Felde nach Versailles zur�ckkehrte. Da sein Aufenthalt kein langer sein konnte, ergriff ich den Augenblick. Ich war entschlossen, Julian an der Hand, vor ihn zu treten und ihm die ganze Wahrheit zu sagen. Ich fuhr bei den Jesuiten vor. In der N�he der Hauptpforte hielt das von den Dienern kaum geb�ndigte feurige Viergespann des Marschalls, Julian erwartend, um den Knaben rasch nach Versailles zu bringen. Das Tor des Jesuitenhauses �ffnete sich, und Julian wankte heraus, in welchem Zustande! Das Haupt vorfallend, den R�cken gebrochen, die Gestalt geknickt, auf unsichern F�ssen, den Blick erloschen, w�hrend die Augen Victor Argensons, welcher den Freund f�hrte, loderten wie Fackeln. Die verbl�fften Diener in ihren reichen Livreen beeiferten sich, ihren jungen Herrn rasch und behutsam in den Wagen zu heben. Ich sprang aus dem meinigen, den Knaben von einer t�ckischen Seuche ergriffen glaubend. 'Um Gottes willen, Julian', schrie ich, 'was ist mit dir?' Keine Antwort. Der Knabe starrte mich mit abwesendem Geiste an. Ich weiss nicht, ob er mich kannte. Ich begriff, dass der sonst schon Verschlossene jetzt nicht reden werde, und da �berdies der Stallmeister dr�ngte: 'Hinein, Herr, oder zur�ck!', denn die ungeduldigen Rosse b�umten sich, so liess ich das Kind fahren, mir versprechend, ihm bald nach Versailles zu folgen. Schon hatte sich um die aufregende Szene vor dem Jesuitenhause ein Zusammenlauf gebildet, dessen Neugierde ich zu entrinnen w�nschte, und Victor erblickend, welcher mit leidenschaftlicher Geb�rde dem im Sturm davongetragenen Gespielen nachrief. 'Mut, Julian! Ich werde dich r�chen!', stiess ich den Knaben vor mich in meinen Wagen und stieg ihm nach. 'Wohin, Herr?' fragte mein Kutscher. Bevor ich antwortete, schrie das geistesgegenw�rtige Kind: 'Ins Kloster Faubourg Saint-Antoine!' In dem genannten Kloster hat sich, wie Ihr wisset, Sire, Euer Ideal von Polizeiminister einen stillen Winkel eingerichtet, wo er nicht �berlaufen wird und heimlich f�r die �ffentliche Sicherheit von Paris sorgen kann. 'Victor', fragte ich durch das Ger�usch der R�der, 'was ist? was hat sich begeben?' 'Ein riesiges Unrecht!' w�tete der Knabe. 'P�re Tellier, der Wolf, hat Julian mit Riemen gez�chtigt, und er ist unschuldig! Ich bin der Anstifter! Ich bin der T�ter! Aber ich will dem Julian Gerechtigkeit verschaffen, ich fordere den Pater auf Pistolen!' Diese Absurdit�t, mit dem Gest�ndnisse Victors, das Ungl�ck verschuldet zu haben, brachte mich dergestalt auf, dass ich ihm ohne weiteres eine salzige Ohrfeige zog. 'Sehr gut!' sagte er. 'Kutscher, du schleichst wie eine Schnecke!' Er steckte ihm sein volles Beutelchen zu. 'Rasch! peitsche! jage! Herr Fagon, seid gewiss, der Vater wird dem Julian Gerechtigkeit verschaffen! Oh, er kennt die Jesuiten, diese Schurken, diese Schufte, und ihre schmutzige W�sche! Ihn aber f�rchten sie wie den Teufel!' Ich hielt es f�r unn�tig, das rasende Kind weiter zu fragen, da er ja seine Beichte vor dem Vater ablegen w�rde und die fliegenden Rosse schon das schlechte Pflaster der Vorstadt mit ihren Hufen schlugen, dass die Funken spritzten. Wir waren angelangt und wurden sogleich vorgelassen. Argenson bl�tterte in einem Aktenstoss. 'Wir �berfallen, Argenson!' entschuldigte ich. 'Nicht, nicht, Fagon', antwortete er mir die Hand sch�ttelnd und r�ckte mir einen Stuhl. 'Was ist denn mit dem Jungen? Er gl�ht ja wie ein Ofen,' 'Vater--' 'Halt das Maul! Herr Fagon redet.' 'Argenson', begann ich, 'ein schwerer Unfall, vielleicht ein grosses Ungl�ck hat sich zugetragen. Julian Boufflers'--ich blickte den Minister fragend an--"Weiss von dem armen Knaben", sagte er--'wurde bei den Jesuiten geschlagen, und der Knabe fuhr nach Versailles in einem Zustande, der, wenn ich richtig sah, der Anfang einer gef�hrlichen Krankheit ist. Victor kennt den Hergang.' 'Erz�hle!' gebot der Vater. 'Klar, ruhig, umst�ndlich. Auch der kleinste Punkt ist wichtig. Und l�ge nicht!' 'L�gen?' rief der emp�rte Knabe, 'werde ich da l�gen, wo nur die Wahrheit hilft? Diese Schufte, die Jesuiten--' 'Die Tatsachen!' befahl der Minister mit einer Rhadamanthusmiene. Victor nahm sich zusammen und erz�hlte mit erstaunlicher Klarheit. 'Es war vor der Rhetorik des P�re Amiel, und wir steckten die K�pfe zusammen, welchen Possen wir dem Nasigen spielen w�rden. 'Etwas Neues! ' rief man von allen Seiten, 'etwas noch nicht Dagewesenes! eine Erfindung!' Da fiel uns ein--' 'Da fiel mir ein', verbesserte der Vater. '--Mir ein, Julian, der so h�bsch zeichnet, zu bitten, uns etwas mit der Kreide an die schwarze Tafel zu malen. Ich legte ihm, der auf seiner Bank �ber den B�chern sass, eine Lektion einlernend--er lernt so unglaublich schwer--, den Arm um den Hals. Zeichne uns etwas!' schmeichelte ich. 'Ein Rhinoceros!' Er sch�ttelte den Kopf. 'Ich merke', sagte er, 'ihr wollt damit nur den guten Pater �rgern, und da tue ich nicht mit. Es ist eine Grausamkeit. Ich zeichne euch keine Nase!' 'Aber einen Schnabel, eine Schleiereule, du machst die Eulen so komisch!' 'Auch keinen Schnabel, Victor.' Da sann ich ein wenig und hatte einen Einfall.' Der Minister runzelte seine pechschwarze Braue. Victor fuhr mit dem Mute der Verzweiflung fort: ''Zeichne uns ein Bienchen, Julian', sagte ich, du kannst das so allerliebst!' 'Warum nicht?' antwortete er dienstfertig und zeichnete mit sorgf�ltigen Z�gen ein nettes Bienchen auf die Tafel. 'Schreibe etwas bei!' 'Nun ja, wenn du willst', sagte er und schrieb mit der Kreide: 'abeille.' 'Ach, du hast doch gar keine Einbildungskraft, Julian! Das lautet trocken.' 'Wie soll ich denn schreiben, Victor?' 'Wenigstens das Honigtierchen, b�te � miel.'' Der Minister begriff sofort das alberne Wortspiel: b�te � miel und b�te Amiel. 'Da hast du etwas daf�r!' rief er emp�rt und gab dem Erfinder des Calembourgs eine Ohrfeige, gegen welche die meinige eine Liebkosung gewesen war. 'Sehr gut!' sagte der Knabe, dem das Ohr blutete. 'Weiter! und mach es kurz!' befahl der Vater, 'damit du mir aus den Augen kommst!' '--In diesem Augenblick trat P�re Amiel ein, schritt auf und nieder, beschn�ffelte die Tafel, verstand und tat dergleichen, der Sch�ker, als ob er nicht verst�nde. Aber: 'B�te Amiel! dummer Amiel!'scholl es erst vereinzelt, dann aus mehreren B�nken, dann vollstimmig, 'b�te Amiel! dummer Amiel!' Da--Schrecken--wurde die T�r aufgerissen. Es war der reissende Wolf, der P�re Tellier. Er hatte durch die Korridore spioniert und zeigte jetzt seine teuflische Fratze. 'Wer hat das gezeichnet?' 'Ich', antwortete Julian fest. Er hatte sich die Ohren verhalten, seine Lektion zu studieren fortfahrend, und verstand und begriff, wie er ja �berhaupt so schwer begreift, nichts von nichts. 'Wer hat das geschrieben?' 'Ich', sagte Julian. Der Wolf tat einen Sprung gegen ihn, riss den Verbl�fften empor, presste ihn an sich, ergriff einen B�cherriemen und--' Dem Erz�hlenden versagte das Wort. 'Und du hast geschwiegen, elende Memme?' donnerte der Minister. 'Ich verachte dich! Du bist ein Lump!' 'Geschrieen habe ich wie einer, den sie morden', rief der Knabe, ''ich war es! ich! ich!' Auch P�re Amiel hat sich an den Wolf geklammert, die Unschuld Julians beteuernd. Er h�rte es wohl, der Wolf! Aber mir kr�mmte er kein Haar, weil ich dein Sohn bin und dich die Jesuiten f�rchten und achten. Den Marschall aber hassen sie und f�rchten ihn nicht. Da musste der Julian herhalten. Aber ich will dem Wolf mein Messer'--der Knabe langte in die Tasche--'zwischen die Rippen stossen, wenn er nicht--' Der gestrenge Vater ergriff ihn am Kragen, schleppte ihn gegen die T�re, �ffnete sie, warf ihn hinaus und riegelte. Im n�chsten Augenblicke schon wurde draussen mit F�usten geh�mmert, und der Knabe schrie: 'Ich gehe mit zum P�re Tellier! Ich trete als Zeuge auf und sage ihm: 'Du bist ein Ungeheuer!'' 'Im Grunde, Fagon', wendete sich der Minister kaltbl�tig gegen mich, ohne sich an das Gepolter zu kehren, 'hat der Junge recht: wir beide suchen den Pater auf, ohne Verzug, fallen ihn mit der nackten Wahrheit an, breiten sie wie auf ein Tuch vor ihm aus und n�tigen ihn, mit uns zu Julian zu gehen, heute noch, sogleich, und in unsrer Gegenwart dem Misshandelten Abbitte zu tun.' Er blickte nach einer Stockuhr. 'Halb zw�lf. P�re Tellier h�lt seine Bauerzeiten fest. Er speist Punkt Mittag mit Schwarzbrot und K�se. Wir finden ihn.' Argenson zog mich mit sich fort. Wir stiegen ein und rollten. 'Ich kenne den Knaben', wiederholte der Minister. 'Nur eines ist mir in seiner Geschichte unklar. Es ist Tatsache, dass die V�ter damit anfingen, ihn zu h�tscheln und in Baumwolle einzuwickeln. Seine Kameraden, auch mein Halunke, haben sich oft dar�ber aufgehalten. Ich begreife, dass die V�ter, wie sie beschaffen sind, das Kind hassen, seit der Marschall das Missgeschick hatte, sie zu entlarven. Aber warum sie, denen der Marschall gleichg�ltig war, einen Vorteil darin fanden, das Kind zuerst �ber die dem Schwachen geb�hrende Schonung hinaus zu beg�nstigen, das entgeht mir.' 'Hm', machte ich. 'Und gerade das muss ich wissen, Fagon.' 'Nun denn, Argenson', begann ich mein Bekenntnis--auch dir, Majest�t, lege ich es ab, denn dich zumeist habe ich beleidigt--, 'da ich Julian bei den V�tern um jeden Preis warm betten wollte und ihm keine durchschlagende Empfehlung wusste--man plaudert ja zuweilen ein bisschen, und so erz�hlte ich den V�tern Rapin und Bouhours, die ich in einer Damengesellschaft fand, Julians Mutter sei dir, dem K�nige, eine angenehme Erscheinung gewesen. Die reine Wahrheit. Kein Wort dar�ber hinaus, bei meiner Ehre, Argenson!' Dieser verzog das Gesicht. Du, Majest�t, zeigest mir ein finsteres und ungn�diges. Aber, Sire, trage ich die Schuld, wenn die Einbildungskraft der V�ter Jesuiten das Reinste ins Zweideutige umarbeitet? 'Als sie dann', fuhr ich fort, 'den Marschall zu hassen und sich f�r ihn zu interessieren begannen, lauschten und forschten sie nach ihrer Weise, erfuhren aber nichts, als dass Julians Mutter das reinste Gesch�pf der Erde war, bevor sie der Engel wurde, der jetzt �ber die Erde l�chelt. Leider kamen die V�ter zur �berzeugung ihres Irrtums gerade, da das Kind desselben am meisten bedurft h�tte.' Argenson nickte." "Fagon", sagte der K�nig fast strenge, "das war deine dritte und gr�sste Freiheit. Spieltest du so leichtsinnig mit meinem Namen und dem Rufe eines von dir angebeteten Weibes, h�ttest du mir wenigstens diesen Frevel verschweigen sollen, selbst wenn deine Geschichte dadurch unverst�ndlicher geworden w�re. Und sage mir, Fagon: hast du da nicht nach dem verrufenen Satze gehandelt, dass der Zweck die Mittel heilige? Bist du in den Orden getreten?" "Wir alle sind es ein bisschen, Majest�t", l�chelte Fagon und fuhr fort: "Mitte Weges begegneten wir dem P�re Amiel, der wie ein Ungl�cklicher umherirrte und, meinen Wagen erkennend, sich so verzweifelt geb�rdete, dass ich halten liess. Am Kutschenschlage entwickelte er seine n�rrische Mimik und war im Augenblicke von einem Kreise toll lachender Gassenjungen umgeben. Ich hiess ihn einsteigen. 'Der Mutter Gottes sei gedankt, dass ich Euch finde, Herr Fagon! Dem Julian, welchen Ihr besch�tzet, ist ein Leid geschehen, und unschuldig ist er, wie der zerschmetterte kleine Astyanax!' deklamierte der Nasige. 'Wenn Ihr, Herr Fagon, den seltsamen Blick gesehen h�ttet, welchen der Knabe gegen seinen Henker erhob, diesen Blick des Grauens und der Todesangst!' P�re Amiel sch�pfte Atem. 'Fl�he ich �ber Meer, mich verfolgte dieser Blick! Begr�be ich mich in einen finstern Turm, er dr�nge durch die Mauer! Verkr�che ich mich--' 'Wenn Ihr Euch nur nicht verkriechet, Professor', unterbrach ihn der Minister, 'jetzt, da es gilt, dem P�re Tellier--denn zu diesem fahren wir, und Ihr fahret mit--ins Angesicht Zeugnis abzulegen! Habt Ihr den Mut?' 'Gewiss, gewiss!' beteuerte P�re Amiel, der aber merklich erblasste und in seiner Soutane zu schlottern begann. P�re Tellier ist selbst in seinem feinen Orden als ein Roher und Gewaltsamer gef�rchtet. Da wir am Professhause ausstiegen, P�re Amiel den Vortritt gebend, sprang Victor vom Wagenbrett, wo er neben dem Bedienten die Fahrt aufrecht mitgemacht hatte. 'Ich gehe mit!' trotzte er. Argenson runzelte die Stirn, liess es aber zu, nicht unzufrieden, einen zweiten Zeugen mitzubringen. P�re Tellier verleugnete sich nicht. Argenson bedeutete den Pater und den Knaben, im Vorzimmer zur�ckzubleiben. Sie gehorchten, jener erleichtert, dieser unmutig. Der Pater Rektor bewohnte eine d�rftige, ja armselige Kammer, wie er auch eine verbrauchte Soutane trug, Tag und Nacht dieselbe. Er empfing uns mit gekr�mmtem R�cken und einem falschen L�cheln in den ungeschlachten und wilden Z�gen. 'Womit diene ich meinen Herren?' fragte er s�sslich grinsend. 'Hochw�rden', antwortete Argenson und wies den gebotenen Stuhl, der mit Staub bedeckt war und eine zerbrochene Lehne hatte, zur�ck, 'ein Leben steht auf dem Spiel. Wir m�ssen eilen, es zu retten. Heute wurde der junge Boufflers im Collegium irrt�mlich gez�chtigt. Irrt�mlich. Ein durchtriebener Range hat den beschr�nkten Knaben etwas auf die Tafel zeichnen und schreiben lassen, das sich zu einer albernen Verspottung des P�re Amiel gestaltete, ohne dass Julian Boufflers die leiseste Ahnung hatte, wozu er missbraucht wurde. Es ist leicht zu beweisen, dass er der einzige seiner Klasse war, der solche Possen tadelte und nach Kr�ften verhinderte. H�tte er den fraglichen Streich in seinem Blondkopfe ersonnen, dann war die Z�chtigung eine zweifellos verdiente. So aber ist sie eine f�rchterliche Ungerechtigkeit, die nicht schnell und nicht voll genug ges�hnt werden kann. Dazu kommt noch etwas unendlich Schweres. Der missverst�ndlich Gez�chtigte, ein Kind an Geist, hatte die Seele eines Mannes. Man glaubte einen Jungen zu strafen und hat einen Edelmann misshandelt.' 'Ei, ei', erstaunte der Pater, 'was Exzellenz nicht alles sagen! Kann eine einfache Sache so verdreht werden? Ich gehe durch die Korridore. Das ist meine Pflicht. Ich h�re L�rm in der Rhetorik. P�re Amiel ist ein Gelehrter, der den Orden ziert, aber er weiss sich nicht in Respekt zu setzen. Unsre V�ter lieben es nicht, k�rperlich zu z�chtigen, aber das konnte nicht l�nger gehn, ein Exempel musste statuiert werden. Ich trete ein. Eine Sottise steht auf der Tafel. Ich untersuche. Boufflers bekennt. Das �brige verstand sich. Unbegabt? beschr�nkt? Im Gegenteil, durchtrieben ist er, ein Duckm�user. Stille Wasser sind tief. Was ihm mangelt, ist die Aufrichtigkeit, er ist ein Heuchler und Gleisner. Hat's geschmerzt? O die zarte Haut! Ein Herrens�hnchen, wie? Tut mir leid, wir V�ter Jesu kennen kein Ansehn der Person. Auch hat uns der Marschall selbst gebeten, sein Kind nicht zu verziehn. Ich war �lter als jener, da ich meine letzten und besten Streiche erhielt, im Seminar, vierzig weniger einen wie Sankt Paulus, der auch ein Edelmann war. Bin ich draufgegangen? Ich rieb mir die Stelle, mit Z�chten geredet, und mir war wohler als zuvor. Und ich war unschuldig, von der Unschuld dieses Verstockten aber �berzeugt mich niemand!' 'Vielleicht doch, Hochw�rden!' sagte Argenson und rief die zwei Harrenden herein. 'Victor', bleckte der Jesuit den eintretenden Knaben an, 'du hast es nicht getan! F�r dich stehe ich. Du bist ein gutartiges Kind. Ein Dummkopf w�rest du, dich f�r schuldig zu erkl�ren, den niemand anklagt.' Victor, der in trotzigster Haltung nahte, schaute dem Unhold tapfer ins Gesicht, aber der Mut sank ihm. Sein Herz erbebte vor der wachsenden Wildheit dieser Z�ge und den funkelnden Wolfsaugen. Er machte rasch. 'Ich habe den Julian verleitet, der nichts davon verstand', sagte er. 'Das schrie ich Euch in die Ohren, aber Ihr wolltet nicht h�ren, weil Ihr ein B�sewicht seid!' 'Genug!' befahl Argenson und wies ihm die T�re. Er ging nicht ungern. Er begann sich zu f�rchten. 'P�re Amiel', wandte sich der Minister gegen diesen, 'Hand aufs Herz, konnte Julian das Wortspiel erfinden?' Der Pater zauderte, mit einem bangen Blick auf den Rektor. 'Mut, Pater', fl�sterte ich, 'Ihr seid ein Ehrenmann!' 'Unm�glich, Exzellenz, wenn nicht Achill eine Memme und Thersites ein Held war!' beteuerte P�re Amiel, sich mit seiner Rhetorik ermutigend. 'Julian ist schuldlos wie der Heiland.' Das erdfarbene Gesicht des Rektors verzerrte sich vor Wut. Er war gewohnt, im Collegium blinden Gehorsam zu finden, und ertrug nicht den geringsten Widerspruch. 'Wollt Ihr kritisieren, Bruder?' sch�umte er. 'Kritisiert zuerst Euer tolles Fratzenspiel, das Euch dem D�mmsten zum Spotte macht! Ich habe den Knaben gerecht behandelt!' Diese Herabw�rdigung seiner Mimik brachte den Pater g�nzlich ausser sich und liess ihn f�r einen Augenblick alle Furcht vergessen. 'Gerecht?' jammerte er. 'Dass Gott erbarm'! Wie oft hab' ich Euch gebeten, dem Unverm�gen des Knaben Rechnung zu tragen und ihn nicht zu zerst�ren! Wer antwortete mir: Meinethalben gehe er drauf!', wer hat das gesprochen?' 'Mentiris impudenter!' heulte der Wolf. 'Mentiris impudentissime, pater reverende!' �berschrie ihn der Nasige, an allen Gliedern zitternd. 'Mir aus den Augen!' herrschte der Rektor, mit dem Finger nach der T�re weisend, und der kleine Pater rettete sich, so geschwind er konnte. Da wir wieder zu dreien waren: 'Hochw�rden', sprach der Minister ernst, 'es wurde der Vorwurf gegen Euch erhoben, den Knaben zu hassen. Eine schwere Anklage! Widerlegt und besch�mt dieselbe, indem Ihr mit uns geht und Julian Abbitte tut. Niemand wird dabei zugegen sein als wir zwei.' Er deutete auf mich. 'Das gen�gt. Dieser Herr ist der Leibarzt des K�nigs und um die Gesundheit des Knaben in schwerer Sorge. Ihr entf�rbet Euch? Lasst es Euch kosten und bedenket: der, dessen Namen Ihr traget, gebietet, die Sonne nicht �ber einem Zorne untergehen zu lassen, wieviel weniger �ber einer Ungerechtigkeit!' Ein Unrecht bekennen und s�hnen! Der Jesuit knirschte vor Ingrimm. 'Was habe ich mit dem Nazarener zu schaffen?' l�sterte er, in verwundetem Stolze sich aufb�umend, und der H�ssliche schien gegen die Decke zu wachsen wie ein D�mon. 'Ich bin der Kirche! Nein, des Ordens!... Und was habe ich mit dem Knaben zu schaffen? Nicht ihn hasse ich, sondern seinen Vater, der uns verleumdet hat! verleumdet! sch�ndlich verleumdet!' 'Nicht der Marschall', sagte ich verdutzt, 'sondern mein Laboratorium hat die V�ter--verleumdet.' 'F�lschung! F�lschung!' tobte der Rektor. 'Jene Briefe wurden nie geschrieben! Ein teuflischer Betr�ger hat sie untergeschoben!', und er warf mir einen m�rderischen Blick zu. Ich war betroffen, ich gestehe es, �ber diese Macht und Gewalt: Tatsachen zu vernichten, Wahrheit in L�ge und L�ge in Wahrheit zu verwandeln. P�re Tellier rieb sich die eiserne Stirn. Dann ver�nderte er das Gesicht und beugte sich vor dem Minister halb kriechend, halb sp�ttisch: 'Exzellenz, ich bin Euer gehorsamer Diener, aber Ihr begreift: ich kann die Gesellschaft nicht so tief erniedrigen, einem Knaben Abbitte zu leisten.' Argenson wechselte den Ton nicht minder gewandt. Er stellte sich neben Tellier mit einem unmerklichen L�cheln der Verachtung in den Mundwinkeln. Der Pater bot das Ohr. 'Seid Ihr gewiss', wisperte der Minister, 'dass Ihr den Sohn des Marschalls gegeisselt habt, und nicht das edelste Blut Frankreichs?' Der Pater zuckte zusammen. 'Es ist nichts daran', wisperte er zur�ck. 'Ihr narrt mich, Argenson.' 'Ich habe keine Gewissheit. In solchen Dingen gibt es keine. Aber die blosse M�glichkeit w�rde Euch als--Ihr wisst, was ich meine und wozu Ihr vorgeschlagen seid--unm�glich machen.' Ich glaubte zu sehen, Sire, wie Hochmut und Ehrgeiz sich in den d�stern Z�gen Eures Beichtvaters bek�mpften, aber ich konnte den Sieger nicht erraten. 'Ich denke, ich gehe mit den Herren', sagte P�re Tellier. 'Kommt, Pater!' dr�ngte der Minister und streckte die Hand gegen ihn aus. 'Aber ich muss die Soutane wechseln. Ihr seht, diese ist geflickt, und ich k�nnte in Versailles der Majest�t begegnen.' Er �ffnete ein Nebenzimmer. Argenson blickte ihm �ber die Schulter und sah in einen niedern Verschlag mit einem nackten Schragen und einem wurmstichigen Schreine. 'Mit Vergunst, Herren', lispelte der Jesuit sch�mig, 'ich habe mich noch nie vor weltlichen Augen umgekleidet.' Argenson fasste ihn an der Soutane. 'Ihr haltet Wort?' P�re Tellier streckte drei schmutzige Finger gegen etwas Heiliges, das im Dunkel einer Ecke klebte, entschl�pfte und schloss die T�r bis auf eine kleine Spalte, welche Argenson mit der Fussspitze offenhielt. Wir h�rten den Schrank �ffnen und schliessen. Zwei stille Minuten verstrichen. Argenson stiess die T�re auf. Weg war P�re Tellier. Hatte er der Einfl�sterung Argensons nicht geglaubt und nur die Gelegenheit ergriffen, aus unserer Gegenwart zu entrinnen? Oder hatte er sie geglaubt, der eine D�mon seines Ordens aber den andern, der Stolz den Ehrgeiz �berw�ltigt? Wer blickt in den Abgrund dieser finstern Seele? 'Meineidiger!' fluchte der Minister, �ffnete den Schrein, erblickte eine Treppe und st�rzte sich hinab. Ich stolperte und fiel mit meiner Kr�cke nach. Unten standen wir vor den h�chlich erstaunten Mienen eines vornehmen Novizen mit den feinsten Manieren, welcher auf unsre Frage nach dem Pater bescheiden erwiderte, seines Wissens sei derselbe vor einer Viertelstunde in Gesch�ften nach Rouen verreist. Argenson gab jede Verfolgung auf. 'Eher schleppte ich den Cerberus aus der H�lle, als dieses Ungeheuer nach Versailles!... �berdies, wo ihn finden in den hundert Schlupfwinkeln der Gesellschaft? Ich gehe. Schickt nach frischen Pferden, Fagon, und eilet nach Versailles. Erz�hlt alles der Majest�t. Sie wird Julian die Hand geben und zu ihm sprechen: 'Der K�nig achtet dich, dir geschah zu viel!' Und der Knabe ist ungegeisselt.' Ich gab ihm recht. Das war das Beste, das einzig gr�ndlich Heilsame, wenn es nicht zu sp�t kam." Fagon betrachtete den K�nig unter seinen buschigen greisen Brauen hervor, welchen Eindruck auf diesen die ihm entgegengehaltene Larve seines Beichtigers gemacht h�tte. Nicht dass er sich schmeichelte, Ludwig werde seine Wahl widerrufen. Warnen aber hatte er den K�nig wollen vor diesem Feinde der Menschheit, der mit seinen D�monenfl�geln das Ende einer gl�nzenden Regierung verschatten sollte. Allein Fagon las in den Z�gen des Allerchristlichsten nichts als ein nat�rliches Mitleid mit dem Lose des Sohnes einer Frau, die dem Gebieter fl�chtig gefallen hatte, und das Behagen an einer Erz�hlung, deren Wege wie die eines Gartens in einen und denselben Mittelpunkt zusammenliefen: der K�nig, immer wieder der K�nig! "Weiter, Fagon", bat die Majest�t, und dieser gehorchte, gereizt und in versch�rfter Laune. "Da die Pferde vor einer Viertelstunde nicht anlangen konnten, trat ich bei einem dem Professhause gegen�ber wohnenden Bader, meinem Klienten, ein und bestellte ein laues Bad, denn ich war angegriffen. W�hrend das Wasser meine Lebensgeister erfrischte, machte ich mir die herbsten Vorw�rfe, den mir anvertrauten Knaben vernachl�ssigt und seine Befreiung verschoben zu haben. Nach einer Weile st�rte mich durch die d�nne Wand ein unm�ssiges Geplauder. Zwei M�dchen aus dem untern B�rgerstande badeten nebenan. 'Ich bin so ungl�cklich!' schwatzte die eine und kramte ein dummes Liebesgeschichtchen aus, 'so ungl�cklich!' Eine Minute sp�ter kicherten sie zusammen. W�hrend ich meine L�ssigkeit verklagte und eine zentnerschwere Last auf dem Gewissen trug, sch�kerten und bespritzten sich neben mir zwei leichtfertige Nymphen. In Versailles--" K�nig Ludwig wendete sich jetzt gegen Dubois, den Kammerdiener der Marquise, der, leise eingetreten, fl�sterte: "Die Tafel der Majest�t ist gedeckt." "Du st�rst, Dubois", sagte der K�nig, und der alte Diener zog sich zur�ck mit einem leisen Ausdrucke des Erstaunens in den geschulten Mienen, denn der K�nig war die P�nktlichkeit selber. "In Versailles", wiederholte Fagon, "fand ich den Marschall tafelnd mit einigen seiner Standesgenossen. Da war Villars, jeder Zoll ein Prahler, ein Heros, wie man behauptet und ich nicht widerspreche, und der unversch�mteste Bettler, wie du ihn kennst, Majest�t; da war Villeroy, der Schlachtenverlierer, der nichtigste der Sterblichen, der von den Abf�llen deiner Gnade lebt, mit seinem unzerst�rlichen D�nkel und seinen grossartigen Manieren; Grammont mit dem vornehmen Kopfe, der mich gestern in deinem Saale, Majest�t, und an deinen Spieltischen mit gezeichneten Karten betrogen hat, und Lauzun, der unter seiner sanften Miene gr�ndlich Verbitterte und Boshafte. Vergib, ich sah deine H�flinge verzerrt im grellen Lichte meiner Herzensangst. Auch die Gr�fin Mimeure war geladen und Mirabelle, die neben Villeroy sass, welcher dem armen Kinde mit seinen siebzigj�hrigen Geckereien angst und bange machte. Julian war von seinem Vater zur Tafel befohlen und bleich wie der Tod. Ich sah, wie ihn der Frost sch�ttelte, und betrachtete unverwandt das Opfer mit heiliger Scheu. Das Gespr�ch--gibt es beschleunigende D�monen, die den Steigenden st�rmisch emporheben und den Gleitenden mit grausamen F�ssen in die Tiefe stossen?--das Gespr�ch wurde �ber die Disziplinarstrafen im Heere gef�hrt. Man war verschiedener Meinung. Es wurde gestritten, ob �berhaupt k�rperlich gez�chtigt werden solle, und wenn ja, mit welchem Gegenstande, mit Stock, Riemen oder flacher Klinge. Der Marschall, menschlich wie er ist, entschied sich gegen jede k�rperliche Strafe, ausser bei unbedingt entehrenden Vergehen, und Grammont, der falsche Spieler, stimmte ihm bei, da die Ehre, wie Boileau sage, eine Insel mit schroffen Borden sei, welche, einmal verlassen, nicht mehr erklommen werden k�nne. Villars geb�rdete sich, wenn ich es sagen soll, wie ein Halbnarr und erz�hlte, einer seiner Grenadiere habe, wahrscheinlich ungerechterweise gez�chtigt, sich mit einem Schusse entleibt, und er--Marschall Villars--habe in den Tagesbefehl gesetzt: Lafleur h�tte Ehre besessen auf seine Weise. Das Gespr�ch kreuzte sich. Der Knabe folgte ihm mit irren Augen. 'Schl�ge', 'Ehre', 'Ehre', 'Streiche' scholl es hin- und her�ber. Ich fl�sterte dem Marschall ins Ohr: 'Julian ist leidend, er soll zu Bette.' 'Julian darf sich nicht verw�hnen', erwiderte er. 'Der Knabe wird sich zusammennehmen. Auch wird die Tafel gleich aufgehoben.' Jetzt wendete sich der galante Villeroy gegen seine sch�chterne Nachbarin. 'Gn�diges Fr�ulein', n�selte er und spreizte sich, 'Sprecht, und wir werden ein Orakel vernehmen!' Mirabelle, schon auf Kohlen sitzend, �berdies ge�ngstigt durch das entsetzliche Aussehen Julians, verfiel nat�rlich in ihre Gew�hnung und antwortete: 'K�rperliche Gewalttat ertr�gt kein Untertan des stolzesten der K�nige: ein so Gebrandmarkter lebt nicht l�nger!' Villeroy klatschte Beifall und k�sste ihr den Nagel des kleinen Fingers. Ich erhob mich, fasste Julian und riss ihn weg. Dieser Aufbruch blieb fast unbemerkt. Der Marschall mag denselben bei seinen G�sten entschuldigt haben. W�hrend ich den Knaben entkleidete--er selbst kam nicht mehr damit zustande--, sagte er: 'Herr Fagon, mir ist wunderlich zumute. Meine Sinne verwirren sich. Ich sehe Gestalten. Ich bin wohl krank. Wenn ich st�rbe--' Er l�chelte. 'Wisset Ihr, Herr Fagon, was heute bei den Jesuiten geschehen ist? Lasset meinen Vater nichts davon wissen! nie! nie! Es w�rde ihn t�ten!' Ich versprach es ihm und hielt Wort, obgleich es mich kostete. Noch zur Stunde ahnt der Marschall nichts davon. Den Kopf schon im Kissen, bot mir Julian die gl�hende Hand. 'Ich danke Euch, Herr Fagon... f�r alles... Ich bin nicht undankbar wie Mouton.' Deine Majest�t zu bem�hen, war jetzt �berfl�ssig. In der n�chsten Viertelstunde schon redete Julian irre. Prozess und Urteil lagen in den H�nden der Natur. Die Fieber wurden heftig, der Puls jagte. Ich liess mir ein Feldbett in der ger�umigen Kammer aufschlagen und blieb auf dem Posten. In das anstossende Zimmer hatte der Marschall seine Mappen und Karten tragen lassen. Er verliess seinen Arbeitstisch st�ndlich, um nach dem Knaben zu sehen, welcher ihn nicht erkannte, Ich warf ihm feindselige Blicke zu. 'Fagon, was hast du gegen mich?' fragte er. Ich mochte ihm nur nicht antworten. Der Knabe phantasierte viel, aber im Bereiche seines lodernden Blickes schwebten nur freundliche und aus dem Leben entschwundene Gestalten. Mouton erschien, und auch Mouton der Pudel sprang auf das Bette. Am dritten Tage sass die Mutter neben Julian. Drei Besuche hat er erhalten. Victor kratzte an die T�re und brach, von mir eingelassen, in ein so ersch�tterndes Wehgeschrei aus, dass ich ihn wegschaffen musste. Dann klopfte der Finger Mirabellens. Sie trat an das Lager Julians, der eben in einem unruhigen Halbschlummer lag, und betrachtete ihn. Sie weinte wenig, sondern dr�ckte ihm einen br�nstigen Kuss auf den d�rren Mund. Julian f�hlte weder den Freund noch die Geliebte. Unversehens meldete sich auch P�re Amiel, den ich nicht abwies. Da ihn der Kranke mit fremden Augen anstarrte, sprang er possierlich vor dem Bette herum und rief. 'Kennst du mich nicht mehr, Julian, deinen P�re Amiel, den kleinen Amiel, den Nasen-Amiel? Sage mir nur mit einem W�rtchen, dass du mich lieb hast' Der Knabe blieb gleichg�ltig. Gibt es elysische Gefilde, denke ich dort den P�re zu finden, ohne langen Hut, mit proportionierter Nase, und Hand in Hand mit ihm einen Gang durch die himmlischen G�rten zu tun. Am vierten Abende ging der Puls rasend. Ein Gehirnschlag konnte jeden Augenblick eintreten. Ich trat hin�ber zum Marschall. 'Wie steht es?' 'Schlecht.' 'Wird Julian leben?' 'Nein. Sein Gehirn ist ersch�pft. Der Knabe hat sich �berarbeitet.' 'Das wundert mich', sagte der Marschall, 'ich wusste das nicht.' In der Tat, ich glaube, dass er es nicht wusste. Meine Langmut war zu Ende. Ich sagte ihm schonungslos die Wahrheit und warf ihm vor, sein Kind vernachl�ssigt und zu dessen Tode geholfen zu haben. Das Golgatha bei den Jesuiten verschwieg ich. Der Marschall h�rte mich schweigend an, den Kopf nach seiner Art etwas auf die rechte Seite geneigt. Seine Wimper zuckte, und ich sah eine Tr�ne. Endlich erkannte er sein Unrecht. Er fasste sich mit der Selbstbeherrschung des Kriegers und trat in das Krankenzimmer. Der Vater setzte sich neben seinen Knaben, der jetzt unter dem Druck entsetzlicher Tr�ume lag. 'Ich will ihm wenigstens', murmelte der Marschall, 'das Sterben erleichtern, was an mir liegt. Julian!' sprach er in seiner bestimmten Art. Das Kind erkannte ihn. 'Julian, du musst mir schon das Opfer bringen, deine Studien zu unterbrechen. Wir gehen miteinander zum Heere ab. Der K�nig hat an der Grenze Verluste erlitten, und auch der J�ngste muss jetzt seine Pflicht tun.' Diese Rede verdoppelte die Reiselust eines Sterbenden... Einkauf von Rossen... Aufbruch... Ankunft im Lager... Eintritt in die Schlachtlinie... Das Auge leuchtete, aber die Brust begann zu r�cheln. 'Die Agonie!' fl�sterte ich dem Marschall zu. 'Dort die englische Fahne! Nimm sie!' befahl der Vater. Der sterbende Knabe griff in die Luft. 'Vive le roi!' schrie er und sank zur�ck wie von einer Kugel durchbohrt." Fagon hatte geendet und erhob sich. Die Marquise war ger�hrt. "Armes Kind!" seufzte der K�nig und erhob sich gleichfalls. "Warum arm", fragte Fagon heiter, "da er hingegangen ist als ein Held?" Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Das Leiden eines Knaben, von Conrad Ferdinand Meyer. End of Project Gutenberg's Das Leiden eines Knaben, by Conrad Ferdinand Meyer *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LEIDEN EINES KNABEN *** This file should be named 8dlek10.txt or 8dlek10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8dlek11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8dlek10a.txt Produced by Delphine Lettau Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A preliminary version may often be posted for suggestion, comment and editing by those who wish to do so. Most people start at our Web sites at: http://gutenberg.net or http://promo.net/pg These Web sites include award-winning information about Project Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). Those of you who want to download any eBook before announcement can get to them as follows, and just download by date. This is also a good way to get them instantly upon announcement, as the indexes our cataloguers produce obviously take a while after an announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 Just search by the first five letters of the filename you want, as it appears in our Newsletters. Information about Project Gutenberg (one page) We produce about two million dollars for each hour we work. The time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our projected audience is one hundred million readers. If the value per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 If they reach just 1-2% of the world's population then the total will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! This is ten thousand titles each to one hundred million readers, which is only about 4% of the present number of computer users. Here is the briefest record of our progress (* means estimated): eBooks Year Month 1 1971 July 10 1991 January 100 1994 January 1000 1997 August 1500 1998 October 2000 1999 December 2500 2000 December 3000 2001 November 4000 2001 October/November 6000 2002 December* 9000 2003 November* 10000 2004 January* The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. We need your donations more than ever! As of February, 2002, contributions are being solicited from people and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin, and Wyoming. We have filed in all 50 states now, but these are the only ones that have responded. As the requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund raising will begin in the additional states. Please feel free to ask to check the status of your state. In answer to various questions we have received on this: We are constantly working on finishing the paperwork to legally request donations in all 50 states. If your state is not listed and you would like to know if we have added it since the list you have, just ask. While we cannot solicit donations from people in states where we are not yet registered, we know of no prohibition against accepting donations from donors in these states who approach us with an offer to donate. International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made deductible, and don't have the staff to handle it even if there are ways. Donations by check or money order may be sent to: Project Gutenberg Literary Archive Foundation PMB 113 1739 University Ave. Oxford, MS 38655-4109 Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment method other than by check or money order. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN [Employee Identification Number] 64-622154. Donations are tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund-raising will begin in the additional states. We need your donations more than ever! You can get up to date donation information online at: http://www.gutenberg.net/donation.html *** If you can't reach Project Gutenberg, you can always email directly to: Michael S. Hart <hart@pobox.com> Prof. Hart will answer or forward your message. We would prefer to send you information by email. **The Legal Small Print** (Three Pages) ***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START*** Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers. They tell us you might sue us if there is something wrong with your copy of this eBook, even if you got it for free from someone other than us, and even if what's wrong is not our fault. So, among other things, this "Small Print!" statement disclaims most of our liability to you. It also tells you how you may distribute copies of this eBook if you want to. *BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm eBook, you indicate that you understand, agree to and accept this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive a refund of the money (if any) you paid for this eBook by sending a request within 30 days of receiving it to the person you got it from. If you received this eBook on a physical medium (such as a disk), you must return it with your request. ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks, is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart through the Project Gutenberg Association (the "Project"). Among other things, this means that no one owns a United States copyright on or for this work, so the Project (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth below, apply if you wish to copy and distribute this eBook under the "PROJECT GUTENBERG" trademark. Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market any commercial products without permission. To create these eBooks, the Project expends considerable efforts to identify, transcribe and proofread public domain works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any medium they may be on may contain "Defects". Among other things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual property infringement, a defective or damaged disk or other eBook medium, a computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by your equipment. LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES But for the "Right of Replacement or Refund" described below, [1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims all liability to you for damages, costs and expenses, including legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES. If you discover a Defect in this eBook within 90 days of receiving it, you can receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending an explanatory note within that time to the person you received it from. If you received it on a physical medium, you must return it with your note, and such person may choose to alternatively give you a replacement copy. If you received it electronically, such person may choose to alternatively give you a second opportunity to receive it electronically. THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A PARTICULAR PURPOSE. Some states do not allow disclaimers of implied warranties or the exclusion or limitation of consequential damages, so the above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you may have other legal rights. INDEMNITY You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation, and its trustees and agents, and any volunteers associated with the production and distribution of Project Gutenberg-tm texts harmless, from all liability, cost and expense, including legal fees, that arise directly or indirectly from any of the following that you do or cause: [1] distribution of this eBook, [2] alteration, modification, or addition to the eBook, or [3] any Defect. DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm" You may distribute copies of this eBook electronically, or by disk, book or any other medium if you either delete this "Small Print!" and all other references to Project Gutenberg, or: [1] Only give exact copies of it. Among other things, this requires that you do not remove, alter or modify the eBook or this "small print!" statement. You may however, if you wish, distribute this eBook in machine readable binary, compressed, mark-up, or proprietary form, including any form resulting from conversion by word processing or hypertext software, but only so long as *EITHER*: [*] The eBook, when displayed, is clearly readable, and does *not* contain characters other than those intended by the author of the work, although tilde (~), asterisk (*) and underline (_) characters may be used to convey punctuation intended by the author, and additional characters may be used to indicate hypertext links; OR [*] The eBook may be readily converted by the reader at no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent form by the program that displays the eBook (as is the case, for instance, with most word processors); OR [*] You provide, or agree to also provide on request at no additional cost, fee or expense, a copy of the eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC or other equivalent proprietary form). [2] Honor the eBook refund and replacement provisions of this "Small Print!" statement. [3] Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the gross profits you derive calculated using the method you already use to calculate your applicable taxes. If you don't derive profits, no royalty is due. Royalties are payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation" the 60 days following each date you prepare (or were legally required to prepare) your annual (or equivalent periodic) tax return. Please contact us beforehand to let us know your plans and to work out the details. WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO? Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form. The Project gratefully accepts contributions of money, time, public domain materials, or royalty free copyright licenses. Money should be paid to the: "Project Gutenberg Literary Archive Foundation." If you are interested in contributing scanning equipment or software or other items, please contact Michael Hart at: hart@pobox.com [Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be they hardware or software or any other related product without express permission.] *END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*