The Project Gutenberg EBook of Die Irrungen (The Comedy of Errors)
by William Shakespeare
#6 in our series by William Shakespeare

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Title: Die Irrungen (The Comedy of Errors)
       Die Doppelten Zwillinge

Author: William Shakespeare

Release Date: January, 2005 [EBook #7225]
[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
[This file was first posted on March 28, 2003]

Edition: 10

Language: German

Character set encoding: ASCII

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE IRRUNGEN ***




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Die Irrungen,
oder
die doppelten Zwillinge,

William Shakespeare

ein Lustspiel.

Uebersetzt von Christoph Martin Wieland


Personen.

Salinus, Herzog von Ephesus.
Aegeon, ein Kauffmann von Syracus.
Antipholis von Ephesus und Antipholis von Syracus, Zwillings-Brueder
und Soehne von Aegeon und Aemilia, aber einander unbekannt.
Dromio von Ephesus und Dromio von Syracus, Zwillings-Brueder und
Sclaven der beyden Antipholis.
Balthasar, ein Kauffmann.
Angelo, ein Goldschmidt.
Zween andre Kauffleute.
Dr. Zwik, ein Schulmeister und Beschwoerer.
Aemilia, Aegeons Weib, eine Abbtissin zu Ephesus.
Adriana, des Antipholis von Ephesus Weib.
Eine Courtisane.
Luciana, Ihre Schwester.
Kerkermeister, Gerichtsdiener, Trabanten, und andre stumme Personen.


Die Scene ist zu Ephesus.




Erster Aufzug.



Erste Scene.
(Des Herzogs Palast.)
(Der Herzog von Ephesus, Aegeon, ein Kerkermeister, und einige vom
 Gefolge des Herzogs treten auf.)


Aegeon.
Saeume dich nicht laenger, Salinus, durch den Ausspruch meines
Urtheils, meinem unglueklichen Leben ein Ende zu machen.

Herzog.
Kauffmann von Syracus, sage nichts mehr zu deiner Verantwortung;
ich kan zum Nachtheil des Gesezes nicht partheylich seyn.  Das
neuliche grausame Verfahren euers Herzogs gegen einige Kauffleute,
unsre getreue Unterthanen, welche, weil sie nicht Gold genug hatten
ihr Leben loszukaufen, sein strenges Gesez mit ihrem Blute
besiegelt haben, schliesst alles Erbarmen aus unsern draeuenden
Bliken aus.  Denn seitdem diese verderbliche Zwietracht zwischen
deinen aufruehrischen Landsleuten und uns ausgebrochen, ist in der
allgemeinen Versammlung des Volks, sowol von den Syracusern als von
uns, beschlossen worden, keine Handlung noch Gemeinschaft zwischen
unsern feindseligen Staedten zu erlauben; noch mehr, welcher
gebohrne Epheser sich auf den Maerkten und Jahrsmessen von Syracus
betreten laesst, der stirbt; und hinwieder, welcher gebohrne
Syracuser in der Bay von Ephesus gefunden wird, der stirbt, und
seine Gueter werden zu Handen des Staats eingezogen; es sey dann,
dass er tausend Mark zu seinem Loesegeld bezahlen koenne.  Nun belauft
sich alles was du hast, nach der aeussersten Schazung, kaum auf
hundert Mark; du bist also nach dem Geseze zum Tode verdammt.

Aegeon.
Mein Trost ist, dass die Vollziehung euers Worts noch vor Sonnen-
Untergang auch meinen Unglueks-Faellen ein Ende machen wird.

Herzog.
Gut, Syracuser, erzaehl' uns kuerzlich die Ursache, warum du deine
vaeterliche Heimath verlassen hast, und warum du hieher nach Ephesus
gekommen bist.

Aegeon.
Eine schwerere Verrichtung koennte mir nicht auferlegt werden, als
dass ich von meinem unaussprechlichen Kummer reden soll.  Jedoch,
damit die Welt erkenne, dass der natuerliche Lauf der menschlichen
Zufaelle, und nicht irgend ein scheussliches, die Rache der Goetter
aufforderndes Verbrechen, mir dieses ungluekliche Ende zuzieht; so
will ich sagen, was mein Schmerz mir zu sagen Vermoegen lassen wird.
Zu Syracus ward ich gebohren, und mit einem Weibe vermaehlt, die
mich glueklich machte, und es durch mich selbst gewesen waere, wenn
ein feindseliges Schiksal die Dauer unsrer Gluekseligkeit gestattet
haette.  Mit ihr lebt' ich vergnuegt; mein Vermoegen nahm durch
begluekte Reisen zu, die ich haeuffig nach Epidamnum machte; bis der
Tod meines Factors, und die Sorge fuer meine Gueter, die dadurch ohne
Aufsicht gelassen worden, mich aus den Umarmungen meiner Gattin riss.
Ich war noch nicht volle sechs Monat von ihr entfernt, als sie
(obgleich zu einer Zeit, da sie unter der angenehmen Straffe ihres
Geschlechts schmachtete,) Anstalten machte, mir nachzufolgen, und
bald und glueklich anlangte wo ich war.  Sie war nicht lange da, so
wurde sie eine freudenvolle Mutter von zween huebschen Knaben, die
einander so wundersam gleich sahen, dass es unmoeglich war, sie
anders, als durch Namen zu unterscheiden.  In eben dieser Stunde und
an dem nemlichen Ort, ward eine arme Frau gleichfalls von zween
maennlichen Zwillingen entbunden, die einander eben so gleich sahen;
diese kaufte ich ihren Eltern ab, denn es waren bettelarm Leute,
und zog sie auf, dass sie meinen Soehnen aufwarten sollten.  Mein Weib,
die auf zween solche Knaben nicht wenig stolz war, drang taeglich
in mich, unsre Heimreise zu beschleunigen; ich willigt' endlich,
wiewol ungern ein, und wir giengen, ach allzubald!  zu Schiffe.  Wir
hatten kaum eine Meile von Epidamnum fortgesegelt, als ein
ploezlicher Sturm den Tag verdunkelnd, uns nur noch so viel duestres
Licht uebrig liess als noethig war, unsern erschroknen Augen die
Gewissheit des unvermeidlichen Todes zu zeigen.  Ich, fuer meinen
eignen Theil, wuerde mich willig darein ergeben haben; aber das
herzruehrende Jammern eines geliebten Weibes, und das Geschrey ihrer
holdseligen Kinder, die, ohne zu wissen was sie fuerchten sollten,
nur weinten, weil sie ihre Mutter weinen sahen, noethigte mich auf
Rettung oder wenigstens auf einige Frist fuer sie und mich zu denken;
und diss war es, denn kein anders Mittel hatt' ich nicht.  Das
Schiffs-Volk suchte seine Rettung in unserm Boot, und ueberliess uns
das Schiff, welches schon zum Versinken reif war.  Mein Weib, fuer
ihren Erstgebohrnen am meisten besorgt, hatte ihn an einen
vorraethigen duennen Mastbaum gebunden, dergleichen die Seeleute zur
Vorsorge mit sich zu nehmen pflegen; zu ihm wurde einer von den
andern beyden Zwillingen gebunden, indessen dass ich mit den uebrigen
beyden das nemliche that.  Nachdem wir nun die Kinder solchergestalt
besorgt hatten, banden wir uns, mein Weib und ich, die Augen auf
den Gegenstand unsrer zaertlichen Sorgen geheftet, jedes an das
andere Ende des Mastbaums, und ueberliessen uns so den Wellen, von
denen unser Schiff, wie uns daeuchte, nach Corinth getrieben wurde.
Endlich zerstreute die Sonne das Gewoelke, und die See wurde wieder
ruhiger; da entdekten wir bey ihrem wohlthaetigen Licht zwey Schiffe,
die auf uns zusegelten, eines von Corinth, und das andre von
Epidaurus; aber eh sie zu uns kamen--o, zwingt mich nicht
fortzufahren!  Errathet das Folgende aus dem Vorhergehenden.

Herzog.
Nein, fahre fort, alter Mann, brich deine Erzaehlung nicht so ab;
wenn wir dich nicht retten koennen, so koennen wir doch Erbarmniss mit
dir haben.

Aegeon.
O haetten die Goetter das gethan, so haett' ich keine Ursach, sie
unbarmherzig gegen uns zu nennen.  Wir waren nur wenige Meilen noch
von diesen Schiffen entfernt, als unser huelfloses Schiff, durch
einen ploezlichen Stoss an einen im Meer verborgnen Felsen mitten
entzwey geschmettert wurde.  Das Gluek, welches mein Weib und mich
auf eine so ungerechte Weise schied, liess einem jeden was uns
zugleich Freude und Kummer machte.  Ihr Theil, der armen Seele!
Vermuthlich weil er leichter beladen war, wurde vom Wind schneller
vorwaerts getrieben, und alle drey wurden in meinem Gesicht, von
Corinthischen Fischern, wie mir dauchte, aufgefangen.  Endlich
bemaechtigte sich ein andres Schiff meiner auch; ich fand bekannte
Freunde darinn, welche sich freuten, dass sie uns in einer solchen
Noth hatten Huelfe leisten koennen; sie wuerden auch, mir zu lieb, die
Fischer ihrer Beute gerne beraubt haben; allein da ihre Barke
schlecht besegelt war, mussten sie es aufgeben, und richteten ihren
Lauf der Heimat zu--Und nun habt ihr gehoert was mich meiner
Gluekseligkeit beraubt hat, und durch was fuer Unfaelle mein Leben nur
dazu verlaengert worden ist, dass ich klaegliche Geschichten erzaehlen
kan, von denen mein eignes Ungluek der Innhalt ist.

Herzog.
Um derer willen, um welche du traurest, erzeige mir die
Gefaelligkeit, und melde noch, wie es ihnen und dir ferner ergangen
ist.

Aegeon.
Mein juengster Sohn bekam als er achtzehn Jahre hatte, ein heftiges
Verlangen, seinen Bruder aufzusuchen, und liess nicht nach, biss ich
ihm erlaubte sich auf den Weg zu machen, und seinen Diener (der in
dem gleichen Fall wie er, und seines Bruders beraubt war, aber den
Namen desselben, wie mein Sohn den Namen seines aeltern Bruders,
behalten hatte,) zu seiner Gesellschaft mitzunehmen.  Ich wagte also
einen geliebten Sohn, den ich hatte, um denjenigen zu finden, den
ich nicht hatte; und verlohr dadurch beyde.  Fuenf Sommer hab' ich
schon angewandt, um sie in dem fernsten Griechenland zu suchen, und
nachdem ich durch alle Gegenden von Asien auf- und niedergeschwaermt,
kam ich endlich nach Ephesus, zwar ohne Hoffnung sie da zu finden,
aber doch entschlossen, weder diesen noch irgend einen andern von
Menschen bewohnten Ort undurchsucht zu lassen.  Allein hier muss ich
die Geschichte meines Lebens enden, und der Tod wuerde mir
willkommen seyn, wenn ich von allen meinen Reisen nur soviel
erhalten haette, dass ich von ihrem Leben versichert waere.

Herzog.
Unglueklicher Aegeon, den die Goettinnen des Geschikes dazu bestimmt
haben, den aeussersten Grad der grausamsten Widerwaertigkeiten zu
erfahren; glaube mir, waer' es nicht gegen unsre Geseze, (welche
Fuersten, wenn sie auch wollten, nicht vernichten koennen,) waer' es
nicht gegen meine Crone, meinen Eid, und meine Wuerde, mein Herz
wuerde keinen Augenblik verziehen, der Regung Plaz zu geben, die
darinn fuer dich spricht.  Allein, ob dich gleich ein
unwiderrufflicher Spruch zum Tode verurtheilt, so will ich doch
soviel zu deiner Rettung thun, als mir Macht gelassen ist; ich
schenke dir also noch diesen Tag, Kauffmann, damit du dein Leben
durch andrer Beyhuelfe zu erhalten suchen koennest; stelle alle
Freunde, die du in Ephesus haben magst, auf die Probe; bettle oder
borge soviel als du noethig hast, um dein Loesegeld voll zu machen,
und lebe; wo nicht, so bist du verurtheilt zu sterben.--
Kerkermeister, nimm ihn in deine Aufsicht.

(Der Herzog und Gefolge gehen ab.)

Kerkermeister.
Ich will, Gnaedigster Herr.

Aegeon.
Huelf- und hoffnunglos geht Aegeon, um das Ende seines Lebens einen
Tag spaeter zu sehen.

(Aegeon und Kerkermeister gehen ab.)



Zweyte Scene.
(Antipholis von Syracus, ein Kauffmann und Dromio treten auf.)


Kauffmann.
Wenn ihr nicht wollt, dass euer Geld sogleich wieder verlohren sey,
so gebt aus, ihr seyd von Epidamnum.  Erst diesen nemlichen Morgen
ist ein Syracusischer Kauffmann hier eingezogen worden, und weil er
nicht im Stande war, sein Leben loszukauffen, so muss er nach unserm
Gesez noch vor Sonnen Untergang sterben.  Hier ist euer Geld, das
ihr bey mir hinterlegt hattet.

Antipholis.
Geh, Dromio, trag es in den Centaur, wo wir unser Quartier genommen
haben; warte dort bis ich komme, in einer Stunde wird es
Mittagessens-Zeit seyn.  Ich will indessen die Stadt in Augenschein
nehmen, mit den Kauffleuten Bekanntschaft machen, die Gebaeude
anschauen, und dann in mein Wirthshaus zuruekkommen und schlafen;
denn ich bin von langwierigen Reisen ganz steiff und muede.  Geh
deiner Wege.

Dromio.
Mancher wuerde euch beym Worte nehmen, und mit einem so huebschen
Reisegeld seines Wegs gehen.

(Dromio geht ab.)

Antipholis.
Er ist ein ehrlicher Schurke, mein Herr, der mich, wenn ich
niedergeschlagen und melancholisch bin, mit seinen naerrischen
Einfaellen oft wieder aufgeraeumt macht.  Wie ists, wollt ihr nicht
mit mir in der Stadt herum gehen, und hernach in meinem Gasthof mit
mir zu Mittag essen?

Kauffmann.
Mein Herr, ich bin zu etlichen andern Kauffleuten bestellt, von
denen ich einen ansehnlichen Profit zu machen hoffe; ihr werdet
mich also entschuldiget halten.  Sobald es fuenfe geschlagen hat,
will ich euch, wenn es beliebig ist, auf dem Markt wieder antreffen,
und euch dann bis zur Schlafzeit Gesellschaft leisten.  Dissmal
ruffen mich meine Geschaefte von euch ab.

Antipholis.
Lebet wohl bisdahin; ich will indess allein herumgehen, und die
Stadt besehen.

Kauffmann.
Mein Herr, ich ueberlass' euch euerm eignen Vergnuegen.

(Der Kauffmann geht ab.)



Dritte Scene.


Antipholis.
Wer mich meinem eignen Vergnuegen ueberlaesst, ueberlaesst mich einem Ding,
dass ich nirgends finden kan.  Ich bin in der Welt wie ein Tropfen
Wassers, der im Ocean einen andern Tropfen suchen will, und indem
er hineinfallt sich selbst verliehrt, ohne den andern zu finden.  So
geht es unglueklicher Weise auch mir; indem ich eine Mutter und
einen Bruder suchen will, verliehr' ich mich selbst.  (Dromio von
Ephesus tritt auf.) Hier kommt mein Kerl wieder--Was hat das zu
bedeuten?Warum kommst du sobald wieder zuruek?

Dromio von Ephesus.
Sobald wieder zuruek!  Sagt vielmehr: Warum findst du mich so spaet?
Der Capaun dorrt aus, das Spanferkel faellt vom Spiess ab, die Gloke
hat zwoelfe geschlagen; meine Frau machte, dass es auf meinem Baken
eins wurde; sie ist so heiss, weil das Essen kalt wird; das Essen
wird kalt, weil ihr nicht heim kommt; ihr kommt nicht heim, weil
ihr keinen Appetit habt; ihr habt keinen Appetit, weil ihr eure
Fasten gebrochen habt; und wir, welche wissen was fasten und beten
ist, wir muessen nun dafuer buessen, dass ihr gesuendigt habt.

Antipholis.
Spare deinen Athem, junger Herr; sage mir erst, ich bitte dich, wo
du das Geld gelassen hast, das ich dir gab?

Dromio von Ephesus.
Oh--Die drey Bazen, die ich Mittwochs kriegte, um den Sattler fuer
den Schwanz-Riemen an meiner Frauen ihrem Pferd zu bezahlen?Der
Sattler hat sie, Herr; ich habe sie nicht behalten.

Antipholis.
Ich bin izt in keinem spasshaften Humor; sag' mir ohne zu schaekern,
wo ist das Geld?Wie unterstehst du dich, an einem Orte wo wir
fremde sind, eine so grosse Summe aus deiner eignen Verwahrung zu
geben?

Dromio von Ephesus.
Ich bitte euch Herr, scherzet wenn ihr bey Tische sizt.  Meine Frau
hat mich in groester Eile geschikt euch zu suchen; wenn ihr nicht
gleich kommt, wird es mein Schedel entgelten muessen; mir daeucht,
euer Magen sollte, wie der meinge, eure Gloke seyn, und euch ohne
einen Boten heimschlagen.

Antipholis.
Komm, Dromio, komm, diese Possen sind izt zur Unzeit, spare sie auf
eine lustigere Stunde.  Wo ist das Gold, das ich dir aufzuheben gab?

Dromio von Ephesus.
Mir, Herr?Wie, ihr habt mir kein Gold gegeben.

Antipholis.
Hey da, Herr Spizbube, hoer auf den Narren zu treiben, und sag mir,
wie hast du deinen Auftrag besorgt?

Dromio von Ephesus.
Mein Auftrag war, euch von dem Markt nach Hause zu holen, in den
Phoenix, Herr, zum Mittag-Essen, meine Frau und ihre Schwester
warten auf euch.

Antipholis.
Nun, so wahr ich ein Christ bin, antworte mir wo du mein Geld
hingethan hast, oder ich werde dir diesen kurzweiligen Kragen
umdrehen, der so unzeitigen Spass treibt wenn es mir nicht gelegen
ist; wo sind die tausend Mark, die du von mir empfangen hast?

Dromio von Ephesus.
Ich hab' einige Marken von euch auf meinem Kopf, und einige Marken
von meiner Frauen auf meinen Schultern; aber von tausend Mark
ausser diesen weiss ich nichts.  Wenn ich sie Euer Gestreng wieder
zuruekzahlen wuerde, so wuerdet ihr's vielleicht nicht geduldig tragen.

Antipholis.
Deiner Frauen Marken?Welcher Frauen, Schurke?Was hast du fuer eine
Frau?

Dromio von Ephesus.
Euer Gestreng eigne Frau, meine Frau zum Phoenix; Sie, welche fasten
muss, bis ihr nach Hause kommt, und betet, dass ihr bald kommen moeget.

Antipholis.
Wie, willt du mich so ins Gesicht fuer deinen Narren haben, und
dir's nicht wehren lassen?Da nimm das, Herr Schurke.

(Er giebt ihm Schlaege.)

Dromio von Ephesus.
Was denkt ihr, Herr?Um Gottes willen, haltet eure Haende--Nein,
wenn ihr nicht wollt, Herr, so will ich meine Fuesse brauchen --


(Er geht ab.)

Antipholis.
So wahr ich lebe, der Bube ist durch irgend einen schlimmen Streich
um mein Geld gebracht worden.  Man sagt, diese Stadt sey voller
Spizbuben-Gesindel*, als, Taschenspieler, so die Augen betruegen,
Zauberer, so durch magische Getraenke das Gemueth zerruetten, und
Hexen, so den Leib verunstalten; verkleidete Beutelschneider,
geschwaezige Marktschreyer, und wer weiss was noch mehr fuer
dergleichen Leute die sich alles erlaubt halten; wenn es so ist, so
will ich desto schneller heimgehen.  Ich will in den Centaur, und
diesen Schurken aufsuchen, ich sorge, mein Geld ist nicht wol
verwahrt.

{ed.-* Diss war der Character, den die Alten von dieser Stadt geben.
Daher das gemeine Spruechwort: Ejesia alexijarmaka, so auch beym
Menander, wo Ejesia grammata in dem nemlichen Sinn vorkommt.
Warburton.}

(Er geht ab.)




Zweyter Aufzug.



Erste Scene.
(Das Haus des Antipholis von Ephesus.)
(Adriana und Luciana treten auf.)


Adriana.
Weder mein Mann noch mein Sclave kommt zuruek, den ich doch so
eilfertig seinem Herrn entgegen geschikt habe?ganz gewiss, Luciana,
es ist schon zwey Uhr.

Luciana.
Vielleicht ist er vom Markte weg, mit irgend einem Kauffmann, der
ihn eingeladen hat, zum Mittag-Essen gegangen; meine liebe
Schwester, wir wollen essen, und uns nicht desswegen graemen.  Ein
Mann ist Herr ueber seine Freyheit, und hat keinen andern Herrn als
seine Gelegenheit; sie kommen und gehen, je nachdem es ihnen
gelegen ist; und da es nun einmal so ist, so seyd geduldig,
Schwester.

Adriana.
Warum sollen sie mehr Freyheit haben, als wir?

Luciana.
Weil ihre meisten Geschaefte ausser dem Hause ligen.

Adriana.
Seht, wenn ich ihn auf diesen Fuss bedienen will, nimmt er's uebel.

Luciana.
Oh, ihr muesst wissen, dass er der Zaum euers Willens ist.*

{ed.-* Der Zusammenhang ligt hier in den Reimen, worinn
dieser Dialogus im Original geschrieben ist.}

Adriana.
Nur Esel werden sich gutwillig so zaeumen lassen.

Luciana.
Es ist nichts unter dem Himmel, das nicht in der Erde, in der See,
oder in der Luft einem andern unterworfen sey.  Die Fische, die
Thiere und die Voegel sind ihren Maennlein unterworfen, und stehen
unter ihrem Gebott; der goettlichere Mensch, Herr ueber sie alle,
Beherrscher dieser weiten Welt und des Oceans, der sie umstroemt,
mit einer denkenden Seele begabt, die ihn ueber alle andern Thiere
hinaufsezt, wird nicht in diesem einzigen Stuek weniger als sie seyn;
er ist Herr ueber sein Weib, und ihr rechtmaessiger Gebieter; lasst
euch's also nicht verdriessen, euern Willen nach dem seinigen zu
stimmen.

Adriana.
Und doch ist es bloss diese Dienstbarkeit, die euch bewegt
unverheurathet zu bleiben.

Luciana.
Nicht diese Unterwuerfigkeit, sondern die Unruhen und Sorgen des
Ehebetts.

Adriana.
Aber wenn ihr verheurathet waeret, so wolltet ihr doch auch etwas zu
befehlen haben.

Luciana.
Eh ich die Liebe kennen lerne, will ich mich in der Kunst zu
gehorchen ueben.

Adriana.
Aber wie, wenn euer Mann sich gerne ausser dem Hause verweilte?

Luciana.
Ich wuerde Geduld haben, bis er wieder heim kaeme.

Adriana.
Eine ungereizte Geduld kan leicht geduldig seyn; es ist keine Kunst
gut zu seyn, wenn man keine Ursache zum Gegentheil hat; wir wollen
haben, dass der Ungluekliche, den sein Kummer quaelt, ruhig bleiben
soll, weil uns sein Geschrey beunruhiget; aber druekte uns die
nemliche Buerde, wir wuerden eben so viel oder noch mehr klagen als
er.  Du, die du keinen unzaertlichen Ehegatten hast, der dich kraenkte,
weissst mir keinen andern Trost zu geben, als dass du mich zu
huelfloser Geduld anweisest; aber wir wollen sehen, wie lange du
diese alberne Geduld behalten wirst, wenn du's erlebst, mein
Schiksal zu erfahren.

Luciana.
Gut, ich will mich einmal auf einen Tag verheurathen um ein Probe
zu machen.  Aber hier kommt euer Sclave, sein Herr wird also nicht
weit weg seyn.



Zweyte Scene.
(Dromio von Ephesus zu den Vorigen.)


Adriana.
Sag', ist dein zaudernder Herr nun bey der Hand?

Dromio von Ephesus.
Nein, er ist mit zwo Haenden bey mir, und davon sind meine zwey
Ohren Zeugen.

Adriana.
Sag', redtest du mit ihm?Sagt' er dir seine Meynung?

Dromio von Ephesus.
Ja, ja, er sagte mir seine Meynung auf mein Ohr; Dank seiner Hand;
es wurde mir sauer sie zu begreiffen.

Luciana.
Sprach er so zweydeutig, dass du seine Meynung nicht fassen konntest?

Dromio von Ephesus.
Nein, er schlug so gerade zu, dass ich seine Ohrfeigen nur gar zu
gut fasste; und doch sprach er so zweydeutig, dass ich kaum verstehen
konnte, was sie bedeuten sollten.

Adriana.
Aber sag', ich bitte dich, wird er heim kommen?Es scheint, er
bekuemmert sich viel darum, seinem Weib gefaellig zu seyn.

Dromio.
Versichert, Frau, mein Herr ist nicht recht gescheidt; das hat
seine Richtigkeit; wie ich ihn bat, er moechte heim zum Mittag-Essen
kommen, so fragt' er mich nach tausend Mark an Gold; es ist
Essenszeit, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; euer Essen verdorrt,
sagt' ich; mein Gold, sagt' er; wollt ihr heim kommen, sagt' ich;
mein Gold, sagt' er; wo sind die tausend Mark, die ich dir gab,
Galgenschwengel?Das Ferkel, sagt' ich, ist ganz verbraten; mein
Gold, sagt' er.  Meine Frau, sagt' ich; an den Galgen mit deiner
Frau!  Ich weiss nicht wer deine Frau ist; zum Henker mit deiner Frau!

Luciana.
Sagte wer?

Dromio.
Sagte mein Herr.  Ich weiss nichts, sagt' er, von keinem Haus, und
von keinem Weib und von keiner Frau, sagt' er; so dass ich also
meine Commission, die meiner Zunge aufgegeben werden sollte, Dank
sey ihm!  auf meinen Schultern heimtrage; denn mit einem Wort, er
gab mir Schlaege.

Adriana.
Geh wieder zuruek du Sclave, und hol' ihn heim.

Dromio.
Geh wieder und lass dich noch einmal pruegeln?Ich bitt' euch
schoenstens Frau, schikt einen andern Abgesandten.

Adriana.
Zuruek, Sclave, oder ich will dir den Schaedel entzweyschlagen.

Dromio.
Und er wird den Bruch mit andern Schlaegen wieder ganz machen; das
wird gut gehen.

Adriana.
Pake dich, du wortreicher Schlingel, hohl deinen Herrn heim.

Dromio.
Bin ich dann so rund mit euch als ihr mit mir, dass ihr mich so wie
eine Kugel vor euch her stosst?Ihr stosst mich fort, und er wird
mich wieder zuruekstossen; wenn ich in einem solchen Dienst
ausdauren soll, muesst ihr ein ledernes Futteral ueber mich machen
lassen.

(Er geht ab.)



Dritte Scene.


Luciana.
Fy, wie entstellt diese Ungeduld euer Gesicht!

Adriana.
Er kan seinen Liebling seiner angenehmen Gesellschaft nicht
berauben, und ich muss indess daheim sizen, und zum Verhungern nach
einem freundlichen Blik schmachten.  Hat denn das Alter die
anziehende Schoenheit schon von meiner armen Wange genommen?Wenn es
ist, so hat Er sie verderbt.  Ist mein Gespraech troken, und mein Wiz
stumpf?Seine Unfreundlichkeit ist der harte Marmor, woran er seine
Schaerfe verlohren hat.  Gefallen ihm andre besser, weil sie schoener
aufgepuzt sind?Das ist nicht mein Fehler; er ist Herr ueber mein
Vermoegen.  Was fuer Ruinen koennen an mir gefunden werden, die er
nicht gemacht hat?Wuerde nicht ein einziger sonnichter Blik von ihm,
meine verwelkte Schoenheit wieder herstellen?Aber ach!  er
verschmaeht ein Weib, von der er ohne Maass geliebt wird, und sucht,
ausser seinem Haus, ein Vergnuegen --


Luciana.
Sich selbst peinigende Eifersucht!  Fy, jagt sie fort.

Adriana.
Nur gefuehllose alberne Troepfe koennen bey solchen Beleidigungen
gleichgueltig bleiben; ich bin gewiss, seine Augen haben irgendwo
einen andern Gegenstand den sie anbeten.  Warum wuerd' er sonst nicht
hier seyn?Schwester, ihr wisst, er versprach mir eine goldne Kette.
Wollte der Himmel, es waere nur das was er mir vorenthielte--Ich
sehe wol, ein Kleinod, so schoen es immer gefasst seyn mag, verliehrt
endlich seine Schoenheit, wenn wir's immer tragen; und so wie das
Gold selbst, ungeachtet seiner Dauerhaftigkeit, durch bestaendiges
Beruehren sich endlich abnuzt, so ist kein Gemueth so edel, das nicht
durch langwierige Untreu und Falschheit endlich seinen Glanz
verliehre.  Wenn meine Schoenheit in seinen Augen keinen Reiz mehr
hat, so will ich ihren Rest wegweinen, und weinend sterben.

Luciana.
Was fuer alberne Geschoepfe kan nicht die Eifersucht aus diesen
verliebten Seelen machen!

(Sie gehen ab.)



Vierte Scene.
(Verwandelt sich in eine Strasse.)
(Antipholis von Syracus tritt auf.)


Antipholis.
Das Gold, das ich dem Dromio gab, ist im Centaur sicher verwahrt;
und der allzu sorgfaeltige Tropf ist weggegangen, um mich zu suchen,
aus Besorgniss, es moechte mir etwas zugestossen seyn.  Wenn ich die
Umstaende der Zeit und meines Wirths Erzaehlung mit einander
vergleiche, so kan ich den Dromio nicht gesprochen haben, seitdem
ich ihn zuerst vom Markte fortschikte.  Ha, hier koemmt er eben recht.
(Dromio von Syracus tritt auf.) Wie gehts, junger Herr?Seyd ihr
noch so spasshaft?Wenn ihr Liebhaber von Ohrfeigen seyd, so treibt
wieder den Narren mit mir.  Ihr wisst nichts vom Centaur?Ihr habt
kein Gold empfangen?Eure Frau schikte euch, mich zum Mittag-Essen
nach Hause zu ruffen?Mein Haus war zum Phoenix?Warst du toll, dass
du mir so unsinnige Antworten gabst?

Dromio von Syracus.
Was fuer Antworten, Herr?Wenn sagt' ich dergleichen?

Antipholis.
Nur eben, nur eben, es ist noch keine halbe Stunde.

Dromio von Syracus.
Hab ich euch doch bis izt mit keinem Auge gesehen, seitdem ihr mich
mit dem Golde, so ihr mir gabt, in den Centaur schiktet.

Antipholis.
Galgenschwengel, du leugnetest ja, dass du das Gold empfangen habest,
und redtest mir von einer Frau, und von einem Mittag-Essen; doch
ich hoffe, du hast gefuehlt, wie wohl es mir gefallen hat.

Dromio von Syracus.
Es erfreut mich, euch in so gutem Humor zu sehen.  Was soll dieser
Scherz bedeuten, ich bitte euch, Herr, sagt mir's?

Antipholis.
Wie, du spottest mir noch ins Gesicht?denkst du ich spasse?Halt,
nimm das, und das.

(Er giebt ihm Schlaege.)

Dromio von Syracus.
Haltet ein, Herr, ums Himmels willen, izt fuehl' ich's, dass aus
euerm Spass Ernst wird, aber warum gebt ihr mir diese Schlaege, wenn
man fragen darf?

Antipholis.
Weil ich zuweilen vertraulich genug mit dir umgehe, dich fuer meinen
Lustigmacher zu gebrauchen, und Spass mit dir treibe, so treibst du
die Unverschaemtheit so weit, meine Guetigkeit zu missbrauchen, und
mir deine Possen auch in meinen ernsthaften Stunden aufzudraengen.
Wenn die Sonne scheint, moegen gaukelnde Mueken ihre Kurzweile
treiben; aber sie sollen in Spalten kriechen, wenn sie ihre Stralen
verbirgt: Wenn du mit mir spassen willst, so sieh erst wie ich
aussehe, und richte dein Betragen nach meinen Bliken ein; oder ich
will dir diese Methode auf eine andre Art einpleuen.*

{ed.-* Hier sind im Original einige Wortspiele, die man lieber
weggelassen hat, da sie an sich selbst frostig genug sind; und
wenn sie auch noch das Verdienst des Doppelsinns, den sie nur in
der Original-Sprache haben, verliehren, unertraeglich werden.  Man
hat es mit dem groesten uebrigen Theil dieser Scene eben so gemacht,
wo Dromio alle seine ungeheure Menge Wiz in Wortspielen auslaesst,
die seinen Herrn, und vermuthlich auch die Zeitgenossen unsers
Poeten eben so sehr belustigten, als sie unserm verwoehnten Geschmak
albern und ekelhaft vorkommen.}

Dromio.
Ich will euch diese Muehe gern ersparen, wenn ihr mir nur in gutem
Ernst sagen wollt, warum ihr mich geschlagen habt.

Antipholis.
Weist du's noch nicht?

Dromio.
Nichts, Herr, als dass ihr mich geschlagen habt.

Antipholis.
Soll ich dir sagen warum?

Dromio.
Ja, Herr, und wesswegen?Denn man pflegt zu sagen, jedes Warum hat
sein Wesswegen.

Antipholis.
Fuer's erste, Warum, weil du meiner gespottet hast; und dann
Wesswegen, weil du es mir das zweyte mal weggelaeugnet hast.

Dromio von Syracus.
Ich begreiffe weder euer Warum noch euer Wesswegen, noch eure
Ohrfeigen--Nun gut, Herr, ich danke euch.

Antipholis.
Du dankst mir?Wofuer?

Dromio von Syracus.
Mein Six, Herr, fuer das Etwas so ihr mir um Nichts gegeben habt.

Antipholis.
Ich will es mit naechsten wieder gut machen, und dir Nichts fuer
etwas geben.  Aber sag', ist es Mittagessens-Zeit?

Dromio von Syracus.
Nein, Herr, ich glaub', es fehlt dem Essen etwas das ich habe.

Antipholis.
Mit Erlaubniss, was mag das seyn?

Dromio von Syracus.
Dass es nicht genug betraeuft ist.**

{ed.-** Der Einfall ligt im Original in der Zweydeutigkeit
des Worts (basting), welches zugleich eine Tracht Schlaege, und das
Betraeuffen, dessen was am Spiess gebraten wird, bedeutet.}

Antipholis.
Gut, Bursche, so wird es troken seyn.

Dromio von Syracus.
Wenn es so ist, so bitt' ich euch, esset nichts davon.

Antipholis.
Warum?

Dromio von Syracus.
Weil es euch cholerisch machen, und mir noch eine andre Tracht
Schlaege zuziehen wuerde.

Antipholis.
Gut, junger Herr, lernt eure Zeit wol in Acht nehmen, wenn ihr
spassen wollt; ein jedes Ding hat seine Zeit.



Fuenfte Scene.
(Adriana und Luciana zu den Vorigen.)


Adriana.
Ja, ja, Antipholis, sieh nur fremde und verdrieslich aus, eine
andre Gebieterin hat deine zaertlichen Blike: ich bin nicht mehr
Adriana, noch dein Weib.  Es war eine Zeit, da du ungeheissen
schwurest, dass keine Worte Musik in deinem Ohr seyen, als die ich
rede; dass kein Gegenstand dein Aug entzueke, als mein Anblik; dass
keine andre Beruehrung deiner Hand willkommen sey, als die meinige--
Wie kommt es dann izt, mein Gemal, o sage wie kommt es, dass du so
fremde gegen dich selbst worden bist--Gegen dich selbst nenn' ich
es, da du es gegen mich bist, die auf eine so unzertrennliche Art
dir einverleibt bin, dass ich mehr bin als der groessre Theil von dir
selbst.  Eher koenntest du einen Tropfen Wassers in die tieffe See
fallen lassen, und unvermengt mit andern eben diesen Tropfen wieder
zurueknehmen; als dich von mir losreissen, ohne mich mitzunehmen.
Wie sehr wuerd' es dich bis in die Seele kraenken, wenn du nur hoeren
wuerdest, dass ich ausgelassen sey, und dass dieser dir allein
geheiligte Leib durch unkeusche Lust besudelt wuerde!  Wuerdest du
mich nicht anspeyen, nicht mit Fuessen stossen, und mir den Namen
eines Ehmanns ins Gesicht werfen, und die beflekte Haut von meiner
Huren-Stirne reissen, und von meiner treulosen Hand den Trauring
abhauen, und ihn mit einem auf ewig uns scheidenden Geluebde
zerbrechen?Ich weiss du kanst es, also thu es auch--ich bin mit
einem ehebrecherischen Fleken beschmizt; mein Blut ist mit dem
Schmuz der Unzucht vermengt; denn wenn wir beyde eins sind, und du
untreu wirst, so theilst du mir das Gift mit, das in deinen Adern
schaeumt, und machst mich durch Anstekung zur Hure.  O so kehre dann
zu deiner Pflicht zuruek, und bleibe deinem keuschen Bette getreu,
damit ich unbeflekt lebe, und du unentehrt.

Antipholis.
Klagt ihr ueber mich, schoenes Frauenzimmer?Ich kenne euch ja nicht.
Ich bin in Ephesus kaum zwoo Stunden alt, und mit eurer Stadt so
unbekannt als mit euern Reden.  Ich strenge allen meinen Wiz
vergeblich an, nur ein Wort von allem dem was ihr mir sagtet, zu
verstehen.

Luciana.
Fy, Bruder, was fuer eine Veraenderung ist das bey euch?Wenn wart
ihr gewohnt, meiner Schwester so zu begegnen; Sie schikte den
Dromio, euch zum Mittag-Essen heim zu holen.

Antipholis.
Den Dromio?

Dromio von Syracus.
Mich?

Adriana.
Ja dich, und du brachtest uns zuruek, dass er dir Maulschellen
gegeben, und unter den Maulschellen mein Haus und mich als sein
Weib verlaeugnet habe.

Antipholis.
Habt ihr mit diesem Frauenzimmer gesprochen?Was fuer ein
Verstaendniss habt ihr mit ihr, und was soll die Absicht davon seyn?

Dromio von Syracus.
Ich, Herr, ich habe sie meine Tage nie gesehen als izt.

Antipholis.
Du luegst, du Galgenschwengel; denn du brachtest mir ihre eigensten
Worte auf den Markt.

Dromio von Syracus.
Ich habe sie in meinem Leben nie gesprochen.

Antipholis.
Woher kan sie uns denn bey unsern Namen nennen, es waere dann, dass
sie einen Wahrsager-Geist haette?

Adriana.
Wie uebel steht es euerm Character an, eine so niedertraechtige
Comoedie mit euerm Sclaven zu spielen, um meiner auf eine grobe Art
ins Gesicht zu spotten?Ich bin beleidigt genug, dass ihr so
entfremdet von mir seyd; haeuffet euer Unrecht nicht noch durch
einen solchen Grad von Verachtung.  Komm, lass mich um deine Schlaefe
mich winden; du bist eine Ulme, mein lieber Mann, und ich eine
schwache Rebe, die mit deinem staerkern Stamm vermaehlt, an deiner
Staerke Antheil nimmt, ohne sie zu vermindern; alles was dich von
mir trennen will, ist Unkraut, diebischer Epheu und unnuezes Mooss,
das sich, wenn es nicht bey Zeiten abgeschnitten wird, bis zu
deinem Mark einfrisst, und von deinem Verderben seine Nahrung zieht.

Antipholis.  (bey Seite.)

Sie spricht mir so ernstlich zu, dass ich nicht weiss, was ich
denken oder sagen soll.  Bin ich im Traum mit ihr vermaehlt worden?
Oder schlaf ich izt, und bilde mir ein, dass ich alles diss hoere?Was
fuer ein Irrthum bethoert unsre Augen und Ohren?Bis ich erfahren kan,
was ich aus dieser unbegreiflichen Sache machen soll, wird das
sicherste seyn, den guenstigen Betrug zu unterhalten.

Luciana.
Dromio, geh, sage den Bedienten, dass sie anrichten.

Dromio von Syracus.  (bey Seite.)

Nun, bey meinem Rosenkranz!  Ich will das Kreuz machen; Gott sey
bey uns!  wir sind im Feen-Land, wir reden mit lauter Kobolten,
Gespenstern und Nacht-Frauen; wenn wir nicht thun was sie haben
wollen, so werden sie uns den Athem aussaugen, und uns braun und
blau zwiken.

Luciana.
Was plauderst du da mit dir selber, und antwortest nicht?Dromio,
du Hummel, du Schneke, du traeger Kerl, du Sot!

Dromio von Syracus.
Ich bin verwandelt, Herr, nicht wahr?

Antipholis.
Ich denke du bist's am Gemueth, wie ich selbst.

Dromio von Syracus.
Nein, Herr, an beydem, an Seel und Leib.

Antipholis.
Du hast deine eigne Gestalt.

Dromio.
Nein, ich bin ein Affe.

Luciana.
Wenn du in etwas verwandelt bist, so ist's in einen Esel.

Dromio.
Das ist es; sie reitet mich, und es hungert mich nach Gras; es ist
so, ich bin ein Esel, sonst koennt' es unmoeglich seyn, dass ich sie
nicht so gut kennte, als sie mich.

Adriana.
Kommt, kommt, ich will nicht laenger ein Narr seyn, und den Finger
in die Augen steken und weinen, indess dass Herr und Knecht meines
Kummers lachen.  Kommt, mein Herr, zum Mittag-Essen; Dromio, huete
die Thuere.  Mein lieber Mann, ich will heut oben mit euch zu Mittag
essen, und ihr sollt mir alle eure kleinen Schelmereyen beichten--
Kerl, wenn jemand nach deinem Herrn fragt, so sag', er isst ausser
dem Haus, und lass keinen lebendigen Menschen herein.  Kommt,
Schwester; Dromio, sey du ein guter Thuerhueter.

Antipholis.
Bin ich auf der Erde, im Himmel oder in der Hoelle?Schlafend oder
wachend, verruekt oder bey Sinnen?Diesen Leuten bekannt, und mir
selbst verborgen?Ich will sagen was sie sagen, und es darauf
ankommen lassen, was aus diesem Abentheuer werden mag.

Dromio von Syracus.
Herr, soll ich hier Thuerhueter seyn?

Adriana.
Ja, lass niemand herein, oder ich breche dir den Hals.

Luciana.
Kommt, kommt, Antipholis, wir werden spaet zu Mittag essen.

(Sie gehen ab.)




Dritter Aufzug.



Erste Scene.
(Die Strasse vor Antipholis Haus.)
(Antipholis von Ephesus, Dromio von Ephesus, Angelo und Balthasar
 treten auf.)


Antipholis von Ephesus.
Mein lieber Herr Angelo, ihr muesst uns entschuldigen; meine Frau ist
verdriesslich, wenn ich nicht zur gewoehnlichen Zeit nach Hause komme;
sagt, ich habe mich bey euch in eurer Werkstatt aufgehalten, um
der Arbeit ihrer Kette zuzusehen, und ihr wollet ihr sie morgen
ueberbringen.  Aber hier ist ein Galgenschwengel, der mir ins Gesicht
behaupten will, er habe mich auf dem Markt angetroffen; und ich
hab' ihm Schlaege gegeben, und tausend Mark an Gold von ihm gefodert,
und ich hab' ihm meine Frau und mein Haus abgelaeugnet: Du
besoffener Kerl, du, was meyntest du mit allem diesem Gewaesche?

Dromio von Ephesus.
Sagt was ihr wollt, Herr, ich weiss doch was ich weiss; dass ihr mich
auf dem Markt geschlagen habt, das kan ich mit eurer Hand beweisen;
waere mein Fell Pergament, und die Ohrfeigen die ihr mir gegeben
habt, Dinte, so wuerde eure eigne Handschrift sagen was ich denke.

Antipholis von Ephesus.
Ich denke, du bist ein Esel.

Dromio von Ephesus.
Mein Six, das erhellet aus den Schlaegen, die ich ohne Ursache
gekriegt habe.

Antipholis von Ephesus.
Ihr seyd duester, Herr Balthasar?Der Himmel gebe, dass unsre
Mahlzeit meinem guten Willen entspreche.  Wenn ihr nicht gut
bewirthet werdet, so seyd wenigstens versichert, dass ihr nicht
willkommner seyn koenntet.

(Er will die Thuer aufmachen.)

Sachte!  die Thuer ist verriegelt; geh', Dromio, sag' ihnen, dass sie
uns einlassen.

Dromio von Ephesus.
Mathilde, Brigitte, Marian, Caecile, Cathrine, Susanne!

Dromio von Syracus (hinter der Thuer.)
Flegel, Schlingel, Bengel, Gek, Mauskopf, Frazen-Gesicht!  Entweder
scherr dich von der Thuere, oder siz' auf die Zaken; was fuer eine
verzweifelte Menge Menscher beschwoerst du da zusammen, da es an
einer zuviel gegen einem ist; scherr dich von der Thuer.

Dromio von Ephesus.
Was fuer ein Flegel ist Thuerhueter bey uns worden?Mein Herr wartet
hier auf der Strasse, mach auf.

Dromio von Syracus.
Lass ihn gehn woher er gekommen ist, oder er moechte sich die Fuesse,
hier erkaelten.

Antipholis von Ephesus.
Wer redt da drinnen?holla; macht die Thuer auf.

Dromio von Syracus.
Gleich, Herr, wenn ihr mir nur erst sagen wollt, warum?

Antipholis von Ephesus.
Warum, Schurke?Weil ich zu mittag essen will; ich habe heute noch
nichts gegessen.

Dromio von Syracus.
Und werdet heute auch in diesem Hause nichts zu essen kriegen;
kommt ein ander mal wieder.

Antipholis von Ephesus.
Wer bist du, der mich zu meinem eignen Hause hinausschliesst?

Dromio von Syracus.
Der zeitige Thuerhueter, Herr, und mein Nam ist Dromio, wenn's euch
lieb ist.

Dromio von Ephesus.
O du Galgenvogel, hast du mir meinen Namen zusammt meinem Amt
gestohlen?Bist du Dromio?Ich wollte du waerst es heute gewesen; es
war ein Anlas, wo ich meinen Namen wohlfeil gegeben haette.*

{ed.-* Man ist genoethiget, hier einen guten Theil von kleinen
sinnreichen Reden auszulassen, die zwischen den Bedienten und einer
Magd vorfallen, und in lauter Wortspielen bestehen, so sie einander
zuwerfen.}

(Weil man den Antipholis nicht einlassen will, fangt dieser an
ungeduldig werden, und will die Thuer mit Gewalt einstossen, worueber
ein grosser Lerm entsteht.)

Adriana (hinter der Scene.)
Wer ist da vor der Thuer, der einen solchen Lermen macht?

Dromio von Syracus.
Bey meiner Six, es giebt boese Buben in eurer Stadt.

Antipholis von Ephesus.
Seyd ihr da, Frau?Ihr haettet wol baelder kommen koennen.

Adriana.
Eure Frau, Herr Spizbube?Geht, pakt euch von der Thuere fort.

Angelo.
Mein Herr, ich sehe wol, hier ist weder was gutes zu essen, noch
ein freundlicher Willkomm zu haben--wir halten uns vergeblich auf.

Antipholis von Ephesus.
Geh', hole mir was, dass ich die Thuer aufbrechen kan.

Dromio von Syracus.
Versuchts, und brecht hier was, wenn ihr wollt dass ich euch den
Schaedel zerbrechen soll.

Antipholis von Ephesus.
Geh', sag' ich, hole mir ein Stemm-Eisen --

Balthasar.
Habt Geduld, mein Herr; ich bitte euch, fangt nichts dergleichen an;
ihr wuerdet einen Anfall auf euren eignen guten Namen thun, und die
nie verlezte Ehre eurer Frauen in Verdacht bringen.  Bedenket nur
das; die lange Erfahrung, die ihr von ihrer klugen Auffuehrung und
von ihrer Tugend habt, ihre bekannte Sittsamkeit, und selbst ihr
geseztes Alter rechtfertigen sie gegen allen Verdacht; es muss
irgend eine gute Ursache seyn, wenn ihr sie gleich nicht wisst,
warum die Thueren dissmal so vor euch verriegelt sind; und zweifelt
nicht, mein Herr, dass sie sich vollkommen desswegen wird
rechtfertigen koennen.  Folget mir, und zieht euch in Geduld zuruek,
und lasst uns alle in den Tyger zum Mittag-Essen gehen, auf den
Abend geht dann allein nach Hause, und erkundigst euch um die
Ursache dieser seltsamen Begebenheit.  Wenn ihr mit Gewalt ins Haus
einbrechen wolltet, am hellen Tag und da alle Strassen voller Leute
sind, so wuerde gleich ein allgemeines Stadt-Maehrchen draus werden;
und das koennte, so wie die Welt alles aufs schlimmste auszudeuten
pflegt, eurer Ehre einen Fleken anhaengen, der euch bis ins Grab
bleiben koennte.

Antipholis von Ephesus.
Ihr habt mich ueberzeugt; ich will in der Stille abziehen, und ich
hab' im Sinn mich lustig zu machen, so wenig ich auch Ursache dazu
habe.  Ich kenne ein Weibsbild von unvergleichlichem Umgang, huebsch
und wizig, muthwillig, und doch artig.  Dort wollen wir zu Mittag
essen; meine Frau hat mir sie schon oft, aber versichert ohne
Ursache, vorgerupft; wir wollen geh'n und bey ihr zu Mittag essen.
Geht ihr heim, Angelo, und holt die Kette; sie wird izt wol fertig
seyn; bringt sie, ich bitte euch, zum Stachel-Schwein, denn das ist
das Haus; ich will die Kette meiner Wirthin dort geben, und wenn es
auch nur meiner Frauen zum Possen waere.  Saeumt euch nicht, mein
werther Herr.  Weil meine eigne Thuere mich nicht einlassen will, muss
ich sehen wo ich eine andre offen finde.

Angelo.
Mein Herr, ich will euch in einer oder zwo Stunden daselbst
aufwarten.

Antipholis von Ephesus.
Gut, mein Herr;

(fuer sich.)

Dieser Spass wird mich Geld kosten.

(Sie gehen ab.)



Zweyte Scene.
(Das Haus des Antipholis von Ephesus.)
(Luciana und Antipholis von Syracus treten auf.)


Luciana.
Wie, ist denn moeglich, dass ihr so ploezlich habt vergessen koennen,
was die Pflicht eines Ehmanns ist?Wie, Antipholis, sollen schon im
Fruehling deiner Liebe die Quellen deiner* Liebe vertroknen?Faellt
das Gebaeude eurer Liebe schon zusammen, da es kaum aufgefuehrt ist?
Wenn ihr meine Schwester bloss um ihres Vermoegens willen geheurathet
habt, so begegnet ihr, wenigstens um ihres Vermoegens willen,
freundlicher; oder wenn ihr irgend eine andre lieber habt, so thut
es doch heimlich; lasst meine Schwester eure Untreu nicht so
deutlich in euern Augen lesen, und macht eure Zunge nicht zum
Redner eurer eignen Schande; seht sie freundlich an, gebt ihr gute
Worte; seyd mit einer guten Art ungetreu, kleidet das Laster wie
einen Hausgenossen der Tugend; nehmt eine schoene Gestalt an, wenn
schon euer Herz besudelt ist; mit einem Wort, seyd heimlich untreu;
wozu braucht Sie es zu wissen?Welcher Dieb ist so einfaeltig, mit
seinen eignen Streichen zu pralen?Beredet uns wenigstens, uns arme
Weiber, die so leicht zu bereden sind, dass ihr uns liebt; wenn
gleich andre den Arm haben, so zeigt uns wenigstens ein
freundliches Gesicht; wir werden nur von Euch in Bewegung gesezt,
und ihr koennt aus uns machen was ihr wollt.  Kommt also wieder mit
mir hinein, mein lieber Bruder; troestet meine Schwester, thut
freundlich mit ihr, nennt sie euer Weib; wenn es auch nur
Schmeicheley ist, so dient es doch zu ihrer Beruhigung.

{ed.-* Ein Wortspiel mit dem Wort Spring, welches Fruehling, und Quelle
heisst.}

Antipholis von Syracus.
Anmuthsvolle Gebieterin, (keinen andern Namen weiss ich euch nicht
zu geben, noch begreiff ich, durch was fuer ein Wunderwerk ihr den
meinigen entdekt habt,) eure Schoenheit und diese Probe eurer
Wissenschaft beweisen beyde, dass ihr eher irgend eine Gottheit als
ein irdisches Wesen seyd; lehre mich, schoenste Gestalt, wie ich
denken und wie ich reden soll; entfalte vor meinen zu groben
irdischen, in Irrthum eingehuellten Sinnen, den geheimnisvollen
Inhalt deiner Reden--Warum bemueht ihr euch so sehr, mich in einem
unbekannten Feld irre zu fuehren?Seyd ihr eine Goettin?Wollt ihr
mich neu erschaffen?So verwandelt mich dann, ich unterwerffe mich
eurer Macht.  Aber so lang ich ich selbst bin, weiss ich gewiss, und
es ist umsonst die lautre Wahrheit meiner Seele einer Falschheit
anzuklagen, dass eure weinende Schwester mein Weib nicht ist, und
dass ich keine von diesen Pflichten ihr schuldig bin, die ihr mir
einschaerfet.  Warum wollt ihr mich dann noethigen sie zu lieben, da
mein Herz weit staerker, weit staerker zu euch gezogen wird?O, loke
mich nicht, holdes Meer-Maedchen, durch dein Zauberlied, um in der
Thraenenfluth deiner Schwester mich zu ertraenken; sing' fuer dich
selbst, Syrene, und ich bin lauter Liebe; spreite deine goldnen
Loken ueber die Silberwellen, und ich will sie zu meinem Bette
machen, und da ligen, und den Tod, den du mir geben wirst, mit
Entzueken annehmen.

Luciana.
Wie, seyd ihr wahnwizig, dass ihr so schwaermt?

Antipholis von Syracus.
Nicht wahnwizig, aber geblendet; wie, weiss ich selbst nicht.

Luciana.
Der Fehler ligt in euern Augen.

Antipholis von Syracus.
Weil ich zu lang, o schoene Sonne, in eure Stralen schaute.

Luciana.
Schaut wohin ihr sollt, das wird euer Gesicht wieder aufklaeren.

Antipholis von Syracus.
Das ist soviel, meine suesse Liebe, als ob ihr mir befaehlet, in die
Nacht zu schauen.

Luciana.
Warum nennt ihr mich, Liebe?Nennt meine Schwester so.

Antipholis von Syracus.
Deiner Schwester Schwester.

Luciana.
Das ist meine Schwester.

Antipholis.
Nein, das bist du selbst, die bessere Helfte des meinigen, das Auge
meiner Augen, und meines Herzens theureres Herz; meine Nahrung,
mein Gluek und mein Anspruch an den Himmel.

Luciana.
Alles diss ist meine Schwester, oder sollt es doch seyn.

Antipholis von Syracus.
Nenne dich selbst Schwester, meine Liebe, denn ich meyne dich; dich
will ich lieben, und mit dir mein Leben leben.  Du hast noch keinen
Mann; ich noch kein Weib; gieb mir deine Hand.

Luciana.
O, sachte, mein Herr, haltet noch ein wenig ein; ich will nur
vorher meine Schwester holen, damit sie ihre Einwilligung geben kan.

(Luciana geht ab.)



Dritte Scene.
(Dromio von Syracus, (ueber die Buehne lauffend.)


Antipholis von Syracus.
He, holla, Dromio, wohin laufst du so eilig?

Dromio von Syracus.
Kennt ihr mich dann, Herr?Bin ich Dromio?Bin ich euer Knecht?Bin
ich ich selbst?

Antipholis von Syracus.
Du bist Dromio, mein Knecht, und du selbst.

Dromio von Syracus.
Ich bin ein Esel, eines Weibes Mann, und ausser mir selbst.

Antipholis von Syracus.
Was fuer eines Weibes Mann, und wie ausser dir selbst?

Dromio von Syracus.
Meiner Six, Herr, in so fern ich ausser mir selbst bin, gehoer' ich
einem Weib an; einer, die Ansprueche an mich macht, die mir
allenthalben nachlaeuft, und mich haben will.

Antipholis von Syracus.
Was fuer Ansprueche macht sie an dich?

Dromio von Syracus.
Sapperment, Herr, so einen Anspruch wie ihr auf euer Pferd machen
koennt; einen recht bestialischen Anspruch; denn ich muesste nichts
geringere als ein Stier seyn, wenn ihr Anspruch gueltig waere, so
aehnlich ist sie einer Kuh aus Flandern.

Antipholis von Syracus.
Wer ist es dann?

Dromio von Syracus.
Eine sehr respectable Person, Herr; eine Person, von der man nicht
reden darf, ohne zu sagen: Mit Respect.  Ich mache nur ein sehr
mageres Gluek, wenn ich den Handel eingehe, und doch ist sie eine
erstaunlich fette Parthey.

Antipholis von Syracus.
Was meynst du damit?

Dromio von Syracus.
Sapperment, Herr, sie ist das Kuechen-Mensch und lauter Schmeer; ich
wuesste nicht was man aus ihr machen koennte als eine Lampe, um bey
ihrem eignen Licht vor ihr davon zu lauffen.  Ich steh' euch dafuer,
ihre Lumpen und das Talg darinn, wuerden einen Laplaendischen Winter
lang brennen.

Antipholis.
Wie heisst sie?

Dromio von Syracus.
Nell, Herr--Aber ihr Name, Herr, und drey Viertel, (das ist eine
Ell und drey Viertel,) reichte noch lange nicht zu, sie von einer
Huefte zur andern auszumessen.

Antipholis.
Sie ist also raesonnabel breit?

Dromio von Syracus.
Nicht laenger vom Kopf zum Fuss als von einer Huefte zur andern; sie
ist rund wie ein Globus: Ich wollte Laender auf ihr finden.

Antipholis.
Wo wolltest du zum Exempel Irrland finden?

Dromio von Syracus*.
{ed.-* Der Leser wird uns vielleicht eher verzeihen, dass wir ihm die
Antwort des Dromio schuldig bleiben, als dass wir ihn und uns
bereits mit so vielen andern albernen Possen, wovon dieses Stuek
wimmelt, geplagt haben.  Die Idee von einem Globus hat unserm Autor
so kurzweilig gedaeucht, dass Dromio seinem Herrn beynahe alle Laender
des Erdbodens auf dieser seltsamen Weltkugel aufsuchen muss; welches
er dann auf eine so ekelhafte und schmuzige Art thut, als der
Gegenstand ist, der seinem poebelhaften Wiz diesen schoenen Anlas
giebt, sich zu zeigen.}

--Mit einem Wort, diese Unholde machte
Anspruch an mich, nannte mich Dromio, schwur dass ich mit ihr
verheurathet sey, sagte mir was fuer geheime Merkmale ich an mir
habe, als die Fleken auf meiner Schulter, das Gewaechs an meinem
Hals, die grosse Warze an meinem linken Arm; so dass ich voller
Schreken davon lief, weil ich wol sah, dass sie eine Hexe seyn musste.
Ich glaube, meiner Treu, wenn ich nicht ein so guter Christ waere,
sie haette mich in einen Hund ohne Schwanz verwandelt, und mich
gezwungen, die Braten in ihrer Kueche zu wenden.

Antipholis von Syracus.
Geh', so schnell als du kanst, lauf an die Rhede, und wenn irgend
ein Wind vom Ufer wegtreibt, so will ich keine Nacht mehr in dieser
Stadt zubringen.  Wenn du ein Schiff findest, das abfahren will, so
komm auf den Markt; ich will dort auf und ab gehen, bis du wieder
kommst; wenn uns jedermann kennt, und wir kennen niemand, so ist es
hohe Zeit, denk' ich, seinen Buendel zu machen, und davon zu gehen.

(Dromio geht ab.)



Vierte Scene.


Antipholis von Syracus.
Das ist gewiss, dass lauter Zaubervolk hier wohnt, und es ist also
nicht gut, sich hier lang aufzuhalten.  Es graut mir in der Seele
vor dem Gedanken, dass diejenige mein Weib seyn sollte, die mich als
ihren Mann anspricht.  Aber ihre schoene Schwester hat ein so
unwiderstehlich angenehmes Wesen, und einen so bezaubernden Umgang,
dass sie mich beynahe zum Verraether an mir selbst gemacht hat.  Aber
wenn ich mich selbst nicht in Unglueck stuerzen will, muss ich meine
Ohren gegen den Gesang dieser Syrene verstopfen.  (Angelo tritt mit
einer goldnen Kette auf.)

Angelo.
Herr Antipholis--

Antipholis von Syracus.
Ja, so heiss' ich.

Angelo.
Das weiss ich wohl, mein Herr: seht, hier ist die Kette; ich dachte
ich wollte euch im Stachelschwein antreffen, ich musste so lange
ausbleiben, weil die Kette noch nicht fertig war.

Antipholis von Syracus.
Was wollt ihr dass ich damit thun soll?

Angelo.
Was ihr selbst wollt, mein Herr; ich habe sie fuer euch gemacht.

Antipholis von Syracus.
Fuer mich gemacht, mein Herr?Ich bestellte sie ja nicht.

Angelo.
Nicht ein oder zweymal, wohl zwanzig mal habt ihr sie bestellt,
geht heim und macht eurer Frauen eine Freude damit; gleich nach dem
Nachtessen will ich zu euch kommen, und das Geld dafuer abholen.

Antipholis von Syracus.
Ich bitte euch, mein Herr, nehmt das Geld lieber izt ein, ihr
moechtet sonst weder Geld noch Kette wieder sehen.

Angelo.
Es beliebt euch zu spassen, mein Herr; lebet wohl.

(Er geht ab.)

Antipholis von Syracus.
Was ich hievon denken soll, kan ich nicht sagen; aber das denk ich,
es ist niemand so albern, der eine so schoene Kette nicht annehme,
wenn man sie ihm anbietet.  Ich sehe wohl, es hat einer hier keine
Kunstgriffe noethig, um leben zu koennen, da einem auf der Strasse so
kostbare Geschenke in die Haende lauffen.  Ich will nun auf den Markt,
und den Dromio erwarten, und wenn irgend ein Schiff abgeht, auf
und davon!




Vierter Aufzug.



Erste Scene.
(Die Strasse.)
(Ein Kauffmann, Angelo und ein Gerichtsdiener treten auf.)


Kauffmann.
Ihr wisst, die Summe war schon um Pfingsten verfallen, und ich hab'
euch seither nicht viel beunruhiget, und wuerd' es auch izt nicht
thun, wenn ich nicht eine Reise nach Persien vor mir haette, wozu
ich Geld brauche; befriedigt mich also auf der Stelle, oder hier
ist ein Gerichtsdiener, der sich eurer versichern wird.

Angelo.
Die nemliche Summe, die ihr an mich zu fodern habt, ist Antipholis
mir schuldig, fuer eine goldne Kette, die ich ihm einen Augenblik eh
ich euch antraf, zugestellt hatte; diesen Abend um fuenfe soll ich
das Geld davor einnehmen; seyd nur so gut mit mir zu seinem Hause
zu gehen, und ich will euch mit Dank bezahlen.  (Antipholis von
Ephesus, und Dromio von Ephesus, kommen aus dem Hause der
Courtisane, und begegnen den Vorigen.)

Gerichtsdiener.
Ihr koennt euch eine Muehe ersparen; seht, da kommt er selbst.

Antipholis von Ephesus.
Indessen ich zum Goldschmidt gehe, geh' du, und kauf mir ein
huebsches Stuek von einem Seil; ich will meine Frau und Compagnie
damit begaben, dafuer dass sie mich heut aus dem Haus hinaus gesperrt
haben--Aber sachte, da seh' ich den Goldschmidt: Geh' du, und
kauffe den Strik, und bring ihn mir nach Hause.

(Dromio geht ab.)

Antipholis.
Dem ist wohl geholfen, der sich auf euch verlaesst; ihr versprachet
mir eure Gegenwart und die Kette; aber es kam weder Kette noch
Goldschmidt; ihr habt vermuthlich gedacht, unsre Freundschaft
moechte zu lange dauren, wenn sie mit einer Kette zusammengebunden
waere, und darum seyd ihr nicht gekommen.

Angelo.
Mit Erlaubniss des lustigen Humors, worinn ihr heute seyd, hier ist
die Note, wie viel eure Kette auf den aeussersten Carath wiegt, die
Feinheit des Goldes, und die muehsame Arbeit; alles belaeuft sich auf
drey Ducaten mehr als ich diesem Herrn hier schuldig bin; ich bitte
euch, uebernehmet es, ihn sogleich zu befriedigen; er muss ueber Meer
reisen, und wartet nur um dessentwillen.

Antipholis von Ephesus.
Ich habe nicht so viel baares Geld bey mir, und ueberdas hab' ich
Geschaefte in der Stadt; mein lieber Herr, fuehrt den Fremden in mein
Haus, und nehmt die Kette mit euch, und saget meiner Frau, dass sie
euch nach Empfang derselben bezahlen soll; vielleicht bin ich so
bald dort, als ihr.

Angelo.
Wollt ihr also die Kette nicht lieber selbst mitbringen?

Antipholis von Ephesus.
Nein, tragt ihr sie hin, auf den Fall, dass ich etwann nicht frueh
genug kommen koennte.

Angelo.
Ganz gut, mein Herr; habt ihr die Kette bey euch?

Antipholis von Ephesus.
Wenn ich sie nicht habe, Herr, so hoff' ich, ihr habt sie; oder ihr
koennt ohne euer Geld wieder fortgehen.

Angelo.
Nein, mein Herr, ich bitt' euch, gebt mir die Kette; Wind und Fluth
warten auf diesen Herrn hier, ich darf ihn nicht laenger aufhalten.

Antipholis von Ephesus.
Mein guter Herr, ihr wollt vermuthlich mit dieser Schaekerey
entschuldigen, dass ihr euer Wort nicht gehalten und ins
Stachelschwein gekommen seyd: Ich haette euch desswegen ausschelten
sollen, aber ihr macht es wie die boesen Weiber; wenn sie Keiffe
verdient haben, so fangen sie zuerst an zu schnurren.

Kauffmann.
Die Zeit verlaeuft; ich bitte euch, mein Herr, beschleunigt die
Sache.

Angelo.
Ihr hoert ja selbst wie er mir's macht; die Kette --

Antipholis von Ephesus.
Gebt sie meiner Frauen, sag' ich ja, und lasst euch euer Geld geben.

Angelo.
Kommt, kommt, ihr wisst ja, dass ich sie euch nur erst gegeben habe.
Entweder schikt die Kette, oder gebt mir sonst ein Merkzeichen mit,
wodurch ich mich eurer Frauen legitimiren kan.

Antipholis von Ephesus.
Fy, Herr, ihr treibt den Spass zu weit; kommt, wo ist die Kette; ich
bitt' euch, lasst mich sie sehen.

Kauffmann.
Meine Geschaefte koennen diese Kurzweile nicht aushalten; mein Herr,
erklaert euch, ob ihr mich bezahlen wollt oder nicht; wenn nicht, so
will ich ihn dem Gerichtsdiener ueberlassen.

Antipholis von Ephesus.
Ich euch bezahlen?Was soll ich euch bezahlen?

Angelo.
Das Geld, so ihr mir fuer die Kette schuldig seyd.

Antipholis von Ephesus.
Ich bin euch kein Geld schuldig, bis ich die Kette habe.

Angelo.
Ihr wisst, dass ich sie euch vor einer halben Stunde gegeben habe.

Antipholis von Ephesus.
Ihr habt mir nichts gegeben; ihr thut mir Unrecht, wenn ihr das
sagt.

Angelo.
Ihr thut mir groessers Unrecht, Herr, dass ihr's laeugnet; bedenket,
dass mir mein Credit darauf steht.

Kauffmann.
Wohlan, Gerichtsdiener, arretirt ihn auf mein Ansuchen.

Gerichtsdiener.
Ich thu es, und befehl euch hiemit in des Herzogs Namen mir zu
folgen.

Angelo.
Das greift meine Ehre an.  Entweder bezahlt das Geld fuer mich, oder
ich versichre mich eurer durch diesen Gerichtsdiener.

Antipholis von Ephesus.
Ich soll fuer etwas bezahlen, das ich nie empfangen habe?Lass mich
arretiren, du naerrischer Kerl, wenn du das Herz hast.

Angelo.
Gerichtsdiener, hier ist dein Tax; sez' ihn feste; ich wollte
meines eignen Bruders nicht schonen, wenn er mir so niedertraechtig
begegnete.

Gerichtsdiener.
Mein Herr, ich arretire euch; ihr habt gehoert, dass es an mich
gefordert wird.

Antipholis von Ephesus.
Ich unterwerfe mich dir, bis ich dir Buergschaft stellen werde.  Aber
ihr, Bursche, sollt mir diesen Spass so theuer bezahlen, dass alles
Metall in euerm Laden nicht zureichen soll.

Angelo.
Herr, Herr, ich will wol Justiz in Ephesus finden, und ihr werdet
wenig Ehre davon haben, das glaubt mir.



Zweyte Scene.
(Dromio von Syracus zu den Vorigen.)


Dromio von Syracus.
Herr, es ist eine Barke von Epidamnum, die nur noch so lange wartet,
bis der Schiffspatron an Bord kommt, und dann gleich absegelt.  Ich
habe unser Gepaeke schon an Bord gebracht, und das Oel, den Balsam
und den Aquavit gekauft.  Das Schiff ist wohl geladen, es blaesst ein
muntrer Wind vom Land her; und man wartet nur noch auf den Patron
und auf euch.

Antipholis von Ephesus.
Was, zum Henker, bist du toll?Du dummer Schoeps, was fuer ein Schiff
von Epidamnum wartet auf mich?

Dromio von Syracus.
Ein Schiff, worauf ihr mich geschikt habt, unsre Ueberfahrt zu
miethen.

Antipholis von Ephesus.
Du besoffner Schurke, ich schikte dich um ein Seil, und sagte dir,
wozu ich es brauchen wollte.

Dromio von Syracus.
Ich weiss von keinem Seil, ich; ihr schiktet mich an die Rhede, Herr,
um ein Schiff.

Antipholis von Ephesus.
Ich will diese Materie zu einer andern Zeit berichtigen, und deine
Ohren lehren besser aufzumerken, wenn ich dir was sage.  Lauf izt
straks zu Adriana, du Galgenvogel, gieb ihr diesen Schluessel, und
sag' ihr, in dem Pult, der mit Tuerkischer Tapezerey ueberzogen ist,
werde sie einen Beutel mit Ducaten finden, den sie mir schiken soll;
sag' ihr, ich sey auf der Strasse arretirt worden, und dieses
muesse mich loskauffen; pake dich, Sclave, geh';--Nur fort,
Gerichtsdiener, ins Gefaengniss bis es kommt.

(Sie gehen ab.)

Dromio von Syracus.
Zu Adriana!  Das ist ja, wo wir zu Mittag gegessen haben, und wo
Dowsebel mir zumuthete, dass ich ihr Mann seyn muesse; ich hoffe sie
ist zu dik, als dass wir zusammenpassen koennten.  Indessen muss ich
doch gehen, weil es mein Herr so haben will.

(ab.)



Dritte Scene.
(Verwandelt sich in des Ephesischen Antipholis Haus.)
(Adriana und Luciana treten auf.)


Adriana.
Ah, Luciana, sezt' er dir so zu?Sahest du es wuerklich in seinen
Augen, dass es ihm Ernst war?Sah' er roth oder blass aus,
verdriesslich oder aufgeraeumt?Was fuer Beobachtungen machtest du
ueber die Meteore seines Herzens, die in seinem Gesichte kaempften?

Luciana.
Fuers erste, so laeugnete er, dass ihr ein Recht an ihn habet.

Adriana.
Er meynt', er lasse mir mein Recht nicht wiederfahren.

Luciana.
Hernach schwur er, er sey hier fremde.

Adriana.
Und schwur die Wahrheit, ob er gleich dadurch meineydig wurde.

Luciana.
Und da nahm ich eure Parthey.

Adriana.
Und was sagt' er dazu?

Luciana.
Die Liebe, um die ich ihn fuer euch bat, erbat er von mir.

Adriana.
Durch was fuer Ueberredungen sucht' er eure Liebe zu gewinnen?

Luciana.
Durch Worte, die bey ehrlichen Absichten haetten bewegen koennen; er
lobte zuerst meine Schoenheit, hernach meinen Verstand.

Adriana.
Redtest du freundlich mit ihm?

Luciana.
Seyd geduldig, ich bitte euch.

Adriana.
Ich kan nicht mehr still halten, ich will nicht; ich will
wenigstens meiner Zunge den Lauf lassen.  Er ist ungestalt, krumm-
beinicht, alt und kalt, haesslich, missgeschaffen, lasterhaft,
ungesittet, albern, grob und unartig; eine Missgeburt am Leib, und
noch schlimmer am Gemueth.

Luciana.
Wie moegt ihr denn ueber so einen eifersuechtig seyn?Man beweint den
Verlust eines Uebels nicht, dessen man los worden ist.

Adriana.
Ach!  ich denk' ihn doch besser als ich sage; mein Herz betet fuer
ihn, ob ihm gleich meine Zunge flucht.



Vierte Scene.
(Dromio von Syracus zu den Vorigen.)


Dromio von Syracus

(ausser Athem.)


Hier, geht; der Pult, der Beutel; ich bitt' euch, macht hurtig.

Luciana.
Wie bist du so aus dem Athem gekommen?

Dromio von Syracus.
Weil ich stark geloffen bin.

Adriana.
Wo ist dein Herr, Dromio?Ist er wohl?

Dromio von Syracus.
Nein, er ist im Tartar-Limbo, der noch aerger als die Hoelle selbst
ist.  Ein Teufel in einem immerwaehrenden Rok hat ihn; einer, dessen
Herz mit Stahl zugeknoepft ist; ein boeser Feind, eine unbarmherzige
Furie, ein Wolf, nein, noch was aergers, ein Kerl ueber und ueber in
Bueffelsleder; ein Rueken-Freund, ein Schulter-Klopfer, einer der die
Zugaenge der Strassen, die Schiff-Laenden und enge Paesse besezt;
einer der, vor Gericht, arme Seelen zur Hoelle fuehrt; mit einem Wort,
Frau, ein Gerichtsdiener.

Adriana.
Wie, Mann, was ist die Sache?

Dromio von Syracus.
Das weiss ich nicht; aber das weiss ich, dass er im Arrest ist.  Wollt
ihr ihm kein Loesegeld schiken, Frau?Das Geld ist in seinem Pult.

Adriana.
Geht, Schwester, holt es.

(Luciana geht ab.)

Das ist wunderbar, dass er Schulden haben soll, wovon ich nichts
weiss!  Sag mir, hat man ihn wegen einer Obligation in Verhaft
genommen?

Dromio von Syracus.
Wegen etwas weit staerkerm, wegen einer Kette; einer Kette; hoert ihr
sie nicht klingeln?

Adriana.
Was, die Kette?

Dromio von Syracus.
Nein, die Gloke; es ist Zeit, dass ich gehe; es war zwey, da ich ihn
verliess, und nun schlaegt die Glok, eins.

Adriana.
Das hab ich nie gehoert, dass die Stunden zuruek gehen.

Dromio von Syracus.
O ja, wenn eine Stunde einen Gerichtsdiener antrift, so lauft sie
vor Schreken zuruek.  (Luciana kommt wieder.)

Adriana.
Geh, Dromio; hier ist das Geld, trag es hin, und bring deinen
Herren unmittelbar nach Hause.--Kommt, Schwester, ich weiss nimmer,
wo ich hin denken soll --


(Sie gehen ab.)



Fuenfte Scene.
(Verwandelt sich in die Strasse.)
(Antipholis von Syracus tritt auf.)


Antipholis.
Es begegnet mir kein Mensch auf der Strasse, der mich nicht gruesse,
als ob ich laengst mit ihm bekannt waere, und jedermann nennte mich
bey meinem Namen.  Einige bieten mir Geld an, andre laden mich ein,
andre danken mir fuer Hoeflichkeiten die ich ihnen erwiesen haben
soll; andre tragen mir Sachen zum Kauf an.  Diesen Augenblik rief
mir ein Schneider in seine Werkstatt, und zeigte mir einen seidnen
Zeug den er fuer mich gekauft habe, und wozu er das Maass von mir
nahm.  Es kan nicht anders seyn, es besteht hier alles in lauter
Einbildungen, und es wohnen lauter laplaendische Zauberer hier.
(Dromio von Syracus tritt auf.)

Dromio von Syracus.
Herr, hier ist das Geld, warum ihr mich geschikt habt; wie, seyd
ihr von dem neugekleideten Ebenbild des alten Adams los gekommen?

Antipholis von Syracus.
Was fuer Geld ist das?Und was meinst du fuer einen Adam?

Dromio von Syracus.
Nicht den Adam der das Paradies huetete, sondern den Adam, der das
Gefaengniss huetet; den, der in des Kalbs Fell geht, das fuer den
verlohrnen Sohn geschlachtet wurde; der, wie ein boeser Engel hinter
euch hergeschlichen kam, und euch eure Freyheit vergessen liess.

Antipholis von Syracus.
Ich verstehe dich nicht.

Dromio von Syracus.
Nicht?die Sache ist doch ganz deutlich; der Kerl, der dahergieng,
wie eine Bassgeige in einem ledernen Ueberzug--* mit einem Wort, den
Gerichtsdiener.

{ed.-* Hier folgen im Original noch etliche sinnreich seyn-sollende
Umschreibungen, die aber in lauter Wortspielen bestehen, so sich
nicht deutsch machen lassen.}

Antipholis von Syracus.
Lass einmal deine unzeitige Schaekereyen, und sag' mir, hast du ein
Schiff gefunden, das diese Nacht abgeht?

Dromio von Syracus.
Wie, Herr?ich brachte euch ja Nachricht, dass die Barke Expedition
diese Nacht auslauffe, aber ihr wurdet von dem Gerichtsdiener
aufgehalten, euch an Bord zu begeben; hier sind die Engel, nach
denen ihr mich schiktet, um euch zu befreyen.

Antipholis von Syracus.
Der Bursche weiss nicht recht wo ihm der Kopf steht; und so gehts
mir auch; wir irren hier unter lauter Blendwerken herum; irgend ein
guter Geist bring uns unbeschaedigt wieder hinweg!



Sechste Scene.
(Die Courtisane zu den Vorigen.)


Courtisane.
Wir treffen einander recht gelegen an, Herr Antipholis.  Ich seh'
ihr habt endlich den Goldschmidt gefunden; ist das die Kette, so
ihr mir heute versprochen habt?

Antipholis von Syracus.
Zuruek, Satan!  Versuche mich nicht, sag' ich dir.

Dromio von Syracus.
Herr, ist dieses Frauenzimmer der Satan?

Antipholis von Syracus.
Es ist der Teufel.

Dromio von Syracus.
Nein, sie ist noch etwas aergers, sie ist des Teufels Grossmutter.*

Courtisane.
Euer Diener und ihr seyd erstaunlich spasshaft, mein Herr.  Wollt ihr
mit mir gehen, wir wollen unser Mittag-Essen hier verbessern.

Antipholis von Syracus.
Zuruek, boeser Feind!  Was sagst du mir vom Nacht-Essen?Du bist eine
Hexe, wie ihr alle seyd; ich beschwoere dich, dass du von mir
ablassest, und deines Wegs gehest.

Courtisane.
Gebt mir entweder meinen Diamant-Ring wieder, den ihr mir beym
Essen abgezogen, oder die Kette, die ihr mir versprochen habt, so
will ich gehen und euch nicht beunruhigen.

Dromio von Syracus.
Andre Teufel verlangen nur Kleinigkeiten, einen abgeschnittnen
Nagel, einen Strohhalm, ein Haar, einen Tropfen Bluts, eine
Steknadel, eine Nuss oder einen Kirschenstein; aber diese ist so
gierig, dass sie eine Kette haben will.  Herr, seyd gescheidt; wenn
ihr's thaetet, wer weiss was fuer ein Ungluek daraus entstehen wuerde.

Antipholis von Syracus.
Pake dich, du Hexe!  Komm, Dromio, wir wollen gehen.

Dromio von Syracus.
Es wird das sicherste seyn--

(Sie gehen ab.)

{ed.-* Hier ist man wieder genoethigt, die Einfaelle des Dromio
wegzulassen, die sich alle um die Zweydeutigkeit des Worts (light)
herumdrehen, welches Licht und leicht heisst.  (a light Wench) (ein
leichtes Mensch) ist im Englischen so viel als eine Hure.  Diss giebt
dann dem Dromio Anlas zu sagen: Dieses Frauenzimmer sey des Teufels
Mutter in Gestalt einer Hure

(of a light Wench.)

Nun (sagt er) steht geschrieben, die Teufel erscheinen den Leuten
in Gestalt der Engel des Lichts,

(Angels of light.)

Licht ist eine Wuerkung des Feuers, und Feuer brennt, ergo brennen
die Huren,

(light-Wenches will burn)

folglich kommt ihr nicht zu nahe.}



Siebende Scene.
(Die Courtisane bleibt zuruek.)


Courtisane.
Ausser allem Zweifel ist Antipholis naerrisch worden, sonst wuerd' er
sich nimmermehr so auffuehren.  Er hat einen Ring von mir, der
vierzig Ducaten werth ist; er versprach mir eine Kette fuer den Ring,
und nun schlaegt er mir beydes ab.  Noch ein andrer Umstand, der
mir's glaublich macht, dass er toll ist, ist ein naerrisches Maehrchen
so er heute bey Tisch erzaehlte, man habe seine eigne Hausthuere vor
ihm verschlossen; seine Frau muesste es dann darum gethan haben, weil
sie schon weiss, wenn er seinen Anstoss von Tollheit zu kriegen
pflegt.  Izt will ich nach seinem Hause gehen, und seiner Frau
erzaehlen, er sey heute, da er eben in seiner tollen Stunde gewesen,
in mein Haus eingedrungen, und habe mir mit Gewalt meinen Ring
genommen.  Das daeucht mir das sicherste; denn vierzig Ducaten
verliehren, das waere zuviel auf einmal.

(Sie geht ab.)



Achte Scene.
(Die Strasse.)
(Antipholis von Ephesus, mit einem Kerkermeister.)


Antipholis von Ephesus.
Besorge nichts, guter Freund; ich will nicht ausreissen; ich will
dir, eh ich dich verlasse, so viel Geld zum Unterpfand geben, als
die Summe betraegt um derentwillen ich in Verhaft bin.  Meine Frau
ist heute nicht im guten Zeichen; sie wird meinem Bedienten nicht
getraut haben.  Ich versichre dich, es wuerd' ihr hart in den Ohren
toenen, wenn sie hoerte, dass ich in Ephesus feste sizen soll.  --
(Dromio von Ephesus mit einem Strik.)--Hier kommt mein Knecht; ich
denk', er bringt das Geld.  Nun, Herr Patron, habt ihr das, wornach
ich euch geschikt habe?

Dromio von Ephesus.
Hier ist etwas, ich bin euch gut dafuer, das sie alle bezahlen soll.

Antipholis von Ephesus.
Aber wo ist das Geld?

Dromio von Ephesus.
Wie, Herr, ich gab es fuer den Strik.

Antipholis von Ephesus.
Zu was Ende befahl ich dir denn nach Hause zu gehen?

Dromio.
Zum* End' eines Seils, Herr, und zu dem Ende bin ich wieder da.

Antipholis von Ephesus.
Und zu dem Ende will ich dich bewillkommen.

(Er giebt ihm Schlaege.)

Gerichtsdiener.
Mein lieber Herr, habt Geduld.

Dromio von Ephesus.
Wahrhaftig, es ist an mir, Geduld zu haben; ich bin in der
Anfechtung.

Gerichtsdiener.
Halt du dein Maul, guter Freund.

Dromio von Ephesus.
Beredet ihn vielmehr, dass er seine Haende halte.

Antipholis von Ephesus.
Du Hurensohn von einem sinnlosen Galgenschwengel.

Dromio von Ephesus.
Ich wollt' ich waere sinnlos, Herr, so wuerd' ich eure Schlaege nicht
fuehlen.

Antipholis von Ephesus.
Du bist fuer nichts empfindlich als fuer Schlaege, wie ein andrer Esel
auch.

Dromio von Ephesus.
Dass ich ein Esel bin, dass ist wahr; das koennt ihr mit meinen langen
Ohren beweisen.  Ich hab' ihm von meiner Geburts-Stund' an gedient,
und habe fuer alle meine Dienste noch nichts von ihm empfangen, als
Ohrfeigen.  Wenn mich friert, so waermt er mich mit Schlaegen; wenn
mir warm ist, so kuehlt er mich mit Schlaegen ab; er wekt mich mit
Schlaegen, wenn ich schlafe; und macht mich mit Schlaegen aufstehn,
wenn ich size; mit Schlaegen treibt er mich zur Thuer hinaus, wenn
ich ausgehe, und bewillkommt mich wieder mit Schlaegen, wenn ich
zuruekkomme; ich trage seine Schlaege auf meinen Schultern, wie eine
Bettlerin ihr Kind; und ich denke, wenn er mich lahm geschlagen hat,
so werd ich noch damit von Haus zu Haus betteln gehen muessen.

{ed.-*
Der Geist dieser Scherze ligt wie durchgaengig in diesem Stuek, in
einem Wortspiel.  (End), hat wie das deutsche Wort Ende, mehrere
Bedeutungen--(- rope), heisst ein Seil, und (a rope's-end), (ein
Ende von einem Seil,) ein Strik.  Antipholis befahl dem Dromio (a
rope's-end) zu kauffen; da er nun izt fragt, zu was End

(to what end)

schikt ich dich; so antwortet dieser: (to a rope's-end.)}



Neunte Scene.
(Adriana, Luciana, die Courtisane und Doctor Zwik, zu den Vorigen.)


Antipholis von Ephesus.
Kommt weiter; ich sehe dort meine Frau kommen.

Dromio von Ephesus.
(Respice finem), Madam, schaut auf euer End; nehmt euch vor dem
Strik in acht --


Antipholis von Ephesus.
Willst du das Maul halten.

(Er schlaegt ihn wieder.)

Courtisane.
Was sagt ihr izt?Ist euer Mann nicht toll?

Adriana.
Ich kan nicht mehr daran zweiflen, da er so wild thut.  Lieber
Doctor Zwik, ihr seyd ein Beschwoerer, gebt ihm seine Vernunft
wieder, und fordert was ihr nur wollt dafuer.

Luciana.
Au weh, wie feurig und wild er um sich schaut!

Courtisane.
Bemerkt, wie er vor Wuth zittert.

Zwik.
Gebt mir eure Hand, damit ich euern Puls befuehlen kan.

Antipholis von Ephesus (giebt ihm eine Ohrfeige.)
Hier ist meine Hand, die euer Ohr befuehlen soll.

Zwik.
Ich beschwoere dich, Satan, der du diesen Mann besessen hast, bey
allen Heiligen des Himmels beschwoer' ich dich, auszufahren, und in
deinen Ort der Finsterniss straks zuruek zu kehren.

Antipholis von Ephesus.
Stille, wahnwiziger Hexenmeister, ich bin nicht toll.

Adriana.
O wollte Gott, du waer'st es nicht, arme verruekte Seele!

Antipholis von Ephesus.
Ihr Schaezgen, ihr, sind das eure Gesellschafter?War es dieser
Geselle mit dem saffrangelben Gesicht hier, der heut in meinem
Hause mit euch schmausste und lustig machte, indessen dass die Thuere
schaendlicher Weise vor mir verschlossen, und der Eingang in mein
Haus mir mit Gewalt verwehrt wurde?

Adriana.
O mein lieber Mann, Gott weiss, dass ihr bey Hause zu Mittag gegessen
habt; wollte der Himmel ihr waeret dort geblieben, und haettet euch
nicht so oeffentlich auf der Strasse in ein boeses Geschrey gebracht.

Antipholis von Ephesus (zu Dromio.)
Ass ich in meinem Hause zu Mittag, Galgenschwengel?Was sagst du?

Dromio von Ephesus.
Herr, die Wahrheit zu sagen, ihr habt nicht bey Hause zu Mittag
gegessen.

Antipholis von Ephesus.
Waren meine Thueren nicht verriegelt, und wurd' ich nicht
ausgesperrt?

Dromio von Ephesus.
Parbleu, eure Thueren waren verriegelt, und ihr ausgesperrt.

Antipholis von Ephesus.
Und wies sie mich nicht selbst schimpflich ab?

Dromio von Ephesus.
Scherz (a part), sie wies euch schimpflich ab.

Antipholis von Ephesus.
Schimpfte und verspottete mich nicht ihr Kuechen-Mensch?

Dromio von Ephesus.
Ma foi, die Kuechen-Vestalin verspottete euch.

Antipholis von Ephesus.
Und gieng ich nicht endlich voller Wuth fort?

Dromio von Ephesus.
(En verite), das thatet ihr; meine Knochen sind Zeugen, die seitdem
die Staerke eurer Wuth gefuehlt haben.

Adriana (zu Zwik.)
Ist es gut, ihm in diesen verkehrten Einfaellen recht zu geben?

Zwik.
Es ist nicht unrecht; der Kerl merkt wo es ihm fehlt, und, um ihn
nicht noch mehr aufzubringen, sagt er zu allen seinen phrenetischen
Reden ja.

Antipholis von Ephesus (zu Adriana.)
Du hast den Goldschmidt aufgehezt, dass er mich in Verhaft nehmen
lassen sollte.

Adriana.
Himmel!  Durch diesen Dromio hier hab ich euch Geld geschikt, euch
zu befreyen, da er in groester Eil dafuer gelauffen kam.

Dromio von Ephesus.
Ihr schiktet Geld durch mich?Guten Willen moegt ihr wol geschikt
haben; aber das versichre ich euch, nicht einen Heller Geld.

Antipholis von Ephesus.
Giengest du nicht zu ihr, um einen Beutel mit Ducaten zu holen?

Adriana.
Er kam zu mir, und ich gab ihn ihm.

Luciana.
Und ich bin Zeuge, dass sie es gethan hat.

Dromio von Ephesus.
Gott und der Seiler sind Zeugen, dass ich nach nichts als nach einem
Strik geschikt worden bin.

Zwik.
Madam, der Herr und der Knecht ist einer so besessen als wie der
andre; ich seh es an ihrem blassen und toedtlichen Aussehen; man muss
sie binden, und in ein dunkles Gemach einsperren.

Antipholis von Ephesus.
Sag', warum verschlossest du das Haus vor mir; und du, Kerl, warum
laeugnest du den Beutel mit Geld ab?

Adriana.
Ich habe euch nicht ausgeschlossen, mein lieber Mann.

Dromio von Ephesus.
Und ich, mein lieber Herr, ich habe kein Gold empfangen; aber das
bekenn' ich, Herr, dass wir ausgeschlossen worden sind.

Adriana.
Du verstellter Galgenstrik, du luegst beydes.

Antipholis von Ephesus.
Du verstellte Meze, du bist in allem falsch, und hast dich mit
einem verdammten Gesindel zusammen verschworen, mich um meine Ehre
zu bringen, und zum Spott und Scheusal vor der Welt zu machen.  Aber
mit diesen Naegeln will ich dir diese falschen Augen ausreissen,
welche ihre Lust daran sehen wollen, dass ein so schaendliches Spiel
mit mir getrieben wird.  (Drey oder vier Kerle treten auf, und
erbieten sich, ihn zu binden; er wehrt sich.)

Adriana.
O bindet, bindet ihn, lasst ihn mir nicht nahe kommen.

Zwik.
Noch mehr Leute--Der boese Feind ist maechtig in ihm.

Luciana.
O weh, der arme Mann, wie bleich und verstellt er aussieht!

Antipholis von Ephesus.
Wie, wollt ihr mich ermorden?Du, Gerichtsdiener, ich bin dein
Gefangner; willst du leiden, dass sie mich dir entfuehren?

Gerichtsdiener.
Ihr Herren, lasst ihn gehen; er ist mein Gefangner, und ihr sollt
ihn nicht haben.

Zwik.
Geht, bindet diesen Mann auch, er ist so gut mondsuechtig als die
andern.

Adriana.
Was willt du hier, du unverstaendiger Gerichtsdiener?Was fuer eine
Freude hast du daran, zu sehen, dass ein armer verruekter Mann sich
selbst Schaden und Leids zufuegt?

Gerichtsdiener.
Er ist mein Gefangner; wenn ich ihn gehen lasse, muss ich die Schuld
bezahlen, wegen welcher er in Verhaft gekommen ist.

Adriana.
Ich will dich stehendes Fusses befriedigen; fuehre mich nur zu
seinem Gelaeubiger;

(Sie binden Antipholis und Dromio.)

sobald ich weiss, wie hoch sich die Schuld belaeuft, will ich sie
bezahlen.  Lieber Herr Doctor, sorget dafuer, dass er unversehrt heim
in mein Haus gebracht werde.  O ungluekseliger Tag!

Antipholis von Ephesus.
O ungluekselige Meze!

Dromio von Ephesus.
Herr, ich bin hier euertwegen in Banden.

Antipholis von Ephesus.
Geh' zum T** du Galgenschwengel!  Willst du mich rasend machen?

Dromio von Ephesus.
Wollt ihr denn um nichts gebunden seyn?Raset, mein lieber Herr;
ruft, der Teufel --

Luciana.
Gott helf uns!  Die armen Troepfe, was sie fuer Reden fuehren!

Adriana.
Geht, fuehrt ihn weg; Schwester, bleib du bey mir.

(Zwik, Antipholis und Dromio gehen ab.)

Nun, sagt mir, auf wessen Klag ist er im Verhaft?

Gerichtsdiener.
Auf eines Goldschmidts, Namens Angelo; kennt ihr ihn?

Adriana.
Ja; wie viel ist er ihm schuldig?

Gerichtsdiener.
Zweyhundert Ducaten.

Adriana.
Und wofuer?

Gerichtsdiener.
Fuer eine Kette, die euer Mann von ihm hatte.

Adriana.
Er bestellte eine Kette fuer mich, aber er hat sie noch nicht
empfangen.

Courtisane.
Gleich darauf, nachdem euer Mann in seiner Tollheit in mein Haus
eingefallen war, und mir meinen Ring genommen hatte, begegnet' ich
ihm auf der Strasse, und sah' dass er eine Kette am Halse trug.

Adriana.
Es mag seyn, aber ich habe sie nie gesehen.  Kommt, Gerichtsdiener,
fuehrt mich zu dem Goldschmidt; es verlangt mich sehr, die Umstaende
von der Sache zu erfahren.



Zehnte Scene.
(Antipholis von Syracus mit gezognem Degen, und Dromio von Syracus
 zu den Vorigen.)


Luciana.
Um's Himmels willen, sie sind schon wieder los.

Adriana.
Und kommen mit blassen Degen auf uns zu; wir wollen um Huelfe ruffen,
dass wir sie wieder binden koennen.

Gerichtsdiener.
Fort, fort, oder sie bringen uns um.

(Sie lauffen davon.)

Antipholis von Syracus.
Ich sehe, diese Hexen fuerchten sich vor blossen Degen.

Dromio von Syracus.
Sie, die eure Frau seyn wollte, lief izt zuerst davon.

Antipholis von Syracus.
Komm, zum Centaur, und hol dort unsre Sachen ab; ich kan es kaum
erwarten, bis wir mit ganzer Haut von hinnen und am Bord sind.

Dromio von Syracus.
Glaubt mir, bleibt diese Nacht noch hier; sie thun uns gewiss nichts;
ihr habt ja gesehen, dass sie freundlich mit uns redten und uns
Gold gaben; mich daeucht, sie sind ein so leutseliges Volk, dass,
wenn der Berg von abgestandnem Fleisch nicht waere, der ehliche
Ansprueche an mich macht, ich recht von Herzen gern immer hier
bleiben, und selbst ein Zauberer werden moechte.

Antipholis von Syracus.
Nicht um die ganze Stadt wollt' ich hier ueber Nacht bleiben; fort
also, und pake unser Zeug zusammen.

(Sie gehen ab.)




Fuenfter Aufzug.



Erste Scene.
(Eine Strasse vor einem Frauen-Kloster.)
(Der Kauffmann und Angelo treten auf.)


Angelo.
Es ist mir sehr leid, mein Herr, dass ich euch habe aufhalten muessen;
ich versichre euch aber, er hatte von mir eine Kette, ob er's
gleich so schaendlicher Weise laeugnet.

Kauffmann.
Was fuer einen Namen hat der Mann sonst in der Stadt?

Angelo.
Einen sehr ehrenvollen Namen, mein Herr; er ist ein Mann von
unendlichem Credit, sehr beliebt, und weicht keinem einzigen in der
Stadt, wer es sey; ein Wort von ihm gilt immer soviel, als mein
ganzes Vermoegen.

Kauffmann.
Redet leise; mir daeucht, dort seh ich ihn gehen.  (Antipholis und
Dromio von Syracus treten auf.)

Angelo.
Es ist so; und er traegt eben diese Kette um seinen Hals, die er
empfangen zu haben auf eine so unerhoerte Art weglaeugnete.  Mein
werther Herr, kommt mit mir, ich will ihn anreden--Herr Antipholis,
ich verwundre mich nicht wenig, warum ihr mich in solche Schmach
und Unruh habt sezen moegen, und dass ihr nicht wenigstens fuer eure
eigne Ehre mehr Sorge getragen, als mit solchen Umstaenden und
Schwueren diese Kette abzulaeugnen, die ihr izt so oeffentlich am
Halse tragt?Ausser der Beschimpfung und dem Verhaft, so ihr mir
und euch selbst zugezogen, habt ihr diesem meinem wakern Freund
einen grossen Schaden zugefuegt, indem er, durch unsern Streit
aufgehalten, um die Gelegenheit, heute von hier abzufahren,
gekommen ist.  Koennt ihr's laeugnen, dass ihr diese Kette von mir
hattet?

Antipholis von Syracus.
Ich denk', ich hatte sie von euch; ich hab' es nie gelaeugnet.

Kauffmann.
Ja, das thatet ihr, Herr; und schwuret noch dazu.

Antipholis von Syracus.
Wer hoerte mich's laeugnen und verschwoeren?

Kauffmann.
Diese meine Ohren, du weissst es, hoerten dich; schaeme dich,
niedertraechtiger Mann; es ist zu bedauren, dass es dir erlaubt ist,
unter ehrlichen Leuten frey herum zu gehen.

Antipholis von Syracus.
Du selbst bist ein Schurke, mir solche Dinge schuld zu geben; ich
will diesen Augenblik meine Ehre und meine Unschuld gegen dich
beweisen, wenn du das Herz hast, stand zu halten.

Kauffmann.
Das hab' ich, und fordre dich als einen Schurken heraus --


(Sie ziehen den Degen.)



Zweyte Scene.
(Adriana, Luciana, Courtisane, und andre zu den Vorigen.)

Adriana.
Haltet ein, thut ihm kein Leid, um Gottes willen haltet ein; er ist
rasend; bemaechtigt euch seiner, ihr; nehmt ihm seinen Degen; bindet
den Dromio auch, und fuehrt sie in mein Haus.

Dromio von Syracus.
Lauft, Herr, lauft; um Gottes willen, fluechtet euch in ein Haus;
hier ist ein Kloster, denk' ich; hinein, oder wir sind verlohren.

(Sie lauffen in das Kloster.)
Die Frau Abbtissin tritt nach einer Weile auf.)

Abbtissin.
Seyd ruhig, ihr Leute; warum draengt ihr euch so zu?

Adriana.
Um meinen armen verruekten Mann abzuholen; lasst uns hinein, damit
wir ihn binden, und heim fuehren, um ihn wieder zurechte zu bringen.

Angelo.
Ich merkt's, dass er nicht recht bey Vernunft seyn muesse.

Kauffmann.
Wenn es so ist, so ist mir leid, dass ich gegen ihn gezogen habe.

Abbtissin.
Wie lang' ist der Mann schon in diesem Zustande?

Adriana.
Diese ganze Woche war er immer schwermuethig, dunkel und
niedergeschlagen, und gar nicht, gar nicht mehr der Mann, der er
ehmals war; aber bis zu diesem Nachmittag ist seine Krankheit nie
bis zur voelligen Wuth ausgebrochen.

Abbtissin.
Hat er etwann durch einen Schiffbruch grosses Gut verlohren?Hat er
vielleicht irgend einen geliebten Freund begraben?Oder haben
etwann seine Augen sein Herz zu einer gesezwidrigen Liebe
verleitet?Eine Suende, die bey jungen Maennern, die ihren Augen die
Freyheit herumzuschweiffen gestatten, nur allzugewoehnlich ist.
Welches von diesen dreyen ist die Ursache seiner Zerruettung?

Adriana.
Keine davon, es muesste dann die lezte seyn; nemlich, irgend eine
Liebe, die ihn oft aus seinem Hause zog.

Abbtissin.
Ihr haettet ihn desswegen zur Rede stellen sollen.

Adriana.
Ey, das that ich auch.

Abbtissin.
Ja, aber nicht scharf genug.

Adriana.
So scharf, als es mir meine Schamhaftigkeit erlauben wollte.

Abbtissin.
Vermuthlich nur, wenn ihr allein waret.

Adriana.
Nein, auch vor andern Leuten.

Abbtissin.
Aber vielleicht nicht oft genug.

Adriana.
O, es war der bestaendige Innhalt unsers Umgangs; im Bette schlief
er nicht, so sehr ruekt' ich's ihm vor; bey Tische ass er nicht, so
sehr ruekt ich's ihm vor; allein, war es das Thema meiner
Beschwerungen; in Gesellschaft stichelt' ich immer darauf;
unaufhoerlich sagt ich ihm, wie schlimm und unrecht es sey.

Abbtissin.
Und daher kam es, dass der Mann naerrisch wurde.  Das giftige Geschrey
eines eifersuechtigen Weibes verwundet toedtlicher als der Biss eines
wuethenden Hunds.  Du gestehst, dass ihn dein Schmaelen nicht schlafen
gelassen, daher kam es dass ihm sein Hirn austroknete; du sagst, du
habest ihm sein Essen mit deinen Vorwuerfen gewuerzt, unruhige
Mahlzeiten verursachen ueble Verdauung: Daher zulezt das tobende
Feuer des Fiebers, und was ist Fieber anders als ein Anstoss von
Raserey?Du sagst, dein Gezaenke hab' ihn bis in seine Ergoezungs-
Stunden verfolgt; wenn einem Mann alle angenehme Zeitkuerzung
verwehrt wird, was kan daraus erfolgen, als duestre Melancholie, ein
verstoertes Temperament, ein zaehes Blut, und verdorbne
Feuchtigkeiten, die endlich das Leben selbst untergraben?In seiner
Nahrung, in seinen Ergoezungen, und in seinem Schlaf gestoert werden;
das waere genug, einen Menschen zu einem Thier zu machen.  Der Schluss
ist also leicht gemacht, dass es bloss deine eifersuechtigen Grillen
sind, die deinen Mann um seinen Verstand gebracht haben.

Luciana.
Sie macht' ihm niemals andre Vorstellungen als sehr gelinde, da er
hingegen sich muerrisch und wild auffuehrte--Warum leidet ihr diese
Vorwuerfe so geduldig, Schwester?Warum antwortet ihr nicht?

Adriana.
Sie hat mir das Gewissen ein wenig geruehrt.--Lieben Leute, geht
hinein, und bemaechtigt euch seiner.

Abbtissin.
Nein, kein lebender Mensch untersteh' sich in mein Haus
einzudringen.

Adriana.
So lasst eure Bedienten meinen Mann heraus bringen.

Abbtissin.
Auch diss nicht; er waehlte diesen heiligen Ort zu seiner Freystatt,
und er soll darinn vor euern Haenden sicher seyn; er soll so lange
darinn bleiben, bis ich ihn wieder zurechte gebracht, oder alle
meine Muehe im Versuch verlohren habe.

Adriana.
Ich will meinem Mann schon abwarten, ich will seine Krankenwaerterin
seyn, es ist (meine) Pflicht; ich will keine andre Waerterin bey ihm
leiden, als mich selbst; und also gestattet, dass ich ihn mit nach
Hause nehme.

Abbtissin.
Geduldet euch, ich werd' ihn ganz gewiss nicht fortlassen, bis ich
meine bewaehrten Mittel an ihm versucht haben werde.  Gesunde Saefte,
Traenke und heilige Fuerbitten, werden ihn, wie ich hoffe, in den
gehoerigen Stand wieder herstellen; es ist eine Pflicht der
Christlichen Milde, die mein Ordens-Geluebde mir auflegt; begebt
euch also weg, und lasst ihn hier bey mir.

Adriana.
Ich will nicht fort, und meinen Mann hier lassen; es steht Euer
Hochwuerden sehr uebel an, Mann und Weib von einander trennen zu
wollen.

Abbtissin.
Sey ruhig und geh', du sollst ihn nicht haben.

Luciana.
Beschwert euch bey dem Herzog ueber diese Gewaltthaetigkeit.

(Die Abbtissin geht ab.)

Adriana.
Kommt mit mir; ich will ihm zu Fuessen fallen, und nicht aufstehen,
bis meine Thraenen und Bitten Se.  Durchlaucht gewonnen haben, in
eigner Person hieher zu kommen, und meinen Mann der Abbtissin mit
Gewalt abzunehmen.

Kauffmann.
Ich seh' an der Uhr, dass es bald fuenfe seyn wird; ich bin
versichert, der Herzog wird nicht lange mehr verziehen, in Person
diesen Weg zu kommen, zu dem melancholischen Thal hinter den Graeben
der Abbtey hier, wo die zum Tode Verurtheilten gerichtet zu werden
pflegen.

Angelo.
Warum dieses?

Kauffmann.
Um einen Syracusischen Kauffmann sterben zu sehen, der unglueklicher
Weise gegen die Geseze dieser Stadt, hier angelaendet ist, und
desswegen den Kopf verliehren muss.

Angelo.
Seht, da kommen sie schon; wir wollen der Hinrichtung zusehen.

Luciana (zu Adriana.)
Thut einen Fussfall vor dem Herzog, indem er bey der Abtey
vorbeygeht.



Dritte Scene.
(Der Herzog, und sein Gefolge, Aegeon mit blassem Haupt, der
 Nachrichter und andre Gerichtsdiener treten auf.)


Herzog.
Noch einmal ruft es oeffentlich aus; wenn irgend ein Freund die
Summe fuer ihn bezahlen will, so soll er nicht sterben; das ist
alles, was wir fuer ihn thun koennen.

Adriana.
Justiz, Gnaedigster Herr, gegen die Abbtissin.

Herzog.
Sie ist eine tugendhafte und ehrwuerdige Frau; es kan nicht seyn,
dass sie dir unrecht gethan haben sollte.

Adriana.
Erlaubet mir zu reden, Gnaedigster Herr; Antipholis, mein Mann, (den
ich auf euere vollgueltige Empfehlung zum Herrn von meiner Person
und meinem Vermoegen machte,) bekam an diesem unglueklichen Tag einen
so heftigen Anstoss von Raserey, dass er in seiner Tollheit durch die
Strassen lief, und den Leuten in der Stadt Ungemach zufuegte, indem
er in die Haeuser einfiel, und Ringe, Juweelen, und was ihm nur in
der Wuth anstaendig war, mit sich nahm.  Ich bemaechtigte mich endlich
seiner, liess ihn binden und heimbringen; indess dass ich den Schaden
zu vergueten bemueht war, den er hier und da in der Raserey
angerichtet hatte.  Allein er riss, ich weiss nicht wie, sich von
denen wieder los die ihn hueten sollten, und begegnete uns, er und
sein Knecht, der so rasend als sein Herr ist, abermal voller Wuth
und mit gezognem Degen auf der Strassen, fiel uns an, und jagte uns
fort; wie wir aber in staerkerer Anzahl zuruek kamen, um sie zu
binden, flohen sie in diese Abbtey, wohin wir ihnen folgten; und
hier schlaegt die Abbtissin die Thuere vor uns zu, und will weder
leiden, dass ihr ihn holen, noch ihn heraus schiken, damit wir ihn
forttragen koennen.  Lasst also, Gnaedigster Herr, lasst ihn auf euern
Befehl heraus gebracht, und zu seiner Wiederherstellung
heimgetragen werden.

Herzog.
Dein Mann hat mir vor langer Zeit schon in meinen Kriegen gute
Dienste gethan; und ich versprach dir, (da du ihn zum Herrn von
deinem Bette machtest,) bey meinem fuerstlichen Wort, dass ich ihm
allezeit so viel Gnade und Gutes beweisen wolle, als ich koenne.
Geh' jemand von euch, und klopfe an der Pforte an, und heisse die
Abbtissin zu mir heraus kommen; ich will diese Sache ausmachen, eh
ich weiter gehe.



Vierte Scene.
(Ein Bote zu den Vorigen.)


Bote.
O Frau, Frau, eilet und rettet euch; mein Herr und sein Diener
haben sich beyde losgerissen, die Maegde im Reihen herum gepruegelt,
und den Doctor gebunden; sie haben ihm den Bart mit Feuerbraenden
angestekt, und da er aufloderte, gossen sie ganze Kuebel voll
Mistpfuezen-Wasser ueber ihn her, um das Haar wieder zu loeschen: Mein
Herr predigt ihm Geduld, und unterdessen zwikt ihn sein Diener mit
einer Scheere, dass er naerrisch werden moechte; wenn ihm nicht
augenbliklich jemand zu Huelfe geschikt wird, so bin ich gewiss, sie
werden den armen Teufelsbanner ums Leben bringen.

Adriana.
Schweige, du alberner Kerl, dein Herr und sein Diener sind hier; es
ist alles falsch was du uns da erzaehlst.

Bote.
Frau, auf mein Leben, ich sagte euch die Wahrheit; ich habe kaum
Athem geholt, seitdem ich es mit meinen Augen gesehen habe; er tobt
entsezlich ueber euch, und schwoert, wenn er euer habhaft werde, so
woll' er euch so zeichnen, dass ihr euch selbst nimmermehr gleich
sehen sollet.

(Man hoert ein Geschrey hinter der Buehne.)

Horcht, horcht, ich hoer ihn, Frau; flieht, flieht.

Herzog.
Kommt, steht neben mich, fuerchtet nichts; Wache, habet Acht!

Adriana.
Weh mir, es ist mein Mann; ihr seyd Zeugen, dass er unsichtbar
wieder heraus gekommen ist.  Eben izt sahen wir ihn in die Abbtey
hier hinein fluechten, und nun ist er hier, ohne dass ein Mensch
begreiffen kan, wie es zugegangen ist.



Fuenfte Scene.
(Antipholis und Dromio von Ephesus zu den Vorigen.)


Antipholis von Ephesus.
Justiz, Gnaedigster Herr, o, lasset mir Justiz angedeyhen.  Um des
Dienstes willen den ich euch einst that, da ich in der Schlacht
meinen Leib zu euerm Schild machte, und die Wunden auffieng, die
auf euch gezielt waren; um des Blutes willen, so ich damals verlohr,
euer Leben zu retten; lasset mir izt Justiz angedeyhen.

Aegeon.
Wenn Todesfurcht mein Auge nicht verfaelscht, seh' ich hier meinen
Sohn Antipholis und Dromio.

Antipholis von Ephesus.
Justiz, theurer Fuerst, gegen dieses Weibsbild hier; sie, die ihr
selbst mir zum Weibe gegeben habt, und die mich auf den aeussersten
Grad betrogen und beschimpft hat.  Sie uebersteigt alles was man sich
einbilden kan, die Beleidigung, so sie mir heute angethan hat.

Herzog.
Erzaehle worinn, und du sollst mich gerecht finden.

Antipholis von Ephesus.
An diesem heutigen Tag, grosser Herzog, schloss sie die Thuere vor
mir zu, und schmausste indessen mit Huren in meinem Hause.

Herzog.
Ein schweres Vergehen; sag', Weibsbild, thatest du das?

Adriana.
Nein, Gnaedigster Herr; ich selbst, er und meine Schwester haben
heute mit einander zu Mittag gegessen; moege meine Seele verlohren
seyn, wenn dieses falsch ist; er legt mir das ungebuehrlich zu.

Luciana.
Nimmermehr moeg' ich den Tag wieder sehen, wenn das nicht die reine
Wahrheit ist, was sie Euer Durchlaucht gesagt hat.

Angelo.
O meineidige Weibsstueke!  Sie schwoeren beyde falsch; hierinn klagt
sie der tolle Mann mit Recht an.

Antipholis von Ephesus.
Gnaedigster Herr, ich weiss was ich rede; ich bin weder betrunken
noch von Zorn und Wuth verruekt, ob ich gleich auf eine Art
beleidiget bin, die einen gescheidtern Mann als ich bin, rasend
machen koennte.  Dieses Weibsbild rigelte mich heut, um Mittagessens-
Zeit zum Hause hinaus; dieser Goldschmidt hier, wenn er nicht mit
ihr in Verstaendniss waere, koennt' es bezeugen, denn er war damals bey
mir; und hernach verliess er mich um eine Kette zu holen, die er mir
ins Stachelschwein zu bringen versprach, wo Balthasar und ich mit
einander zu Mittag assen.  Wie wir gegessen hatten, und er nicht kam,
gieng ich aus, ihn aufzusuchen; ich traf ihn auf der Strasse an,
und diesen Herrn hier in seiner Gesellschaft.  Hier schwur mich
dieser meineidige Goldschmidt zu Boden, dass ich die Kette wuerklich
schon von ihm empfangen haette, die ich doch, weiss Gott, nicht
gesehen habe; und um deswillen liess er mich durch einen
Gerichtsdiener in Verhaft nehmen.  Ich bequemte mich, und schikte
meinen Kerl um eine Summe Ducaten nach Hause, er brachte mir aber
nichts zuruek.  Darauf bat ich den Gerichtsdiener hoeflich, dass er in
Person mit mir in mein Haus gehen moechte.  Unterwegs traffen wir auf
mein Weib, ihre Schwester, und ein ganzes Pak ihrer nichtswuerdigen
Mitgenossen; sie brachten einen gewissen Zwik mit, einen
ausgehungerten duerren Spizbuben, ein pures Gerippe, einen
Marktschreyer, der den Leuten wahrsagt, einen armseligen, hol-
augichten, scharfblikenden Tropf, einen lebendigen Todten-Koerper;
dieser verfluchte Lumpen-Kerl, den sie als einen Beschwoerer
mitgebracht hatten, gaffte mir in die Augen, fuehlte mir den Puls,
und schrie: Ich sey besessen.  Sogleich fielen sie alle ueber mich
her, banden mich, fuehrten mich heim, und liessen mich und meinen
Knecht dort, beyde zusammengebunden, in einem dunkeln und dumpfigen
Gewoelbe ligen; bis ich, nachdem ich meine Bande mit den Zaehnen von
einander gebissen, meine Freyheit wieder erhielt, und unmittelbar
hieher zu Eu.  Durchlaucht lief; welche ich ersuche, mir wegen
solcher unerhoerten Beschimpfungen und Kraenkungen die vollstaendigste
Genugthueung zu verschaffen.

Angelo.
Gnaedigster Herr, in so weit kan ich ihm Zeugniss geben, dass er nicht
bey Hause zu Mittag ass, sondern hinaus geschlossen wurde.

Herzog.
Aber hatte er eine solche Kette von dir, oder nicht?

Angelo.
Er hatte sie, Gnaedigster Herr, und da er hieher gelauffen kam,
sahen diese Leute, dass er die Kette am Halse trug.

Kauffmann.
Ueberdiss kan ich darauf schwoeren, dass diese meine Ohren euch
bekennen gehoert haben, dass ihr die Kette von ihm empfangen, nachdem
ihr vorher auf dem Markte das Gegentheil geschworen hattet; ich zog
desswegen den Degen gegen euch, und da flohet ihr in diese Abtey
hier, aus der ihr, denk ich, durch ein Wunderwerk wieder heraus
gekommen seyn muesst.

Antipholis von Ephesus.
Ich bin niemals in diese Abtey hinein gekommen, und niemals hast du
deinen Degen gegen mich gezogen; auch hab ich, so wahr mir der
Himmel helfe, die Kette nie gesehen; ihr beschuldiget mich alles
dessen mit Unrecht.

Herzog.
Wie, was fuer ein verworrener Handel ist das?Ich glaube, ihr habt
alle aus Circe's Becher getrunken: Wenn ihr ihn in dieses Kloster
getrieben haettet, so wuerd' er drinn seyn; wenn er rasend waere, so
wuerd' er seine Klage nicht mit so kaltem Blut vorbringen.  Ihr sagt
er habe zu Hause mit euch zu Mittag gegessen; der Goldschmidt hier
widerspricht euch das--Kerl, was sagst du?

Dromio von Ephesus.
Gnaedigster Herr, er ass mit dieser hier zu Mittag, im Stachelschwein.

Courtisane.
Das that er, und da zog er mir den Ring vom Finger.

Antipholis von Ephesus.
Das ist wahr, Gnaedigster Herr, diesen Ring hatt' ich von ihr.

Herzog (zur Courtisane)
Sahst du ihn in die Abbtey hier hinein gehen?

Courtisane.
So gewiss, Gnaedigster Herr, als ich izt Eu.  Durchlaucht sehe.

Herzog.
Wie, das ist wunderlich; geht, ruft die Abbtissin heraus; ich denke
ihr seyd alle bezaubert oder toll.

(Einer geht zu der Abbtissin ab.)



Sechste Scene.


Aegeon.
Grossmaechtigster Herzog, verstattet mir ein Wort zu reden: Ich sehe
hier glueklicher Weise einen Freund, der mein Leben retten, und mein
Loesegeld bezahlen wird.

Herzog.
Rede frey, Syracusaner, was du willst.

Aegeon (zu Antipholis.)
Mein Herr, ist euer Name nicht Antipholis?Und ist das nicht euer
Sclave, Dromio?Ich bin gewiss, ihr werdet mich beyde kennen--Wie?
Warum seht ihr mich so fremd an?Ihr kennet mich wol.

Antipholis von Ephesus.
Ich hab' euch, bis izt, in meinem Leben nicht gesehen.

Aegeon.
O!  Gram und Kummer haben mein Gesicht unkenntlich gemacht, seitdem
wir das leztemal uns sahen; aber sag' mir, kennst du nicht
wenigstens meine Stimme?

Antipholis von Ephesus.
Eben so wenig.

Aegeon.
Du auch nicht, Dromio?

Dromio von Ephesus.
Nein, meiner Treu, Herr, ich nicht.

Aegeon.
Ich bin gewiss, du kennst mich!

Dromio von Ephesus.
Und ich bin gewiss, dass ich euch noch nie gesehen hab' als izt!

Aegeon.
Meine Stimme nicht mehr kennen!  O Zeit, hast du denn in sieben
kurzen Jahren meine arme Zunge so gebrochen, dass mein einziger Sohn
hier ihren sorgenvollen Ton nicht mehr erkennt?Obgleich diss mein
graues Gesicht in des saftverzehrenden Winters Schnee eingehuellt
ist, und alle Canaele meines Bluts zugefroren sind; so hat doch die
Nacht meines Lebens einiges Gedaechtniss, meine ausgebrannte Lampe
noch einen schwachen Schimmer uebrig, und meine tauben Ohren noch
ein wenig Gehoer; alle diese Zeugen lassen mich nicht irren, indem
sie mir sagen, dass du mein Sohn Antipholis bist.

Antipholis von Ephesus.
In meinem Leben hab' ich meinen Vater nie gesehen.

Aegeon.
Und doch weissst du, dass es erst sieben Jahre sind, dass wir in der
Bay von Syracus von einander Abschied nahmen; aber vielleicht
schaemest du dich izt, mein Sohn, mich in meinem elenden Zustande zu
erkennen.

Antipholis von Ephesus.
Der Herzog und alle in der Stadt die mich kennen, koennen meine
Zeugen seyn, dass es nicht so ist; ich habe Syracus in meinem Leben
nie gesehen.

Herzog.
Ich sage dir, Syracusaner, zwanzig Jahre bin ich des Antipholis
Patron gewesen, und in dieser ganzen Zeit hat er Syracus nie
gesehen.  Ich sehe, dein Alter und die Todesfurcht machen dich
schwaermen.



Siebende Scene.
(Die Abbtissin mit Antipholis und Dromio von Syracus zu den Vorigen.)


Abbtissin.
Gnaedigster Herr, sehet hier einen Mann, dem das groeste Unrecht
geschehen ist.

(Alle draengen sich, ihn zu sehen.)

Adriana.
Was seh ich?betruegen mich meine Augen?Ich seh meinen Mann
gedoppelt.

Herzog.
Einer von diesen beyden Maennern ist der Genius des andern.  Und so
ist es auch mit diesen.  Welcher von Beyden ist der natuerliche
Mensch, und welcher der Geist?Wer entziefert sie?

Dromio von Syracus.
Ich, Herr, bin Dromio; heisst ihn fortgehen.

Dromio von Ephesus.
Ich bin Dromio, Herr; lasst mich da bleiben.

Antipholis von Syracus.
Bist du nicht Aegeon, mein Vater?oder bist du sein Geist?

Dromio von Syracus.
O!  mein guter alter Herr, wer hat euch so gebunden?

Abbtissin.
Wer ihn auch so gebunden haben mag, ich will ihn los machen, und
durch seine Freyheit einen Ehemann gewinnen.  Rede, alter Aegeon,
wenn du der Mann bist, der einst ein Weib, Aemilia genannt, hatte,
die dir auf einmal zween schoene Soehne gebahr?O wenn du eben dieser
Aegeon bist so rede, und rede zu eben dieser Aemilia.

Herzog.
Wie, hier fangt die Geschichte, die er diesen Morgen erzaehlte, sich
zu entwikeln an; diese zween Antipholis und diese zween Dromio sind
diese Brueder, die nicht von einander unterschieden werden konnten;
hier sind die Eltern dieser Kinder, und der Zufall hat sie heute
zusammen gebracht.

Aegeon.
Wenn ich nicht traeume, so bist du Aemilia, wenn du sie bist, so
sage mir wo ist der Sohn, der mit dir auf dem fatalen Boote schwamm?

Abbtissin.
Er und ich, und der Zwilling Dromio, wurden alle von Maennern von
Epidamnum aufgefangen; allein bald darauf nahmen ihnen rohe
Fischers-Leute von Corinth, Dromio und meinen Sohn mit Gewalt ab,
und mich liessen sie bey denen von Epidamnum.  Was hernach aus ihnen
wurde, kan ich nicht sagen; ich bin in diesen Stand gekommen,
worinn ihr mich seht.

Herzog (zum Antipholis von Syracus.)
Antipholis, du kamst ja anfangs von Corinth hieher?

Antipholis von Syracus.
Nicht ich, Gnaedigster Herr; ich kam von Syracus.

Herzog.
Stellt euch einander gegen ueber; ich verwechsle euch immer mit
einander.

Antipholis von Ephesus.
Ich kam von Corinth, Gnaedigster Herr.

Dromio von Ephesus.
Und ich mit ihm.

Antipholis von Ephesus.
Von dem beruehmten Helden, dem Herzog Menaphon, euerm ehren-vollen
Oheim, in diese Stadt gebracht.

Adriana.
Welcher von euch beyden ass heute mit mir zu Mittag?

Antipholis von Syracus.
Ich, werthe Madam.

Adriana.
Ihr seyd also nicht mein Mann?

Antipholis von Ephesus.
Nein, dazu sag' ich nein.

Antipholis von Syracus.
Das thu ich auch, ob ihr mich gleich so nenntet, und dieses schoene
Frauenzimmer, eure Schwester, mich Bruder hiess.  Was ich euch damals
sagte, werde ich, wie ich hoffe, Gelegenheit bekommen, zu
bestaetigen, wenn anders das, was ich sehe und hoere nicht ein Traum
ist.

Angelo.
Diss ist die Kette, mein Herr, die ihr von mir bekamet.

Antipholis von Syracus.
Ich denk' es ist so; ich laeugn' es nicht.

Antipholis von Ephesus.
Und ihr, Herr, seztet mich um dieser Kette willen in Verhaft?

Angelo.
Ich denk', ich that es; ich laeugn' es nicht.

Adriana.
Ich schikt' euch durch den Dromio Geld, mein Herr, um euch wieder
frey zu machen; aber, ich denk, er bracht' es euch nicht.

Dromio von Ephesus.
Nicht durch mich.

Antipholis von Syracus.
Diesen Beutel mit Ducaten erhielt ich von euch, und Dromio, mein
Sclave, bracht ihn mir.  Ich sehe, wir begegneten immer einer des
andern seinem Diener, und er wurde fuer mich, und ich fuer ihn
gehalten; und daraus entstanden alle diese Irrungen.

Antipholis von Ephesus.
Diese Ducaten verpfaende ich fuer meinen Vater hier.

Herzog.
Es ist nicht noethig, dein Vater hat sein Leben.

Courtisane.
Mein Herr, ich muss diesen Diamant wieder haben.

Antipholis von Ephesus.
Hier nehmt ihn, und grossen Dank fuer meine gute Bewirthung.

Abbtissin.
Gnaedigster Herzog, geruhet die Muehe zu nehmen, und mit uns in diese
Abbtey hier zu gehen, und der umstaendlichen Erzaehlung aller unsrer
Schiksale zuzuhoeren; und ihr alle hier, die durch den
sympathetischen Irrthum dieses Tages Unrecht erlidten habt, kommt
und leistet uns Gesellschaft, und ihr sollt vollstaendige
Genugthueung erhalten.  Fuenf und zwanzig Jahre, meine Soehne, bin ich
mit euch in Kinds-Noethen gewesen, und erst in dieser glueklichen
Stunde, bin ich meiner schweren Buerden entbunden.  Der Herzog, mein
Mann, meine beyden Kinder, und ihr, die Calender ihrer Geburt,
sollen alle mit mir zu einem Gevatterschmaus kommen, und nach so
vielem Weh ueber diese Geburt sich mit mir freuen.

Herzog.
Von Herzen gern will ich euer froelicher Gast seyn.

(Sie gehen ab.)



Achte Scene.
(Die beyden Antipholis, und die beyden Dromio bleiben.)


Dromio von Syracus.
Herr, soll ich euere Sachen wieder von dem Schiff abholen?

Antipholis von Ephesus.
Dromio, was fuer Sachen von mir hast du eingeschifft?

Dromio von Syracus.
Eure Waaren, Herr, die in unserm Gasthof zum Centaur lagen.

Antipholis von Syracus.
Er redt mit mir; ich bin euer Herr, Dromio.  Kommt, geht mit uns,
wir wollen hernach fuer das sorgen; umarme deinen Bruder hier, freut
euch mit einander.

(Die beiden Antipholis gehen ab.)

Dromio von Syracus.
Es ist eine gewisse fette Freundin in euers Herrn Haus, die mich
heut beym Essen in der Kueche fuer euch ansah; sie wird nun meine
Schwester seyn, nicht mein Weib.

Dromio von Ephesus.
Mir daeucht, ihr seyd mein Spiegel, nicht mein Bruder; ich seh' an
euch, dass ich ein huebscher junger Kerl bin; wollt ihr hinein gehen,
und sehen wie sie sich lustig machen?

Dromio von Syracus.
Nicht ich; ihr seyd ja mein aelterer Bruder.

Dromio von Ephesus.
Das ist noch die Frage; wie wollt ihr das beweisen?

Dromio von Syracus.
Wir wollen Halme ziehen, wer der aeltere sey; bis dahin, geht ihr
zuerst.

Dromio von Ephesus.
Nein, so soll es seyn.

(Er schlingt den Arm um ihn.)

Wir kamen zugleich mit einander in die Welt, und Hand in Hand
wollen wir auch hier neben einander hinein gehen.

(Sie gehen ab.)


Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Irrungen, von William
Shakespeare (Uebersetzt von Christoph Martin Wieland)





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by William Shakespeare

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per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
files per month:  1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
If they reach just 1-2% of the world's population then the total
will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.

The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
which is only about 4% of the present number of computer users.

Here is the briefest record of our progress (* means estimated):

eBooks Year Month

    1  1971 July
   10  1991 January
  100  1994 January
 1000  1997 August
 1500  1998 October
 2000  1999 December
 2500  2000 December
 3000  2001 November
 4000  2001 October/November
 6000  2002 December*
 9000  2003 November*
10000  2004 January*


The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.

We need your donations more than ever!

As of February, 2002, contributions are being solicited from people
and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
Virginia, Wisconsin, and Wyoming.

We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
that have responded.

As the requirements for other states are met, additions to this list
will be made and fund raising will begin in the additional states.
Please feel free to ask to check the status of your state.

In answer to various questions we have received on this:

We are constantly working on finishing the paperwork to legally
request donations in all 50 states.  If your state is not listed and
you would like to know if we have added it since the list you have,
just ask.

While we cannot solicit donations from people in states where we are
not yet registered, we know of no prohibition against accepting
donations from donors in these states who approach us with an offer to
donate.

International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about
how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
ways.

Donations by check or money order may be sent to:

Project Gutenberg Literary Archive Foundation
PMB 113
1739 University Ave.
Oxford, MS 38655-4109

Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
method other than by check or money order.

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by
the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
[Employee Identification Number] 64-622154.  Donations are
tax-deductible to the maximum extent permitted by law.  As fund-raising
requirements for other states are met, additions to this list will be
made and fund-raising will begin in the additional states.

We need your donations more than ever!

You can get up to date donation information online at:

http://www.gutenberg.net/donation.html


***

If you can't reach Project Gutenberg,
you can always email directly to:

Michael S. Hart <hart@pobox.com>

Prof. Hart will answer or forward your message.

We would prefer to send you information by email.


**The Legal Small Print**


(Three Pages)

***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START***
Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
They tell us you might sue us if there is something wrong with
your copy of this eBook, even if you got it for free from
someone other than us, and even if what's wrong is not our
fault. So, among other things, this "Small Print!" statement
disclaims most of our liability to you. It also tells you how
you may distribute copies of this eBook if you want to.

*BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK
By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm
eBook, you indicate that you understand, agree to and accept
this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive
a refund of the money (if any) you paid for this eBook by
sending a request within 30 days of receiving it to the person
you got it from. If you received this eBook on a physical
medium (such as a disk), you must return it with your request.

ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS
This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks,
is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart
through the Project Gutenberg Association (the "Project").
Among other things, this means that no one owns a United States copyright
on or for this work, so the Project (and you!) can copy and
distribute it in the United States without permission and
without paying copyright royalties. Special rules, set forth
below, apply if you wish to copy and distribute this eBook
under the "PROJECT GUTENBERG" trademark.

Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market
any commercial products without permission.

To create these eBooks, the Project expends considerable
efforts to identify, transcribe and proofread public domain
works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any
medium they may be on may contain "Defects". Among other
things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or
corrupt data, transcription errors, a copyright or other
intellectual property infringement, a defective or damaged
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codes that damage or cannot be read by your equipment.

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INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE
OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE
POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES.

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receiving it, you can receive a refund of the money (if any)
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time to the person you received it from. If you received it
on a physical medium, you must return it with your note, and
such person may choose to alternatively give you a replacement
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THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS
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the exclusion or limitation of consequential damages, so the
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texts harmless, from all liability, cost and expense, including
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disk, book or any other medium if you either delete this
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[1]  Only give exact copies of it.  Among other things, this
     requires that you do not remove, alter or modify the
     eBook or this "small print!" statement.  You may however,
     if you wish, distribute this eBook in machine readable
     binary, compressed, mark-up, or proprietary form,
     including any form resulting from conversion by word
     processing or hypertext software, but only so long as
     *EITHER*:

     [*]  The eBook, when displayed, is clearly readable, and
          does *not* contain characters other than those
          intended by the author of the work, although tilde
          (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
          be used to convey punctuation intended by the
          author, and additional characters may be used to
          indicate hypertext links; OR

     [*]  The eBook may be readily converted by the reader at
          no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent
          form by the program that displays the eBook (as is
          the case, for instance, with most word processors);
          OR

     [*]  You provide, or agree to also provide on request at
          no additional cost, fee or expense, a copy of the
          eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC
          or other equivalent proprietary form).

[2]  Honor the eBook refund and replacement provisions of this
     "Small Print!" statement.

[3]  Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the
     gross profits you derive calculated using the method you
     already use to calculate your applicable taxes.  If you
     don't derive profits, no royalty is due.  Royalties are
     payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation"
     the 60 days following each date you prepare (or were
     legally required to prepare) your annual (or equivalent
     periodic) tax return.  Please contact us beforehand to
     let us know your plans and to work out the details.

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in machine readable form.

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If you are interested in contributing scanning equipment or
software or other items, please contact Michael Hart at:
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when distributed free of all fees.  Copyright (C) 2001, 2002 by
Michael S. Hart.  Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
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they hardware or software or any other related product without
express permission.]

*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*