The Project Gutenberg EBook of Der Verschwender, by Ferdinand Raimund

Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
copyright laws for your country before downloading or redistributing
this or any other Project Gutenberg eBook.

This header should be the first thing seen when viewing this Project
Gutenberg file.  Please do not remove it.  Do not change or edit the
header without written permission.

Please read the "legal small print," and other information about the
eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file.  Included is
important information about your specific rights and restrictions in
how the file may be used.  You can also find out about how to make a
donation to Project Gutenberg, and how to get involved.


**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**

**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**

*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****


Title: Der Verschwender

Author: Ferdinand Raimund

Release Date: October, 2004  [EBook #6654]
[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
[This file was first posted on January 10, 2003]

Edition: 10

Language: German

Character set encoding: ISO-Latin-1

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER VERSCHWENDER ***




Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
German books in London.



This Etext is in German.

We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
may require more specialized programs to display the accents.
This is the 8-bit version.

This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de.

Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
zur Verf�gung gestellt.  Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
http://gutenberg2000.de erreichbar.





Der Verschwender

Ferdinand Raimund

Original-Zauberm�rchen in drei Aufz�gen (1834)


Personen:

Erster Aufzug:
Fee Cheristane
Azur, ihr dienstbarer Geist
Julius von Flottwell, ein reicher Edelmann
Wolf, sein Kammerdiener
Valentin, sein Bedienter
Rosa, Kammerm�dchen, dessen Geliebte
Chevalier Dumont, Flottwells Freund
Herr von Pralling, Flottwells Freund
Herr von Helm, Flottwells Freund
Herr von Walter, Flottwells Freund
Gr�ndling, Baumeister
Sockel, Baumeister
Fritz, Bedienter
Johann, Bedienter
Dienerschaft J�ger.  G�ste in Flottwells Scho�.  Genien

Zweiter Aufzug
(spielt um drei Jahre sp�ter):
Ein Bettler
Julius von Flottwell
Wolf, Kammerdiener
Valentin, Bedienter
Rosa, Kammerm�dchen
Pr�sident von Klugheim
Amalie, seine Tochter
Baron Flitterstein
Chevalier Dumont
Herr von Walter
Ein Juwelier
Ein Arzt
Ein altes Weib
Ein Haushofmeister
Ein Kellermeister
Ein Diener
Betti, Kammerm�dchen
Max, Schiffer
Thomas, Schiffer
G�ste.  Bediente.  T�nzer.  T�nzerinnen

Dritter Aufzug
(spielt um zwanzig Jahre sp�ter):
Fee Cheristane
Azur, ihr dienstbarer Geist
Julius von Flottwell
Herr von Wolf
Valentin Holzwurm, ein Tischlermeister
Rosa, sein Weib
Ihre Kinder Liese, Michael, Hansel, Hiesel und Pepi (vier Jahre alt)
Ein G�rtner
Ein Bedienter
Bediente.  Nachbarsleute.  Bauern.  Senner und Sennerinnen.  Genien




Erster Aufzug



Erster Auftritt

Vorsaal in Flottwells Schlo�.  Mit Mittel- und vier Seitent�ren,
vorne ein Fenster.  Dienerschaft in reichen Livreen ist im Saale
besch�ftigt.  Einige tragen auf silbernen Tassen Kaffee, Tee,
Champagner, ausgeb�rstete Kleider nach den Gem�chern der G�ste.
Fritz und Johann ordnen an.  Ein paar J�ger putzen Gewehre.


Chor.
Hurtig!  Hurtig!  Macht doch weiter!
Holt Champagner!  Kaffee!  Rum!
Bringt den G�sten ihre Kleider,
Tummelt euch ein wenig um.
Alles sei hier vornehm, gro�
In des reichen Flottwells Schlo�.

(Im Hofe ert�nen Jagdh�rner.  Alle ab bis auf Fritz und Johann,
welche ans Fenster treten.)

Fritz.  Ja blast nur zu!  Da k�nnt ihr noch lange blasen.  Die
Herrschaften sind erst aufgestanden.  Heute wird es eine sp�te
Jagd geben.

Johann.  Das Spiel hat ja bis zwei Uhr gedauert.

Fritz.  Ja wenn sie nach dem Souper zu spielen anfangen!  Da ist
kein Ende.

Johann (lachend).  Aber heute Nacht haben sie den Herrn sch�n gerupft.

Fritz.  Ich kann mich �rgern, da� er so viel verspielt.

Johann.  Warum denn?  Er wills ja nicht anders.  Die reichen Leute
sollen die Langeweile bezahlen, die sie andern verursachen.

Fritz.  Ah, �ber den gn�dgen Herrn ist nichts zu sagen.  Das ist
ein wahrhaft nobler Mann.  Er bewirtet nicht nur seine Freunde,
er unterst�tzt die ganze Welt.  Die Bauern, h�r ich, zahlen ja
fast niemals eine Abgabe.

Johann.  Er hat mir nur zu heftige Leidenschaften.  Wart, bis du
ihn einmal in Wut erblickst.  Da schont er weder sein noch eines
andern Gl�ck.  Da kann alles zugrunde gehen.

Fritz.  Aber wenn er sich besinnt, ersetzt ers sicher dreifach
wieder.

Johann (achselzuckend).  Ja!  Wenns nur immer so fortgeht.

Fritz.  Wer ist denn der junge Mann, der gestern angekommen ist?
Ein scharmanter Mensch.

Johann.  Das wei� ich nicht.  Das wird sich schon noch zeigen.  F�r
mich gibt es nur zweierlei Menschen.  Menschen, die Trinkgeld
geben, und Menschen, die keines geben.  Das bestimmt meine
Dienstfertigkeit.

Fritz.  Ich finde, da� er sehr h�flich ist.

Johann.  Da wird er vermutlich sehr wenig geben.  Wer mich mit
H�flichkeit beschenkt, macht mich melancholisch.  Aber wenn mir
einer so einen Dukaten hinwirft und zuruft: Schlingel, heb ihn
auf!  da denk ich mir: Ha!  welch eine Lust ist es, ein Schlingel
zu sein!



Zweiter Auftritt

Vorige.  Pralling.


Pralling (tritt einen Schritt aus seinem Kabinett und ruft).
He!  Bediente!

Beide (sehen sich um).  Ja!  Befehlen?

Pralling.  Ich habe schon zweimal geklingelt.  Wollen Sie so
gef�llig sein, mir Rum zu bringen?

Johann (vornehm nickend).  Sogleich, mein Herr!  (Zu Fritz.)
Hast du den geh�rt?  Der hat mir in sechs Wochen noch keinen
Pfennig Trinkgeld gegeben, und ein solcher Mann hat bei mir
keinen Anspruch auf Rum zu machen.  Den la� ich warten.

Fritz.  Oh, auf den acht ich auch nicht.  Der Herr h�lt ja nicht
viel auf ihn.

Johann.  Das ists, auf was man sehen mu�.  Auch der Kammerdiener
mag ihn nicht.

Fritz.  Nun, wenn ihn der nicht mag, da kann er sich bald aus
dem Schlosse trollen.  Der wird ihn schon geh�rig zu verleumden
suchen.

Johann.  Ja, der reitet auf der Gunst des gn�dgen Herrn, und
niemand kann ihn aus dem Sattel werfen.

Fritz.  Du kennst ja seinen Wahlspruch: Alles f�r den Nutzen
meines gn�dgen Herrn, und dabei stopft er sich die Taschen voll.

Johann.  Das wird aber auch eine sch�ne W�sche geben, wenn dem
seine Betr�gereien einmal ans Tagslicht kommen.  Ich kenne keinen
raffinierteren Schurken.  Da ist unsereiner gerade nichts dagegen.



Dritter Auftritt

Vorige.  Wolf aus dem Kabinette rechts.  Sein Betragen ist gegen
Diener sehr nobel stolz, gegen H�here sehr dem�tig.


Wolf (h�rt die letzten Worte).  Schon wieder Konferenz?  Von wem
war hier die Rede?

Johann.  Von einem guten Freund.

Wolf.  Nu ihr seid solcher Freundschaft wert!  Ist alles besorgt?
Die G�ste bedient?

Johann.  Auf das p�nktlichste!

Wolf.  Der gn�dge Herr l��t euch verbieten, von den G�sten
Geschenke anzunehmen.  Ihr habt sie von seiner Freigebigkeit
zu fordern.

Beide.  Dann haben wir dadurch gewonnen.

Wolf.  Seid uneigenn�tzig.  Das ist eine gro�e Tugend.

Johann.  Aber eine sehr schwere--nicht wahr, Herr Kammerdiener?

Wolf.  Wo ist der Valentin?  Hat er die Quittung von der S�ngerin
gebracht?

Fritz.  Er ist noch nicht zur�ck, obwohl der gn�dige Herr befohlen
hat, er m��te bei der Jagd erscheinen, damit die Herren auf der
Jagd etwas zu lachen h�tten.

Wolf (l�chelnd).  Ein wahrhaft unsch�dlicher Bursche.

Johann.  Da sollten doch der Herr Kammerdiener ein Werk der
Barmherzigkeit aus�ben und den gemeinen Kerl aus dem Hause bringen.

Wolf.  Gott bewahre mich vor solcher Ungerechtigkeit.  Das w�re
gegen die Gesinnung meiner gn�dgen Herrschaft.  Der Bursche ist
zwar plump und roh, doch gutm�tig und treu.  Dann steht er in der
Gunst des Herrn, der seine Diener alle liebt wie eigne Kinder.
Ja das ist wohl ein seltner Mann, der in der Welt nicht
seinesgleichen findet.  Und wollte man sein Lob in B�chern
schreiben, man w�rde nie damit zu Ende kommen.  Drum dankt dem
Himmel, der euch in dies Haus gef�hrt, denn wer ihm treu dient,
der hat sich wahrlich selbst gedient.  Das Fr�hst�ck f�r den
gn�dgen Herrn!

Fritz.  Sogleich!  (Geht ab.)

Johann (im Abgehen).  Die Moralit�t dieses Menschen wird mich
noch unter die Erde bringen.  (Ab.)

Wolf.  Das sind ein paar feine durchgetriebne Schufte.  Die mu�
ich mir vom Halse schaffen.



Vierter Auftritt

Voriger.  Baumeister Gr�ndling.


Gr�ndling.  Guten Morgen, Herr Kammerdiener, kann ich die Ehre
haben, Herrn von Flottwell meine Aufwartung zu machen?

Wolf.  Herr Baumeister, ich mu� um Verzeihung bitten, aber Seiner
Gnaden haben mir soeben befohlen, Sie bei jedermann zu
entschuldigen, denn Sie machen heute eine Jagdpartie.

Gr�ndling.  Wissen Sie nicht, Herr Kammerdiener, ob Herr von
Flottwell meinen Plan zu dem Bau des neuen Schlosses f�r gut
befunden hat?

Wolf.  Er hat ihm sehr gefallen.  Nur hat sich der Umstand ereignet,
da� ihm auch ein anderer Baumeister einen �hnlichen Plan vorgelegt
hat und sich erbietet, das Schlo� in derselben Gr��e um zehntausend
Gulden wohlfeiler zu bauen.

Gr�ndling.  Das tut mir leid, aber als ehrlicher Mann kann ich
es nach seinen Anforderungen nicht wohlfeiler bauen.  Ich
�bernehme diesen Bau �berhaupt mehr aus Ehrgeiz als aus
Gewinnsucht, hat aber Herr von Flottwell einen K�nstler
gefunden, von dem er sich Sch�neres oder Besseres verspricht,
so werde ich mich zu bescheiden wissen.

Wolf.  Das hei�t, es ist Ihnen nichts daran gelegen.

Gr�ndling.  Im Gegenteil, es ist meiner Ehre sehr viel daran gelegen.

Wolf.  Ja dann m�ssen Sie Ihrer Ehre auch ein kleines Opfer bringen.

Gr�ndling.  Es w�re sehr traurig f�r die Kunst, wenn es mit ihr
so weit gekommen w�re, da� die K�nstler Opfer bringen m��ten,
um Gelegenheit zu finden, ein Kunstwerk hervorzubringen.  Die
Kunst zu unterst�tzen, ist ja der Stolz der Gro�en, und eine
�konomische �u�erung w�re an dem geldber�hmten Herrn von Flottwell
etwas Unerh�rtes.

Wolf.  Sie verstehen mich nicht, Herr Baumeister.

Gr�ndling.  Genug!  Morgen will ich mit Herrn von Flottwell
selbst dar�ber sprechen.  Glauben Sie aber nicht, Herr Kammerdiener,
da� ich ein Mann bin, der nicht zu leben versteht.  Sollten Sie
sich f�r die Sache bei dem gn�dgen Herrn gl�cklich verwenden, so
werde ich mich sehr geehrt f�hlen, wenn Sie ein Geschenk von
hundert Dukaten nicht verschm�hen wollen.

Wolf.  Sie verkennen mich.  Eigennutz ist nicht meine Sache, ich
spreche nur zum Vorteil meines gn�dgen Herrn!

Gr�ndling.  Den werden Sie durch mich besser bezwecken, als wenn
das Schlo� von einem andern wohlfeiler und schlechter gebaut wird.

Wolf.  Nun gut.  Ich will versuchen, was mein geringer Einflu�
zugunsten eines so gro�en K�nstlers vermag, und gelingt es mir,
so werde ich Ihr Geschenk nur unter der Bedingung annehmen, da�
Sie mir erlauben, es auf eine wohlt�tige Weise f�r andere zu
verwenden.

Gr�ndling.  Ganz nach Ihrem Belieben.  (Beiseite.)  Die Kunst mag
mir diese Herabw�rdigung verzeihen.  (Laut.)  Morgen erwarte ich
einen g�nstigen Bescheid.  (Will ab.)

Wolf (blickt zum Fenster hinaus).  Teufel!  der andere.  (Schnell.)
Wollen Sie nicht so gef�llig sein, sich �ber die Nebentreppe zu
bem�hen, weil die Bedienten auf der gro�en M�bel transportieren.
Ich empfehle mich ergebenste (L��t ihn durch eine Seitent�r
hinausgehen.  Wolf allein.)  Diese Zitrone gibt wenig Saft, jetzt
wollen wir die andere pressen.



F�nfter Auftritt

Voriger.  Baumeister Sockel.


Sockel.  Guten Morgen, Herr von Wolf!  Sie haben mich rufen
lassen, ich w�re schon gestern gekommen, aber ich hab ein Haus
st�tzen m�ssen, was ich vor zwei Jahren erst gebaut hab.
Verstanden?  Ich sag Ihnens, man m�cht jetzt lieber Holz hacken
als H�user bauen.  Erstens brennen s' Ziegel, wenn man einen nur
ein unbeschaffenes Wort gibt, so fallt er schon voneinander.
Nachher wollen s' immer ein Million Zins einnehmen, lauter
Zimmer, keine Mauern.  Verstanden?  Drum sind manche moderne
H�user auch so d�nn, als wenn s' blo�e Futteral �ber die alten
w�ren.  Hernach hat halt ein Baumeister vor Zeiten auf solide
Einwohner rechnen k�nnen, aber jetzt zieht sich ja manchmal ein
Volk hinein, das nichts als rauft und schlagt, Tisch und St�hl
umwirft und das Unterste zu oberst kehrt.  Ja wo soll denn da ein
Haus die Geduld hernehmen, da wirds halt springgiftig, und
endlich fallts vor Zorn zusamm.  Verstanden?

Wolf.  Das ist alles ganz recht, aber jetzt lassen Sie uns
vern�nftig reden.

Sockel.  Erlauben Sie, aber meine Reden sind ein wahrer Triumph
der Vernunft.  Verstanden?

Wolf.  Ich habe Ihnen die unangenehme Nachricht zu sagen, da�
Sie den Bau des Schlosses nicht bekommen werden.

Sockel.  H�ren Sie auf, oder ich st�rz zusamm wie eine alte
Gartenmauer.  Das ist ja nach unserer Verabredung nicht m�glich!
Verstanden?

Wolf.  Der gn�dge Herr will den Baumeister Gr�ndling nehmen.

(Ein Bedienter, der Flottwell das Fr�hst�ck gebracht hat,
kommt zur�ck.)

Sockel.  Aber es war ja schon alles richtig.  Ich hab Ihnen ja
tausend G--

Wolf (rasch auf den Bedienten blickend).  Nun ja, Sie haben mir
da tausend Gr�nde gesagt, die--

Sockel.  Nein, ich habe Ihnen versprochen--

Wolf.  Ja (stampft unwillig mit dem Fu�), Sie haben versprochen,
gute Materialien zu nehmen.  Fritz, dort hat jemand gel�utet.  (Der
Bediente geht in ein Kabinett ab.)  Aber ich kann nicht daf�r,
da� ein anderer gekommen ist, der noch gr��ere Versprechungen
gemacht hat und das Schlo� um zehntausend Gulden wohlfeiler baut.

Sockel.  Aber das ist ja ein elender Mensch, der gar nicht zu
bauen versteht.  Ein hergelaufener Maurerpolier, ein Pfuscher,
und ich bin ein Mann auf dem Platz.  Verstanden?

Wolf.  Es macht Ihnen sehr viel Ehre, da� Sie so �ber Ihren
Kollegen schimpfen, aber das kann die Sache nur verschlimmern!

Sockel.  Aber Sie bringen einem ja zur Verzweiflung.  (Beiseite.)
Ich kann den Bau nicht auslassen, er tr�gt mir zu viel ein.
(Macht gegen das Publikum die Pantomime des Geldz�hlens.)
Verstanden?  (Laut.)  Liebster Herr Kammerdiener, ich wei�, es
h�ngt nur von Ihnen ab.  Der gn�dige Herr bek�mmert sich nicht
darum, er ist zu leichtsinnig.  Ich geb Ihnen tausend Gulden
Konventionsm�nze.

Wolf.  Herr!--Was unterfangen Sie sich--

Sockel.  Ich unterfange mich, Ihnen noch f�nfhundert Gulden zu
bieten.

Wolf.  Sie h�ufen ja Beleidigung auf Beleidigung--

Sockel.  Freilich, ich bin der brutalste Kerl auf der Welt.
Aber jetzt bin ich schon in meiner Grobheit drin, ich mu� Ihnen
noch f�nfhundert Gulden antragen.

Wolf.  Halten Sie ein!  Sie emp�ren mich mit solchen unmoralischen
Zumutungen!

Sockel (beiseite).  Ah, da m�cht man sich selber k�pfen.

Wolf.  Ich sehe ein, da� Ihre Ehre--

Sockel.  Ah was Ehre!  Es ist einem gerade keine Schande, wenn
man ein Schlo� baut, aber in Feuer lassen s' einem auch nicht
vergolden deswegen.  (Beiseite.)  Nur das Geld ist verloren!

Wolf.  Man wird Sie auslachen!

Sockel.  Freilich, es hats die ganze Stadt erfahren.

Wolf.  Wie war das m�glich?

Sockel.  Weil ichs meiner Frau gesagt hab.

Wolf.  Ja sind Sie denn verheiratet?

Sockel.  Leider!  Verstanden?

Wolf (�ngstlich).  Haben vielleicht Kinder!

Sockel.  Jawohl.

Wolf.  Ach, das ist ja sehr traurig.  Wie viele?

Sockel.  Mein Gott, soviel Sie wollen, verschaffen Sie mir nur
den Bau.

Wolf.  Ja das mu� ich wissen.

Sockel.  F�nf, und zwei noch zu erwarten!  Verstanden?

Wolf.  Entsetzlich!  Das r�hrt mich!

Sockel.  Lassen Sie sich erweichen.  Nehmen Sie die zweitausend
Gulden.

Wolf (mit Bedauern).  Sie sind Familienvater!  Sie haben f�nf
Kinder!  Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?  Und der andere
Baumeister hat vielleicht keine Kinder.

Sockel.  Kein einziges.

Wolf.  Ah, da m�ssen Sie ja den Bau erhalten.  Das w�re ja die
h�chste Ungerechtigkeit.

Sockel.  O Sie edelm�tger Mann!

Wolf.  Jetzt kann ich Ihr Geschenk annehmen.  Aber Sie m�ssen
mir versprechen, ein Meisterst�ck f�r die Ewigkeit hinzustellen--

Sockel.  Zehn Jahre keine Reparatur--

Wolf.  Denn der Vorteil meiner gn�dgen Herrschaft geht mir
�ber alles.

Sockel (weinend).  Gro�e Seele!

(Beide in Flottwells Kabinett ab.)



Sechster Auftritt

Valentin.


Valentin.
Lied
Heissa lustig ohne Sorgen
Leb ich in den Tag hinein,
Niemand braucht mir was zu borgen,
Sch�n ists, ein Bedienter z' sein.
Erstens bin ich zart gewachsen
Wie der sch�nste Mann der Welt,
Alle S�ck hab ich voll Maxen,
Was den M�dchen so gef�llt.
Zweitens kann ich viel ertragen,
Hab ein lampelfrommen Sinn,
Vom Verstand will ich nichts sagen,
Weil ich zu bescheiden bin.
Drittens kann ich pr�chtig singen,
Meine Stimme gibt so aus,
Denn kaum la� ich sie erklingen,
Laufen s' alle gleich hinaus.

Viertens kann ich schreiben, lesen,
Hab vom Rechnen eine Spur,
Bin ein Tischlergsell gewesen--
Und ein Mann von Politur.
F�nftens, sechstens, siebntens, achtens
Fallt mir wirklich nichts mehr ein,
Darum mu� meines Erachtens
Auch das Lied zu Ende sein.



Ah!  heut kann ich einmal mit Recht sagen: Morgenstund tragt
Gold im Mund.  Hat mir die S�ngerin, die neulich bei unserm
Konzert eine chinesische Arie gesungen hat, f�r das Honorar,
was ich ihr von dem gn�digen Herrn �berbracht hab, zwei blanke
Dukaten geschenkt.  Der gn�dige Herr hat ihr aber auch f�r
eine einzige Arie f�nfzig Dukaten bezahlen m�ssen.  Das ist
ein sch�nes Geld.  Aber das ist doch nichts gegen Engeland.
In London, h�r ich, da singen s' gar nach dem Gewicht.  Da
kommt eine von den gro�en Noten auf ein ganzes Pfund, drum
hei�t man s' auch die Pfundnoten.  Da verdient sich eine an
einen einzigen Abend einige Zenten.  Die m�ssen immer ein Paar
Pferd halten, da� sie ihnen das Honorar nachf�hren.  Aber es
war auch etwas G�ttliches um diese S�ngerin.  Ich versteh doch
auch etwas von der Musik, weil ich in meiner Jugend �fter nach
den Noten gepr�gelt worden bin, aber im Distonieren kommt ihr
keine gleich.  Ich hab die ganze Arie nicht h�ren k�nnen, weil
ich im Hof unten war und die Jagdhund bes�nftigt hab, damit s'
nicht so stark dreingeheult haben, aber einmal hat sie einen
Schrei herausgelassen--Nein, ich hab schon verschiedene
Frauenzimmer schreien gh�rt, doch dieser Ton hat mein Innerstes
ersch�ttert.  Aber den sch�nsten Wohlklang hat sie doch erst
gezeigt, wie sie die zwei Dukaten auf den Tisch geworfen hat,
das macht sie unsterblich.  Und wenn ich ein Theaterdirektor w�r:
die engagieret ich unter den sch�nsten Bedingungen.  (Rosa
schleicht sich herein, tritt langsam vor und steht bei den
letzten Worten mit verscblungenen Armen neben ihm.)  Und
gel�chelt hat sie auf mich--gel�chelt hat sie--

Rosa.  Nun und wie hat sie denn gel�chelt?  (L�chelt boshaft.)
Wie denn?  Hat sie so gel�chelt--so?

Valentin.  Ah, h�r auf!  Das ist ja nur eine Travestie auf ihr
L�cheln.  Du wirst dir doch nicht einbilden, da� du das auch
imstand bist?

Rosa.  Warum?  Warum soll sie besser lachen k�nnen als ich?

Valentin.  Nun, eine Person, die f�r eine Arie f�nfzig Dukaten
kriegt, die wird doch kurios lachen k�nnen?

Rosa.  Ja, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten, und die werd
ich sein.  Ich brauch keinen solchen Liebhaber, der in die Stadt
hineinlauft und den Theaterprinzessinnen die Cour macht.

Valentin.  Ich mu� tun, was mir mein Herr befiehlt.  Punktum!

Rosa.  Du und dein Herr ist einer wie der andere.

Valentin.  Nu das w�r mir schon recht, da w�r ich auch ein
Million�r wie er.

Rosa.  Du hast deine Amouren in der Stadt, und er hat s' im Wald
draus.  Und wie schaust denn wieder aus?  Den ganzen Tag hat man
zu korrigiern an ihm!  Ist denn das ein Halstuch gebunden, du
lockerer Mensch?  Geh her!  (Bindet es ihm.)

Valentin.  So h�r auf, du erw�rgst mich ja, schn�r mich nicht so
zusamm!

Rosa.  Das mu� sein.

Valentin.  Nein, das Schn�ren ist sehr ungesund.  Es wird jetzt
ganz aus der Mod kommen.  Du sollst dich auch nicht so zusammradeln.

Rosa.  Das geht keinen Menschen was an!

Valentin.  Aber wohl!  Das Schn�ren h�tt sollen gerichtlich
verboten werden, aber die Wirt sind dagegen eingekommen.

Rosa.  Wegen meiner!  Ja apropos, du stehst ja da, als wann ein
Feiertag heut w�r?  Wirst gleich gehn und dich anziehn auf die Jagd!

Valentin.  Jetzt mu� ich wieder auf die verdammte Jagd.

Rosa.  Ja wer kann daf�r, da� du so ein guter J�ger bist?

Valentin.  Ah, ich jag ja nicht, ich werd ja gejagt.  Sie behandeln
mich ja gar nicht wie einen J�ger.  Ich gh�r ja unters Wildpret.
Das letztemal hat der gn�dige Herr eine Wildente geschossen,
und weil kein Jagdhund bei der Hand war, so hab ich sie m�ssen
aus den Wasser apportieren, und wie ich mitten drin war, haben
sie mich nimmer herauslassen.

Rosa.  Und das la�t du dir so alles gfallen?

Valentin.  Ja weil ich halt f�r meinen Herrn ins Feuer geh, so geh
ich halt auch f�r ihn ins Wasser.

Rosa.  Nu so tummel dich, es wird gleich losgehen.

Valentin.  Die verflixte Jagd!  Wann man nur nicht so hungrig w�rd,
aber ich versichere dich: Ein J�ger und ein Hund fri�t alle
Viertelstund.

Rosa.  Sch�m dich doch!

Valentin.  Du glaubst nicht, was man auszustehen hat.  Was einem
die G�st alles antun.  Meiner Seel, wenn mir nicht wegen dem
gn�digen Herrn w�r, ich pr�gelt sie alle zusamm.

Rosa.  So red doch nicht immer vom Pr�geln in einem vornehmen
Haus.  Da sieht man gleich, da� du unterm Holz aufgewachsen bist.

Valentin.  Wirf mir nicht immer meinen Tischlerstand vor.

Rosa.  Weil du gar so pfostenm��ig bist.

Valentin.  Schimpf nicht �ber mein Metier.

Rosa.  La� mich gehn.  Ich nehm mir einen andern.  Ich wei� schon,
wem ich heirat.

Duett
Rosa.  Ein Schlosser ist mein schwache Seit,
Das ist der erste Mann,
Der sorgt f�r unsre Sicherheit
Und schlagt die Schl�sser an.
Valentin.  Mein Kind, da bist du schlecht bericht,
Der Tischler kommt zuvor,
Der Schlosser ist der Erste nicht,
Der Tischler macht das Tor.
Rosa.  Ein Schlosser ist zu schwarz f�r mich
Und seine Lieb zu hei�.
Valentin.  Verliebt sich ein Friseur in dich
Der macht dir nur was wei�.
Rosa.  Nein!  nein!  ein Drechsler!  o wie sch�n!
Der ist f�r mich gemacht.
Valentin.  Der kann dir eine Nasen drehn,
Da nimm du dich in acht.
Rosa.  Ein B�ck, der ist mir zu solid,
Ich f�rcht, da� ich mich h�rm.
Valentin.  So nimm dir einen Kupferschmied,
Der schlagt ein rechten L�rm.
Rosa.  Mit einem Schneider in der Tat,
Da k�m ich pr�chtig draus
Valentin.  Doch wenn er keine Kunden hat,
So geht der Zwirn ihm aus.
Rosa.  Ein Klampfrer ist ein sichrer Mann,
Dem fehlt es nie an Blech.
Valentin.  Ich ratet dir ein Schuster an
Es ist halt wegnem Pech.
Rosa.  Ein Hutrer w�r wohl nicht riskiert,
Der hat ein sichres Gut.
Valentin.  Ja wenn die Welt den Kopf verliert,
Da braucht kein Mensch ein Hut.
Rosa.  Ein Spekulant, o welche Pracht--
Doch h�tt ich kaum den Mut.
Valentin.  Ah, wenn er pfiffig Krida macht,
Da gehts ihm erst recht gut.
Rosa.  Kurzum, ich wend im Kreis herum
Vergebens meinen Blick.
Drum kehr ich zu dem Tischler um,
Er ist mein einzig Gl�ck.
Valentin.  Verla� dich auf den Tischlerjung,
Der macht dir keinen Gram.
Und kriegt das Gl�ck einmal ein Sprung,
Der Tischler leimts zusamm.
Beide.  Ein sch�ner Stand ist doch auf Ehr
Ein wackrer Handwerksmann.
Seis Schneider, Schuster, seis Friseur,
Ich biet das Glas ihm an.


(Beide ab.)



Siebenter Auftritt

Helm, im Jagdkleide, tritt aus seinem Kabinett.  Wolf aus
Flottwells Zimmern.


Helm.  Nun wie stehts, Herr Kammerdiener, gehts bald los?

Wolf (sehr gesch�ftig).  Jawohl, der gn�dge Herr wird gleich
erscheinen.  (L�uft zum Fenster.)  Heda, J�ger, la�t euch h�ren!
Pagen, f�hrt die Pferde vor!  B�chsenspanner, schnell herauf!

(Man h�rt Jagdh�rner.)

Helm.  Holla, holla, hurtig, meine Herren!  kommt heraus, der
Tanz geht an.

(Mehrere G�ste kommen teils zur Mitte, teils aus den Seitent�ren,
auch Pralling.  Valentin.  Alle sind jagdm��ig gekleidet.)

Pralling.  Guten Morgen allerseits!

Alles (gegenseitig).  Guten Morgen!  Gut geschlafen?

Helm.  Potz Donnerwetter, war das eine schlechte Nacht!

Pralling.  Mein Schlaf ist wie ein liederlicher Diener, wenn
ich ihn rufe, kommt er nicht.

Helm.  Er ist ein freier Mann und kommt nur, wenn er will.

Walter.  Eine Kokette ist er, die sich ziert, bevor sie uns umarmt.



Achter Auftritt

Vorige.  Chevalier Dumont im eleganten Jagdanzug.


Dumont (blickt durch eine einfache Lorgnette).  Ah bon jour, mes
amis!  (Er spricht gebrochen deutsch.)  Wie aben Sie geschlafen?

Alle.  Ah, unser Naturfreund!

Dumont.  Ja, Messieurs, der Natur sein gro�.  Ick aben wieder
geschwelgt in ihren Reizen.  Der ganzen Nacht bin ick am Fenster
gelegen, um der Gegend zu betrachten.  O charmant!



Neunter Auftritt

Vorige.  Flottwell.  Sockel.


Flottwell.  Guten Morgen, edle Freunde!

Alle.  Guten Morgen!

(Einige sch�tteln ihm die Hand.)

Flottwell.  Wir kommen sp�t zur Jagd.  Ich hoffe, da� die Herren,
die heut zum erstenmal in meinem Schlo� geruht, mit der
Bedienung so zufrieden waren, als ichs nur immer eifrig
w�nschen kann.  Gern h�tt ich Ihren Schlaf mit s��en Tr�umen
auch bewirtet, doch leider stehn die nicht in meinem Sold.

Ein Gast.  Mir hat von Lilien getr�umt.

Helm.  Und mir von einer wilden Sau, der ich den Fang gegeben hab.

Walter.  Ich hab die Gastfreundschaft an einem goldnen Tisch
gesehen, und deutscher Lorbeer hat ihr Haupt geschm�ckt.

Pralling.  Ich habe all mein Gl�ck auf die Coeur-Dame gesetzt,
und als ich es verloren hatte, bin ich aufgewacht.

Flottwell.  Und was hat dir getr�umt, Freund Valentin?

Valentin.  Mir hat getr�umt, Euer Gnaden h�tten mir vier Dukaten
geschenkt.

Flottwell (lachend).  Das ist ein eigenn�tzger Traum, doch will
ich ihn erf�llen.

Valentin.  Ich k�� die Hand Euer Gnaden.

Flottwell.  Was mir getr�umt hat, kann ich euch noch nicht
entdecken.  Es war ein s��er Traum, dienstfertig meinem h�chsten
Wunsch, er hat mir meines Lebens Zukunft rosig abgespiegelt.

Helm.  Dir hat gewi� von einem Rendezvous getr�umt.  Spitzbub!
Was?  Von Augen wie Rubin und solchem dummen Zeuch.

Flottwell (lachend).  Du kannst etwas erraten haben, Herzensbruder.
Es soll ein Rendezvous f�rs ganze Leben werden.  Doch still
davon, mein Herz ist �berm�tig heut, es k�nnte sich verraten.

Pralling.  Wir kennen Ihre Schliche schon, Sie haben andre Jagd
im Sinn als wir.

Flottwell.  So ist es auch.  Jagt euren Freuden nach, um mich
braucht ihr euch nicht zu k�mmern.  Wir haben jeder andre
Leidenschaft.

Pralling.  Ich leide an der Gicht.

Helm.  Ich bin ein passionierter J�ger.

Walter.  Ich spreche dem Champagner zu.

Dumont.  Und ick bewundre der Natur.

Helm.  Das nimmt mich wunder, Chevalier.  Sie sind ja kurzsichtig.

Dumont.  Das sind der Menschen alle.

Pralling.  Und wenn Sie fahren, schlafen Sie im Wagen.

Dumont.  O, das macken nichts.  Ein wahrer Naturfreund m�ssen
ihrer Sch�nheit auch im Schlaf bewundern k�nnen.

Helm.  Das kann ich nicht.  Mein Liebling ist die Jagd.

Flottwell.  Heda!  bringt uns Bordeaux.  Die Herren sollen sich
begeistern.

Dumont.  Mackt mir der Fenster auf, da� ick der Landschaft kann
betrachten.  (Sieht durchs Glas.)

Wolf.  Hier ist Bordeaux!

(Er ordnet die Diener, welche schon bereitet standen und ihn
in gef�llten Stengelgl�sern auf silbernen Tassen pr�sentieren.)

Walter (ruft).  Herrlicher Wein!

Dumont (am Fenster entz�ckt rufend).  Himmlischer Wasserfall!

Flottwell (schwingt das Glas).  Auf ewge Freundschaft und auf
langes Leben, meine Herren!

Alle.  Der reiche Flottwell lebe lang!

Dumont (wie vorher, ohne ein Glas genommen zu haben).  Ha!  der
Kirchhof macken sich dort gut.

Flottwell.  Oh, w�r ich �berreich!  Ich w�nscht es nur zu sein,
um meine Sch�tze mit der Welt zu teilen.  Was ist der Mammon
auch!  das Geld ist viel zu sehr geachtet.  Drum ists so stolz.
Es will nie in des armen Mannes Tasche bleiben und str�mt nur
stets dem Reichen wieder zu.

Helm (enthusiasmiert).  Wer ist so gut wie unser edler Flottwell
hier?

Walter.  Ich kenne kein Gem�t, das seinem gleicht.

Alle.  Jawohl!

Dumont.  Un enfant g�t� de la nature.

Flottwell.  Oh, lobt mich nicht zu viel.  Ich habe kein Verdienst
als meines Vaters Gold.  Will mirs die Welt verzeihn, ists wohl
und gut, und tut sies nicht, mag sie sich selbst mit ihrem Neid
abfinden.  Ich k�mpfe nicht mit ihm.  Mein Gl�ck ist k�hn, es
fordert mich heraus, darum will ich mein Dasein gro�artig
genie�en, und wollen Sorgen mich besuchen, la� ich mich
verleugnen.  D�stern Philosophen glaub ich nicht.  Nicht wahr,
Freund Helm, man mu� das Leben von der sch�nen Seite fassen?
Der Himmel ist sein herrlichstes Symbol.  Die gl�hnde Sonne
gleicht dem hei�en Brand der Liebe, der mildgesinnte Mond
der innigen Freundschaft, die reiche Saat der Sterne ist ein
Bild der Millionen Freuden, die im Leben keimen.  Die ernsten
Wolken sind zwar kummervolle Tage, doch Frohsinn ist ein
fl�chtger Wind, der sie verjagt.

Sockel.  Ein G�ttermann!  Ein wahrer G�ttermann!  Verstanden!

Flottwell.  Gebt doch ein Glas auch unserm wackern Baumeister.
Oh, das ist gar ein wichtger Mann hier, meine Herren, der wird
ein neues Schlo� uns bauen, und diese Hallen wollen wir der
Zeit nicht l�nger vorenthalten.  Flottwells Haus solls hei�en,
noch ein Glas auf dieses Ehrenmannes Werk!  (Zu Sockel, barsch.)
Trinken Sie!

Sockel (erschrickt, da� er das Glas fallen l��t).  Verstanden!

Alle (schwingen die Gl�ser).  Flottwells Haus!  Lang solls bestehn!

Flottwell (st�rzt ein Glas hinein).  Und nun zur Jagd, Ihr Herren!
Werft die Gl�ser hin und nehmt 's Gewehr zur Hand!  Der Wald ist
euer Eigentum und all mein Wild.  Doch hetzt mirs nicht zu sehr,
ich kanns nicht leiden, denn der Hirsch weint wie ein Mensch,
wenn er zu Tod gepeinigt wird.  Und seit ich dieses Schauspiel
sah, hab ich die J�gergrausamkeit verloren.  Nun Gl�ck zur Jagd!
Der Abend f�hrt uns wieder hier zusammen, dann wollen wir beim
vollen Glas besprechen, wer eines edlern Sieges sich zu freuen
hat?  Ihr!  oder ich!

Alle.  Holla zur Jagd!  (Alles ab.)

(H�rner t�nen.)

Dumont (verweilt noch am Fenster, bis die andern alle zur T�r
hinaus sind, dann ruft er) Himmlische Natur!  (und folgt den
andern nach).



Zehnter Auftritt

Dann unter rauschender Musik Verwandlung in eine goldene Feenhalle,
r�ckw�rts die Aussicht in eine reizende Berggegend.  In der
Mitte der Halle ein gro�er runder Zauberspiegel, vor ihm ein
goldner Altar mit einer Opferschale auf Stufen.


Cheristane, in ein lichtblaues faltiges Gewand geh�llt, welches
mit Zaubercharakteren geziert ist, und das Haupt mit einer goldnen
Krone geschm�ckt, kommt von der Seite, ein goldnes Buch und
einen Zauberstab tragend.

Cheristane.
Der Kampf ist aus, ich habe mich besiegt.
Beschlossen ists, ich scheide von der Erde.
Wenn auch mein Herz dem Kummer unterliegt,
Ich leide nur, da� er gerettet werde.

(Sie nimmt von dem mittleren Zacken ihrer Krone eine blaue Perle.)

Komm, teure Perle, die den Geist umschlie�t,
Den letzten der sich beugt vor meiner Macht,
Die bald f�r ihn in eitles Nichts zerflie�t!
Ich opfre dich in diesem goldnen Schacht.

(Sie wirft die Perle in die goldne Schale.  Eine blaue Flamme
entz�ndet sich in ihr, der Donner rollt.  Kurze passende Musik.
Der Spiegel �berzieht sich mit Rauch.)

Nun zeig dein Haupt, umkr�nzt von Zauberschein,
Und blick mich an mit holden Demantaugen!
Erschein!  Es soll Azur dein Name sein!
La� Hoffnung mich aus deinen Worten saugen!

(Musik.--F�rchterlicher Donnerschlag.  Der Rauch hebt sich und
in dem Spiegel erscheint Azur, in Silberdock �gyptisch gekleidet,
das Haupt umh�llt, die halbentbl��ten Arme und das Antlitz ist
mit blauer Folie �berzogen, statt der Augen leuchten zwei
gl�nzende Steine.  Magische Beleuchtung.)

Azur.
Du!  die du mich durch Zaubermacht geboren,
Gebietest du mir Segen oder Fluch?

Cheristane.
Zu Flottwells Schutzgeist hab ich dich erkoren.

Azur.
Darf ich das sein?  Blick in des Schicksals Buch!

(jetzt folgt eine zitternde Musik darunter.)

"Kein Fatum herrsch auf seinen Lebenswegen,
Er selber bring sich Unheil oder Segen.
Er selbst vermag sich nur allein zu warnen,
Mit Ungl�ck kann er selbst sich nur umgarnen,
Und da er frei von allen Schicksalsketten,
Kann ihn sein Ich auch nur von Schmach erretten."

Cheristane.
Mir ist bekannt des Schicksals strenger Spruch,
Der, mich zu strafen, tief ersonnen ist.
Empfange hier mein goldnes Zauberbuch.
Es wird dich lehren, welche schlaue List
Mein liebgequ�lter Geist erfunden hat.
Doch ich mu� machtberaubt von hinnen fliehn.
Darum vollziehe du statt mir die Tat
Und la� mich trostlos nicht nach meiner Heimat ziehn.

Azur (nimmt das Buch).
Zieh ruhig heim, treu will ich f�r dich handeln,
Als Retter sollst du wieder mich erblicken.

(Die Wolke schlie�t sich.  Musik.)

Cheristane.
Oh, h�tt ichs nie gewagt auf Erd zu wandeln,
Zu bitter straft sich dieser Lust Entz�cken!

(Sie sinkt aufs Knie und beugt ihr Haupt kummervoll vor dem Altar.)



Elfter Auftritt

Unter klagender Musik Verwandlung in einen kurzen Wald.
An der Seite ein H�gel mit Gestr�uche.
J�ger ziehen �ber die B�hne.


Jagdchor.

Gilts, die W�lder zu durchstreifen,
Hebet freier sich die Brust.
K�hn den Eber anzugreifen,
Ist des J�gers h�chste Lust.
Holla ho!  Holla ho!
Weidgesellen froh!
Ist die F�hrte aufgefunden,
W�lzt er sich im schwarzen Blut,
Spiegelt sich in seinen Wunden
Noch des Abends letzte Glut.
Holla ho!  Holla ho!
J�gerbursch ist froh!

Zieht man heim nach J�gersitte,
Winkt die Nacht uns traut zur Ruh,
Sucht man seines Liebchens H�tte,
Schlie�t das Pf�rtlein leise zu.
Holla ho!  Holla ho!
J�gersbraut ist froh!  (Alle ab.)



(Valentin, der im Gestr�uch versteckt war, kommt hervor.)

Valentin.  Wegen meiner jagt ihr fort, solang ihr wollt.  Ich
werd mich da so wildschweinm��ig behandeln lassen.  Ich schie�et
alle zusammen, die Sappermenter, wenn ich nur einen Hahn auf
der Flinten h�tt.  Ich kann gar nicht begreifen, was denn die
vornehmen Leut mit der verdammten Jagd immer haben.

Lied
Wie sich doch die reichen Herrn
Selbst das Leben so erschwern!
Damit s' Vieh und Menschen plagen,
M�ssen s' alle Wochen jagen.
Gott verzeih mir meine S�nden,
Ich begreif nicht, was dran finden,
Dieses Kriechen in den Schluchten,
Dieses Riechen von den Juchten.
Kurz, in allem Ernst gesagt:
's gibt nichts Dummers als die Jagd.
Schon um drei Uhr ist die Stund
F�r die Leut und f�r die Hund.
Jeder kommt mit seinem Stutzen,
Und da fangen s' an zum putzen.
Nachher rennen s' wie besessen,
Ohne einen Bissen z' essen,
Ganze Tage durch die Waldung,
Und das ist a Unterhaltung!
Ah, da wird eim Gott bewahrn,
D' J�ger sind ja alle Narrn.

Kurz, das Jagen la� ich bleiben.
Was die J�gerburschen treiben,
Wie s' mich habn herumgesto�en,
Bald h�tt ich mich selbst erschossen.
�ber hunderttausend Wurzeln
Lassen eim die Kerls purzeln,
Und kaum liegt man auf der Nasen,
Fangen s' alle an zu blasen,
Und das hei�en s' eine Jagd!
Ach, dem Himmel seis geklagt.

M�d als wie ein ghetzter Has
Setzt man sich ins k�hle Gras,
Glaubt, man ist da ganz allein,
Kommt ein ungeheures Schwein.
Und indem man sich will wehren,
Kommen r�ckw�rts ein paar B�ren,
Auf der Seiten ein paar Tiger,
Und wei� Gott noch was f�r Vieher,
Und da steht man mitten drin!
Daf�r hab ich halt kein Sinn.  (L�uft ab.)

Repetition
Nein, die Sach mu� ich bedenken.
D' J�ger kann man nicht so kr�nken.
Denn, wenn keine J�ger w�ren,
Fr��en uns am End die B�ren.
's Wildpret will man auch genie�en,
Folglich mu� doch einer schie�en.
Bratne Schnepfen, Haselh�hner,
Gott, wie sch�tzen die die Wiener!
Und ich stimm mit ihnen ein:
Jagd und Wildpret m�ssen sein.  (Ab.)



Zw�lfter Auftritt

Verwandlung

Eine reizende Gegend, im Hintergrunde ein klarer See, von
lieblichen Gebirgen eingeschlossen.  Rechts ein Fels, �ber
ihm der Eingang in Cheristanens Felsenh�hle, vor welcher sie
in ihrem fr�heren Kost�m, doch ohne Krone steht und in die
Ferne blickt.


Cheristane.  Nun hat er bald die steile H�h erklommen und wird
den s��en Blick nach Minnas H�tte senden, von der er w�hnt,
da� sie sein Liebstes stets umschirme.  So mag er denn zum
letztenmal sich ihres Anblicks freuen.

(Kurze Musik.  Sie verwandelt sich in ein liebliches Bauerm�dchen,
im italienischen Geschmacke zart gekleidet, und sinkt rasch
in den Fels, welcher zu einer freundlichen H�tte wird, die von
Reben und Blumen umrankt ist und aus deren T�r sie schnell
�berraschend tritt.  Zugleich verwandeln sich die Kulissen in
orientalische hohe Blumen und goldges�umte Palmen, die noch
praktikabel gegen die Mitte der B�hne reichen.  Nachdenkend
setzt sie sich im Vordergrunde auf eine mit Blumen behangene
Rasenbank.)

Ach!  selber darf er sich nur warnen,
Mit Gl�ck und Ungl�ck selbst umgarnen,
Und da er frei von allen Schicksalsketten,
Kann er nur selbst von Schmach sich retten.


O tr�ber Schicksalsspruch, der einem Kinde Fl�gel leihet und
sie seinem Engel raubt.



Dreizehnter Auftritt

Vorige.  Flottwell.


Flottwell (froh).  Heitern Tag, mein teures M�dchen, sei nicht
b�se, da� ich selbst so sp�t erscheine, denn meine Sehnsucht
ist schon lang bei dir.  Doch--sag!  was ist dir?  Du bist
traurig!  Wer hat dir was zu Leid getan?  Qu�lt dich die
Eifersucht?  Bist du erkrankt?  Betr�bt?  Sprich!  Oder willst
du mich betr�ben?

Cheristane (steht bewegt auf).  Dich?  mein Julius, nein, das
will ich nicht!  (Schlingt ihre Arme um seinen Hals und legt
ihr Haupt an seine Brust.)

Flottwell.  So bist du halb nur die, die mich sonst ganz
begl�ckt.  Die frohere H�lfte fehlt, und nur die tr�be ruht
an meiner Brust.  Komm, la� uns Frieden schlie�en, trautes
Kind.  Du ahnest nicht, was mich so freudig stimmt.  Du sollst
nicht l�nger hier in deiner H�tte weilen.  Du mu�t mir morgen
schon nach meinem Schlosse folgen.  Zu lange schm�ckt der
Brautkranz deine seidnen Locken, er k�nnte sonst auf deiner
Stirne welken.  Die Welt mu� als mein treues Weib dich gr��en,
du darfst durchaus nicht l�nger widerstreben.

Cheristane.  Oh, mehr' mein Leid nicht!  Zieh mich nicht auf
diese H�he, sie zeigt ein Paradies mir, das ich nie betreten
darf.  Ich habe dich get�uscht!  ich bin nicht das Gesch�pf,
das du in diesem Augenblick noch in mir suchst.

Flottwell.  Sei, was du willst.  H�r nur nicht auf, die
Liebensw�rdigkeit zu sein.  Drei Jahre sind es, als ich auf
der Jagd mich bis hieher verirrt und dich zum erstenmal
erblickte.  Befremdend gl�nzte deine Sch�nheit in der niedern
H�tte wie ein Edelstein in eines Bettlers Hand.  Du weihtest
mir dein Herz.  Doch durft ich niemals forschen, woher du kamst
und wer du seist.  Und sieh!  ich war so folgsam wie ein Kind,
nie hast du eine andre Frag geh�rt, als ob du mich auch immer
lieben wirst.  Du hast die Gegend in ein Eden hier verwandelt
und pflanztest Blumen wie sie nur des Indiers Tr�ume schm�cken.
Ich hab dich nie befragt, woher dir solche Macht geworden ist,
mir wars genug, da� dus f�r mich getan.

Cheristane.  Dir waren sie geweiht, doch bl�hten sie umsonst.
Sie sollten dein Gem�t in ihre duftgen Kreise ziehn und dich
den wahren Wert des Gl�ckes lehren.  Ich hab es nicht erreicht.
Zu wild ist deine Phantasie, zu hochbegehrend.  Du willst, dein
Leben soll ein schimmernd Gastmahl sein, und ziehst die Welt
an deine goldne Tafel.  Ach, m�chte sie dirs einst mit Liebe
lohnen!

Flottwell.  Sie wird es tun, zeig nicht so d�stern Sinn.  Komm,
folg mir gleich, du bist durch Einsamkeit erkrankt.

Cheristane.  Umsonst.  Zu sp�t!  Du kannst mich l�nger nicht
besitzen, umarmst mich heut zum letztenmal.

Flottwell (wild und heftig).  Es darf nicht sein.  Wer wagt
den Raub an meinem liebsten Gut?--

Cheristane.  Das Schicksal!

Flottwell.  Glaub es nicht!  Mein Gl�ck hat Mut, so schnell l��t
es sich nicht besiegen.  (Umschlingt sie.)  Ich la� dich nicht
aus meinem Arm, selbst wenn du treulos bist, ich will dich
lieben, bis du zu mir wiederkehrst.

(Musik.--In diesem Augenblick fliegt ein roter Adler mit
einer goldnen Krone auf dem Haupte �ber den See.)

Cheristane.  Hinweg von mir, (f�r sich) schon f�hl ich meiner
Macht Vergehen.  Siehst du den purpurroten Aar, der sein
befiedert Haupt mit einer Kron geschm�ckt?

Flottwell.  Was sprichst du da?  Kein Vogel regt sich hier!

(Musik.--Eine Gruppe von Nebelgestalten, deren Auge drohend
auf Cheristane gerichtet ist, fliegt �ber den See.)

Cheristane.  Auch nicht die drohenden Gestalten, die mich an
meine Heimkehr mahnen?  Zieht nur voraus, ich folge bald.
(Blickt starr nach.)

Flottwell.  Mein teures Kind, wie bist du schwer erkrankt!  Sag
an, was sind das f�r Gestalten?  und wer ist der gekr�nte Aar?

Cheristane (feierlich).  Illmaha, die Feenk�nigin.  (Sie sinkt
nieder und beugt ihr Haupt.  Dann f�hrt sie fort.)  Wisse denn,
kein menschlich Wesen hast du an dein Herz gedr�ckt.  Cheristane
ist mein Name, ich bin aus dem Feiengeschlechte, meine Heimat
sind die fernen Wolken, die in ewgen Zauberkreisen �ber Persien
und Arabien ziehen.

Flottwell.  Ist in den Wolken Lieb Verbrechen, straft sie dort
des Schicksals Fluch?  dann w�r ja die Erd ein Himmel und die
Ewigkeit Exil?

Cheristane.  Oh, h�re mich, bevor du l�sterst!  Schon dreimal
sind es sieben Jahre, da� ich euren Stern betrat.  Um Wohltat
auf der Erd zu �ben, sandte mich die K�nigin.  Sie dr�ckte
eine Perlenkrone auf mein ewig junges Haupt und sprach: In
jeder dieser Perlen ist ein Zauber eingeschlossen, welchen
du ben�tzen kannst in jeglicher Gestalt.  Verwende sie mit
Weisheit zu der Menschen Heil.  Wenn du die letzte Perle hast
geopfert, ist auch dein Reich zu Ende, und du kehrst zur�ck,
um Strafe oder Lohn vor meinem Throne zu empfangen.  Weh dir,
wenn du Unw�rdige begl�ckst und so den edlen Schatz dem
D�rftigen entziehst.--(Pause, in der sie Julius wehm�tig und
bedeutungsvoll anblickt.)  Ob ichs getan, wird mir die Zukunft
zeigen!--Ich hatte viele Perlen noch, als ich vor deines
Vaters Schlo� den siebzehnj�hrgen Julius erblickte.  Du warst
so hold wie Fr�hlingszeit, und ich vermochte nicht, mein
liebgereiztes Aug von dir zu wenden.  Von diesem Augenblick
hatt ich dein Gl�ck in mir beschlossen, und viele Perlen
l�ste ich von meiner Krone ab und streute sie auf dein und
deines Vaters Haupt.  Daher der unerme�ne Reichtum, den er
sich in kurzer Zeit erwarb.  Oh, h�tt ichs nie getan!  Er starb.
Vom Undank nicht beweint, von dir allein.  Du wardst der G�ter
Herr, und nun erkannt ich erst, da� alles, was ich f�r dein Wohl
zu tun gedachte, durch deine Leidenschaft dir einst zum Ungl�ck
werden kann.  Ich konnte meinem Herzen l�nger nicht gebieten,
ich f�hrte dich hieher und hab seit dieser Zeit mein h�chstes
Gl�ck in deiner Lieb gefunden.  Nun ist der Traum vor�ber.
Meine Perlen sind verschwendet, und die letzte mu�t ich heut
noch deinem Wohle opfern.  Einst hab ich nicht bedacht, da�
sie das Sinnbild bittrer Tr�nen werden k�nnte.

Flottwell.  O Cheristane!  was hast du getan?  Ich la� dich nicht
und werfe alles hin, wenn du mir bleibst.  Und ziehst du fort,
nimm auch mein Leben mit.

Cheristane.  Oh, du bist freigebig gleich einem K�nig, du
k�nntest eine Welt verschenken, um einer M�cke Dasein zu
erhalten.  Doch ich will deine Gro�mut nicht mi�brauchen.
Schenk mir ein Jahr aus deinem Leben nur.  Ein Jahr, das
ich mir w�hlen darf, auf das du nie mehr Anspruch machst.

Flottwell.  Oh, nimm es hin!  Nimm alles hin!  Nimm dir das
gl�cklichste, das einzige, das die nichtsw�rdge Seligkeit
umf�ngt, die ich noch ohne dich genie�en kann.

Cheristane.  Ich danke dir, ich werde dich nicht hart berauben.
Und nun bin ich gefa�t, fall ab, du irdscher Tand!  Nur dieser
Fels mag ein geheimnisvoller Zeuge sein, da� Cheristane einst
auf Erden hat geliebt.  (Wehm�tige Musik.  Sie verwandelt sich
in die Gestalt einer reizenden Nymphe.  Zugleich verwandelt
sich die H�tte in einen Fels, der mit Blumen umwunden ist,
von Palmen gleich Trauerweiden �berschattet wird und in
welchem der Name Cheristane eingegraben ist.  Die praktikablen
Blumen neigen sich, und aus den Gestr�uchen heben sich zarte
Genien und sinken trauernd zu Cheristanens F��en.)  Die Sonne
sinkt, die Blumen neigen ihre H�upter, und meine Genien weinen
still, weil sie mit mir die sch�ne Erde meiden m�ssen.  Die
Zeit ist da!  Verbannung winkt!

(Musik.)

Flottwell (st�rzt bewegt zu ihren F��en).  O Cheristane!  T�te mich!

Cheristane.  Hab Dank f�r deine s��e Treu, mein teurer Erdenfreund!
Was mich betr�bt, ich darf es dir nicht sagen, darf dir nicht
unser k�nftig Los enth�llen, doch k�nntest du des Donners
Sprache und des Sturms Geheul verstehen, du w�rdest Cheristane
um dich klagen h�ren.  Oh, k�nnt ich meine Lieb zu dir in aller
Menschen Herzen gie�en, ich w�rde reich getr�stet von dir ziehn!
(Sie geht in die Kulisse.  Die Genien folgen ihr.  Musik beginnt.
Cheristane fliegt auf Rosenschleiern, die ein geschwelltes
Segel formen, von Genien, welche zart gemalt sind, umgeben,
so da� das Ganze eine sch�ne Gruppe bietet, langsam aus der
Kulisse �ber den See, in welchem sich pl�tzlich die ganze
Gruppe abspiegelt.  In diesem Augenblick blickt sie noch
einmal wehmutsvoll auf Flottwell und ruft.)  Julius, gedenke
mein!  (Dann verh�llt sie sich schnell in den dunklen Schleier
ihres Hauptes, das sie trauernd beugt, und pl�tzlich verwandeln
sich die rosigen Segelschleier in Trauerfl�re, sowie die
Gruppe der Genien nun in abendlicher Beleuchtung gemalt wie
durch einen Zauberschlag erscheint.  Der rosige Himmel
umw�lkt sich d�ster, und nur aus einem unbew�lkten Feld
schimmern ihr noch bleiche Sterne nach.  Indem Cheristane
in die entgegengesetzte Kulisse schwebt und)

Flottwell (auf den Fels sinkt und ausruft) O Gott, la� mich
in meinem Schmerz vergehn!  (f�llt der Vorhang langsam.)




Zweiter Aufzug

Drei Jahre sp�ter



Erster Auftritt

Morgen.  Im Hintergrunde die Hauptfronte von Flottwells
neuerbautem Schlosse.  An dem Fu�e der breiten Stufen, welche
zu dem palastartigen Portale f�hren, sitzt ein Bettler.
Abgetragne Kleider, doch nicht zerlumpt.  Wanderstab.  Sein
Haar ist grau, und tiefer Gram malt sich in seinen Z�gen.
Die Morgensonne beleuchtet ihn.  Seitw�rts ist ein Gittertor,
durch welches man in den Schlo�garten sieht.  In der Ferne
erblickt man auf einem H�gel das fr�her bewohnte Schlo�
Flottwells.  Die Fenster des neuen Schlosses sind ge�ffnet,
in dem gro�en Saale brennen noch Lichter.


Flottwell und einige G�ste lehnen am Fenster.

Chor (im Tafelsaale).
La�t brausen im Becher den perlenden Wein!
Wer schlafen kann, ist ein erb�rmlicher Wicht.
Und guckt auch der Morgen zum Fenster herein,
Ein r�stiger Zecher lacht ihm ins Gesicht.
Ha!  ha!  ha!  ha!
(Schallendes Gel�chter.)

Der Bettler (zugleich mit dem Chor).
Oh, h�rt des armen Mannes Bitte
Und reicht ihm einen Bissen Brot!
Der Reichtum thront in eurer Mitte,
Mich dr�ckt des Mangels bittre Not.
(Das Gel�chter beantwortet gleichsam sein Lied.)

Chor.
Die d�steren Sorgen werft all �ber Bord!
Ein Tor, der die Freude nicht m�chtig erfa�t.
Das Leben h�lt ja nur dem Fr�hlichen Wort,
Wer niemals geno�, hat sich selber geha�t.
Ha!  ha!  ha!  ha!

Bettler.
Oh, la�t mich nicht vergebens klagen,
Seid nicht zu stolz auf eure Pracht!
Ich sprach wie ihr in goldnen Tagen,
Drum straft mich jetzt des Kummers Nacht.
(Er senkt sein Haupt.)

(Valentin und Rosa kommen aus dem Garten.)

Valentin.  Ich hab dir schon hundertmal gesagt, da� du mit
dem Kammerdiener nicht so grob sein sollst.  Du wei�t, was
er f�r ein boshafter Mensch ist, am End verschw�rzt er uns
beim Herrn.

Rosa.  Still sei und red nicht, wenn du nichts wei�t.  Ich mu�
grob sein, weil ich eine tugendhafte Person bin.

Valentin.  Ah, das ist ja keine Konsequenz.  Da m��ten ja die
Sesseltrager die tugendhaftesten Menschen auf der Welt sein.

Rosa.  Bist du denn gar so einf�ltig?  Merkst du denn noch
nicht, da� mir der Kammerdiener �berall nachschleicht, da�
ich nicht einmal in der Kuchel a Ruh hab.

Valentin.  Ja was will er denn von dir?

Rosa.  Er will mich zu seiner Kammerdienerin machen.

Valentin.  In der Kuchel drau�?  Er soll in seiner Kammer
bleiben, wenn er ein ordentlicher Kammerdiener ist.  Du gibst
ihm doch kein Geh�r?

Rosa.  Du willst ja nicht, da� ich ihm meine Meinung sagen soll.

Valentin.  Aber wohl!  Das hab ich ja nicht gewu�t.  Wirf ihm
deine Tugend nur an Kopf!  Es schadt ihm nicht.  �brigens ist
das sehr sch�n von dir, da� du mir das sagst.

Rosa.  Nun warum soll ichs denn nicht sagen?  Ich mag ihn ja
nicht.  Wenn er mir gfallet, so saget ich nichts.

Valentin.  Bravo!  Das sind tugendhafte Grunds�tze.  Aber der
duckmauserische Kammerdiener!  Der geht mir gar nicht aus den
Kopf.

Rosa.  Es ist nicht mehr zum Aushalten mit ihm.  Alles will er
dirigieren.  Um die d�mmsten Sachen bek�mmert er sich.

Valentin.  Jetzt lauft er gar dir nach.

Rosa.  �berall mu� er dabeisein.

Valentin.  Nu neulich haben s' f�r unsern Koch Stockfische
gebracht, da war er auch dabei.  Wenn nur mit unsern gn�dgen
Herrn etwas zu reden w�r, aber der ist seit einiger Zeit
verstimmt als wie ein alts Klavier.

Rosa.  Weil nichts aus seiner Heirat wird.  Der Herr Pr�sident
von Klugheim gibt ihm seine Tochter nicht.  Er kann ihn gar
nicht leiden.

Valentin.  Wie soll er ihn denn nicht leiden k�nnen?  Er kommt
ja heut zur Tafel.

Rosa.  Ja wenn sich die Leute alle leiden k�nnten, die
miteinander an einer Tafel sitzen, da w�r die ganze Welt
gut Freund.  Was au�er dem Herrn Pr�sidenten da in unser Haus
hergeht, das hei�t man Tafelfreunde.  Das sind nur Freunde von
der Tafel, aber nicht von dem, der Tafel gibt.

Valentin.  Und der Herr Pr�sident?

Rosa.  Bei dem ists ganz ein andrer Fall.  Das ist ein Ehrenmann.
Der halt ein bessere Ordnung in sein Haus als unser Herr.  Ich
bin sehr gut bekannt dort, denn das Stubenm�del ist meine beste
Freundin.

Valentin.  Ich auch.  Der Kutscher sch�tzt mich ungemein.  Und
der f�hrt das ganze Haus.

Rosa.  Ich h�r fast jedes Wort.  Der Herr Pr�sident mag unsern
Herrn nur darum nicht, weil er so gro�en Aufwand macht, er
f�rcht sich halt, er geht zugrunde Der Baron Flitterstein ist
ganz ein anderer Mann und fast so reich wie unser Herr.  Den
mu� das gn�dge Fr�ulein heiraten.

Valentin.  Das darf nicht sein.  Da mu� ich mit dem Kutscher
dr�ber reden.  Einen bessern kann sie gar nicht kriegen als
unsern Herrn.  Er ist so wohlt�tig, so gut.

Rosa.  Zu gut ist auch ein Fehler.  Ich bin viel zu gut mit dir.
Und kurz und gut, der Herr Pr�sident gibts halt nicht zu.

Valentin.  Sie ist ja wahnsinnig in ihm verliebt.  Sie la�t ihn
nicht.

Rosa.  Sie mu�.  Da hats schon viele Auftritt geben.  Sie kommen
immer heimlich zusammen, der Herr Pr�sident darfs gar nicht
wissen.  Da� du nur niemand etwas sagst.

Valentin.  Ich werd doch nicht meinen Herrn verraten.  Aber warum
ladet er denn den Baron Flitterstein heut ein?  Er steht ja auf
der Liste.

Rosa.  Weil er mu�.  Der Herr Pr�sident w�r ja nicht gekommen ohne
ihn.  Drum war schon gestern gro�e Tafel, weil heut der Fr�ulein
Amalie ihr Geburtstag ist.  Aber gestern sind sie nicht gekommen.
Da war der gn�dge Herr desperat, hat einen langm�chtigen Brief
geschrieben an den Herrn Pr�sidenten.  Der Kammerdiener ist damit
in die Stadt geritten, ist ganz erhitzt nach Haus gekommen und
hat die Nachricht gebracht, da� sie heut erscheinen werden; aber
der Baron kommt mit.

Valentin.  Das ist doch erschrecklich, was sie mit dem Herrn
treiben.  Wann ich nur w��t, was da zu tun ist.  Soll sich denn
diese Sach gar nicht ausputzen lassen?

Rosa.  Putz du deine Kleider und deine Stiefel aus und k�mmere
dich nicht um Sachen, die sich nicht f�r dich schicken.

Valentin.  Ich f�rcht nur, wenn ihm s' der Baron wegheirat, er
tut sich ein Leid an.  Am End wirds noch das beste sein, da� ich
selber mit dem Herrn Pr�sidenten vern�nftig dar�ber red.

Rosa.  Du?  Nu das w�rd ein sch�ner Diskurs werden.  Untersteh
dich, das w�r ja eine Beleidigung f�r einen solchen Herrn.

Valentin.  Ja es ist nur, da� man sich hernach keine Vorw�rf
zu machen hat.  Wenn heut oder morgen ein solches Ungl�ck passiert.

Rosa.  Nu geh nur, du einf�ltiger Mensch!

Valentin.  Ja man kann nicht vorsichtig genug sein, weil das
eine gro�e Verantwortung w�r.

(Beide ab.)



Zweiter Auftritt

Flottwell und sein Haushofmeister aus dem Schlo�.


Flottwell.  Wie stehts mit uns, mein alter Haushofmeister?  Ist
alles so, wie ichs befohlen habe?  Ich will an Glanz durchaus
nicht �bertroffen werden, und f�r Amaliens Freude ist kein
Opfer mir zu gro�.

Haushofmeister.  Jawohl ein Opfer, gn�dger Herr.  Da sich das
Gastmahl heute gl�nzender noch wiederholt, so wird die Rechnung
ziemlich stark ausfallen.

Flottwell.  Drum ists ein Gl�ck, da� Er sie nicht zu zahlen
braucht.  Der reiche Flottwell wird doch keinen Heller schulden?
Wie ist es mit dem Schmuck, den ich bestellt, hat ihn der
Juwelier noch nicht gebracht?

Haushofmeister.  Noch wei� ich nichts.

Flottwell (auffahrend).  Den Augenblick schickt nach der Stadt.
Es ist die h�chste Zeit, er sollte schon die vorge Woche fertig
sein.

Haushofmeister.  H�tten Euer Gnaden ihn bei dem braven Mann
bestellt, den ich Euer Gnaden empfohlen habe, so w�rden Sie
ihn schon besitzen.  Er w�rde sch�n und billig ausgefallen
sein.  Allein der Kammerdiener hat--

Flottwell.  Mir einen bessern anempfohlen.  Ists nicht so?

Haushofmeister.  Das glaub ich kaum.

Flottwell.  Die Meinung steht Ihm frei.  Doch lieb ichs nicht,
wenn meine Diener mir als Lehrer dienen wollen.  Dies f�r die
Zukunft.  Nun den Juwelier.  (Wendet sich von ihm.)

Haushofmeister (f�r sich, gekr�nkt).  O Treue, was bist du f�r
ein armer Hund, da� Undank dich mit F��en treten darf.  (Ab.)



Dritter Auftritt

Flottwell.  Der Bettler, welcher immer mit unbedecktem Haupt
erscheint.


Flottwell.  Ein altes M�bel aus des Vaters Nachla�.  Der Mann
ist immer unzufrieden mit allem, was ich tue.  Die alten Leute
sind doch gar zu wunderlich.  Ich bin so schlecht gelaunt.  Heut
wird ein hei�er Tag auf Flottwells Schlo�, ein gro�
entscheidender.  Ich kann Amalie nicht verlieren, sie nicht in
eines andern Arm erblicken, ich hab es ihr geschworen; und
gelingt es mir nicht, ihren Vater zu gewinnen, l��t er nicht
ab, sein Kind dem Starrsinn aufzuopfern, so m��te ich zu einem
b�sen Mittel greifen.  Schon gestern hab ich einen Brief
erwartet.  Gott!  wenn sie wanken k�nnte.  (Erblickt den Bettler,
der nachdenkend mit seinem Stabe in den Sand schreibt.)  Was
macht der Bettler dort!  Ich hab ihn heut vom Fenster schon
bemerkt, und sein Gesang hat mich ganz sonderbar ergriffen.
Mir wars, als h�tt ich ihn schon irgendwo gesehn und als
wollt er meiner Lust ein Grablied singen.  Mich wunderts,
da� ihn meine Dienerschaft hier sitzen l��t.  Was schreibst
du in den Sand mit deinem Bettelstab?

Bettler.  Die Summen Goldes, die ich einst besa�.

Flottwell.  So warst du reich?

Bettler (seufzend).  Ich wars.

Flottwell.  Da� du Verlust betrauerst, zeigt die Tr�n in
deinem Auge.

Bettler.  Was ich betraure, spiegelt sich in meiner Tr�ne!--
Ein Palast.

Flottwell (betroffen).  Oho!--Was warst du, und wie hei�est du?

Bettler.  Es ist die letzte Aufgabe meines Lebens, beides zu
vergessen.  Das einzge Mittel, das mich vor Verzweiflung retten
kann.

Flottwell.  Sonderbar.  (Wirft ihm ein Goldst�ck in den Hut.)
Hier nimm dies Goldst�ck!  (Will nach dem Garten gehen.)

Bettler (springt auf und st�rzt zu seinen F��en, ohne ihn je
zu ber�hren).  O gn�dger Herr, schenken Sie mir mehr, schenken
Sie mir eine Summe, welche Ihrer weltber�hmten Gro�mut
angemessen ist.

Flottwell.  Bist du beweibt, hast du so viele Kinder?

Bettler.  Ich bin allein, nur Gram begleitet mich.

Flottwell (wirft ihm noch ein Goldst�ck hin).  So s�ttge dich
und jag ihn fort.

Bettler.  Er l��t sich nicht so leicht verjagen als das Gl�ck.

Flottwell.  Er ist nur Wirkung, heb die Ursach auf.

Bettler.  Verm�gen Sie die Ursach Ihrer Lieb zu tilgen?

Flottwell.  Wer sagt dir, da� ich liebe?

Bettler.  Wer denket gro� und liebet nicht?

Flottwell.  Willst du mir schmeicheln, Bettler?  Sch�me dich!

Bettler.  Soll Schmeichelei denn nur ein Vorrecht reicher
Menschen sein?  Sie stammt von Bettlern ab, weil sie von
Geistesarmut zeigt.

Flottwell.  Ich frag dich nicht, um deines Mi�muts Spott zu
h�ren.  (Beiseite.)  Mir ist so bang in dieses Mannes N�he.  Du
kannst mit dem Geschenk zufrieden sein.  (Will gehn.)

Bettler (flehend).  Nein, gn�dger Herr!  ich bin es nicht, ich
darfs nicht sein.  Erbarmen Sie sich meiner Not.  Nicht Habgier
ists.  Nicht Bettlerlist.  Beschenken Sie mich reich, ich werde
dankbar sein!

Flottwell.  So nenn mir deinen fr�hern Stand.

Bettler.  Ich nenn ihn nicht.  Der Armut Rost hat meinen Schild
zernagt, wer fr�gt darnach, was ihn einst f�r ein Sinnbild
zierte.  Ich wei� es, ich begehre viel, und meine Forderung
kann mich in Verdacht des Wahnsinns bringen.  Doch ist er fern
von meinem Geist, und werd ich noch so reich bedacht, so hab
ich einst viel gr��ere Summen selbst gegeben.

Flottwell.  Oh, sch�m dich, so um Geld zu jammern, es ist das
Niedrigste, was wir beweinen k�nnen.  Du hast genug f�r heut,
ein andermal komm wieder.

Bettler.  Ich bin ein Bettler und gehorche.  (Verbeugt sich und
geht langsam fort.)

(Ein Diener eilig mit einem Brief.)

Diener.  Gn�dger Herr!  ein Brief.  (�bergibt ihn und geht wieder
fort.)

Flottwell (sieht die Aufschrift).  Von Amalie, von meiner
himmlischen Amalie.  (Liest.)  "Mein teurer Julius!  Verzeih,
da� ich Dir gestern nicht geschrieben habe, allein der gro�e
Kampf in meinem Herzen mu�te erst entschieden sein.  Doch nun
gelob ich Dir, Dich niemals zu verlassen.  Ich willge nicht in
meines Vaters strenge Forderung, und kann kein Flehen sein sonst
so edles Herz erweichen, so mag geschehen, was wir beschlossen
haben."--Amalie mein!  oh, k�nnt ich doch die Welt umarmen!  He
du!  (Der Diener kommt.)  Ruf mir den Bettler dort zur�ck, der
eben sich in jene Laube setzt.  (Zeigt in die Kulisse.)

Diener.  Ich sehe keinen Bettler, gn�dger Herr!

Flottwell.  Bist du denn blind!  Geh fort!  (Bedienter ab.  Ruft.)
He Alter, komm!

Bettler.  Was befehlen Sie, mein gn�diger Herr!

Flottwell.  Ich habe eine frohe Botschaft hier erhalten, und
Flottwell kann sich nicht allein erfreun.  Verzeih, ich habe
dich zu karg behandelt.  Nimm diesen Beutel hier, auch diesen
noch.  (Wirft sie ihm in den Hut.)  Nimm alles, was ich bei mir
habe.  Was ich verschenken kann, hat eines Sandkorns Wert gen
den unendlichen Gewinn, der mir durch diesen Brief geworden
ist.  (Nach dem Garten ab.)

Bettler (allein).  O Mitleid in des Menschen Brust!  Wie bist
du oft so kr�nkelnder Natur, als h�tte dich ein weinend Kind
gezeugt.  Begeistrung ists, die alles Edle schnell gebiert, sie
hat mit des Verschwenders Gold des Bettlers Hut gef�llt.

(Geht ab.)



Vierter Auftritt

Dumont, elegant gekleidet, kommt aus dem Schlo�.


Dumont.  Ach, wie sein ick doch vergn�gt!  Ein ganzer Jahr hab
ich der Gegend nicht gesehen.  Die Nacht war mir zu lang.  Ich
hatte f�nfzig Dukaten auf eine Karte gesetzt, hatt sie gewonnen,
da schlug der Nachtigall, ich lief davon, der Geld blieb stehn
und war perdu.  Doch was sein Dukatenglanz gegen Morgenrot!
Pr�chtiger Tag!  Die Natur legen heut aller ihrer Reize zur
Schau.  (Blickt durch die Lorgnette in die Szene.)  Da kommt
ein altes Weib!



F�nfter Auftritt

Voriger.  Ein altes zahnloses M�tterchen, zerrissen gekleidet,
auf dem R�cken einen gro�en B�ndel Reisig.


Dumont.  Bon jour, Madame!  Wo tragen du hin das Holzen?

Weib.  Nach Haus.  Gleich ins Gebirg, nach Blunzendorf.

Dumont.  Blonsendorf?  O sch�ner Nam!  Du wohnen wohl sehr gerne
im Gebirge?

Weib.  Ah ja, 's Gebirge w�r schon sch�n.  Wenn nur die Berg
nicht w�ren!  Man steigt s' so hart.

Dumont.  Das sind der Figuren, die der Landschaft beleben.  O,
mir gefallen das Weib sehr.

Weib (beiseite).  Ich gfall ihm, sagt er.  Ja, einmal h�tt ich
ihm schon besser gfallen.

Dumont.  Sie sein so malerisch verlumpt.  Ich kann sie nicht
genug betrachten.  (Er sieht durch die einfache Lorgnette und
dr�ckt das linke Auge zu.)

Weib.  Er hat im Ernst ein Aug auf mich; aber 's andre druckt
er zu.

Dumont.  Du seien wohl verheiratet?

Weib.  Schon �ber drei�ig Jahr.

Dumont.  Und bek�mmern sich dein Mann doch noch um dich?

Weib.  Ah ja.  Er schlagt mich flei�ig noch.

Dumont.  Er slagen dich?  O!  Das sein nick sch�n von ihm.

Weib.  Ah, es is schon sch�n von ihm.  Das ist halt im Gebirg
bei uns der Brauch.  Ein schlechter Haushalt, wo s' nicht
raufen tun.

Dumont.  Unschuldige Freuden der Natur.  Von dieser Seit mu�
sich das Bild noch sch�ner machen.  Stell dich dort hin.  Ich
will dich gans von ferne sehen.

Weib.  H�ren S' auf!  Was sehen S' denn jetzt an mir?  H�tten S'
mich vor vierzig Jahren angschaut.  Jetzt bin ich schon ein
altes Weib.

Dumont.  Das machen deiner Sch�nheit eben aus.  Du sein
vortrefflich alt.  Au contraire, du sollen noch mehr Falten
haben.

Weib.  Warum nicht gar.  Mein Mann sein die schon zu viel.

Dumont.  Du sein wahrhaft aus der niederl�ndischen Schule.

Weib.  Ah beleib.  Ich bin ja gar nie in die Schul gegangen.

Dumont.  Ick hab einer ganzer Sammlung solcher alter Weiber zu
Haus.

Weib.  Jetzt ists recht.  Der sammelt sich die alten Weiber, und
die andern w�ren froh, wenn sie s' losbringeten.

Dumont (nimmt einen runden kleinen schwarzen Spiegel aus der
Tasche, dreht sich um und l��t die Gegend abspiegeln).  O quel
contraste!  Das Schlo�!  Der Wald!  Der Weib!  Der Ochsen auf der
Flur!  O Natur, Natur!  Du sein gro� ohne Ende.

Weib.  Der Mensch mu� narrisch sein.  Jetzt schaut er sich in
Spiegel und sieht Ochsen drin.

Dumont.  Hier hast du einen Dukaten.  Jetzt hab ich dich genug
gesehen.  (Gibt ihr ein Goldst�ck.)

Weib (rasend erfreut).  Ah Spektakel!  Ah Spektakel!  jetzt
schenkt er mir gar ein Dukaten.  Euer Gnaden, das ist ja z'viel,
ich trau mir ihn gar nicht zu nehmen.  F�r was denn?  sagen S'
mirs nur.

Dumont.  Dein Anblick hat mir sehr viel Vergn�gen verschafft.

Weib.  Nein, das h�tt ich meinen Leben nicht geglaubt, da� ich
mich in meinen alten Tagen sollt noch ums Geld sehn lassen.  Ich
dank vieltausendmal.  (K��t ihm die Hand.)  Euer Gnaden verzeihen
S'--Ich bitt Ihnen--hab ich Ihnen denn wirklich gfallen?

Dumont (mu� lachen).  O, du gefallen mir au�erordentlich.

Weib (versch�mt).  H�ren S' auf.  Sie konnten ein altes Weib
v�llig verruckt machen.  Nein, wenn das mein Mann erfahrt, der
erschlagt mich heut aus lauter Freud.  Ich sags halt.  Wenn man
einmal recht sch�n war und man wird noch so alt, es bleibt doch
allweil noch a bissel was �brig.  (Trippelt ab.)

Dumont (sieht ihr nach).  Ha!  wie sie schwankt.  Wie ein alter
Schwan!  Ich sein so aufgeregt, da� mir jeder Gegenstand gefallen.



Sechster Auftritt

Voriger.  Rosa will mit einem Kaffeegeschirr nach dem Garten.


Dumont.  Ah ma belle Rosa!

Rosa.  Guten Morgen, Herr Chevalier!

Dumont (h�lt sie auf).  O, Sie kommen nicht so schnell von mich.
Der Alt sein charmant, aber der jung gefallen mir doch noch
besser.  Das sein Malerei f�r der Aug, das sein Malerei f�r der
Herz.

Rosa.  Herr Chevalier, ich hab kein Zeit, der gn�dige Herr
w�nscht noch Kaffee zu trinken.

Dumont.  Ah!  Sch�ne Ros'!  (Umfa�t sie z�rtlich.)

Rosa (windet sich los).  Ah was generos.  Was hab ich von Ihrer
Generosit�t.  Ich mu� in Garten hinaus.

Dumont.  O, Sie d�rfen nicht.  Ich sein zu enchant�.  Dieser
Wangen!  Dieser Augen!  Dieser Augenblicken!  O Natur, was haben
du da geschaffen, ich kann mick nicht enthalten.  Ich mussen
Sie embrasser.

Rosa.  Herr Chevalier, lassen Sie mich los, oder ich schrei.

Dumont.  Ich will den Mond versiegeln.  (Will sie k�ssen, sie
schreit und l��t das Kaffeegeschirr fallen.)



Siebenter Auftritt

Vorige.  Flottwell und Wolf aus dem Garten.


Flottwell.  He, he, Herr Chevalier!  Was machen Sie denn da?

Dumont.  Ich bewundre der Natur!

Flottwell.  Bravo!  Sie dehnen Ihre Liebe zur Natur auf die
h�chsten und auf die gemeinsten Gegenst�nde aus.

Wolf.  Sch�n oder h��lich, das gilt dem Herrn Chevalier ganz
gleich.

Dumont.  Was sagen Sie da von H��lichkeit!  Der Natur sein der
h�chster Poesie, und wahre Poesie kann nie gemein noch h��lich
sein.  Ich wollen mich f�r ihrer Sch�nheit schlagen, und schlagen
lassen; und fallen ick, so schreib der Welt mir auf mein Grab:

Es schlafen unter diesem Stein
Chevalier Dumont hier ganz allein,
Er haben nur gemacht der Cour
Auf Erd der himmlischen Natur.
Nun seien tot.  Welch gl�cklick Los!
Er ruhn in der Geliebten Scho�
Und wird, kehrt er im Himmel ein,
Naturellement willkommen sein.
(Geht stolz ab ins Schlo�.)


Rosa (lest das Geschirr zusammen).  Abscheulich!  Allen
Zudringlichkeiten ist man ausgesetzt in diesem Haus.

Flottwell.  Weich Sie den G�sten aus, wenn sie Champagner
getrunken haben.  Ich bin sehr unzufrieden mit Ihr, Herr Wolf
hat sich auch beklagt, da� Sie sehr unartig mit ihm ist und
ohne Achtung von mir spricht.

Rosa.  Der gn�dige Herr Kammerdiener?  Ah, jetzt mu� ich reden--

Wolf (fein).  Das soll Sie nicht, mein Kind, Sie soll nur Ihren
Dienst versehen.

Rosa.  Ich stehe bei dem gn�dgen Herrn in Diensten und nicht bei
gewissen Leuten.

Wolf.  Schweig Sie nur--

Rosa.  Nein, nichts will ich verschweigen.  Alles mu� heraus.

Wolf.  Welche Bosheit!

Flottwell.  Still!  die Sache wird zu ernsthaft.

Rosa.  Wissen Euer Gnaden, was der Kammerdiener gesagt hat?

Flottwell.  Was hat er gesagt?

Rosa.  Er hat gesagt--

(Valentin schnell.)

Valentin.  Der Juwelier ist da.

Flottwell.  Ah bravo!  Nur geschwinde auf mein Zimmer.
(Geht schnell ab.)

(Der Juwelier tritt von der Seite ein, und)

Wolf (f�hrt ihn ins Schlo�, vorher sagt er zu Rosa).  Wir
sprechen uns, Mamsell.  (Ab.)

Rosa (steht wie versteinert).  Da steh ich jetzt!

Valentin.  Da steht sie jetzt.

Rosa.  An wem soll ich nun meinen Zorn auslassen?

Valentin.  Wart, ich besorg dir wem.  (Will fort.)

Rosa.  Du bleibst!  An dir will ich mich r�chen, du
verh�ngnisvoller Mensch.  (Geht auf ihn los.)

Valentin.  An mir?  Das ging' mir ab.  Ich hab ja gar nichts
gesagt als: Der Juwelier ist da.

Rosa.  Still sei!  oder--(Reibt auf und will ihm eine Ohrfeige
geben, wird aber pl�tzlich schwach.)  Weh mir!  mich trifft der
Schlag.

Valentin.  Das ist ein Gl�ck, sonst h�tt er mich getroffen.

Rosa (springt).  Der Juwelier soll hingehn, wo der Pfeffer
w�chst.

Valentin.  Das kannst ihm selber sagen.  Ich wei� nicht, wo er
w�chst.

Rosa.  Schweig!  ich wei� mich nicht zu fassen.

Valentin.  Nu schimpf nur zu, der Juwelier wird dich schon fassen.

Rosa.  Gleich geh mir aus den Augen (tut, als wollt sie ihm
die Augen auskratzen), du bist an allem schuld!

Valentin.  Ich hab ja gar nichts gsagt als: Der Juwelier ist da.

Rosa.  Das ist ja dein Verbrechen eben.  Du h�ttest gar nichts
sagen sollen, wenn du siehst, da� meine Tugend auf dem Punkt
steht, ihre Rechte zu verteidigen.  (Ab.)

Valentin.  Das ist schrecklich.  Da darf ja eine noch so viele
Untugenden haben, so kann man nicht soviel Verdru� haben als
wegen derer ihrer ungl�ckseligen Tugend.  Und ich wei� mich gar
nichts schuldig.  Ich mu� nur grad das Gesetzbuch aufschlagen
lassen, um zu erfahren, was denn das f�r ein Verbrechen ist:
Wenn einer sagt, der Juwelier ist da!  (Ab.)



Achter Auftritt

Verwandlung

Kurzes Kabinett Flottwells.  Durch die Fenster sieht man in
eine Kolonnade und durch diese ins Freie.

Flottwell und der Juwelier treten ein.


Flottwell (sehr fr�hlich.).  Wo haben Sie den Schmuck?  Geben Sie!
Ich freue mich schon wie ein Kind!  Wie wird sich erst Amalie
freuen!

Juwelier.  Hier ist er!

Flottwell (besieht ihn und wird ernst).  Mein Gott, was haben
Sie denn gemacht?

Juwelier.  Wieso?

Flottwell.  So kann ich ihn nicht brauchen!

Juwelier.  Er ist nach Ihrer Angabe, gn�dger Herr!

Flottwell (wird immer heftiger).  Nein, nein!  das ist er nicht!

Juwelier.  Ganz nach der Zeichnung, ich versichere Sie!

Flottwell.  Nein, nein, nein, nein.  (Mi�mutig.)  Er ist zu
altmodisch, auch sind es nicht die Steine, die ich ausgew�hlt.

Juwelier.  Herr von Flottwell!  das betrifft ja meine Ehre.

Flottwell.  Die meine auch, ich kann den Schmuck nicht brauchen.

Juwelier.  Ich nehm ihn nicht zur�ck.

Flottwell.  Das m�ssen Sie.

Juwelier.  Ich will ihn �ndern.

Flottwell.  Zu sp�t.  Er ist ja ein Geschenk zum heutgen Fest.
Sie haben meine sch�nste Freude mir gemordet durch Ihre
Ungeschicklichkeit.

Juwelier (etwas beleidigt).  Herr von Flottwell--(Fa�t sich)
Ich versichere Sie, es ist nur eine Grille.

Flottwell.  Versichern Sie mich nicht, der Schmuck ist schlecht.

Juwelier.  Betrachten Sie ihn nur.

Flottwell.  Nein, er ist mir so zuwider, da� ich ihn zum Fenster
hinauswerfen k�nnte.

Juwelier.  Das werden Sie wohl bleibenlassen, denk ich!

Flottwell.  Das werd ich nicht.  Da liegt er!  (Schleudert ihn zum
Fenster hinaus.)

Juwelier (erschrocken).  Ums Himmels willen!  der Schmuck betr�gt
zweitausend Taler!

Flottwell (stolz).  Ist Ihnen bange?  Lumpengeld!  Sie sollen es
erhalten!  Warten Sie!  (Er eilt ins Kabinett.)

Juwelier.  Das ist ein Wahnsinn, der mir noch nicht vorgekommen
ist.  Ich hol den Schmuck herein!  (L�uft ab.)

(Man sieht den Bettler vor dem Fenster, welcher den Schmuck
aufgehoben hat, ihn gen Himmel h�lt und singt.)

Bettler.
Habt Dank, habt Dank, ihr guten Leute,
Da� ihr so reichlich mich beschenkt,
Mein Herz ist ja des Kummers Beute,
Durch eigne Schuld bin ich gekr�nkt.

(Er entfernt sich durch die S�ulen und wiederholt noch die
letzten Worte in der Ferne.)

Juwelier (kommt best�rzt zur�ck).  Der Schmuck ist fort, ich
find ihn nicht.

(Flottwell aus dem Kabinett.  Er hat sich Besinnung geholt,
und sein Betragen zeigt, da� er seine Heftigkeit bereut und
sich ihrer sch�mt.  Er tr�gt zwei Rollen Gold.)

Flottwell (edel freundlich).  Hier haben Sie Ihr Geld, mein Herr!

Juwelier (artig).  Herr von Flottwell, ich bedaure sehr--

Flottwell.  Bedauern Sie nichts--An mir ist das Bedauern meiner
unverzeihlichen Heftigkeit.  Mein Blut spielt mir manch tollen
Streich.  Ich mu� zur Ader lassen n�chster Tage.

Juwelier.  Ein g�tig Wort macht alles wieder gut.

Flottwell (dr�ckt ihm gutm�tig die Hand).  Nicht wahr, Sie nehmen
es nicht �bel, lieber Freund--und Sie vergessen es--Sie sprechen
auch nie mehr davon?  Ich w�nschte nicht, da� Sie es irgendwo
erz�hlen m�chten.

Juwelier.  Ich geb mein Ehrenwort--

Flottwell.  Ja, ja, ich wei�, ich kann mich ganz auf Sie verlassen.
Auch werd ich Ihre Kunst gewi� sehr bald in Anspruch wieder
nehmen.  Gewi�, gewi�, ich werde bald etwas bestellen lassen.
Sehr bald.  Und nun Adieu, mein Freund, und keinen Groll.

Juwelier (mit einer tiefen Verbeugung).  Wie k�nnt ich das, ich
bin so tief ger�hrt.  (Im Abgehen.)  Wenn er doch nur bald wieder
etwas machen lie�e!  (Ab.)

Flottwell (allein).  Ein sturmbewegter Tag!  W�r er doch schon
vor�ber.  (Wirft sich vor sich hinstarrend in einen Stuhl.)

(In der Ferne klingen die letzten Verse von des Bettlers Gesang.)

Bettler.
Mein Herz ist stets des Kummers Beute,
Durch eigne Schuld bin ich gekr�nkt.

Flottwell (springt auf).  Welch Gesang--

(Wolf tritt ein.)

Wolf.  Ach liebster gn�dger Herr!  Wie hat der Juwelier doch
seine Sache schlecht gemacht, ich hab ihn eben ausgezankt.
Doch stellen Sie sich vor, der Schmuck ist weg, und niemand
will ihn aufgehoben haben.

Flottwell.  Das w�re mir sehr unlieb--denn er kostet viel.

Wolf.  Er mu� sich finden, ich sah ihn aus dem Fenster fliegen.
Niemanden gewahrt ich in der N�he als das Kammerm�dchen Rosa.
Ich eilt sogleich herab, da war sie fort, und als ich sie
befragte, wollt sie nichts gesehen haben.

Flottwell.  Das kann ich doch nicht von ihr glauben.

Wolf.  Man mu� die Sache untersuchen lassen.

Flottwell.  Nur heute nicht.  Das macht zu gro�es Aufsehen; und
dann wer wei�, ists wahr.

Wolf.  Gewi�, ich hab es ja beinahe gesehen.

Flottwell.  Wenn es wahr ist, mu� sie fort, sonst w�nsch ich
keine Strafe.

Wolf.  Wie der Himmel doch die Menschen oft verl��t!  Es ist schon
alles zu dem Fest bereitet, die G�ste sind im Gartensaal
versammelt.  Ich habe die sch�ne Aussicht nach dem Tal mit
Traperien verh�ngen lassen.  Wir wollen warten, bis die Sonne
untergeht, und wenn sie pl�tzlich schwinden, wird es einen
imposanten Anblick geben.

Flottwell.  Sind die T�nzer schon bereitet?

Wolf.  Ja.  Der Herr Pr�sident ist auch schon hier.

Flottwell.  Amalie hier!  Was sagst du das erst jetzt?

Wolf.  Ich habe sie in das blaue Zimmer gef�hrt, der Baron ist
aber nach dem Garten gegangen.

Flottwell (auffahrend).  Der Baron?  Sch�ndlich, da� ich meinen
Nebenbuhler noch zu Gaste bitten mu�.  Was soll ich nun Amalien
verehren, der Schmuck ist fort.

Wolf.  Schenken Sie ihr die kostbare Vase, die Sie erst gekauft
haben, das ist doch ein Geschenk, das eines Million�rs w�rdig ist.

Flottwell.  Sie ist von gro�em Wert, doch eben recht, der
Pr�sident ist ein Freund der K�nste.  Vielleicht gewinnt ihn
das.

Wolf (f�r sich).  Da irrst du dich.

Flottwell.  La� sie mit Blumen schm�cken, kurz, besorge alles.
Ich mu� zu ihr, zu ihr.--

(Beide ab.)



Neunter Auftritt

Verwandlung

in ein nobles Gemach.

Der Pr�sident von Klugheim und Amalie.

Klugheim.  Beruhige dich doch, meine Tochter, und la� mich nicht
bereuen, da� ich so schwach war, deinen Bitten nachzugeben.


Amalie (ihren Schmerz bek�mpfend).  Ja, mein Vater, ich will ruhig
sein.

Klugheim.  Nun seh ich erst, du hast mich durch erzwungne
Fr�hlichkeit get�uscht.  Du solltest ihn nicht wiedersehen.

Amalie.  Im Gegenteil, mein Vater, es wird auf lange Zeit mich
st�rken, meine Leiden zu ertragen.

Klugheim.  Vergi� nicht, da� wir in Gesellschaft sind und da�
dich der Baron mehr als sein Leben liebt.



Zehnter Auftritt

Vorige.  Flottwell.


Flottwell (mit Herzlichkeit).  Mein verehrungsw�rdiger Herr
Pr�sident!  Die h�chste Gunst, die ich vom Gl�ck erlangen
konnte, ist die Ehre, Sie auf meinem Schlosse zu begr��en.
Mein holdes Fr�ulein!  Flottwell wird es nie vergessen, da�
Ihr edles Herz es nicht verschm�hte, seines kleinen Festes
K�nigin zu sein.

Amalie (sich verbeugend).  Herr von Flottwell--

Klugheim.  Genug der Zeremonie.  Es kommt der Freund zum Freunde.

Flottwell.  Ist das wirklich so, Herr Pr�sident?

Klugheim.  Zweifeln Sie daran?  Dann w�r es nur zur H�lfte so.

Flottwell.  Ach, wie sehnlich w�nscht ich, da� es ganz so w�re!
Da� ich Sie--

Klugheim (fein).  Herr von Flottwell, jeder Ausfall auf fr�here
Verh�ltnisse ist gegen die Bedingung, unter welcher ich Ihre
heutige Einladung angenommen habe.

Amalie.  Bester Vater, lassen Sie sich doch erweichen!  Wenn
Ihnen das Leben Ihres Kindes etwas gilt.

Klugheim.  Was soll das sein?  Ist ein Komplott gegen mich im
Werke?  hat man mich hieher geladen, um eine Sache zu erneuern,
die ich f�r beendet hielt?

Flottwell.  Sie irren sich, Herr Pr�sident.  Ihr Fr�ulein Tochter--

Klugheim.  Ist eine Schw�rmerin.  Ihres Lebens Gl�ck ist mir von
Gott vertraut, und niemand kann es mir verargen, wenn ich sie
nicht in ihres Ungl�cks Arme f�hre.

Flottwell.  Herr Pr�sident, Sie verkennen mich zu sehr.

Klugheim.  Ich sehe klar, was Ihnen erst die Zukunft einst
enth�llen wird.

Flottwell.  Ich bin verleumdet.

Klugheim.  Durch niemand--

(Flitterstein �ffnet die T�r.)

Flottwell.  Durch den hinterlistigen Baron Flitterstein--

Baron Flitterstein (mit Erstaunen, ohne den Anstand zu
verletzen).  Ist hier von mir die Rede?

Flottwell (frappiert).  Nein--

Flitterstein (fa�t sich und l�chelt fein).  Ah so.  Also von
einem Verwandten von mir.  Das wollte ich als Edelmann nur
wissen.

Flottwell (verlegen).  Herr Baron!  Ich bin erfreut--

Flitterstein (schnell).  Ich verstehe.  Meine Freundschaft zu
dem Herrn Pr�sidenten--

Flottwell.  Ist die Ursache, da� Sie mir die Ehre Ihres Besuches
schenken.  Ich bin von allem unterrichtet.  (Nach einer Pause,
durch welche sich die Verlegenheit aller ank�ndigt.)  Ist es
nun gef�llig, sich zur Gesellschaft zu begeben?

Flitterstein.  Nach Belieben.

Flottwell (reicht Amalien den Arm).  Mein Fr�ulein!
(F�hrt sie fort.)

(Flitterstein folgt.)

Klugheim.  Ich f�rchte, wir haben den Frohsinn gerufen und dem
Mi�mut unsre Tore ge�ffnet.  (Ab.)



Elfter Auftritt

Verwandlung

Herrlich mit Gold und Blumen geschm�ckter Gartensaal.  Die
Hinterwand geschmackvoll traperiert.

Alle G�ste sind versammelt.  Nobel gekleidete Herren und Damen.
Dumont.  Walter.
W�hrend des Chores treten der Pr�sident, Flitterstein, Flottwell
und Amalie ein und setzen sich.  Wolf.


Chor.
Froh entz�ckte G�ste wallen
Durch die reich geschm�ckten Hallen.
Will sich Lust mit Glanz verm�hlen,
Mu� sie Flottwells Schlo� sich w�hlen.
Nur in seinen S�len prangt,
Was das trunkne Herz verlangt.

(T�nzer und T�nzerinnen im spanischen Kost�m f�hren einen
reizenden Tanz aus, und am Ende bildet sich eine imposante
Gruppe, bei welcher Kinder in demselben Kost�me die Vase,
mit Blumen geschm�ckt, auf ein rundes Postament in die Mitte
des Theaters stellen.)

Flottwell (f�r sich).  Was hat doch Wolf gemacht, jetzt sollte
sie sie nicht erhalten.

Klugheim.  Sehen Sie doch, Baron, hier die ber�hmte Vase, welche
ein Franzose dem Minister um zwanzigtausend Frank anbot.

Flitterstein.  Wahrhaftig, ja, sie ist es.

Mehrere G�ste (betrachten sie).  Wirklich sch�n!

Walter.  Sehn Sie doch hier, Chevalier, die Vase aus Paris.

Dumont (in einem Stuhl hingeworfen, ohne hinzusehen).  O charmant!
Sie sein ganz au�erordentlick.

Walter.  Sie haben sie ja gar nicht angesehen.

Dumont.  Ick brauchen sie gar nick zu sehen, ick brauchen nur
zu h�ren de Paris, kann gar nick anders sein als magnific.

Flitterstein.  F�rwahr, Sie sind um dieses Kunstwerk zu beneiden,
Herr von Flottwell.

Flottwell (f�r sich).  Nun kann ich nicht zur�ck.  (Laut.)  Es ist
nicht mehr mein Eigentum.  Ein unbedeutendes Geschenk, das ich
der K�nigin des Festes weihe.

Amalie (erfreut).  Ach Vater!  wie erfreut mich das.

Klugheim (strenge).  Nicht doch, mein Kind!  Verzeihen Sie, Herr
von Flottwell, das geb ich nicht zu.  Das Geschenk hier ist
durchaus zu kostbar, um es anzunehmen.

Flitterstein.  Ja, ja, es ist zu kostbar.

Flottwell.  Das ist es nicht, mein Herr Baron.  Die Welt erfreut
sich keines Edelsteines, der zu kostbar w�re, ihn diesem
Fr�ulein zum Geschenk zu bieten.

Klugheim.  Auch wei� ich nicht, wie wir zu solcher Ehre kommen.

Flitterstein (halblaut).  Die mehr beleidigend als--

Flottwell (f�ngt es auf).  Beleidigend?

Flitterstein.  Ich nehm es nicht zur�ck!

Flottwell (verbissen).  Wie k�mmt es denn, mein Herr Baron,
da� Sie das Wort so eifrig f�r des Fr�uleins Ehre f�hren?

Klugheim.  Er spricht im Namen seiner k�nftgen Braut.

Einige G�ste.  Da gratulieren wir!

Flottwell (vernichtet).  Dann hab ich nichts mehr zu erwidern!

Klugheim.  Nehmen Sie die Vase hier zur�ck, so beschenkt ein
F�rst, kein Edelmann.

Flottwell (stolz).  Ich beschenke so!  ich bin der K�nig meines
Eigentums.  Dieses Kunstwerk hatte seinen h�chsten Wert von dem
Gedanken nur geborgt, da� diese sch�ne Hand es einst als ein
erfreuend Eigentum ber�hren werde, es soll nicht sein!  Ich
acht es nicht.  Wolf!  (Wolf tritt vor) nimm sie hin!  Ich
schenke diese Vase meinem Kammerdiener.

(Wolf macht eine halbe verlegene Verbeugung.  Die Vase wird
weggebracht.)

Flitterstein.  Welch ein Tollsinn!

Klugheim.  Unbegreiflich!

Dumont.  Der Mann sein gans verr�ckt.

Amalie.  Wie kann er sich nur so vergessen!

Die G�ste (klatschen).  Bravo!  so r�cht sich ein Million�r!

Flottwell.  Dies soll unsere Freude nicht verderben.  Da
Frankreichs Kunst so schlechten Sieg errungen, will ich vor
Ihrem Auge nun ein deutsches Bild entrollen, dessen Sch�nheit
Sie gewi� nicht streitig machen werden.  Sie sollen sehen, was
ich f�r eine vortreffliche Aussicht habe.  (Klatscht in die
Hand.)

(Musik.--Der Vorhang schwindet, und �ber die ganze Breite des
Theaters zeigt sich eine gro�e breite �ffnung, durch deren
Rahmen man eine herrliche Gegend perspektivisch gemalt erblickt.
Ein liebliches Tal, hie und da mit D�rfern bes�et, von einem
Flu� durchstr�mt und in der Ferne von blauen Bergen begrenzt,
erstrahlt im Abendrot.  Die Basis des Rahmens bildet eine
niedre Balustrade.  Im Vordergrunde links von dem Zuschauer
sitzt wie eine geheimnisvolle Erscheinung unter dunklem
Gestr�uch, von der untergehenden Sonne beleuchtet, der Bettler
mit unbedecktem Haupte und gegen Himmel gewandtem Blick in
malerischer Stellung.  So da� das Ganze ein ergreifendes Bild
bietet.)

Flottwell (ohne genau hinzusehen).  Gibt es eine sch�nere
Aussicht?  (Er erschrickt, als er den Bettler sieht.)  Ha!
welch ein Bild.  Ein sonderbarer Zufall!  (Diese Worte spricht
Flottwell schon unter der leise beginnenden Musik.)

Chor von G�sten (f�r welche s�mtlich der Bettler nicht sichtbar
ist).
Oh, seht doch dieses sch�ne Tal,
Wo prangt die Erd durch h�hern Reiz?
Dem Kenner bleibt hier keine Wahl,
Der Anblick �bertrifft die Schweiz.

Bettler.
Nicht Sternenglanz, nicht Sonnenschein
Kann eines Bettlers Aug erfreun.
Der Reichtum ist ein treulos Gut,
Das Gl�ck flieht vor dem �bermut.

Flottwell (welcher immer nach dem Bilde hingestarrt hat, zu
Wolf).  Jagt doch den Bettler fort, warum la�t ihr ihn hier so
nah beim Schlo� verweilen?

(Der Bettler steht auf und geht an der Seite, wo er sitzt, �ber
den H�gel durch das niedere Gestr�uche in die Szene.)

Wolf.  Welch einen Bettler?  Wir bemerken keinen.

Flottwell.  Da geht er hin!  (Starrt ihm nach.)

Wolf.  Er spricht verwirrt.

(Amalie wird unwohl.)

Klugheim.  Gott im Himmel!  meine Tochter.

Flottwell.  Amalie?  Was ist ihr?

(Alle G�ste in Bewegung.)

Klugheim.  Sie erbleicht!

Flottwell (st�rzt zu ihren F��en).  Amalie, teures M�dchen!
h�re deines Julius Stimme.

Flitterstein (schleudert ihn entr�stet von ihr).  Zur�ck,
Verf�hrer!  nun entlarvst du dich!

Flottwell (ergreift ergrimmt seine Hand).  Genugtuung, mein
Herr!  Das geht zu weit.

Flitterstein.  Ists gef�llig?  (Zeigt nach dem Garten.)

Flottwell.  Folgen Sie!

(Beide links ab.)

Mehrere G�ste.  Haltet!  (Eilen nach.)

Klugheim.  Holt den Arzt!

(Bediente fort.)

Wolf.  Ins Kabinett!

Mehrere.  So endet dieses Fest.

(Die andere H�lfte gehen mit Klugheim und Wolf, welche Amalie
nach dem Kabinett rechts f�hren, ab.  Nur)

Dumont (welcher sich w�hrend der Verwirrung an das Fenster
begeben hat und durch das Gew�hl der G�ste verdeckt war,
bleibt zur�ck, er hat sich in der Mitte des Fensters in
einen Stuhl geworfen, springt, wenn alles weg ist, auf,
lehnt sich auf die Fensterbr�stung, sieht durch die Lorgnette
und ruft begeistert).  G�ttliche Natur!



Zw�lfter Auftritt

Kurzes Kabinett f�llt vor.

Valentin und Rosa.


Valentin.  So la� mich aus, ich mu� ja sehen, was geschehen
ist.  Alles lauft davon, und die Fr�ulein Amalie, sagen s',
ist umgefallen wie ein St�ckel Holz.  Sie hat Konfusionen kriegt.

Rosa.  Da bleibst.  Mein Schicksal ists, um das du dich zu
k�mmern hast.  (Weint bitterlich.)  Ich bin die gekr�nkteste
Person in diesem Haus.

Valentin.  Was haben sie dir denn schon wieder getan?

Rosa.  Aber nur Geduld!  Morgen geh ich zu Gericht.  Alles wird
arretiert.  Der gn�dge Herr, der Kammerdiener.  Alle G�st, das
ganze Schlo� und du.

Valentin.  Mich l��t s' nicht aus.  Was hats denn gegeben?

Rosa.  Ohrfeigen h�tts bald gegeben.

Valentin.  Ah, da bin ich froh, da� ich nicht dabei war.

Rosa.  Der Kammerdiener hat mir Ohrfeigen angetragen.  Hat mich
eine Diebin gehei�en, hat einen Schmuck von mir verlangt.  Uns
im Namen des gn�dgen Herrn den Dienst aufgek�ndigt und hat mich
wollen durch die Bedienten hinauswerfen lassen.

Valentin.  Das ist ja eine ganze Weltgeschichte.  Wann ist denn
das alles geschehen?

Rosa.  Vor einer Viertelstund, wie sie die Vasen im Saal oben
geholt haben.

Valentin.  Das ist schrecklich!

Rosa.  Der Mensch glaubt ja, man hat seine Ehr und Reputation
gestohlen.

Valentin.  Und den Schmuck auch dazu.  Nein!  das kann man nicht
so hingehn lassen.

Rosa.  Du mu�t dich annehmen.  Ich bin ein Weib.  Ich bin zu
schwach.

Valentin.  Auf alle F�ll.  Du bist zu schwach.

Rosa.  Du bist ein Mann, dir ist die Kraft gegeben.

Valentin.  Freilich, mir ist die Kraft gegeben, drum werd ich
mirs auch �berlegen.

Rosa.  Ich geh noch heut, und morgen klag ich.

Valentin.  Und ich geh morgen, und klag heut noch!  und wo?  beim
gn�dgen Herrn, denn das ist eine Beschuldigung, die man nicht
auf sich sitzenlassen darf!

Rosa (weinend).  Nicht wahr, du glaubst es nicht, da� ich die
Diamanten genommen hab?

Valentin.  Nein!  Du bist zu tugendhaft.  Du gehst nur auf die
Augen los, nicht auf die Diamanten.  Doch jetzt mach dich auf.

Rosa.  Wir packen zusamm und gehen.

Valentin.  Die Livree bleibt da, die geh�rt dem Herrn.  Mir
gh�rt mein Tischlerrock, den ich mit hergebracht hab.  Die
andere Bagage brauch ich nicht, ich bin mit dir allein zufrieden.

Rosa.  Wir bringen uns schon fort.

Valentin.  Ich geh zu meiner Tischlerei zur�ck.  Aber vorher will
ich mein Meisterst�ck noch machen.

Rosa.  Was wirst denn tun?

Valentin.  Den Kammerdiener werd ich in die Arbeit nehmen.  Ah,
der ist zu ungehobelt.  �ber den mu� ein Tischler kommen.

Rosa.  Nimm dich zusamm.

Valentin.  Oh, du kennst mich nicht, ich bin der beste Mensch,
aber wenn es sich um Ehr und Reputation handelt, so kann ich in
eine Wut kommen wie der rollende Rasand.  Ich will dem
Kammerdiener zeigen--(Der Kellermeister eilt �ber die B�hne.)
He!  Herr Kellermeister, wo gehn Sie hin?

Kellermeister.  Mir ist am gro�en Fa� ein Reif abgesprungen,
ich mu� den Wein abziehen.

Valentin.  Ha!  Das ist ein Wink des Schicksals.  Mann!  Ich folge dir.

(Geht tragisch mit dem Kellermeister ab.)

Rosa (allein).  Ah Spektakel!  jetzt mu� sich der ein Spitzel
antrinken, wenn er eine Courage kriegen will.  Nein, was das f�r
miserable Mannsbilder sein bei der jetzigen Zeit, das ist
nimmermehr zum Aushalten.  (Ab.)



Dreizehnter Auftritt

Verwandlung

Ein anderes Kabinett.


Amalie.  Der Arzt.  Pr�sident Klugheim.

Arzt.  F�hlen Sie sich leichter, Fr�ulein?

Klugheim.  Wie ist dir, liebes Kind?

Amalie.  Ganz wohl, mein Vater!  es ist schon vor�ber.

Klugheim.  Ein Unstern hat uns in dies Haus gef�hrt.



Vierzehnter Auftritt

Vorige.  Betti.


Betti.  Zu H�lfe!  Ach Herr Doktor, der Baron ist schwer verwundet.
Man suchet Sie!

Klugheim.  Heilger Gott, mein Freund!  Bleib Sie bei meiner
Tochter hier!  Kommen Sie, Herr Doktor!  Ach, ich bin an allem
schuld.

(Eilt mit dem Doktor ab.)

Amalie.  Was ist vorgegangen?

Betti.  Sie haben duelliert!  der gn�dge Herr und der Baron.

Amalie.  Ist Julius auch verwundet?

(Flottwell tritt aus einer Tapetent�r.  Er ist bleich und spricht
halblaut und schnell.)

Flottwell.  Nein, er ist es nicht.  (Zu Betti.)  Geh auf die Lauer!

(Betti geht vor die T�r.)

Amalie.  Gott, wie siehst du aus!

Flottwell.  Wie ein Mann, der seinem Schicksal trotzt.  Doch noch
ist nicht mein Gl�ck von mir gewichen, weil ich dich nur
sprechen kann.  Jede Minute droht.  Du mu�t mit mir noch diese
Nacht entfliehn.

Amalie.  Unm�glich, nein!  ich kann den Vater nicht verlassen.

Flottwell.  Du hasts geschworen.  Denk an deinen Eid.

Amalie.  Doch heute, und so pl�tzlich--

Flottwell.  Heute oder nie!  Schon lang ist deine Dienerschaft
von mir gewonnen.  Nimm Laura mit und nichts von deinem Eigentum.
Dein Vater ist ersch�pft, er wird sich bald zur Ruhe legen,
und wenn auch nicht, verbotne Liebe ist erfinderisch.  Ich harr
auf dich, nah an der Stadt, bei der verfallenen Kapelle, wo wir
uns oft getroffen haben.

Amalie.  Wird sich mein Vater je vers�hnen?

Flottwell.  Er wirds.  Das weite Meer, das seiner Rache trotzt,
wird seinem Stolz gebieten.  Entschlie�e dich.

Amalie.  Oh, k�nnt ich leben ohne dich--

Flottwell.  Wenn dus nicht kannst, so sind wir ja schon einig.

Amalie.  Und doch--

Flottwell.  Ja!  oder Nein!  Nein!  ist ein Dolch, den du ins Herz
mir dr�ckst.  Ja!  eine Sonn, die uns nach England leuchtet.

Amalie.  Nur eine Frage noch!

(Betti schnell.)

Betti.  Der Pr�sident!

Flottwell.  Sprich schnell!

Amalie.  Erwarte mich.



F�nfzehnter Auftritt

Pr�sident Klugheim.  Vorige.


Klugheim (emp�rt, strenge).  Was wollen Sie bei meiner Tochter
hier?

Flottwell.  Ich war besorgt.

Klugheim (nimmt Amalie auf die linke Seite.  Kummervoll).  Sie
sind zu g�tig gegen mein Haus.  Komm, meine Tochter, der Wagen
wartet, dann geleit ich den Baron.  Mein Herr!  Sie haben uns
zu einem Fest geladen, (mit Wehmut) und wir danken Ihnen mit
gebrochenem Herzen f�r die gro�en Freuden, die Sie uns bereitet
haben.  (F�hrt seine Tochter ab.)

(Betti folgt.)

Flottwell (allein).  O Starrsinn eines alten Mannes!  Was rufst
du doch f�r Ungl�ck auf so vieler Menschen Haupt.  (Wolf tritt
ein.)  Ha Wolf!  Gut, da� du kommst.  Der Augenblick ist da, wo
du mirs danken kannst, da� ich dir mehr ein Freund als Herr
gewesen bin.  Ich will in dieser Nacht noch mit Amalien nach
England fliehen.  Es steht dir frei, ob du uns auf der Flucht
begleiten willst.

Wolf.  O mein g�tger Herr!  Mein Wille ist an Ihren Wunsch
gekettet.  Und wo Sie hinziehn, find ich meine Heimat.

Flottwell.  Ich habe gro�e Summen in der englischen Bank
liegen.  Was ich von Gold und Kostbarkeiten retten kann, will
ich jetzt zu mir nehmen.  Was ich in meinem Pulte zur�ck noch
lasse, verteilst du unter meine Diener doch ohne etwas zu
verraten.  Ich w�nsche, da� sie einen Herrn finden m�gen, der
es so gut mit ihnen meint als ich.  Die beiden Schiffer an dem
See, die ich auf diesen Fall seit l�ngerer Zeit gedungen habe,
sollen sich bereit halten.  In einer Stunde l�ngstens mu� alles
geordnet sein.  Dann erwart ich dich bei der alten Kapelle.
Dein Geschenk bring in Sicherheit, sein Wert ist dir bekannt.
Sei vorsichtig.  Ich baue ganz auf deine Treue.  (Ab.)



Sechzehnter Auftritt

Wolf.


Wolf (allein).  Du schiffst nach England.  G�nstgen Wind!  Ich
bleibe hier und will mein Schifflein in den Hafen lenken.  Wie
doch die Sonne auf und nieder geht!  Wer ist nun zu beneiden?
Er?  der stolze, der gepriesene M�zen, der seines Gl�ckes Reste,
mit zerfallenem Gem�t, dem ungetreuen Meer vertrauen mu�?  oder
ich, der sanfte, der bescheidene Kammerdiener, der sein still
erworbnes Sch�fchen dem�tig ins trockne bringen kann.  Und wem
verdank ich diesen Sieg?  (schl�gt sich an die Stirn) dir,
Klugheit!  vielseitigste der G�ttinnen!  Die Natur hat mir nur
eine starke Gallenblase gegeben, die nicht zerplatzt ist bei
all dem Unsinn, den ich seit f�nf Jahren in diesem Haus hab
sehen m�ssen.  Aber die Klugheit hat mich l�cheln gelehrt.  Oh,
es ist eine gro�e Sache um das L�cheln!  Wie viele Menschen
haben sich ihr Gl�ck erl�chelt, und ein Schwachkopf kann eine
Minute lang f�r einen vern�nftigen Mann gelten, wenn er mit
Anstand zu l�cheln wei�.  Darum will ich l�cheln �ber die
Erb�rmlichkeit, solang ich noch zu leben habe, und dann eine
laute Lache aufschlagen--auf welche Grabesstille folgt.  (Ab.)

(Als er schon in der Kulisse ist, dr�ngt ihn Valentin zur�ck.
Er hat seinen Tischlerkaputrock an und einen wachsleinwandenen
Hut auf.  Ein Parapluie und einen Spazierstock zusammengebunden
unter dem Arm und ein kleines Felleisen auf dem R�cken, aus
dem Sack steht ihm das kurze Tabakrohr seiner eingesteckten
Pfeife.  Er ist benebelt, ohne zu wanken oder zu lallen.)

Valentin.  Halt!  Barbar, wo willst du hin?  Du kommst nicht von
der Stell.  Wie kannst du dich unterstehen, meine Geliebte zu
verleumden?  Was hat sie dir getan?  Sie hat deine Liebesantr�ge
nicht angenommen, weil du ihr zu h��lich bist.  Kann es eine
gr��ere Tugend geben?  Sie ist meine Verlobte, und du hast
geglaubt, ich bin der Gfoppte!  Sie soll einen Schmuck gestohlen
haben.  Diese schmucklose Person?  Pfui, sch�me dich!

Wolf.  Jetzt hast du die h�chste Zeit, aus dem Hause zu gehen,
du Trunkenbold!

Valentin.  Oh, ich hab Zeit genug!  Ich hab eigentlich gar nichts
mehr zu tun auf dieser Welt, als Ihnen meine Meinung zu sagen.
Glauben Sie mir, Herr von Kammerdiener--ich will Ihnen nichts
Unangenehmes sagen, ich versichre Sie, Sie sind ein
niedertr�chtiger Mensch.  Sie haben zwei arme Dienstboten aus
dem Haus gebracht, die von ihrer Herrschaft treu und redlich
bedient worden sind.  (Schluchzt.)  Aber der Himmel wird Sie
daf�r bestrafen.



Siebzehnter Auftritt

Vorige.  Rosa, auch zum Fortwandern ger�stet, mit einigen
B�ndeln, einem Sonnenschirm.


Rosa.  Was tust denn, Valentin?  So la� ihn gehn.  Ich hab ja
gh�rt, du bist betrunken?

Valentin.  Wer hat dir das entdeckt?  Ha!  ich bin verraten.

Wolf.  Jetzt packt euch!  Beide.

Valentin.  Sollen wir uns selber packen?  Nein!  wir packen ihn.

Rosa.  Sch�m dich doch!

Wolf.  He Bediente!  (Bediente kommen.)  Jagt dieses Lumpenpack
hier aus dem Haus.  Ich befehl es euch im Namen unsres gn�digen
Herrn.  (Geht ab.)

Valentin (geht auf einen Bedienten los, welcher mit dem
Kammerdiener �hnlichkeit in der Kleidung haben mu�).  Was?
hinauswerfen willst du uns lassen?  du sch�ndlicher Verr�ter!

Rosa.  Was treibst denn da?

Valentin.  La� mich gehn.  Der Kammerdiener hier mu� unter
meinen H�nden sterben.

Rosa.  Es ist ja nicht der Kammerdiener!

Valentin.  Nicht?  das macht nichts.  Es wird schon ein anderer
Spitzbub sein.

(Bediente lachen.)

Rosa (will ihn fortziehn).  So geh doch nur!

Valentin.  Er soll sich nicht f�r den Kammerdiener ausgeben.
Dieser Mensch, der in die Kammer gar nicht hinein darf.

Bediente.  Jetzt fort!  wir haben mehr zu tun.

Chor.  Fort, nur fort!  Packt euch hinaus!
Ihr geh�rt nicht in dies Haus.
Denn das hei�t man zu viel wagen,
So gemein sich zu betragen,
So zu trinken
Bis zum Sinken.
Fort hinaus
Aus dem Haus!
Rosa.  Da� ein wenig Saft der Trauben,
Einen Menschen, sanft wie Tauben,
Des Verstandes kann berauben,
Um ihn so hinaufzuschrauben,
Da� er 'n Hut nicht von der Hauben
Kann mehr auseinanderklauben,
Das ist stark doch, wenn S' erlauben.
Valentin.  Glaubt mir doch, ihr lieben Leutel,
Auf der Welt ist alles eitel,
Denn kaum trinkt man vierzehn Seidel,
Hat man schon kein Geld im Beutel,
Schnappt vom Fu� bis zu dem Scheitel
Zsamm als wie ein Taschenfeitel,
Alles eitel.  Noch ein Seidel!
Chor.  Ei, was n�tzt denn dieses Gaffen,
Fort mit euch, ihr dummen Laffen!
Rosa.  Geh und leg dich lieber schlafen!
Valentin.  Ich hab einen sch�nen Affen.
Chor.  Macht uns nicht so viel zu schaffen,
Ihr m��t euch zusammenraffen,
Denn das wird uns schon zu kraus,
Fort mit euch zum Schlo� hinaus!
(F�hren sie hinaus.)



Achtzehnter Auftritt

Verwandlung

Musik.  Das Innere einer ganz verfallenen gotischen Kapelle.
Es stehen nur die Mauern noch.  Der Mond leuchtet am bew�lkten
Himmel, und sein Licht strahlt gerade durch das Eingangstor,
so da� der Bettler, wenn er die letzte Rede spricht, von ihm
beleuchtet wird.

Der Bettler sitzt an der Ecke der Hinterwand im Dunklen auf
einem niedern Stein.
Flottwell, in einen Radmantel geh�llt, tritt ein.


Flottwell.  Die Nacht ist k�hl.  Auch zieht in Westen ein
Gewitter auf.  Wenn es nur bald vor�bergeht!  Was rauscht?
Bin ich hier nicht allein?  Wer kauert in der Ecke dort?
Hervor!

Der Bettler (steht auf).  Ich bins, mein gn�dger Herr, und
habe Sie schon lang erwartet.

Flottwell.  Was tritt mir dieser Bettler heut zum drittenmal
entgegen?  (Der Bettler tut einen Schritt vor, nun bescheint
ihn der Mond.)  Ha!  wie der Mond sein Antlitz gra� beleuchtet.
Was willst du hier von mir, du grauenhaftes Bild des
selbstgeschaffnen Jammers?

Bettler (kniet).  Ach, das verzweiflungsvolle Los meines
geheimnisvollen Elends und meine Herzensangst, da� Sie dies
Land verlassen, zwingen mich, den morschen Leib aufs neue in
den Staub zu werfen.  Sie sind der einzige in dieser
unbarmherzgen Welt, auf dessen Gro�mut ich noch bauen kann.

Flottwell.  Hinweg von mir!  je l�nger ich dich schaue, je
greulicher kommt mir dein Anblick vor.  Dring ihn nicht auf,
ich will dich nie mehr sehen.

Bettler.  Es steht bei Ihnen, gn�dger Herr, mich g�nzlich zu
verscheuchen.  Doch m��ten Sie daf�r ein gro�es Opfer bringen.
Oh, geben Sie die H�lfte dieses Schatzes nur, den Sie auf
Ihrer Brust verbergen, und niemals h�ren Sie mich mehr zu
Ihren F��en wimmern.

Flottwell.  Habgieriges Gespenst!  Hat Satan dich verflucht,
da� du der Erde Gold sollst nach der H�lle schleppen?  So ein
frech Begehren kann ja Wahnsinn kaum erfinden.  Ein Bettler,
der um Millionen flehet!

Bettler.  Vern�nftger ists, sie zu begehren, als sie wie du
vergeuden.

Flottwell.  Wie wagst dus, mich zur Rechenschaft zu ziehen?
Du undankbarer Molch, den ich so reich beschenkt!

Bettler.  Nie wird ein Bettler m�d, den Reichen zu beneiden.

Flottwell.  Wie Hundgeklaffe bei des Diebs Erscheinen schallt
sein Gebelfer durch die Nacht!

Bettler (gegen den Eingang rufend).  Oh, h�r es, Welt!  Oh, h�rt
es, Menschen alle!  Der �berreiche Mann l��t einen Bettler darben.

Flottwell (halblaut).  Dies gr��liche Geschrei wird mich am End
verraten.  Schweig doch und nimm dies Gold, um deine Gier zu
stillen.  (Er wirft ihm einen Beutel hin.)

(Ferner Donner.)

Bettler (hebt ihn auf.  Laut jammernd) Zu wenig ists f�r mich,
mein Elend ist zu gro�.  Ich la� nicht ab, der Welt mein Leid
zu klagen (zwischen dem Eingang) und ruf die Menschheit zwischen
uns zum Richter auf.

Flottwell.  Verstummst du nicht durch Gold, so mach dich Stahl
verstummen.  Schweig!  oder ich durchbohre dich!  (Er zieht den
Degen und durchsticht ihn.)

Bettler (bleibt stehen).  M�rder!  Dein W�ten ist umsonst!  Du hast
mich nicht verwundet.  Was ich begehrt, kann mich vers�hnen nur.
(Nochmal bittend.)  Oh, m�chtest du doch jetzt in meine Bitte
willgen.

Flottwell (hartn�ckig).  Du willst mich zwingen?  Nie!

Bettler (halblaut rufend).  So flieh, Verschwender, flieh!  Doch
mir entfliehst du nicht, und an der Themse sehen wir uns wieder!
(Ab.)

(Der Mond verbirgt sich hinter den Wolken.  Man h�rt den Wind
brausen.  Blitze leuchten.)

Flottwell.  Als ich ihm dort im Mondlicht in das bleiche Antlitz
starrte, ergriff es mich, als s�h ich meines Vaters Geist.  Die
Nacht wird st�rmisch.  Ha!  Ein Schatten fliegt daher!



Neunzehnter Auftritt

Voriger.  Amalie, in einen Mantel geh�llt, den Kopf mit einem
M�nnerhut bedeckt, tritt atemlos ein.


Flottwell.  Bist du es, Wolf?

Amalie (st�rzt ersch�pft in seine Arme).  Nein, ich bin es,
mein Julius!

Flottwell (entz�ckt).  Amalie!  Teures M�dchen!  Kommst du so
allein?

Amalie.  Ich konnte keine meiner Dienerinnen bewegen, das
ungewisse Los mit der Gebieterin zu teilen.  Mein Vater wacht
bei dem Baron.  Drum la� uns schnell entfliehen, wenn er nach
Hause kommt, so wird er mich zu sprechen w�nschen.

Flottwell.  Es tut mir weh, den treuen Wolf zur�ckzulassen.
Doch dr�ngt uns die Gefahr.  Wenn wir nur das Gewitter nicht
zu f�rchten h�tten!

(Donner.  Beide ab.)



Zwanzigster Auftritt

Verwandlung

Das Gestade des Sees.  Auf einem Felsen eine Schifferh�tte.

Max und Thomas, zwei Schiffer, ziehen einen Kahn mit einem
Segel ans Ufer.  Die Wellen des Sees gehen hoch.  Es ist nicht
g�nzlich finster, sondern falbes Licht.


Thomas (steht auf dem Fels und zieht das Schiff).  Max, zieh
das Segel ein, der Wind zerrei�t es sonst.

Max (tut es).  Das Hundewetter hat auch kommen m�ssen, um armer
Leut Verdienst zu schm�lern.

Thomas.  Wenn man am Morgen gleich ein altes Weib erblickt, die
brummt, da f�hrt der Henker stets ein Wetter her.

Max.  Fluch nur nicht so, sonst geht die See noch immer h�her.



Einundzwanzigster Auftritt

Vorige.  Flottwell.  Amalie.


Flottwell.  Ha, seid Ihr da?  Nun la�t uns schnell von hinnen!

Thomas.  Was f�llt Euch ein, wer wird in solchem Wetter fahren!

Flottwell.  Wir m�ssen fort.  Ich hab euch ja gedungen!

Max.  Zum �berschiffen.  Ja!  Allein was zahlt Ihr uns denn f�rs
Ertrinken?

Thomas.  Der Sturm schmei�t uns den leichten Kahn ja zehnmal um.

Max.  Wir segeln nicht!

Flottwell (verzweiflungsvoll).  Ihr m��t.

Thomas, Max.  Wir wollen nicht!

Amalie (f�r sieh).  O Gott, du strafst mich schon in dieser
Stunde.

Flottwell.  Ich brenn dir diese Kugel durch den Kopf.  (H�lt ihm
ein Terzerol vor.)

Thomas (schl�gt ihm das Pistol mit dem Ruder aus der Hand).
La�t doch das dumme Zeug.  Das Wetter wird schon knallen lassen.

Max.  Da m��t Ihr uns auf andre Weise zwingen.

Flottwell.  Wohlan, ich gebe euch zweihundert Louisdor, wenn wir
den See im R�cken haben.

Thomas.  Das ist ein Wort!  (Zu Max.)  Willst du dein Leben wagen?

Max.  Warum nicht?  Wenn ich hin bin, bin ichs nicht allein.
(Schl�gt ein.)

Thomas (schl�gt in Flottwells Hand).  Potz Sturm und Klippen
denn, es gilt.  Doch h�rt, da� uns das Frauenzimmer da nicht
etwa schreit.  Die See ist wie mein b�ses Weib, wenn man sich
f�rchtet, treibt sies immer �rger, doch schl�gt man mit dem
Ruder t�chtig sie aufs Maul, da gibt sie nach.  Nun kommt!

Flottwell.  Nun auf gut Gl�ck!

(Sie gehen alle vier nach dem Schiff.  Musik beginnt.  Nach
einigem Herumwerfen des Kahns steuern sie fort.  Das Gewitter
w�tet.  Es schl�gt ein.  Dies dr�ckt die Musik aus.  Seem�ven
fliegen �ber die B�hne.  Doch pl�tzlich l��t der Sturm nach,
die Wogen gehen niedrer.  Der Mond wird zur H�lfte zwischen den
Wolken sichtbar und wirft seinen Schein auf den Bettler,
welcher auf einem kleinen kaum bemerkbaren Kahn mit einem vom
Sturme zerrissenen Segel gebeugt sitzend sachte vor�berf�hrt.
Die Musik spielt die Melodie seines Bettlerliedes.  Wenn er fort
ist, vermehrt sich der Sturm, und die Kortine f�llt.)




Dritter Aufzug

Zwanzig Jahre sp�ter



Erster Auftritt

Flottwells Schlo�, wie zu Anfang des zweiten Aktes, nur das
Stammschlo� in der Ferne ist zur Ruine verfallen.


Flottwell, ganz aussehend wie der Bettler, sitzt beim Aufgeben
der Kortine an demselben Platz, wo der Bettler sa�.  Wenn die
Eingangsmusik, welche bei Er�ffnung der B�hne noch mehrere
Takte fortdauert, geendet ist, steht er auf.

Flottwell.  So seh ich dich nach zwanzig Jahren wieder, du
stolzer Freudentempel meines sommerlichen Lebens.  Du stehst
so ernst und sinnend da, gleich einem Monument ins Grab
gesunkener Gl�ckseligkeit.  Die alte Fr�hlichkeit scheint auch
aus dir gewichen.  Einst schallte Jubel aus den Fenstern dieses
Marmorsaales.  Silberne W�rfel kollerten noch auf dem gr�nen
Tisch.  Berauschte Spieler st�rzten auf mein Wohl die goldnen
Becher aus, und �berm�tge Freude schwang die riesgen Fl�gel.
Nun ist es stumm und still geworden.  Der Morgen hat schon lang
sein frohes Lied gesungen, und jene Pforte ist noch immer fest
verschlossen.  Oder blickst du nur in diesem Augenblick so ernst,
weil dein Begr�nder so dich wieder gr��t?  Seit ich dich nicht
gesehen, hat sich mein Schicksal sehr ge�ndert.  Ich habe Gattin,
Kind und all mein Gut durch eigne Schuld verloren.  Verfolgung
hab ich hier wohl nimmermehr zu f�rchten, denn Flitterstein,
mein gr��ter Feind, ist in der Schlacht gefallen.  Doch wo soll
ich in dieser Lage nun um Beistand flehen?  Der edle Pr�sident--
er hat uns ja vor seinem Tode noch verziehn--ist lang hin�ber.
An einige Freunde hab ich schon geschrieben, doch niemand will
den armen Julius mehr kennen.  Drum will ich noch das letzte
wagen.  Ich will nach Bettlerweise einem Fremden mich vertrauen.
Will dem Besitzer dieses Schlosses sagen, da� ich der erste war,
dessen Aug mit Herrenblick in diesem holden Eigentum geschwelgt,
und da� ich nun nichts mein zu nennen hab als diesen Bettelstab.
Vielleicht, da� ihn die Gr��e meines Ungl�cks r�hrt.  Hier kommt
der G�rtner auf mich zu!  den will ich doch befragen.



Zweiter Auftritt

Voriger.  G�rtner mit einer Gie�kanne, er ist phlegmatisch und
etwas roh.


Flottwell.  Guten Morgen!

G�rtner (sieht ihn verd�chtig an).  Guten Morgen.  (F�r sich.)
Mu� doch den gro�en Hund von der Kette loslassen, weil gar so
viel Gesindel immer kommt.

Flottwell.  Mein lieber Freund, wollt Ihr so gut sein, mir zu
sagen, wie Euer gn�dger Herr wohl hei�t und wie lang er dieses
Schlo� besitzt?

G�rtner.  Ihr wollt ihn wohl um etwas bitten?

Flottwell.  Ich w�nsche ihn zu sprechen.

G�rtner (f�r sich).  Scheint doch nicht, da� er etwas stehlen
will.  (Laut.)  Es mag jetzt ohngef�hr zw�lf Jahre sein.
(Rechnet nach) Der Flottwell hats gebaut, der wischt nach
England durch.  Da kaufts ein Graf, der starb, und dann nahms
unser Herr, und der wirds wohl auch bis an seinen Tod behalten.

Flottwell.  Seid Ihr schon lang in seinem Dienst?

G�rtner.  Ziemlich lang, aber gestern hat er mich pers�nlich
abgedankt--

Flottwell.  Wie tituliert man ihn?

G�rtner (unbedeutend).  Herr von Wolf--

Flottwell.  Von Wolf?  Von der Familie hab ich nie geh�rt.

G�rtner.  Ja mit der Familie ists auch nicht weit her.  Er war
des Flottwells Kammerdiener.

Flottwell (rasch).  Mein Kammerdiener?  (Fa�t sich.)  Nicht doch--

G�rtner (macht gro�e Augen).  Was f�llt Euch ein?  (F�r sich.)
Der Mann mu� nicht in Ordnung sein?  (Deutet aufs Hirn.)  Jetzt
will der Lump gar einen Kammerdiener haben.  (Laut.)  Bei
Flottwell, sagt ich, der in Amerika gestorben ist.

Flottwell.  Da hat Euer Herr vermutlich eine sehr gro�e Erbschaft
gemacht?

G�rtner.  Nichts hat er gemacht!  Den Flottwell hat er t�chtig
�bers Ohr gehauen.  Da kommt sein Reichtum her.  Der war so dumm
und hat ihn noch daf�r beschenkt.  Hat ihn geh�tschelt, und
Unserer hat ihn dann brav ausgelacht und sagt ihm noch im Tod
nichts Gutes nach.  So gehts den jungen Herrn, die nur vertun
und nichts verdienen k�nnen.  Da h�ngen sie den Schmeichlern
alles an, die andern Leute sind nicht ihresgleichen, und wenn
sie in die Not dann kommen, lacht sie alles aus.  (Gibt ihm
Tabak.)  Wollt Ihr eine Prise nehmen?

Flottwell.  Ich danke!  (Nach einigem Nachdenken.)  Ich will
ihn dennoch sprechen!

G�rtner.  Nun wenn Ihr ihn in guter Laune findet, vielleicht
schenkt er Euch etwas.  (Greift in den Sack.)  Ich will Euch
auch auf ein Glas Branntwein geben.

Flottwell (sp�ttisch).  Ihr seid zu gut.  Ich bin Euch sehr
verbunden.

G�rtner.  Ei, seht einmal!  Wenn man ein armer Teufel ist, da
mu� man jeden Groschen nehmen.  Doch Ihr werdet wohl am besten
wissen, wie Ihr mit Eurer Kassa steht.

Flottwell.  Ich dank Euch sehr f�r Euren Unterricht.  Mich wundert
aber, da� Ihr das so alles ungescheut von Eurem Herrn erz�hlt.

G�rtner.  Fr�her h�tt ich nichts gesagt.  Jetzt geh ich aber so
in einigen Tagen fort.  Da liegt mir nichts mehr dran!

Flottwell.  Sagt mir nur eins noch: Ist Herr von Wolf im Besitze
dieses ungerechten Gutes gl�cklich?

(Das Tor �ffnet sich.)

G�rtner.  Ob der wohl gl�cklich ist?  Da schaut ihn an und
�berzeugt Euch selbst.



Dritter Auftritt

Vorige.  Wolf.  Er ist sehr gealtert, sieht sehr krank aus, ist
in Pelz gekleidet und geht an einem Stock.  Drei Bediente mit ihm.


Flottwell (f�hrt zur�ck).  Himmel!  ich h�tt ihn nicht erkannt.

Wolf (sein Betragen ist sehr d�ster und sinnend).  Ich habe eine
�ble Nacht gehabt.  Die Sonne kommt mir heut so tr�be vor.

G�rtner.  Gn�dger Herr!  Es will ein armer Mann Sie sprechen.

Flottwell.  Du l�gst.  Ich bins nicht mehr.  (F�r sich.)  In solcher
N�he macht mich mein Bewu�tsein reich.

Wolf.  Er kann nicht �rmer sein als ich.  Wo ist er?

Flottwell (tritt vor).  Flottwell nennt er sich.

Wolf (f�hrt zusammen).  Flottwell?  (F�hlt in die Seite.)  Das
hat mir einen Stich gegeben.  Die b�se Gicht ist doch noch
unbarmherziger, als es die Menschen sind.  (F�r sich.)  Er lebt
noch.  Und kommt so zur�ck?  So straft der Himmel seine S�nder.

G�rtner.  Das ist der reiche Flottwell?  Gute Nacht, da will ich
lieber G�rtner sein.  (Geht ab.)

Wolf.  Herr von Flottwell, ich f�hle mich sehr geehrt, da� Sie
sich Ihres alten Dieners noch erinnern, und bedauere nur, da�
meine Krankheit, die mich schon seit vielen Jahren qu�lt, mir
nicht erlaubt, meine Freude �ber Ihre Ankunft so glanzvoll an
den Tag zu legen, als Sie von mir es fordern k�nnten.

Flottwell.  Ich habe nichts zu fordern, gar nichts mehr.  Was ich
mit Recht zu fordern hatte, ist mir durch einen H�hern (blickt
gegen Himmel) schon geworden.  Ich wollte nur den Besitzer meines
Schlosses sehen.

Wolf (l�chelnd).  Ja, es ist ein ganz besondrer Zufall.  Ich habe
dadurch eine wahre Anh�nglichkeit an Ihr Haus bewiesen.  Der
Himmel hat mich mit Gewinn gesegnet, aber ich habe jetzt gro�e
Verluste erlitten.  Verzeihen Sie, der Arzt erlaubt mir nicht,
so viel zu sprechen; ich wei� die Ehre Ihres Besuches sehr zu
sch�tzen.  (Zu den Bedienten.)  Geleitet mich zu jener Aussicht
hin.  Doch nein!  Ins Schlo� zur�ck.  Auch das nicht.  Nach dem
Garten.  Der Garten ist so sch�n.  Nur schade, da� die Rosen
schon verwelken.  (Wird nachdenkend.)  Wie oft werd ich sie
wohl noch bl�hen sehen?  (Schauert.)  Heut ist ein kalter Tag.

Flottwell.  Mir scheint die Sonne warm.

Wolf.  Mich friert.  Geht doch hinab ins Dorf und ruft den
frommen Mann, den ich so gern jetzt um mich habe.  Da� er mir
ein moralisches Buch vorliest.  Ich h�r so gern moralische B�cher
lesen.  Die Welt ist gar so schlecht, und man kann seinen Trost
nur in der Zukunft suchen.  (Schleicht in den Garten.)

(Die Bedienten folgen ihm.)

Flottwell (zu dem letzten der Diener).  Der Herr ist schwer
erkrankt!  Ist er geliebt?  W�nscht man ihm langes Leben?

Diener (sch�ttelt den Kopf und sagt gleichgiltig).  Er ist ein
geiziger Filz, den niemand leiden kann, und in einigen Wochen
wirds wohl mit ihm zu Ende gehn.  Adieu!  (Folgt den andern in
den Garten nach.)

Flottwell (sieht gegen Himmel und schl�gt die H�nde zusammen).
O Flottwells Schlo�, was beherbergst du f�r Menschen jetzt!  Was
soll ich nun beginnen?  Die wenigen Taler, die ich noch besa�,
hab ich auf meiner mondenlangen Wanderung verzehrt.  Ich hab
gespart und trocknes Brot gegessen, und doch besitze ich nicht
einen Pfennig mehr.  Dort mein altes Schlo�!  (Sieht nach der
Ruine in der Ferne.)  Es ist zum Sinnbild meines jetzgen Gl�cks
zusammgest�rzt.  (Er bleibt mit verschr�nkten Armen nachdenkend
stehen.)



Vierter Auftritt

Voriger.  Valentin, in b�rgerlicher Tracht als Tischlermeister,
einen Hobel im Sack, kommt trillernd.  Er hat schon dunkelgraues
Haar.


Valentin.
Wenn ein Tischler fr�h aufsteht,
Tralalala--
(Sieht Flottwell.)

Schau, schau, da ist ein armer Mann.  Ich mu� ihm doch was
schenken.  (Er nimmt einen Groschen aus dem Sack und will
ihn Flottwell reichen, doch stutzt er, als er ihn erblickt.)
He Alter!  (Flottwell kehrt sich gegen ihn.)  Was ist--Ich
wei� nicht, dieses Gsicht--das Gsicht ist mir bekannt--
jetzt trau i ihm fast den Groschen gar nicht zu geben--

Flottwell.  Was wollt Ihr denn?

Valentin (noch gereizter).  Die Stimm--das wird doch nicht?
(Er zittert.)  Sie, h�ren S'--das w�r entsetzlich Bitt um
Verzeihung!  Sie, kennen Sie das Schlo�?

Flottwell (ger�hrt).  Ob ich es kenne, Freund?  Es war ja einst
mein Eigentum!

Valentin (schreit rasch).  Mein gn�dger Herr!  (Eine Mischung
von Freude, Wehmut und Erstaunen macht ihn erzittern, er wei�
sich nicht zu fassen.  Ruft noch einmal.)  Mein gn�dger Herr!
(Die Tr�nen treten ihm in die Augen, er k��t ihm stumm die
Hand.)

Flottwell.  Wer bist du, Freund?

Valentin.  Der Valentin.  Kennen mich Euer Gnaden denn nimmermehr?
Der Tischlergsell, der einmal bei Ihnen gearbeitet hat und
den Sie als Bedienten aufgenommen haben, weil er Ihnen so gut
gfallen hat.

Flottwell (gutm�tig).  Valentin?  der gute ehrliche Valentin.
Und du erinnerst dich noch meiner?

Valentin.  Ob ich mich erinnere?  O Gott!  Euer Gnaden waren ja
so gut mit mir und haben mir ja so viel geschenkt.  Einen
Dukaten hab ich mir noch aufgehoben, (gutm�tig) aber die
andern hab ich alle ausgegeben.

Flottwell.  Und geht es dir gut?

Valentin.  Nu mein!  Wies halt einen armen Tischler gehn kann.
Auf dem Land ist ja nicht viel zu machen.  Ich bin zufrieden.

Flottwell.  Dann bist du gl�cklich!

Valentin.  Nu, man nimmts halt mit, solang als Gott will.  Aber
Euer Gnaden scheinen mir gar nicht zufrieden zu sein.

Flottwell.  Nicht wahr, ich hab mich sehr ge�ndert?

Valentin (verlegen).  Ah nein!  nein!  Euer Gnaden schauen gut aus--
gut--recht gut.  A bissel strapaziert, aber--(Beiseite.)  Das
kann man ja einen solchen Herrn nicht sagen.

Flottwell.  Mein guter Valentin, nun kann ich dich nicht mehr
beschenken.

Valentin.  Beschenken?  Euer Gnaden werden mich doch jetzt nicht
mehr beschenken wollen.  Da m��t ich Euer Gnaden richtig v�llige
Grobheiten antun.  (Fa�t sich.)  Bitt um Verzeihung!  Ich red
manchmal, als wenn ich Hobelschatten im Kopf h�tt.  Seit ich
wieder Tischler bin, hab ich mein ganze Politur verloren.

Flottwell (f�r sich).  Soll ich mich ihm entdecken?

Valentin (f�r sich).  Ich trau mir ihn gar nicht zu fragen.
Mir scheint, er ist voll Hunger.

Flottwell.  Gehst du nach Hause?

Valentin.  Nein!  Ich soll im Wirtshaus dr�ben die T�r zusammnageln,
weil s' gestern einen hinausgeworfen haben, und da ist er ihnen
a bissel angekommen an die T�r, und da hat s' einen Sprung
kriegt.  Und dann hab ich der Schulmeisterin eine neue Linier
machen m�ssen.  Sie hat s' an ihren Mann abgeschlagen, weil sie
ihn manchmal liniert.

Flottwell (k�mpft mit sich, seufzt, greift sich an die Stirne
und sagt dann).  Nun so leb wohl!  (Will gehn.)

Valentin (h�lt ihn auf).  Wo wollen denn Euer Gnaden hin?  Euer
Gnaden werden mir doch nicht wieder davonlaufen?  Jetzt hab ich
ja erst die Ehr gehabt zu sehen.  (Beiseite.)  Wann ich nur w��te,
wie ich das Ding anstellen soll?

Flottwell (seufzt).  Was willst du denn noch?

Valentin.  Euer Gnaden verzeihen--Aber--Sagen mir Euer Gnaden
aufrichtig: Sein Euer Gnaden heut schon eingeladen?

Flottwell (l�chelt).  Nein, lieber Mann!

Valentin.  D�rft ich wohl so frei sein und d�rft mir die Ehr
ausbitten, auf eine alte Hausmannskost?

Flottwell (ger�hrt).  Ich danke dir.  Rechtschaffener Mensch!
Ich komme.

Valentin.  Nichts kommen.  Ah beleib.  Ich la� Euer Gnaden nimmer
aus.  Die sollen sich ihre T�r selbst zusammennageln.  Ich mu�
mit meinen gn�digen Herrn nach Haus gehn jetzt.

Flottwell.  So komm!

Valentin.  Aber das sag ich gleich, so gehts bei mir nicht zu,
wies einmal bei uns da (aufs Schlo� deutend) zugegangen ist--
Ah--(Schlagt sich aufs Maul.)  Schon wieder so ein
Hobelschattendiskurs.

Flottwell.  Ich werde mit allem zufrieden sein.

Valentin.  Nichts!  Nein!  Wird nicht so schlecht ausfallen,
ich koch ja selbst.  Ah, wir werden uns schon zusammnehmen,
ich und meine Alte.  Wird sich schon wo ein �bertragens
Gefl�gelwerg finden.  Solang der Valentin was hat, werden
Euer Gnaden nicht zugrund gehen.  Jetzt werden wir unsern
Einzug halten.  Ah, so kanns nicht ablaufen.  Euer Gnaden
m�ssen eine Auszeichnung haben.  Ich geh voraus, und Euer
Gnaden kommen nach; und alle meine Kinder m�ssen Spalier
machen, und wie Euer Gnaden eintreten, m�ssen s' schreien,
da� ihnen die Brust zerspringen m�chte: Vivat!  unsern Vatern
sein gn�diger Herr soll leben!

Flottwell.  Guter Valentin.

Valentin.  Das ist ein Leben auf der Welt!

(Flottwell geht Arm in Arm mit ihm ab.)



F�nfter Auftritt

Verwandlung

Tischlerstube.  Eine Hobelbank.  Tischlerwerkzeuge hangen an
der Wand.  Tisch und St�hle.  Links ein Fenster.  Rechts eine
Seitent�r.

Liese jagt den Michael, der eine Pudelm�tze aufhat und B�cher
mit einem Riemen zusammengeschn�rt, aus dem Kabinett heraus.
Hiesel s�gt bei der Hobelbank.


Liese.  Wart, du Spitzbub, wann die Mutter nach Haus kommt!  Ich
werd dir naschen lernen.  Kaum kommt er nach Haus, so hat man
schon wieder Gall.

Michael (weinend).  Die Mutter hat mirs erlaubt.

Liese (rei�t dem Hiesel die S�ge aus der Hand).  Stehn la�, sag
ich.  Wenn du den Vatern was ruinierst.

Hiesel.  Ich arbeit schon so gut als wie der Vater.  (H�mmert.)

(Pepi will aus dem Kabinett herausgehn, f�llt aber nieder und
weint.)

Liese.  Den Buben hebts auf!  (Sie hebt ihn auf, er hat noch
das Kinderr�ckchen an, und stellt ihn auf den Tisch.)  Jetzt
ist er noch nicht angezogen.  (Sie zieht ihm sein Kamisol an.)

Michael (zupft sie am Kleid).  Den Schl�ssel gib mir, da� ich
meine Schulb�cher aufheben kann.

Liese.  La� mich gehn, ich mu� den Buben anziehn.  Wann die Mutter
kommt!  Es ist schon elf Uhr.

Hansel.  Hiesel, komm heraus, wir steigen in Taubenkobel hinauf.

Liese.  Nein, wenn die Buben aus der Schul zu Haus kommen, ists
nicht zum Aushalten.  (Hiesel h�mmert.)  H�rst nicht zum hammern
auf?

(Eine Gans lauft herein und fri�t.)

Michael (der nach dem Ausgang deutet).  Das Fleisch geht �ber.

Liese (setzt den kleinen Buben mitten ins Zimmer, der schreit).
Auf den kleinen Buben gebts acht!  (L�uft hinaus.)

Hansel (ruft).  Hiesel, aussa geh!



Sechster Auftritt

Vorige.  Valentin.  Flottwell.


Valentin.  Spazieren Euer Gnaden nur herein!  (Hansel geht vom
Fenster weg.)  Fallen Euer Gnaden nicht �ber den Buben.  Wer hat
ihn denn da mitten ins Zimmer hergesetzt?  Ich bitt um
Verzeihung, es ist alles in Unordnung.  Einen saubern Sessel
heraus!  (Michael lauft ins Kabinett und bringt einen holzernen
Stuhl.)  Jagts die Gans hinaus!  die Hobelschatten weg!  (Hiesel
tut es.  Valentin zu Michael.)  Einen Polster bring!  (Michael
l�uft fort und stolpert.)  Jetzt wirft er das Leimpfandel um.
Wie gfallt Euer Gnaden denn die Wirtschaft?  (Michael bringt
einen Bettpolster.)  Was treibst du denn, h�ttest gar eine Tuchet
gebracht.  (jagt ihn fort damit.  Zu Flottwell.)  Ich bitt, Platz
zu nehmen.  Lieserl, wo bist du denn?  Komm doch herein.  Alle
Kinder!  (Liese, alle Kinder bis auf Hans.)  Wo ist denn der
Hansel?

Liese.  Der ist schon wieder drau�en.

Valentin (wirft einen Blick durchs Fenster).  Da hab ich die
Ehre, meine Familie aufzuf�hren.  Eins--zwei--drei--vier,
und der f�nfte sitzt auf den Taubenkobel oben.  Mein Weib wird
gleich nach Haus kommen.  Die wird ein Vergn�gen haben.  Hansel!
komm herein geschwind.

Hansel (innen, ruft).  Ich kann ja nicht so geschwind
heruntersteigen!

Valentin.  So fall herunter.  Jetzt da gehts her, Kinder.  Da
stellt euch im Kreis herum!  (Hansel kommt.)  Da schauts den
Herrn an.  Das ist mein lieber guter gn�diger Herr, von dem
ich euch so viel erz�hlt hab.  Der hat euren Vatern und viel
hundert Menschen Gutes getan.  Gehts hin und k��t ihm alle
die H�nd.

(Die Kinder tun es.  Unterdessen sagt)

Hansel.  Vater, der sieht ja gar nicht aus als wie ein
gn�diger Herr.

Valentin.  Bist still.  Du bist kein Kenner.  Was verstehst
denn du von gn�digen Herren.

(Hansel tut es auch.)

Pepi.  Euer Gnaden, Pepi auch Hand k�ssen.

Valentin.  Das j�ngste Kind meiner Laune, Euer Gnaden.

Liese (verlegen).  Euer Gnaden!  Unser Herr Vater hat uns halt
so viel Gutes, Liebes und Sch�nes von Euer Gnaden gesagt, da�
wir uns recht freuen, Euer Gnaden kennenzulernen.

Flottwell.  Gott!  (Sinkt von Schmerz und Scham �berw�ltigt in
den Stuhl und verh�llt mit beiden H�nden das Gesicht.)

Liese (leise).  Vater, der Herr bedauert mich recht.  Dem mu�
ja gar schlecht gehn!

Valentin (ebenso).  Tuts nichts dergleichen, wir werden schon
dar�ber reden!  (Liese geht ab.)  Gehts jetzt, Kinder, gehts
ein wenig in den Hof hinaus.  (Zu Hiesel.)  Du schaust dich
drau� um die fetteste Enten um.  (Zu Michael.)  Und du suchst
dein Mutter auf.  Sie soll gleich nach Haus kommen.  (Kinder
ab.)  Mein Gott, die Kinder, die wissen noch nichts von der
Welt.  (Seufzt.)  Ja ja!  Sein Euer Gnaden nicht so betr�bt.  Ich
hab selbst nicht zuviel.  Aber Euer Gnaden d�rfen mir nicht
zugrunde gehen.  Aber erz�hlen mir Euer Gnaden doch einmal,
wie ist denn das Ungl�ck so gekommen?

Flottwell.  Ich lebte durch acht Jahre mit meiner edlen
Gemahlin, die mir in London einen Sohn geboren hatte, ganz
gl�cklich.  Jedoch auf einer Reise nach S�damerika, von welcher
sie mich vergebens abzuhalten suchte, als h�tte sie mein
Ungl�ck geahnet, entri� mir der Tod beide.  Ich ging nach
London zur�ck, suchte Zerstreuung.  Mein Aufwand stieg.  Ich
lie� mich in gro�artige Spekulationen ein, die mir nur Ruhm,
aber keinen Gewinn bringen konnten, und nach mehreren Jahren
sah ich mein Verm�gen bis auf einen kleinen Rest geschmolzen.
Nun ward mir bange, ich beschlo�, nach meinem Vaterland
zur�ckzukehren, mit dem festen Vorsatz, mich in jeder Hinsicht
einzuschr�nken.  Ich kam nach Deutschland--ein ungl�cklicher
Gedanke hie� mich Wiesbaden besuchen.  Hier war die Grenze
meines Leichtsinns.  Nach zwanzig Jahren spielte ich wieder
einmal in der Hoffnung, mein Verm�gen zu vermehren, ich gewann,
spielte fort und verlor alles.  Alles.  Mu�te meine Garderobe
zur�cklassen und mit zwanzig Talern die weite Reise nach
meiner geliebten Heimat, wohin es mich mit unwiderstehlicher
Gewalt zog, zu Fu�e machen, und so bin ich zum Bettler nun
verarmt.

Valentin.  Das ist freilich eine traurige Geschichte, aber es
ist halt notwendig, da� man s' erfahrt.  Aber verzeihen mir
Euer Gnaden, Euer Gnaden sein doch ein bissel selber schuld.
Es schickt sich nicht, da� ich das sag.  Aber ein Herr, der so
dagestanden ist wie Euer Gnaden--Es ist zum Tot�rgern--Ich
kann mir nicht helfen, ich red halt, wie ichs denke.

Flottwell.  Du hast recht.  Oh, jetzt erst treten alle Warnungen
vor meine Seele, die ich aus Stolz und �bermut verschm�hte,
Cheristane und das grauenvolle Bild des geheimnisvollen
Bettlers, der mich so lange Zeit verfolgt und dessen Abkunft
ich wohl nie entr�tseln werde.

Valentin.  Nun sein Euer Gnaden nur beruhigt.  Wie ich gesagt
hab.  Alles, was in meinen Kr�ften steht.  Haben Euer Gnaden nur
die Gnad und gehen Euer Gnaden derweil allergn�digst in das
andere Zimmer hinein, da� wir da ein wenig zusammenr�umen
k�nnen.  Es schaut gar so innobel aus.  Schauen sich Euer Gnaden
ein wenig um drinnen.  Da werden Euer Gnaden etwas darin sehen,
was Euer Gnaden gewi� erfreuen wird.  (Er geleitet ihn bis an
die T�r.)

Flottwell.  O Dienertreu, du gleichst dem Mond, wir sehen dich
erst, wenn unsere Sonne untergeht.  (Ab.)

Valentin.  Das ist eine sch�ne Rede, aber ich hab sie nicht
verstanden.  Lisi, Kinder, gehts herein!

(Liese.  Hiesel.  Hansel.)

Liese.  Was befiehlt der Vater?

Valentin.  Habt ihr euren Vatern gern?

Alle drei.  Ja!

Valentin.  Wollt ihr ihm eine Freude machen?

Alle drei.  Ja, lieber Vater!

Valentin.  Verdru� habt ihr mir schon genug gemacht.  Seid mit
dem Herrn da drin recht gut und h�flich.  Er wird bei uns im
Haus bleiben.  Ich la� ihn nimmer fort.  Und redet der Mutter
auch zu, sie ist eine gute Frau, aber manchmal ein wenig g�h.

Kinder.  Wir wissens am besten, wir haben genug auszustehen mit
ihr.

Valentin.  So?  Ja was die Eltern jetzt den Kindern f�r Kummer
und Sorgen verursachen, das ist au�erordentlich.  Also geht
hinein zu ihm.  Ich komm gleich wieder, ich mu� nur die T�r
in Wirtshaus machen.  Und verge�t nicht, was ich gesagt hab.
Er ist ungl�cklich.  Mit ungl�cklichen Menschen mu� man subtil
umgehen.  Die gl�cklichen k�nnen schon eher einen Puff aushalten.

(Kinder ab ins Kabinett.)

Valentin (allein).  Nein, wenn man solche Sachen erlebt, da
wird man am Gl�ck v�llig irre.  Was nutzt das alles!  Der Mensch
denkt, der Himmel lenkt.

Lied
Da streiten sich die Leut herum
Oft um den Wert des Gl�cks,
Der eine hei�t den andern dumm,
Am End wei� keiner nix.
Da ist der aller�rmste Mann
Dem andern viel zu reich.
Das Schicksal setzt den Hobel an
Und hobelt s' beide gleich.
Die Jugend will halt stets mit Gwalt
In allen gl�cklich sein,
Doch wird man nur ein bissel alt,
Da find man sich schon drein.
Oft zankt mein Weib mit mir, o Graus!
Das bringt mich nicht in Wut.
Da klopf ich meinen Hobel aus
Und denk, du brummst mir gut.

Zeigt sich der Tod einst mit Verlaub
Und zupft mich: Br�derl, kumm!
Da stell ich mich im Anfang taub
Und schau mich gar nicht um.
Doch sagt er: Lieber Valentin!
Mach keine Umst�nd!  Geh!
Da leg ich meinen Hobel hin
Und sag der Welt Adje.  (Ab.)

Repetition
Ein Tischler, wenn sein War gef�llt,
Hat manche frohe Stund,
Das Gl�ck ist doch nicht in der Welt
Mit Reichtum blo� im Bund.
Seh ich soviel zufriednen Sinn,
Da flieht mich alles Weh.
Da leg ich nicht den Hobel hin,
Sag nicht der Kunst Adje!  (Ab.)



Siebenter Auftritt

Flottwell mit einem Bilde in der Hand, sein Bild in jungen
Jahren vorstellend.  Liese.  Hans.  Hiesel.


Flottwell.  Wie freut mich das, mein Bild in eurem Haus zu
finden.  Ich k�nnt es nicht in bessern H�nden wissen.  Wie ist
es an euren Vater gekommen?

Liese.  Der Vater hat uns erz�hlt: Er hats im Schlo� gekauft.
Wie alles gerichtlich lizitiert ist worden.

Flottwell (seufzt).  Ja so!

Hansel.  Und es hat nicht viel gekostet.  Es hat kein Mensch was
geben wollen daf�r.

Flottwell (f�r sich).  Sch�ndlich!

Liese (heimlich).  Bist still!  Wei�t du nicht, was der Vater
gesagt hat?

Hiesel (deutet an den Rand des Bildes).  Da steht der Datum,
wenn Euer Gnaden geboren sein.

Liese (sieht nach).  Den letzten Julius.  (Freudig.)  Da ist ja
heute Ihr Geburtstag?  Ah!  das ist sch�n.  Gerade f�nfzig Jahr.

Alle drei.  Wir gratulieren!

(Liese l�uft fort)

Flottwell.  Als die Sonne sank, ward ich geboren.  Wenn sie
wieder sinken wird?  Wo werd ich sein?  (Versinkt in Nachdenken.)

Hiesel (zu Hans).  Du, da bin ich vergn�gter, wenn mein
Geburtstag ist.

Hansel.  Ja, er ist ja schon f�nfzigmal geboren.  Da gw�hnt
mans halt.

Liese (fahrt Pepi herein, der jetzt als Kn�bchen reinlich
gekleidet ist und einen gro�en Blumenstrau� tr�gt).  Da bring
ich noch einen Gratulanten.

Hansel (sieht zum Fenster hinaus).  Just kommt die Mutter!
(L�uft hinaus.)

Liese (herzlich).  M�chten Euer Gnaden noch viele solche
Blumen auf Ihrem Weg erbl�hen!  Das w�nschen wir Ihnen alle
von ganzem Herzen.

Flottwell (nimmt tief ergriffen den Blumenstrau�, sagt) Ich
dank euch, liebe Kinder!  (und legt ihn auf den Tisch.)  Ach,
warum kann ich euch nur mit Worten danken!



Achter Auftritt

Vorige.  Rosa, schlicht b�rgerlich gekleidet, gealtert.  Sie
tr�gt einen bedeckten Korb.  Hans und Michael mit ihr.


Rosa (erz�rnt zu Hans).  Was dableiben?  Erhalten ein fremden
Menschen?  Wenn man so viel Kinder zu ern�hren hat!  Ist dein
Vater n�rrisch?  Das ging' noch ab!  (Erblickt Flottwell.)  Da
ist er ja.  (F�r sich.)  Nu, der sieht sauber aus!

Flottwell (der am Tische sa� und auf Rosas Reden nicht horchte,
steht auf).  Guten Tag, liebe Frau!

Rosa (boshaft gr��end).  Guten Tag, Herr von Flottwell!  Freut
uns, da� Sie Ihre alte Dienerschaft aufgesucht haben.  So k�nnen
Sie sich doch wenigstens �berzeugen, da� wir arme, aber
ehrliche Menschen sein.  In unserm Haus hat nie ein Schmuck
existiert, wie Sie sehen.  Wir haben uns auch in Ihrem Dienst
nicht so viel erwirtschaften k�nnen als wie gewisse Personen,
die sich ein Schlo� davon gekauft haben.  Ich glaub, Sie werden
mich verstanden haben.

Flottwell.  Ich verstehe Sie nicht ganz, liebe Frau.  Ich erinnere
mich nicht genau an alle Ereignisse meines Hauses.  Nur das
wei� ich gewi�, da� keinem meiner Diener, mit meinem Willen,
eine Ungerechtigkeit widerfahren ist.

Rosa (fein).  Ah was!  Verh�ltnisse bestimmen die �u�erungen der
Menschen.  Ich kann Ihnen gar nichts sagen, Herr von Flottwell,
als: Sehen Sie sich bei uns um!  K�nnen Sie von uns fordern,
da� wir in unserer eingeschr�nkten Lage noch einen Mann erhalten,
dem wir nichts zu danken haben als unsern richtigen Lohn, so
steht es Ihnen frei, bei uns zu bleiben.  Mein Mann ist ein
guter Lappe, der l��t sich zu allen �berreden.  Der n�hmet
die ganze Welt ins Haus, aber ich bin die Hausfrau, ich hab
zu entscheiden, ich kenn unsere Verh�ltnisse, unsere Ausgaben
und unsere Einnahmen.  Ich mu� f�r meine Kinder sorgen, wenn sie
nichts zu essen haben, und ich kann meine Einwilligung nicht
geben.  Es wird uns freuen, wenn Sie uns heut auf Mittag beehren
wollen.  Wir werden uns nicht spotten lassen.  Aber f�r immer?
Verzeihen S'!  das kann ich nicht zugeben!  Heut in meinem Haus
und nimmer!

Flottwell (mit emp�rtem Erstaunen).  Nein!  Ich hab es nicht
geh�rt!  Es war ein Traum!  So sprach sie nicht zu Julius von
Flottwell, ihrem einstgen Herrn.  Zu jenem Flottwell, der im
goldumstarrten Saale hundert Schmeichler an der Tafel sah!
Zu dem gepriesnen Vater seiner Diener!  Zum edelsten der Freunde!
Zum besten, sch�nsten, geist- und goldbegl�cktesten der Menschen,
und wie die L�gen alle hei�en, die ihre S��igkeit ans volle
Glas hinschrieb.  So sprach sie nicht zu mir, den dieser
Blumenstrau� schon zu so heilger Dankbarkeit entflammen konnte,
als h�tte ihn ein Engel in des Paradieses Scho� gepfl�ckt?
O Weib!  K�nnt ich den zehnten Teil meines verlornen Gl�cks
zur�ckbeschw�ren und zehnfach Elend auf dein altes Haupt
hinschmettern, das dich zu meinen F��en f�hren m��te, dann
sollte meine Gro�mut dich belehren: wie ungerecht du warst,
da� du in meinem Ungl�ck mich so bitter hast gekr�nkt.
(Gebt ab.)

Liese (betr�bt).  Das h�tt die Mutter aber doch nicht tun sollen.

Rosa (zornig).  Still sei und marsch in die Kuchel hinaus!
(Liese geht ab.  Zu den Buben.)  Nu habt ihr nichts zu tun?

Hansel (schluchzt).  Das sag ich den Vatern, wann er zu Haus
kommt.  (Geht mit den andern ab.)

Rosa (allein).  Das w�r eine sch�ne Wirtschaft!  Und wie der
Mensch schreit in einem fremden Zimmer!  Und er hat ja was von
einem alten Haupt gsagt.  Hab denn ich ein altes Haupt?  Der
Mensch mu� gar keine Augen im Kopf haben.  Das nutzt einmal
alles nichts, reden mu� man um seine Sach.  Wer 's Maul nicht
aufmacht, mu� den Beutel aufmachen.  Ah, da kommt mein Mann
nach Haus, den werd ich meine Meinung sagen.



Neunter Auftritt

Vorige.  Valentin.


Valentin.  So!  Jetzt ist die T�r auch wieder in der Ordnung.
Ah, bist schon zu Haus, liebes Weib?  Das ist gscheid.

Rosa.  Ja zum Gl�ck bin ich noch zur rechten Zeit zu Haus
gekommen, um deine voreiligen Streiche wieder gutzumachen.

Valentin.  Was denn f�r Streich?  Wo ist denn der gn�dige Herr?

Rosa.  Wo wird er sein?  Wo es ihm beliebt.

Valentin.  Was?  Was hast gesagt?  Ist er nicht in der Kammer drin?

Rosa.  Such ihn!

Valentin (schaut hinein).  Wo ist er denn?  (Heftiger.)  Wo ist
er denn?

Rosa.  Was gehts denn mich an?  Was k�mmern mich denn fremde Leut?

Valentin.  Fremde Leut?  Hast denn nicht gesprochen mit ihm?

Rosa (unwillig).  Ah was!

Valentin.  Was ist denn da vorgegangen?  Kinder!  Kommt alle her.

(Liese.  Hans.  Hiesel.  Michael, der den Pepi f�hrt.)

Valentin.  Wo ist der gn�dige Herr?

Liese (verlegen).  Ja ich--

Rosa (keck).  Nun, was stockst?  Fort ist er.  Was ists weiter?

Valentin.  Fort ist er?  Wegen was ist er fort?  Wann ist er fort?
Wie ist er fort?  Um wieviel Uhr ist er fort?

Liese.  Ja die Mutter--

Valentin.  Heraus damit!

Rosa.  Nu sags nur!  Was f�rchtest dich denn?

Liese.  Die Mutter hat zu ihm gsagt: Sie behalt ihn nicht im Haus.

Hansel (weinend).  Und der Vater machet lauter so dumme Sachen.

Valentin.  Das hast du gesagt?

Hiesel.  Drauf ist er fortgelaufen und hat geweint.

Valentin (bricht in ein ironisches Lachen aus).  Ha!  ha!
(Klatscht in die H�nde.)

Rosa.  Nu was sein das f�r Sachen?

Valentin.  Still sei!  Kinder, gehts hinaus.

Rosa.  Warum nicht gar--

Valentin.  Still sei--da setz dich nieder!

Rosa.  Du!--

Valentin (dr�ngt sie auf den Stuhl).  Nieder setz dich!  Kinder,
gehts hinaus.

(Die Kinder geben ab.)

Hansel (im Abgehen).  Nein, wies in unserm Haus zugeht, das ist
schrecklich.  (Ab.)

Rosa (springt auf).  Jetzt was solls sein?

Valentin.  Nur Geduld!  Ich hab dich nicht vor den Kindern
besch�men wollen, wie du mich!  Was ist dir jetzt lieber?
Willst du meinen gn�digen Herrn im Haus behalten, oder ich
geh auch fort.

Rosa.  Was?  Was willst du f�r Geschichten anfangen, wegen
einem fremden Menschen?

Valentin.  Ist er dir fremd?  Mir nicht!  Einen Menschen, den
ich Dank schuldig bin, der kann mir gar nicht fremd werden.

Rosa.  Du bist Vater.  Du mu�t auf deine Kinder schauen.

Valentin.  Er ist auch mein Kind, ich hab ihn angenommen.

Rosa.  Nu das ist ein junges Kind.

Valentin.  Ja, so jung als du ist er freilich nicht, denn du
betragst dich, als ob du vier Jahr alt w�rst.

Rosa.  Kurz und gut: Ich leid ihn einmal nicht im Haus.

Valentin.  Du leidest ihn nicht?  Kinder!  kommts herein.

(Alle Kinder.)

Alle Kinder.  Was befiehlt der Vater?

Valentin.  Ziehts euch an, ihr geht mit mir!

Hiesel.  Wohin denn, Vater?

Valentin.  Das werds schon sehen.  Auf die Schleifen gehn wir
nicht.  Nehmt alles mit.  Eure Studien.  Das Namenb�chel.  Die
ganze Bibliothek.  Den Hobel.  Das ganze Arbeitszeug.  Alles!

Rosa.  Ah, das ist mir ja noch gar nicht vorgekommen!

Valentin.  Gelt?  Oh, es gibt Sachen, wovon sich unsere
Philosophie nichts tr�umen l��t.

Hansel.  Aber heut nimmt sich der Vater zusammen, das ist
gscheidt.

Rosa (stemmt die H�nde in die Seite).  Du willst die Kinder aus
dem Haus nehmen?

Valentin.  Ich bin die Ursach, da� sie ins Haus gekommen sind,
folglich kann ich s' auch aus dem Haus nehmen.

Liese.  Aber Vater, was soll denn das werden?  Das w�r ja ganz
entsetzlich.

Valentin (zu Liese).  Willst du bei deiner Mutter bleiben?

Liese.  Ja, das ist meine Schuldigkeit.

Valentin.  So geh zu ihr!  (Liese geht hin.)  Buben, gehts her
zu mir!  (Die Buben treten auf seine Seite.)  Das sind die
St�tzen meines Reiches.  Die geh�ren mir zu.  Machts euch fertig!

(Die Buben nehmen alles.)

Hiesel.  Was soll denn ich noch nehmen?

Valentin.  Den Zirkel, runder Kerl.

Rosa.  Er macht wirklich Ernst.  Das h�tt ich meinen Leben nicht
geglaubt.

Liese.  Liebe Mutter, gib die Mutter nach.

Valentin.  So, jetzt ist der Auszug fertig.  Jetzt gebts acht.
Jetzt werd ich kommandieren: Rechtsum, kehrt euch, marsch!
(Will fort.)

Rosa (ruft ihm reum�tig nach).  Du Mann!  Halt!

Valentin.  Was gibts?

Rosa.  Ich mu� dir noch was sagen!

Valentin (f�r sich).  Aha!  jetzt fangen die Unterhandlungen an.
(Laut.)  Nur kurz!  das sag ich gleich.

Rosa (leise).  La� die Kinder hinausgehn.

Valentin.  Kinder, gehts hinaus!

Liese (f�r sich).  Nu Gott sei Dank!

Hansel.  Mir scheint, die Mutter gibt doch nach.  Ja, wann wir
M�nner einmal anfangen, da mu� es brechen oder gehn.

(Die Kinder ab.)

Valentin.  Also was willst du jetzt?

Rosa (gutm�tig).  Schau, �berleg dirs doch, du wirst dich
�berzeugen, ich hab recht.

Valentin.  Still sei, sag ich.  Oder ich ruf die Kinder herein.

Rosa.  So la� doch drau�.  Sie zerrei�en ja zu viel Schuh, wenn
sie immer hin und wieder laufen.

Valentin.  Das nutzt dir alles nichts.  Aut Aut!  Oder, entweder--

Rosa.  Gut, ich will mirs �berlegen.

Valentin.  Nichts �berlegen.  Heut mu� er noch ins Haus, und eine
Mahlzeit mu� hergerichtet werden, da� die ganze Menschheit die
H�nd �ber den Kopf zusammenschlagen soll.

Rosa.  Nu mir ists recht!  Aber er verdients um uns nicht.

Valentin.  Was sagst?  Er verdients nicht?  Wer ist denn schuld,
da� wir so friedlich miteinander leben?  Da� ich hab Meister
werden k�nnen und das H�usel da gebaut hab, als die zweihundert
Dukaten, die ich so nach und nach von ihm zu schenken gekriegt
hab.  Wem haben wir also unser bissel zu verdanken?

Rosa.  Mich hat er aber nie m�gen.

Valentin.  Ist nicht wahr!  Der Kammerdiener hat dich nur
verschw�rzt bei ihm.  Sonst w�ren wir noch in seinem Haus.

Rosa.  Ja wenn er eines h�tte.

Valentin.  Ja so.  Da hab ich ganz vergessen drauf.

Rosa.  Er hat mich bei jeder Gelegenheit heruntergesetzt.
Einmal hat er sogar vor einer ganzen Gesellschaft gesagt--

Valentin.  Was hat er denn gesagt?

Rosa.  Das sag ich nicht.

Valentin.  Geh, sag mirs, liebe Alte.  Geh!  Wer wei�, ists
wahr?

Rosa.  Ja es ist auch nicht wahr.  Er hat gesagt: ich bin
ausgewachsen.

Valentin.  Das hat er gsagt?  Und das hast du dir seit zwanzig
Jahren noch gemerkt.

Rosa.  Oh, so etwas vergi�t ein Frauenzimmer nie.

Valentin.  Nu das mu�t ihm halt verzeihen.  Mein Himmel!  Ein
junger Mensch.  Er hat halt damals lauter so schiefe Ansichten
gehabt.  Dann ists ja auch nicht wahr.  Du bist ja gebaut wie
eine �gyptische Pyramiden.  Wer k�nnt denn dir in deiner
Gestalt etwas nachsagen?  Das w�r ja wirklich eine Verleumdung
erster Gattung.

Rosa.  Nu, der Meinung bin ich auch.

Valentin.  Gelt, Alte, ja, wir behalten ihn da im Haus.  Du
wirst es sehen, ich werd recht flei�ig arbeiten.  Es schadt
uns nichts.  Im Gegenteil, 's geht mir alles besser von der
Hand.

Rosa (nach einem kurzen Kampf).  Nu meinetwegen.  So solls denn
sein.

Valentin (springt vor Freude).  Bravo Rosel!  das hab ich auch
von dir erwartet.  Ich h�tt dich nicht verlassen, wenn ich
auch heut fortgegangen w�r.  Oh!  morgen auf die Nacht w�r ich
schon wieder nach Haus gekommen.  Jetzt ist aber alles in der
Ordnung.  Kinder!  kommts herein zum letzten Mal.  (Alle Kinder.)
Kinder, legt alles wieder hin.  Wir ziehen nicht aus.  Ich hab
mit der Hausfrau da einen neuen Kontrakt abgeschlossen.
Vater und Mutter sind vers�hnt.  Der gn�dige Herr kommt ins
Haus.

Kinder (alle freudig).  Das ist gscheid!  das ist gscheid!

Valentin.  Drum lauft, was ihr k�nnt.  Kein Mensch darf zu Haus
bleiben.  Ich nehm den kleinen Buben mit.  (Er nimmt Pepi auf
den Arm.)  Geht zu alle Nachbarn.  Fragt, ob sie ihn nicht
gesehen haben.  Sie sollen euch suchen helfen.  Und wenn ihr
ihn findet, so bringt ihn her.

Rosa.  Der Mann wird n�rrisch vor lauter Freuden.

Kinder.  Bravo!  jetzt gehts lustig zu.  (Ab.)

Hansel.  Vater, verla� sich der Vater auf mich.  Wenn ich ihn
pack, mir kommt er nimmer aus.  (Geht stolz ab.)

Valentin.  Der Bub kann einmal ein gro�er Mann werden,
wenn er so fortwachst.  Weib, jetzt komm!  Du hast mir viel
Verdru� heut gmacht, aber jetzt ist dir wieder alles
verziehen.  Kein Mensch ist ohne Fehler, wenn einem nur zur
rechten Zeit der Knopf aufgeht.  Wer wei�, wers noch vergilt,
und ich denk mir halt, wenn ich einmal recht alt werd, so m�cht
ich doch auch andere Erinnerungen aufzuweisen haben, als da�
ich einen Stuhlfu� geleimt hab und einen Schubladkasten
gemacht.  Jetzt komm!

(Beide ab.)



Zehnter Auftritt

Verwandlung

Die Ruine des alten Schlosses Flottwell.  Zerfallne Gem�cher
und T�rme, auf Felsen gebaut, zeigen sich rechts.  Links die
Aussicht, gleichsam von der H�he des Schlo�berges, auf
entferntere gegen�berstehende Berge, hinter welchen die
Sonne untergeht.

Flottwell in Verzweiflung.  Klettert �ber einen der Felsen,
als k�me er aus dem Tal.


Flottwell.
Ich bin herauf!  Ich habe sie erreicht,
Die letzte H�he, die in dieser Welt
F�r mich noch zu erklimmen war.
Ich steh auf meiner Ahnen Wieg und Sarg,
Auf Flottwells altem edlen Herrenschlo�.
Wir sind zugleich verh�ngnisvoll gest�rzt.
H�tt ich dich nicht verlassen, st�ndest du
Und ich.  Zu sp�t!
(Wirft den Hut und Bettelstab von sich.)
Verfaule, Bettelstab!
Mein Elend braucht nun keine St�tze mehr.
Ich kehre nie zu eurer Welt zur�ck,
Denn mein Verbrechen schlie�t mich aus dem Reich
Des Eigennutzes aus.  Ich habe mich
Vers�ndigt an der Majest�t des Goldes.
Ich habe nicht bedacht, da� dies Metall
Sich eine Herrschaft angema�t, vor der
Ich h�tt erbeben sollen, weil es auch
Mit Schlauheit, die bewundrungsw�rdig ist,
Das Edle selbst in seinen Kreis gezogen.
Wer f�hlt sich gl�cklich, der durch Wohltun einst
Ein Arzt der Menschheit war, und dem es nun
Versagt, weil ihm die g�ldene Arznei
Gebricht, wodurch die kranke Welt genest.
Ich stand auf dieser segensvollen H�h,
Ich konnte mich erfreun an anderer Gl�ck,
Wenn freudenleer mein eigner Busen war.
Ich hab mich selbst von diesem heilgen Thron
Gest�rzt.  Dies Einzge ists, was ich mit Recht
Beweinen darf, sonst nichts.  Zum Kinderspott,
Zum Hohngel�chter des gemeinen P�bels
Darf nie ein Edler werden, drum fahr hin
Mein Leben, dessen Pulsschlag Ehre war.
Ich k�nnte mich in jenen Abgrund st�rzen,
Doch nein!  des letzten Flottwells Haupt, es beug
Sich nicht so tief.  Mein Leben ist ja noch
Das einzge Gut, das mir Verschwendung lie�,
Mit dem allein will ich nun sparsam sein,
Der Hunger soll mich langsam t�ten hier.
Aus Straf, weil ich die undankbare Welt
Zu viel gem�stet hab.  O Tod, du bist
Mein einzger Trost.  Ich hab ja keinen Freund--

(Ein Stein weicht zur�ck, und der Bettler ohne Hut und Stab
steht vor ihm, spricht.)

Bettler.  Als mich!

Flottwell (erschrickt).
Als wen?  Ha!  schreckliche Gestalt,
Die ich seit zwanzig Jahren nicht gesehen
Und die ich nun f�r meine erst erkenn,
Weil mich die Zeit auf gleiche Stufe stellt
Und ich wie du in jeder Hinsicht nun
Bejammernswert und elend bin.
Weh mir!  Nun wird mirs klar, du solltest mir
Ein schauervolles Bild der Warnung sein.

Bettler.
Dies war mein Zweck.  Du hast mich nicht erkannt,
Weil Leidenschaft nie ihre Fehler sieht.
Erkenne mich nun ganz, ich bin ein Jahr
Aus deinem viel zu rasch verzehrten Leben,
Und zwar dein f�nfzigstes, das heute noch
Beginnen wird, wenn jene Sonne sinkt.
Du hast an Cheristanen einst ein Jahr
Verschenkt, und diese edle Fee, die sich
F�r dich geopfert hat, sah in dem Buch
Der Zukunft, da�, wenn du zur�ck nicht kehrst
Von der Verschwendung Bahn, das f�nfzigste
Jahr deines Lebens dir den Bettelstab
Als Lohn f�r deinen Leichtsinn reichen wird.
Glaub nicht, da� du geendet h�ttest hier.
Wer so wie du gestanden einst und auf
So niedre Stufe steigt, sinkt tiefer noch
Als einer, der im Schlamm geboren ist.
Zu warnen warst du nicht, drum konnte ich
Dich nur von deinem tiefsten Sturz erretten.
Bis jetzt hat niemand noch dir eine Gab
Gereicht: Ich hab f�r dich bei dir gebettelt.
Ein Jahr lang hab ich den Tribut durch List
Und schaudervolle Angst von dir erpre�t.
Die letzte Stunde hab ich aufbewahrt,
Sie schlief in diesem Stein und spricht zu dir:

(Ein Stein teilt sich, und ein Haufen Gold und der Schmuck
zeigt sich in einem silbernen K�stchen.)

Nimm hier dein Eigentum, das du mir gabst,
Zur�ck.  Du wirst es besser sch�tzen nun,
Weil du die Welt an deinem Schicksal hast
Erkannt.  Was du dem Armen gabst, du hasts
Im vollen Sinne selber dir gegeben.
Leb wohl!  Ich hab vollendet meine Sendung.  (Versinkt.)

Flottwell (allein).
Ists Traum, ists Wahrheit, was ich sah und h�rte?
Woher die �berirdische Erscheinung?

(Sanfte Musik.  Die Ruinen verwandeln sich in eine Wolkengruppe
mit vielen Genien.  Cheristane in reizender Feenkleidung in der
Mitte auf einem Blumenthron.)

Cheristane (sanft).
Mein Julius!  Es war Azur, der Geist
Der letzten Perle, die ich einst f�r dich
So freudig hingeopfert hab, als ich
Die s��e Lieb zu dir mit bitterer
Verbannung b��en mu�te.  Ach!  Mir wars ja
Vom Schicksal nicht geg�nnt, dich zu erretten,
Er hat f�r mich erf�llt, was meine Treu
Dir einst gelobt.

Flottwell (kniet).
O Cheristane!  Dich
Erblicke ich auf dieser Erde wieder?
Du Himmelsbild aus meiner Rosenzeit!
Kaum wagt mein welkes Aug den Blick zu heben
Zur Morgenr�te deiner ewgen Jugend.
Oh, zieh nicht fort, verweile noch!  Sieh, wie
Die Wehmut um vergangne Zeit mich t�tet.

Cheristane.
Verzweifle nicht, mein teurer Julius,
Und dulde noch dein kurzes Erdenlos.
Wir werden uns gewi� einst wiedersehen
Dort!  in der Liebe grenzenlosem Reich,
Wo alle Geister sich begegnen d�rfen.

(Sie fliegt unter klagender Musik ab.  Die Ruinen zeigen sich
wieder.  Flottwell sieht Cheristane nach.)



Elfter Auftritt

Voriger.  Liese.  Dann Valentin, Rosa, Kinder.  Nachbarsleute.
Bauern.


Liese (ist die erste auf der Szene).  Vater!  Vater, nur herauf!
Da ist der gn�dige Herr, ganz gesund und wohlbehalten noch.

Flottwell.  Wer sucht mich hier?  (Schlie�t das K�stchen.)

Valentin (kommt).  Wir alle, gn�diger Herr.  Das ganze Dorf
ist in der H�h.

Flottwell.  Was willst du, guter Valentin?

Valentin.  Was ich will?  Mein Wort will ich Euer Gnaden halten
und um Verzeihung bitten f�r mein ungeschliffnes Weib.  Gehst
her, Verbrecherin, und kniest dich nieder da.

Rosa (herzlich).  Lieber gn�diger Herr!  Ich hab mich sehr
vergessen heut.  Doch mach ich meinen Fehler wieder gut.  Sie
d�rfen nimmermehr aus unseren Haus.  Ich werd Sie gwi� wie eine
Tochter pflegen.

Die Kinder.  Verzeihen S' ihr, gn�diger Herr!

Pepi (kniet nieder).
Lieber Herr, sei wieder gut,
Die Mutter wei� nicht, was sie tut.

Valentin (weint).  Das hab ich gedichtet, Euer Gnaden.

Flottwell.  Steht auf, ihr guten Leute!  Ich habe schon verziehen.
Und freue mich, da� ich euch eure Treue nun vergelten kann.
Ich bin kein Bettler mehr.  Unter diesen Mauern hab ich einen
kleinen Schatz gefunden, den mein Vater hier f�r mich bewahrte.

Valentin.  Ah, das ist ein Malheur, und ich hab mich schon
gefreut, da� Euer Gnaden nichts haben, damit ich Euer Gnaden
unterst�tzen kann.

Flottwell.  So ist es besser, lieber Valentin.  Du kannst dein
Leben nun in Ruh genie�en.  Ich nehme dich und deine Frau nun
in mein Haus und will f�r die Erziehung deiner Kinder sorgen!

Rosa, Liese (erfreut).  Wir danken herzlich, gn�dger Herr!

Hansel (zu den Kindern).  Buben, jetzt werden wir lauter gn�dige
Herrn!

Valentin.  Ich werd der Haustischler bei Euer Gnaden.  Ich wix und
politier das ganze Haus.  Aber eins mu� ich noch sagen.  Ein Menge
meiner alten Nachbarn haben sich auch hier angetragen, Euer
Gnaden zu unterst�tzen.  Und freuen sich, ihren vorigen
Gutsherrn wiederzusehen.  Euer Gnaden haben ja allen Guts
getan, und einen guten Herrn vergi�t man nicht so leicht.

Alle.  Vivat, der gn�dige Herr soll leben!

Schlu�gesang

Valentin.
Wie sind wir doch gl�cklich, wir stehn auf dem Berg,
Jetzt zeigt sich der Kummer so klein wie ein Zwerg.
Und kommt er uns wirklich auch noch mal ins Haus,
Der Valentin jagt ihn zum Tempel hinaus.

(Der Chor wiederholt die zwei letzten Verse.)

Chor.
Und kommt er uns wirklich auch noch mal ins Haus,
Der Valentin jagt ihn zum Tempel hinaus.

(Auf den Bergen sieht man, wie in der Ferne die Senner und
Sennerinnen die K�he von den Alpen treiben, und sie singen
wie Echo.)

Senner und Sennerinnen.
Dudeldide dudeldide!  Die K�h treibts von der Alm.

Valentin.
Die K�h treibn die Sennrinnen just von der Alm.
Gen�gsamkeit bleibt doch die k�stlichste Salm,
Der Reiche liegt schlaflos im goldenen Saal,
Doch kummerlos schlummert die Kuh in dem Stall.

Chor.
Der Reiche liegt schlaflos im goldenen Saal,
Doch kummerlos schlummert die Kuh in dem Stall.

Senner und Sennerinnen (in der Ferne).
Dudeldide dudeldide!  Wie freut die Kuh der Stall.

Valentin.
Jetzt gehn wir zur Tafel, die macht erst den Schlu�.
F�r heut ist beendet ein jeder Verdru�.
Doch heb ich bei Tische den Ehrenplatz auf,
Vielleicht setzt sich Ihre Zufriedenheit drauf.

Chor.
Doch hebn wir bei Tische den Ehrenplatz auf,
Vielleicht setzt sich Ihre Zufriedenheit drauf.

Senner und Sennerinnen (in der Ferne).
Dudeldide dudeldide!  Zufrieden mu� man sein.


Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Verschwinder,
von Ferdinand Raimund.





*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER VERSCHWENDER ***

This file should be named 8rvrs10.txt or 8rvrs10.zip
Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8rvrs11.txt
VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8rvrs10a.txt

Project Gutenberg eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
unless a copyright notice is included.  Thus, we usually do not
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

We are now trying to release all our eBooks one year in advance
of the official release dates, leaving time for better editing.
Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
even years after the official publication date.

Please note neither this listing nor its contents are final til
midnight of the last day of the month of any such announcement.
The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
Midnight, Central Time, of the last day of the stated month.  A
preliminary version may often be posted for suggestion, comment
and editing by those who wish to do so.

Most people start at our Web sites at:
http://gutenberg.net or
http://promo.net/pg

These Web sites include award-winning information about Project
Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!).


Those of you who want to download any eBook before announcement
can get to them as follows, and just download by date.  This is
also a good way to get them instantly upon announcement, as the
indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.

http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext04 or
ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext04

Or /etext03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90

Just search by the first five letters of the filename you want,
as it appears in our Newsletters.


Information about Project Gutenberg (one page)

We produce about two million dollars for each hour we work.  The
time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
searched and analyzed, the copyright letters written, etc.   Our
projected audience is one hundred million readers.  If the value
per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
files per month:  1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
If they reach just 1-2% of the world's population then the total
will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.

The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
which is only about 4% of the present number of computer users.

Here is the briefest record of our progress (* means estimated):

eBooks Year Month

    1  1971 July
   10  1991 January
  100  1994 January
 1000  1997 August
 1500  1998 October
 2000  1999 December
 2500  2000 December
 3000  2001 November
 4000  2001 October/November
 6000  2002 December*
 9000  2003 November*
10000  2004 January*


The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.

We need your donations more than ever!

As of February, 2002, contributions are being solicited from people
and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
Virginia, Wisconsin, and Wyoming.

We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
that have responded.

As the requirements for other states are met, additions to this list
will be made and fund raising will begin in the additional states.
Please feel free to ask to check the status of your state.

In answer to various questions we have received on this:

We are constantly working on finishing the paperwork to legally
request donations in all 50 states.  If your state is not listed and
you would like to know if we have added it since the list you have,
just ask.

While we cannot solicit donations from people in states where we are
not yet registered, we know of no prohibition against accepting
donations from donors in these states who approach us with an offer to
donate.

International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about
how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
ways.

Donations by check or money order may be sent to:

Project Gutenberg Literary Archive Foundation
PMB 113
1739 University Ave.
Oxford, MS 38655-4109

Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
method other than by check or money order.

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by
the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
[Employee Identification Number] 64-622154.  Donations are
tax-deductible to the maximum extent permitted by law.  As fund-raising
requirements for other states are met, additions to this list will be
made and fund-raising will begin in the additional states.

We need your donations more than ever!

You can get up to date donation information online at:

http://www.gutenberg.net/donation.html


***

If you can't reach Project Gutenberg,
you can always email directly to:

Michael S. Hart <hart@pobox.com>

Prof. Hart will answer or forward your message.

We would prefer to send you information by email.


**The Legal Small Print**


(Three Pages)

***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START***
Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
They tell us you might sue us if there is something wrong with
your copy of this eBook, even if you got it for free from
someone other than us, and even if what's wrong is not our
fault. So, among other things, this "Small Print!" statement
disclaims most of our liability to you. It also tells you how
you may distribute copies of this eBook if you want to.

*BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK
By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm
eBook, you indicate that you understand, agree to and accept
this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive
a refund of the money (if any) you paid for this eBook by
sending a request within 30 days of receiving it to the person
you got it from. If you received this eBook on a physical
medium (such as a disk), you must return it with your request.

ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS
This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks,
is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart
through the Project Gutenberg Association (the "Project").
Among other things, this means that no one owns a United States copyright
on or for this work, so the Project (and you!) can copy and
distribute it in the United States without permission and
without paying copyright royalties. Special rules, set forth
below, apply if you wish to copy and distribute this eBook
under the "PROJECT GUTENBERG" trademark.

Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market
any commercial products without permission.

To create these eBooks, the Project expends considerable
efforts to identify, transcribe and proofread public domain
works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any
medium they may be on may contain "Defects". Among other
things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or
corrupt data, transcription errors, a copyright or other
intellectual property infringement, a defective or damaged
disk or other eBook medium, a computer virus, or computer
codes that damage or cannot be read by your equipment.

LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES
But for the "Right of Replacement or Refund" described below,
[1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may
receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims
all liability to you for damages, costs and expenses, including
legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR
UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT,
INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE
OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE
POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES.

If you discover a Defect in this eBook within 90 days of
receiving it, you can receive a refund of the money (if any)
you paid for it by sending an explanatory note within that
time to the person you received it from. If you received it
on a physical medium, you must return it with your note, and
such person may choose to alternatively give you a replacement
copy. If you received it electronically, such person may
choose to alternatively give you a second opportunity to
receive it electronically.

THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS
TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT
LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A
PARTICULAR PURPOSE.

Some states do not allow disclaimers of implied warranties or
the exclusion or limitation of consequential damages, so the
above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you
may have other legal rights.

INDEMNITY
You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation,
and its trustees and agents, and any volunteers associated
with the production and distribution of Project Gutenberg-tm
texts harmless, from all liability, cost and expense, including
legal fees, that arise directly or indirectly from any of the
following that you do or cause:  [1] distribution of this eBook,
[2] alteration, modification, or addition to the eBook,
or [3] any Defect.

DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm"
You may distribute copies of this eBook electronically, or by
disk, book or any other medium if you either delete this
"Small Print!" and all other references to Project Gutenberg,
or:

[1]  Only give exact copies of it.  Among other things, this
     requires that you do not remove, alter or modify the
     eBook or this "small print!" statement.  You may however,
     if you wish, distribute this eBook in machine readable
     binary, compressed, mark-up, or proprietary form,
     including any form resulting from conversion by word
     processing or hypertext software, but only so long as
     *EITHER*:

     [*]  The eBook, when displayed, is clearly readable, and
          does *not* contain characters other than those
          intended by the author of the work, although tilde
          (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
          be used to convey punctuation intended by the
          author, and additional characters may be used to
          indicate hypertext links; OR

     [*]  The eBook may be readily converted by the reader at
          no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent
          form by the program that displays the eBook (as is
          the case, for instance, with most word processors);
          OR

     [*]  You provide, or agree to also provide on request at
          no additional cost, fee or expense, a copy of the
          eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC
          or other equivalent proprietary form).

[2]  Honor the eBook refund and replacement provisions of this
     "Small Print!" statement.

[3]  Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the
     gross profits you derive calculated using the method you
     already use to calculate your applicable taxes.  If you
     don't derive profits, no royalty is due.  Royalties are
     payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation"
     the 60 days following each date you prepare (or were
     legally required to prepare) your annual (or equivalent
     periodic) tax return.  Please contact us beforehand to
     let us know your plans and to work out the details.

WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO?
Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of
public domain and licensed works that can be freely distributed
in machine readable form.

The Project gratefully accepts contributions of money, time,
public domain materials, or royalty free copyright licenses.
Money should be paid to the:
"Project Gutenberg Literary Archive Foundation."

If you are interested in contributing scanning equipment or
software or other items, please contact Michael Hart at:
hart@pobox.com

[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
when distributed free of all fees.  Copyright (C) 2001, 2002 by
Michael S. Hart.  Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be
they hardware or software or any other related product without
express permission.]

*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*